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Wenn das Wasser leiser fließen soll

Zum Schallschutz muss ein Gebäude so geplant und ausgeführt werden, dass der von Personen wahrgenommene Schall innerhalb des Gebäudes auf einem Pegel gehalten wird, der nicht gesundheitsgefährdend ist und bei dem zufriedenstellende Nachtruhe-, Freizeit- und Arbeitsbedingungen sichergestellt sind. Die Geräusche durch Hausabflussleitungen, in denen erfahrungsgemäß ein Durchfluss nur in unregelmäßigen Intervallen erfolgt, werden bedingt durch ihren hohen Informationsgehalt als besonders störend empfunden.

Geltende Regelwerke

Die Schallschutzanforderungen für Gebäude werden in Deutschland im Wesentlichen durch folgende Regelwerke umrissen:

  • Normenreihe DIN 4109 „Schallschutz im Hochbau“, Ausgabe Juli 2016
  • VDI-Richtlinie 4100 „Schallschutz im Hochbau – Wohnungen – Beurteilung und Vorschläge für erhöhten Schallschutz“, Ausgabe Oktober 2012

Die DIN 4109 stellt Mindestanforderungen an den Schallschutz im Wohnungsbau sowie Schulen, Krankenhäuser, Beherbergungsstätten und Bürobauten (Bild 1). Ein schutzbedürftiger Raum im Sinne dieser Norm ist ein gegen Geräusche zu schützender Aufenthaltsraum. Schutzbedürftige Räume sind zum Beispiel:

  • Wohnräume, einschließlich Wohndielen, Wohnküchen;
  • Schlafräume, einschließlich Übernachtungsräumen in Beherbergungsstätten;
  • Bettenräume in Krankenhäusern und Sanatorien;
  • Büroräume;
  • Unterrichtsräume in Schulen, Hochschulen und ähnlichen Einrichtungen;
  • Praxisräume, Sitzungsräume und ähnliche Arbeitsräume.

Die VDI 4100 ist speziell auf den Schallschutz von Wohngebäuden bzw. Gebäuden, die wohngleich oder wohnungsähnlich genutzt werden, wie Altenwohnheime, Studentenwohnheime oder Pflegeheime, zugeschnitten. In der DIN 4109 wird der Schallschutz indirekt (vereinfacht) über die Eigenschaften der Baukonstruktion (Schalldämmung) beschrieben. Die Schallübertragung wird durch die Anforderungen an das Bau-Schalldämm-Maß, den Norm-Trittschallpegel und einen maximalen Schalldruckpegel begrenzt. Dies kann durch alle üblichen Bauprodukte und Bauarten erfüllt werden. Die Höhe des zu erwartenden Schallschutzes ist hierbei auf die geforderten Schutzziele abgestimmt. Die wichtigsten schalltechnischen Begriffe sind:

  • R&rsquo;<sub>w</sub> für das bewertete Bau-Schalldämm-Ma&szlig;,
  • L&lsquo;<sub>n,w</sub> für den bewerteten Norm-Trittschallpegel,
  • L<sub>AF,max,n</sub> für den maximalen A-bewerteten Schalldruckpegel (Störgeräusche aus Wasserinstallationen und sonstigen gebäudetechnischen Anlagen),
  • L<sub>ap</sub> für den Armaturengeräuschpegel.

In der Tabelle 9 der DIN 4109-1 (Bild 2) sind die maximal zulässigen A-bewerteten Schalldruckpegel in fremden schutzbedürftigen Räumen, erzeugt von gebäudetechnischen Anlagen sowie von baulich mit dem Gebäude verbundenen Gewerbebetrieben, zusammengefasst.

Info: Die DIN 4109 beschreibt lediglich die Erfüllung der Mindestanforderungen beim baulichen Schallschutz. Werte für einen erhöhten Schallschutz wurden nicht aufgenommen. Ein erhöhter Schallschutz kann zum Beispiel anhand der VDI-Richtlinie 4100 werkvertraglich vereinbart werden. Die VDI 4100 bezieht sich auf den Schallschutz zwischen Räumen unter Einbeziehung aller an der Schallübertragung beteiligten Bauteile und Nebenwege und nicht auf die Schalldämmung der trennenden Bauteile allein. Trotz gleicher Schalldämmung der trennenden Bauteile kann der Schallschutz unterschiedlich sein, je nach Größe der aneinander grenzenden Räume. Der Schallschutz wird beschrieben durch die nachhallzeitbezogenen Größen:

  • D <sub>nT,w&acute;</sub> für den Luftschallschutz,
  • L&lsquo; <sub>nT,w</sub> für den Trittschallschutzund
  • L <sub>AF,max,nT</sub> für den mittleren Standard-Maximalpegel durch gebäudetechnische Anlagen.

