Wer kennt nicht das Märchen vom überheblichen, eitlen Hasen und dem kurzbeinigen, wenig attraktiven, aber cleveren Igel? Der Hase bietet dem Igel eine Wette an, dass er ihn in einem Rennen aufgrund seiner Schnelligkeit schlagen werde. Mit Blick auf die kurzen, krummen Beinchen seines Kontrahenten geht der eingebildete Hase fest davon aus, klar zu siegen. Der Igel aber ist schlau und verabredet mit einem weiteren Igel, dass der sich zeigen solle, bevor der Hase das Ziel erreicht. Der Ruf: „Ich bin schon da“ ist bekannt, der Ausgang der Geschichte auch. Der Hase rennt mit zunehmender Verzweiflung zwischen beiden Igeln so lange hin und her, bis er zum Schluss völlig verausgabt tot zusammenbricht. Der Igel streicht den Wetteinsatz in Form von Geld und Branntwein ein.
Das Schöne an Märchen und Gleichnissen ist, dass sie zeitlos sind und meist gut auf die Gegenwart zu übertragen. Wenn also – rein zufällig – die beiden Igel Heizungsbauer wären und der Hase ein nicht näher definierter Heizungshersteller? Könnte es sein, dass der Hase dem lahmen Handwerker-Igel mal zeigen möchte, wie man tierisch gute und schnelle Geschäfte im Internet macht?
Könnte es auch sein, dass das Handwerk rein zahlenmäßig überlegen ist und zu wenig aus seiner Marktmittlerstellung macht!? Wünschenswert wäre doch, wenn der Hase wie im Märchen losrennt und der Handwerker bereits am Ziel wartet: „Ich bin schon da!“ Wegen der großen Zahl an Kunden, jeder Menge uralter Heizungen und trotz vieler Handwerker bleibt für die schnellen, geschickten und pfiffigen Installateure immer noch genug Arbeit übrig. Leider ist der Futterneid weit verbreitet. Anstatt sich einen stattlichen Steckrübenvorrat in Form von Wartungsverträgen und langjährigen guten Kundenbeziehungen anzulegen, versuchen manche, sich gegenseitig die vermeintlich leckersten Happen wegzuschnappen – selbst, wenn der Preis faul ist.
Und könnte es sein, dass die Hersteller den ganzen Internet-Hype für ihre Zwecke instrumentalisieren und den Heizungsbauern die Show bei den Endkunden stehlen wollen? Sie bieten den bequemen, kurzbeinigen Igeln ein paar vertrocknete Steckrüben als Wiedergutmachung an und kümmern sich fortan selbst um die Kunden. Das Angebot kommt vom lieben, fürsorglichen Hersteller, der gerne die Endkundenrechnung stellt und das Zahlungsausfallrisiko trägt.
Die Installationen übernehmen Handwerker als Lohnschrauber und Subunternehmer, als unselbstständige Erfüllungsgehilfen. Die Wartung übernimmt gleich der Werkskundendienst oder eventuell noch der Handwerker zum Festpreis. Was, wenn der Hersteller bei diesem Geschäft die anteilige Steckrüben-Ration für den Handwerker langsam über die Jahre immer kleiner werden lässt, bis der leichtgläubige Schrauber von ihm abhängig ist? Leibeigenschaft nannte man das früher.
Jeder Heizungsbauer sollte sich fragen, ob er zu Recht eine Meisterprüfung abgelegt hat, die ihn zur selbstständigen Führung eines Betriebes befähigt. Die Handwerks-Igel dürfen sich ihr selbstbestimmtes Unternehmertum nicht durch die Hersteller abkaufen oder abluchsen lassen. Das sind doch alles nur Almosen, die mit der Absicht verteilt werden, sämtliche Beziehungen zu den Endkunden in Zukunft selbst in die Hand zu nehmen. Es sollte sich doch langsam rumgesprochen haben, eine tolle Partnerschaft heißt manchmal: Toll, der Partner schafft (und ein anderer kassiert)!
Mit Geld und Branntwein werden manche Igel gekauft, das war im Märchen noch ganz anders. Hersteller und Großhändler verstehen sich gut aufs Eventmanagement, auf Brot und Spiele für das einfache Volk. Deshalb: Augen auf bei der Partnerwahl! Das gilt in jedem Lebensbereich. Es wäre doch schön, wenn hin und wieder der Hase ins Leere laufen würde und der selbstständige, unabhängige Handwerker selbstbewusst rufen kann: „Ich bin schon da!“
Das gibt es hoffentlich nicht nur im Märchen.
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