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Nomophobia oder Invisiphobia?

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Kennen Sie auch solche Leute, die ohne ihr Handy, iPhone oder Smartphone nicht mehr leben können? Alle drei ­Minuten wird das Ding aus der Tasche gezogen und drauf geschaut. Man könnte ja etwas verpassen! Aber mal ganz ehrlich: Was will man denn in der heutigen Zeit noch verpassen? Die ganz wichtigen Sachen bekommt man per Push-Mail von Sowieso-online, Twitter oder Facebook. Oder ganz abgefahren: Das Telefon klingelt – extrem retro!

Wie war das damals am 11. September? Jeder weiß noch genau, wo er war, als ihn die Nachricht der zusammenbrechenden Türme erreichte. Zugegeben, es gab damals noch keine digitalen sozialen Netzwerke – aber Internet, Handy und Telefon. Will sagen: Wichtige Nachrichten finden automatisch ihr Ziel – ohne immerwährenden „Ich-schau-nur-kurz-auf-mein-Handy-Stress“.

Natürlich hat die Handy-Sklaverei bereits, wie könnte es anders sein, einen englischen Namen: Nomophobia. Gebildet aus „no mobile phone phobia“. Zu Deutsch: die Angst, nicht mobil erreichbar zu sein. Zwei Drittel aller Briten, die ein Handy besitzen, leiden nach jüngsten Umfragen unter dieser „Krankheit“. Bei uns im Lande dürften die Zahlen etwas darunter liegen, aber trotzdem deutlich über 50%. Ist es Ihnen nicht auch schon einmal so ergangen, dass Sie außer Haus panisch festgestellt haben, dass Sie Ihr Handy zuhause vergessen haben? Warum ist das ­eigentlich so?

Früher gab es nicht einmal in jedem Haushalt ein Telefon. Wenn man unterwegs telefonieren wollte, musste man eine Telefonzelle suchen. Vielleicht hat unsere Angst, nicht erreichbar zu sein, darin ihren Ursprung, dass es fast keine Telefonzellen mehr gibt? Dann wäre die Deutsche Telekom schuld, die in den letzten zehn Jahren fast sämtliche Telefonhäuschen abgebaut hat. Einerseits hat sie uns durch mobile Dienste süchtig gemacht, andererseits nimmt sie uns die Gelegenheit, auswärts fernmündlich Kontakt zu halten. Eine perfide Doppelstrategie?

Unter dem Druck der ständigen Erreichbarkeit leiden besonders diejenigen, die beruflich erreichbar sein müssen. Die Grenzen zwischen Arbeits- und Freizeit verschwimmen. Auch Mitarbeiter von Handwerksbetrieben, die z.B. Rufbereitschaft im Kunden- oder Notdienst haben, sind betroffen. Das wird sich im Sinne der Kundenorientierung wohl auch in Zukunft nicht vermeiden lassen. Daher ist es mehr denn je nötig, Regeln aufzustellen – und sich auch an diese zu halten! Außer in klar definierten Zeiten (z.B. Notdienst) sollten Mitarbeiter von Firmen-E-Mails und -anrufen verschont bleiben. Dies ermöglicht die Erholung zuhause, die man braucht, um am Montag wieder fit in der Arbeit zu erscheinen.

Ganz ehrlich: Wie viele wirklich wichtige Firmennachrichten gibt es, die am Wochenende zur Kenntnis genommen werden müssen? Oft steckt reine Bequemlichkeit des Absenders hinter der Bombardierung des Mitarbeiters. Damit er selbst den Blödsinn vom Tisch hat, schickt er es gleich weiter. Dann muss er es sich nicht bis Montag merken. Es gibt jedoch auch die Möglichkeit, E-Mails zeitversetzt zu senden. In der Nacht von Sonntag auf Montag ist ein guter Zeitraum, Nachrichten abzusetzen, die am Montagmorgen wichtig sind.

Wer sich selbst zu wichtig nimmt, muss damit anderen nicht ihre Freizeit versauen! Hat man viele E-Mails gesendet, gibt einem das vielleicht die Illusion, sein Tagwerk wieder sichtbar zu machen, wie früher üblich (Anzahl umgepflügter Äcker, erlegter Säbelzahntiger). Ist es vielleicht die Angst vorm Unsichtbarsein (Invisibility phobia = Invisiphobia), die viele anspornt, andere zuzumüllen? Eine Idee zum Schluss: Schicken Sie sich selber jede Ihrer E-Mails in Kopie. Sie werden schnell feststellen, wie sehr das nervt! Das können Sie selber abstellen!

Und: Ist es nicht eine klasse Sache, dass Handys auch Ausschaltknöpfe haben? Gönnen Sie sich hin und wieder eine Auszeit! Wenn etwas wirklich Wichtiges passiert, erfahren Sie es früh genug!

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Diese SBZ-Kolumne wird von Brancheninsidern ­geschrieben, die frei von täglichen Zwängen zum Nachdenken anregen und deshalb anonym bleiben möchten.

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