Die Werte beziehen sich jeweils auf eine Nachhallzeit von T0 = 0,5 Sekunden.

Durch die Einführung von nachhallzeitbezogenen Schallpegeln und Schallpegeldifferenzen ist eine situationsbezogene und damit schallschutzorientierte Planung möglich. Für Architekten bzw. Bauingenieure ist dies allerdings mit einem erheblichen Mehraufwand bei der Gebäudeplanung verbunden. In den Abschnitten 4 und 5 der VDI 4100 werden Schallschutzwerte gegenüber fremden Wohnungen für die Schallschutzstufen SSt I bis SSt III, unterschieden nach Mehrfamilienhäusern sowie Einfamilien-Doppel- und Einfamilien-Reihenhäusern, empfohlen (Bild 3).

Der verbesserte Schallschutz innerhalb von Wohnungen und Einfamilienhäusern wird im Abschnitt 6 der VDI 4100 behandelt. Hierzu wurden die Schallschutzstufen SSt EB I und SSt EB II eingeführt. Bezüglich des verbesserten Schallschutzes innerhalb von Wohnungen heißt es in der VDI 4100: „Wird innerhalb einer Wohnung oder innerhalb eines Einfamilienhauses – wegen unterschiedlicher Nutzung der Schallquellen in einzelnen Räumen, unterschiedlicher Arbeits- und Ruhezeiten einzelner Bewohner oder wegen sonstiger erhöhter Schutzbedürftigkeit – besonderer Wert auf einen guten Schallschutz gelegt, so sollen die in Tabelle 4 vorgeschlagenen Empfehlungen vereinbart werden (Bild 4). Dabei ist vorab sorgfältig zu prüfen, ob bei dem geplanten Grundriss und der vorgesehenen Bauweise eine derartige Vereinbarung sinnvoll und möglich ist. Bei „offener Bauweise“ lassen sich die Empfehlungen der Tabelle 4 im Allgemeinen nicht erreichen.“

Vertragliche Vereinbarungen

Die wichtigsten Hinweise zu den Vereinbarungen zum baulichen Schallschutz sind im Abschnitt 7 der VDI 4100 aufgeführt. In Absatz 1 heißt es hierzu: „Die Vertragspartner sollen die Höhe des gewünschten Schallschutzes festlegen, die daraus resultierende Schallschutzstufe (SSt I, SSt II oder SSt III) und gegebenenfalls auch einen Schallschutz im eigenen Wohnbereich (SSt EBI und SSt EB II) vertraglich vereinbaren“. Gemäß Absatz 2 können für Räume einer Wohnung auch unterschiedliche Schallschutzstufen vereinbart werden, wie zum Beispiel „Wohnung der Schallschutzstufe I (SSt I) mit einem besonders geschützten Wohnzimmer der Schallschutzstufe II (SSt II)“.

Merke: Trotz der Veröffentlichung der neuen DIN 4109 haben sich die zivilrechtlichen und öffentlichrechtlichen Anforderungen an den Schallschutz nicht grundlegend geändert. Der Unternehmer sollte sich immer vergegenwärtigen, welchen Qualitäts- und Komfortstandards das zu errichtende Objekt genügen soll, und hiernach die Schallschutzanforderungen ausrichten. Zur Klarstellung können immer auch entsprechende Hinweise/Regelungen in den Bauvertrag aufgenommen werden. Sollte der Unternehmer feststellen, dass die vom Bauherrn ausgeschriebenen Vorgaben oder im Vertrag geforderten Bauweisen den für das Gebäude geltenden Schallschutzanforderungen nicht genügen, so ist zur Vermeidung der zivilrechtlichen Mängelhaftung ein entsprechender Bedenkenhinweis notwendig. (Quelle: Fachgemeinschaft Bau Berlin und Brandenburg e. V., 9/2016).

