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Abschiedsbrief eines unfreiwillig Lebenslänglichen

Inhalt

Lieber Herr Finanzminister,
werte Frau Kanzlerin,
sehr geehrte Damen und Herren der gelb-schwarzen Koalition, liebe Mangelverwalter!

Hiermit möchte ich Ihnen mitteilen, dass ich mich geistig, gefühlsmäßig und körperlich aus diesem unseren Lande, dem eigentlich florierende Landschaften blühen sollten, endgültig zurückziehen werde. Eigentlich hatte ich vor, meinem Gewerbe (SHK-Handwerk) noch ein paar Jahre selbständig nachzugehen. Leider macht es mir Ihre zwar gutgemeinte, aber insgesamt doch bestenfalls nur mittelmäßig durchgeführte Politik unmöglich, weiter im Geschäft zu bleiben. Es bewahrheitet sich erneut der Satz, dass das Gegenteil von gut gemacht, gut gemeint ist.

Bei nächster Gelegenheit werde ich, nachdem die Gewährleistungsansprüche ausgelaufen sind, mein Geschäft zusperren, und ein Hotel eröffnen. Dann muss ich nur noch 7 % Mehrwertsteuer verlangen. Welche Gewährleistungsansprüche müssen eigentlich Hoteliers beachten? Wenn alle Hotelgäste am nächsten Morgen aufwachen und ihre Rechnung bezahlen, ist die Gewährleistung erledigt. Und zusätzlich belohnt der Staat diese kurze Gewährleistungsfrist mit einem Steuergeschenk!

Die Übernachtungspreise werde ich im Übrigen, wie meine zukünftigen Kollegen, konstant lassen und die Differenz von 12 % zum Regel-Mehrwertsteuersatz in meine Tasche stecken. Meinen Wohnsitz verlagere ich, auch wenn es schwer fällt, nach Österreich und strebe, was noch mehr Überwindung kostet, die dortige Staatsangehörigkeit an. In der Alpenrepublik müssen meine Erben dann, nachdem ich mein Hotel in Deutschland wegen Reichtum vor längerer Zeit geschlossen habe, auch keine Erbschaftsteuer zahlen. Ich habe natürlich wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass auch in unserem Lande die Erbschaftsteuer gesenkt wird, aber die Lücke zwischen Weniger und Nichts ist immer noch zu groß! Vor allem wenn man bedenkt, dass die zu vererbenden Werte bereits einmal oder sogar mehrfach versteuert wurden! Die neue deutsche Maxime heißt: Wer spart oder vorsorgt ist selber schuld!

Der Ruf aus dem SHK-Handwerk und anderen Ausbauhandwerken nach verringerten Mehrwertsteuersätzen für baunahe Tätigkeiten verhallte leider wiederum ungehört. Andere EU-Staaten, die gute Erfahrungen damit gemacht haben, sind aus Ihrer Sicht nicht maßgeblich. So suchen Sie immer neue Ausflüchte! Abwracken ist leichter und populärer als neu zu bauen! Gerade der Neubau bräuchte einen intensiven Schub, damit die in süddeutschen Ballungsräumen bereits festzustellenden und noch zu erwartenden Mietpreissteigerungen nicht noch heftiger ausfallen werden. Dadurch schaffen wir uns infrastrukturelle Mängel, die noch die nächste Generation ausbaden muss.

Was uns als (noch) deutsche Unternehmer aber auf Dauer umbringt sind die völlig überzogenen Sozialabgaben. Die immer wieder beschworene Grenze von 40 % wird 2010 und in den Folgejahren deutlich überschritten! Bitte unternehmen Sie etwas dagegen! Entlasten Sie die inländischen Unternehmen! Wir haben lebenslänglich Deutschland – ob wir wollen oder nicht! Nicht jeder eignet sich zum Hotelier, noch weniger wollen wir Tiroler oder Vorarlberger werden! Der Standort Deutschland muss für mittelständische Unternehmer bessere und fairere Bedingungen bieten. Nicht mehr und nicht weniger: Die gleiche Mehrwertsteuer für alle! Eine Abwrackprämie für alle Branchen – oder für keinen! Ein Staat, der sich nach Beliebigkeit Lieblinge sucht, wird bei den anderen unbeliebt!

Mit frustrierten Grüßen
Stefan H. Klagenicht

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