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Das Märchen vom schwarzen Mann

Es war einmal ein schwarzer Mann. Der wusste am ­Anfang eines jeden Jahres, was er am Ende desselben in seiner Kasse haben würde. Er machte sich keine Gedanken um die Zukunft, denn diese war staatlich garantiert und das sogar nach der Pensionierung. Das trug ihm den Ruf des Handwerksbeamten ein. Doch mit diesem schiefen Bild konnte er gut leben. Er erledigte morgens seine Kehrarbeiten und Feuerstättenschauen; mittags füllte er die nötigen (Beanstandungs-)Formulare aus und schrieb Rechnungen. Nachmittag und Abend nutzte er für Weiterbildung, Innungsveranstaltungen oder politisches Engagement.

Das Leben der deutschen Schornsteinfeger, die einen eigenen Kehrbezirk besessen hatten, war ein langer, ruhiger Fluss. Alles geregelt von der Wiege bis zur Bahre. Plötzlich jedoch wurde alles auf den Kopf gestellt. Die jahrelang hofierte Politik griff, gezwungen durch die böse EU, in den Naturschutzpark Schornsteinfegerwesen ein. Auf einmal erfuhr man, dass es im realen Leben einen Markt gibt, auf dem sich echte Kunden tummeln, denen man nicht mehr durch Kreide oder einen vorgedruckten Zettel mitteilen kann, wann sie zuhause zu sein hätten. Zudem, so sprach es sich in Schorni-Kreisen herum, gebe es auch andere Firmen, die sich im Markt bewegen – das Wort Wettbewerb grub sich tief in die Hirne der bisher wettbewerbslos glücklichen schwarzen Männer. Und anstatt auf die Politik loszugehen, die ihnen das alles durch jahrelangen Protektionismus eingebrockt hatte, entschied man sich auf der schwarzen Seite der Ohnmacht, künftig nur einen Gegner zu kennen: die Heizungsbauer und ihre Berufsorganisation.

Dieser Gegner wurde nun für die gesamte Schlechtigkeit der Welt verantwortlich gemacht. Man brachte kein Verständnis dafür auf, dass die Heizungsbauer die armen geknechteten Rußputzer nicht mit Hurra zum Wildern in ihren angestammten und über Jahre mühsam gepflegten Kundenkreis einluden. Stattdessen gründete man Einkaufsgenossenschaften, um das große Problem des Wettbewerbs über den Einkauf in den Griff zu bekommen – schlauer Gedanke, aber leider untauglich! Denn wer nichts verkauft, braucht auch nichts einzukaufen!

Nachdem erstaunlicherweise bei den Schornis niemand Schlange stand, um Artikel zu erwerben, die der professionelle Fachgroßhandel mit allen Servicefunktionen anbietet, verlegte man sich auf die Konkurrenz im Heizungskeller. Andere begannen damit, den Kunden – das unbekannte Wesen – dadurch zu beglücken, dass man Dienstleis­tungen anbot, die die Welt nicht braucht. Bei der Gashausschau, die jedermann bzw. jede Oma selbst durchführen kann, sollten die ersten Dienstleistungsexperimente am lebenden Kunden durchgeführt werden. Hierzu wurde in der ersten Phase der Energieträger Erdgas als poten­ziell unsicher dargestellt, was den Kunden und die Energieversorger erstaunlicherweise nicht glücklich machte. In der zweiten Phase wurden Dienstleistungen angeboten, die der Schorni gemäß TRGI gar nicht anbieten darf und schon zweimal nicht im eigenen Kehrbezirk. Auch dies kam bei den Opfern des Kehrbuch-Datenmissbrauchs nicht gut an.

Insgesamt ist die Verunsicherung der Schornis verständlich. Doch ihre Vorgehensweise zum Fußfassen im Markt zeugt gelinde gesagt von Naivität oder, härter ausgedrückt, von Unprofessionalität. Das ließe sich durch die Anlehnung an bestehende, effi­ziente und professionelle Strukturen, wie beispielsweise die SHK-Berufsorganisation, umgehen. Hierzu aber wäre es erforderlich, nicht Feinde zu sehen, wo keine sind und Dinge zu wagen, die bisher unaussprechlich waren, wie z.B. die fünfte Fachgruppe in der SHK-Berufsorganisation zu werden.

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Diese SBZ-Kolumne wird von Brancheninsidern geschrieben, die frei von täglichen Zwängen zum Nachdenken anregen und deshalb anonym bleiben möchten.

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