Praktische Umsetzung des Schallschutzes

Im Abschnitt 5 der DIN 4109-36, Ausgabe Juli 2016 wird folgende wichtige Kernaussage zum baulichen Schallschutz getroffen: „Der in schutzbedürftigen Räumen auftretende Schalldruckpegel lässt sich häufig nicht vorhersagen, weil die meist vorliegende Körperschallanregung der Bauteile rechnerisch schwer erfassbar ist. Die Planung im Hinblick auf den Schutz vor Geräuschübertragung setzt einschlägige Erfahrung voraus. Zur Planung des Gebäudes, der gebäudetechnischen Anlagen, der Betriebe und der besonderen Schallschutzmaßnahmen sollte deshalb ein Sachkundiger hinzugezogen werden, wenn den Planungsbeteiligten die nötige Erfahrung fehlt. Die Einhaltung der Anforderungen setzt voraus, dass die Verantwortlichen für die

  • Planung des Grundrisses,
  • Planung und Ausführung des Baukörpers,
  • Planung und Ausführung der gebäudetechnischen Anlagen,
  • Planung und Ausführung besonderer Schallschutzma&szlig;nahmen,
  • Auswahl und Anordnung der geräuscherzeugenden Einrichtungen

gemeinsam um den Schallschutz bemüht und eine wirksame Koordination aller Beteiligten besorgt sind.

Info: Der geforderte Schallschutz für die gebäudetechnischen Anlagen ist grundsätzlich nur im Zusammenspiel zwischen akustisch günstiger Bau- und Installationstechnik realisierbar. Schlechte Bautechnik, wie etwa durch akustisch ungünstige Grundrisse (Bild 5) und/oder unzureichende Decken- und Wandkonstruktionen, kann erfahrungsgemäß durch moderne Installationstechnik alleine nicht ausgeglichen werden. Bei der Ausführung ist eine enge Abstimmung zwischen allen beteiligten Gewerken erforderlich.

Der Schallschutz gegenüber Geräuschen aus sanitärtechnischen Anlagen wird im Abschnitt 6 der DIN 4109-36 behandelt. Im Abschnitt 6.1 „Allgemeine Hinweise zur Durchführung von Nachweisen“ wird bereits eingangs darauf hingewiesen, dass bei der Planung und Ausführung sowie beim schalltechnischen Nachweis das Zusammenwirken der Sanitärinstallation und der Installationswand berücksichtigt werden muss, da die resultierenden Installationsgeräusche von beiden Bereichen beeinflusst werden.

Die schallschutztechnischen Anforderungen an Abwasseranlagen werden im Abschnitt 6.2 beschrieben. Hierbei werden Abwasseranlagen in Abwassersysteme (Rohrsysteme einschließlich Rohrbefestigungen und gegebenenfalls erforderlicher Dämmung), Abwasserhebeanlagen sowie Abscheider und Abwasserbehandlungsanlagen eingeteilt.

Für die Güte der Schalldämmung sind neben den schalltechnischen Eigenschaften des Abwassersystems selbst die Grundrissanordnung, die Eigenschaften der Installationswand sowie die Anbringung der Installation an der Installationswand von entscheidender Bedeutung. Die wichtigsten installationstechnischen Einflüsse beim Schallschutz sind der Volumenstrom, die Befestigung der Abwasserleitungen, die Richtungsänderungen sowie das Material und der Aufbau der Rohrleitungen (Bild 6).

Bei der Montage von Abwasserleitungen sind Körperschallbrücken grundsätzlich zu vermeiden. Falls die Gefahr von Körperschallbrücken durch nachfolgende Gewerke besteht, muss eine Körperschalldämmung erfolgen. Für die Befestigung der Abwasserrohre müssen grundsätzlich körperschallgedämmte Befestigungselemente verwendet werden (Bild 7).

Merke: Körperschallbrücken müssen, unabhängig vom Werkstoff der Abwasserleitung, grundsätzlich vermieden werden. Schon durch eine einzige Körperschallbrücke, gleichgültig ob bei einem Abwasserrohr aus Metall oder Kunststoff, kann der geforderte Schallschutz erfahrungsgemäß nicht mehr erfüllt werden.

