Die Wellen schlagen hoch ob der Thermondoisierung des Heizungsmarktes. Kaum eine Woche vergeht, in der nicht über dieses internetgestützte Marketingkonzept geschrieben wird – oder sollte man eher von Marketing-Gag sprechen? Mal überwiegen die Befürworter, mal die Gegner. Innerhalb unserer Branche ist es schwer überhaupt Menschen zu treffen, die der Sache neutral gegenüber stehen, geschweige denn positiv.
Zu schnell kam diese Firma über die Heizungslandschaft gerollt. Niemand konnte sich wirklich darauf einstellen. Keiner hatte bis vor Kurzem davon gehört – doch plötzlich tauchte sie auf wie ein Krake aus trüber See. Es ist daher mehr als verständlich, wenn zunächst die Abneigung überwiegt. Aber die Stimmen mehren sich, die sagen, nichts ist grundsätzlich nur schlecht. Es kann zur Not immer noch als abschreckendes Beispiel dienen.
Was macht Thermondo – zunächst dachte man bei dem Namen wohl eher an eine Zahnpasta oder an eine Thermalbad-Rundreise im niederbayerischen Bäderdreieck – so erfolgreich? Das Konzept ist zweifelsohne gut: Jedermann gibt Eckdaten seines Hauses auf deren Homepage ein und bekommt binnen kurzer Zeit ein mehr oder minder aussagekräftiges Angebot mit einem Fixpreis. Die Preise sind grundsätzlich marktgängig und nicht totale Dumpingangebote.
Der alteingesessene Handwerker reibt sich bei so vielen Zusagen und Versprechungen die Augen. Warum kann das altgediente Handwerk so etwas nicht? Warum sind Angebote, wenn Kunden sie überhaupt bekommen, teilweise derart unverständlich? Warum werden keine festen Ausführungszeiten und keine Fixpreise genannt? Warum muss erst Thermondo kommen und auf diese Weise den Markt aufmischen? Sind die Heizungsbauer zu satt oder zu bequem? Vielleicht sogar überfordert?
Eigentlich sollte man meinen, dass gute Geschäfte wahrgenommen werden – wie auch immer. Dennoch zeigt der neue Wettbewerber aus dem Internet, dass schnelle und gute Geschäfte kein Widerspruch sind.
Ärgerlich und branchenfremd sind höchstens die Rahmenbedingungen, die diese Firma aus Berlin so schnell so groß gemacht haben. Die Kohle von Investoren wie E.on, den Zalando-Gründern und der Holtzbrinck-Medien-Gruppe gibt diesem Heizungs-Start-up erheblichen Rückenwind und sorgt für eine deutliche Marktverzerrung. Hier kämpft großes, seelenloses Geld um die Lufthoheit in kleinen Heizungskellern. Eigentlich ein Widerspruch an sich. Aber wahrscheinlich stehen ganz andere Motive dahinter.
Denn die Investoren-Masche ist bekannt: Umsatz generieren, Marktanteile gewinnen und Einkaufskonditionen drücken. Das schafft Luft, um den riesigen Marketing-Wasserkopf mitzuschleppen und den Wert des Unternehmens zu steigern. Wenn eine gewisse Schwelle erreicht ist, ziehen sich die strategischen Geldgeber zurück – bei gleichzeitiger Abschöpfung des Zeichnungsgewinns. Zurück bleibt eine aufgeblasene Handwerksbutze mit vielen Kunden und schlechtem After-Sales-Service. Und zusätzlich ein Haufen Handwerker, zornig über die Sonderkonditionen, die bekannte Heizkesselhersteller Thermondo eingeräumt haben.
Bei diesen Herstellern hat es sich wohl noch nicht rumgesprochen, dass auch langfristige Kundenbeziehungen gepflegt werden müssen und dass das Gedächtnis eines Handwerkers lange Zeit nichts vergisst! Zu viele andere waren schon am Markt und haben kurzfristig die Preise und Beziehungen kaputt gemacht. Aber alle hat nach längerer Zeit die Realität eingeholt. Denn Strategie heißt immer noch: vorher an nachher denken.
Eigentlich wissen wir in unserer Branche seit Langem, dass nur guter Kundenservice langfristig zur Endkundenbindung führt. Daher verwundert in dieser Hinsicht der allgemeine Aufschrei über die Thermondo-isierung schon ein wenig. Die Reaktionen kommen reflexartig: Jemand soll es richten – die Innung, der Verband, das Kartellamt, die Bundesregierung oder noch besser gleich die Bundeswehr. Dabei liegt der Schlüssel zum Erfolg und zur Gegenwehr in den Händen jedes einzelnen Fachbetriebs selbst. Wettbewerb gehört seit jeher zum Geschäft. Daher ist jeder gut beraten, seine betrieblichen Abläufe, sein Angebotswesen, seine Einkaufskonditionen und sein Serviceangebot ständig zu hinterfragen und zu verbessern.
Manchmal braucht es einen Störenfried, der die etwas bequemen Routinen durcheinanderbringt. Nur wer selbstkritisch genug ist, wird in Zukunft überleben – das war schon immer so. Sich in die eigene Tasche zu lügen macht kurzzeitig ruhig, aber langfristig unglücklich!
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