Die Verlege- und Montageanleitungen der Hersteller müssen unbedingt beachtet werden. Abwasserleitungen dürfen in schutzbedürftigen Räumen nicht frei verlegt werden. In schutzbedürftigen Räumen sind Abwasserleitungen innerhalb von Installationsschächten und mit ausreichender Schalldämmung zu verlegen. Installationsschächte sind gegebenenfalls mit geeignetem Absorptionsmaterial auszukleiden.

Vergleich von Prüfergebnissen

In der DIN 4109-4, Ausgabe Juli 2016 wird grundsätzlich zwischen Labor- und Baumessungen unterschieden. Labormessungen bei Abflussrohrsystemen werden nach DIN EN 14366 „Messung der Geräusche von Abwasserinstallationen im Prüfstand“, Ausgabe Februar 2005 durchgeführt. Die Mehrheit der Hersteller von Abflussrohrsystemen (Guss und Kunststoff) hat Prüfungen gemäß DIN EN 14366 beim neutralen Fraunhofer-Institut für Bauphysik IBP in Stuttgart durchführen lassen (Bild 8) und verfügt über entsprechende Prüfberichte. Diese Prüfberichte bieten aber lediglich eine Orientierungshilfe beim Vergleich verschiedener Werkstoffe. Hier nur ein Auszug der wichtigsten Fragestellungen beim Vergleich:

  • Wie erfolgte die Beplankung des Schachtes?
  • Wie wurde die Befestigung der Abwasserrohre vorgenommen?
  • Wie erfolgten die Schallschutzma&szlig;nahmen gegen Körperschall im Bereich der Deckendurchführungen?
  • Wurde die Prüfung beim Abflussrohrsystem aus Kunststoff mit oder ohne Brandmanschetten durchgeführt?

Hinweis: Mit Brandmanschetten ergeben sich erfahrungsgemäß höhere Schallpegel als ohne Brandmanschetten!

Mit gusseisernen Abflussrohrsystemen und durch die Verwendung von speziellen Akustikdämpfern können bei einem Durchfluss von 4 l/s und einer Fallleitung DN 100 Schallpegel in fremden Wohn- und Arbeitsräumen von 15 dB (A) erreicht werden. Somit lassen sich bei gusseisernen Abflussrohrsystemen alle Schallschutzstufen der VDI-Richtlinie 4100 realisieren.

Zusammenfassung

Grundsätzlich sollte der geforderte Schallschutz werkvertraglich vereinbart werden. Wird erhöhter Schallschutz nach VDI 4100 gefordert, muss dieser bereits bei der Planung des Gebäudes und der gebäudetechnischen Anlagen berücksichtigt werden. Bei Fehlen der notwendigen Erfahrung sollte für die Planung ein Sachverständiger für Schallschutz hinzugezogen werden. Dies gilt insbesondere für die Schallschutzstufen SSt II und SSt III gegenüber fremden Wohnungen sowie bei verbessertem Schallschutz innerhalb von Wohnungen nach den Schallschutzstufen SSt EB I und SSt EB II.

Der geforderte Schallschutz für die gebäudetechnischen Anlagen ist grundsätzlich nur im Zusammenspiel zwischen akustisch günstiger Bau- und Installationstechnik realisierbar. Schlechte Bautechnik, wie zum Beispiel durch akustisch ungünstige Grundrisse und unzureichende Decken- und Wandkonstruktionen, kann erfahrungsgemäß durch moderne Installationstechnik alleine nicht ausgeglichen werden. Bei der Ausführung ist eine enge Abstimmung zwischen allen beteiligten Gewerken erforderlich. Durch die Verwendung von speziellen Akustikdämpfern lassen sich bei gusseisernen Abflussrohrsystemen alle Schallschutzstufen der VDI-Richtlinie 4100 realisieren.

Autor

Bernd Ishorst ist Geschäftsführer des Informationszentrums Entwässerungstechnik Guss (IZEG) sowie der Gütegemeinschaft Entwässerungstechnik Guss (GEG). Er ist langjähriger Mitarbeiter in Normenausschüssen für Entwässerungsanlagen sowie Brand- und Schallschutz von Leitungsanlagen. Außerdem ist er seit 1983 als technischer Berater in der Entwässerungstechnik Guss tätig, 53359 Rheinbach, Telefon (0 22 26) 9 09 54-60, info@izeg.de