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Betrieb und Digitalisierung vorangetrieben

Vom Pionier zum Vorbild

Inhalt

Das ist ein Statement: „Wir verkaufen uns unter unserem Wert“, sagt Installateur Matthias Gemeinhardt über seine Branche. Der Vorstand führt die gleichnamige AG aus Oberkotzau, Oberfranken. Denn Klima und Energie stehen derzeit auf der Agenda der Politik ganz oben. Einer der wichtigsten Beiträge seiner Zunft sei die Weiterentwicklung der Erneuerbaren. „Wir sitzen am Nabel der Welt“, so Gemeinhardt. Alles Gründe für ein attraktives Berufsbild.

Im Aufsichtsrat dieser für einen Installateur untypischen Gesellschaftsform sind Familienmitglieder und der Steuerberater. Das Treffen in kleiner Runde sieht Gemeinhardt als Chance, immer wieder darüber nachzudenken, wo die Firma steht und wie sie sich weiterentwickeln kann.

Über Smartphone erhält die Mitarbeiterin einen Überblick, was noch im Lager ist und was bestellt werden muss.

Bild: Gemeinhardt

Über Smartphone erhält die Mitarbeiterin einen Überblick, was noch im Lager ist und was bestellt werden muss.

Vorläufer Mikrocomputer

„Wir waren einer der ersten Handwerker, die einen Computer besaßen“, so Gemeinhardt. Er erinnert sich, wie er als neunjähriger Junge mit seinem Vater Ende der 70er zu einem spezialisierten Händler fuhr. Ein Mikrocomputer, Vorläufer der heutigen PCs, wurde angeschafft. Mit dem 20 000-Mark-Gerät wurden Angebote geschrieben und Rechnungen erstellt. Damit war der Weg für die nächsten Schritte geebnet.

Bereits 1967 hatte der Vater das Unternehmen gegründet, das Sohn Matthias in der zweiten Generation weiterführt.

Geschäftsprozesse abgebildet

So richtig ging es dann 2010/11 los. Seitdem werden alle Geschäftsprozesse systematisch digitalisiert. „Wir scannen alle eingehenden Dokumente ein. Der Rest läuft fast von alleine“, so der Ingenieur. Angebote und Rechnungen werden nur mehr digital erstellt. Alle Monteure sind mit einem Tablet oder Smartphone ausgestattet. Hersteller bieten verschiedenste Apps von Materiallogistik, Routenplanern über Zeiterfassungen bis Messungen an. Die übertragenen Daten der Monteure werden am Firmencomputer beispielsweise bei Wasserschäden durch Feuchtediagramme abgebildet.

Nur Montageberichte auf der Baustelle werden zuerst händisch angefertigt, dann erst digitalisiert. Selten genutzte Herstellerkataloge blättern auch Computerversierte händisch durch.

Die laufenden Kosten der Digitalisierung betragen im Monat zirka 2000 Euro.

Bild: Gemeinhardt

Die laufenden Kosten der Digitalisierung betragen im Monat zirka 2000 Euro.

Firmeneigener Administrator

Alle Geschäftsprozesse – Buchhaltung, Lohnverrechnung, Kostenrechnung – werden bei Gemeinhardt mit der Software PDS abgebildet. Damit kann auch das Hauptlager mit über 5000 Artikeln zeit- und kostensparend gemanagt werden. Die 3D-Visualisierung der Badplanung mit Palette CAD ist schon Standard. Das Programm JobRouter in Verbindung mit Docuware unterstützt den rein digitalen Workflow. Einzelne Schritte werden damit anschaulich dokumentiert.

Ein eigener Administrator unterstützt die Geschäftsleitung bei der Digitalisierung und Optimierung der Geschäftsprozesse. Auch die Software für die Heizungsregelungen werden von den Gemeinhardt-Technikern komplett im eigenen Hause erstellt. Die laufenden Kosten der Digitalisierung betragen im Monat zirka 2000 Euro. Kolleginnen und Kollegen gibt er den Tipp: „Man muss einfach mal damit anfangen.“

Vertrauensarbeitszeit möglich

Mit fortschreitender Technik wurde es bei Gemeinhardt möglich, Mitarbeitern Homeoffice anzubieten. „Gezwungen wird niemand, zu Hause zu bleiben“, so der Chef. Manches Mal sei es für Mitarbeiter zwischen Küche, Wäsche und Kindern gar nicht möglich, in Ruhe zu arbeiten. „Posteingangsarchivierung oder Warenannahme müssen natürlich vor Ort geschehen“, sagt Gemeinhardt. Ein Meister, der zuerst seine Kinder ins Bett bringt und dann zu Hause das Angebot schreibt, könne das in der Vertrauensarbeitszeit tun. „Der Kunde muss nicht merken, wo ich gerade sitze“, so Gemeinhardt. Am Ende muss die Qualität stimmen.

Matthias Gemeinhardt ist Vorstandsvorsitzender der Gemeinhardt AG.

Bild: Gemeinhardt

Matthias Gemeinhardt ist Vorstandsvorsitzender der Gemeinhardt AG.

Sämtliche Berufe im Einsatz

Gemeinhardt beschäftigt 50 Mitarbeiter, davon arbeitet zirka ein Drittel in der Verwaltung. Die anderen zwei Drittel arbeiten auf der Baustelle. Derzeit werden fünf Azubis ausgebildet, darunter auch eine Frau. Sämtliche Handwerksberufe sind bei diesem Installateur angestellt: Anlagenmechaniker, Elektriker, Mechatroniker, Maler, Trockenbauer und Zimmerer. „Die Fluktuationsrate ist gering“, so der Chef. Für die Meisterausbildung wünscht sich Gemeinhardt mehr Betriebswirtschafts- und IT-Themen.

Auftragsbücher voll

Arbeit gibt es mehr als genug. Bereits jetzt sind die Auftragsbücher bis Frühjahr 2023 gut gefüllt. „Das ist natürlich ein Problem, wenn ich einem Stammkunden sagen muss, dass wir sein Bad erst später in Angriff nehmen können“, so der Ingenieur. Ganz zu schweigen davon, dass sich die Preise innerhalb langer Zeitfenster gravierend verändern können.

Gemeinhardt ist fokussiert auf den gehobenen Privatkundenbereich. „Wir arbeiten für Ein- bzw. Zweifamilienhäuser“, so der ­Firmenchef. Im Umkreis von 50 km werden die Kunden serviciert. 25 Fahrzeuge – dar­unter auch immer mehr E-Fahrzeuge – stehen unter anderem dafür bereit. An öffentlichen Ausschreibungen wird nicht teilgenommen.

Auf Erneuerbare spezialisiert

Gemeinhardt ist seit 2009 fast ausschließlich auf dem Erneuerbaren-Sektor tätig. Die Anlagenmechaniker und Elektriker des Installateurs implementieren Wärmepumpen, Solartechnik, Photovoltaik, Stromspeicher, Biomasse und Ladestationen. Zwischendurch wird schon wieder mal ein Gaskessel montiert. Der Betrieb selbst wurde bereits 2006 auf Erneuerbare umgestellt. Das bedeutet 60 kW Wärmebedarf öl- und gasfrei.

„Wir freuen uns, dass wir als Problemlöser wahrgenommen werden“, so Gemeinhardt. Beratung, Umsetzung und Wartung kommen aus einer Hand. Die Schadensanierung ist ein weiterer wichtiger Geschäftszweig des Installateurs.

Gemeinhardt ­beschäftigt 50 Mitarbeiter, davon arbeitet zirka ein Drittel in der Verwaltung. Die anderen zwei Drittel arbeiten auf der Baustelle.

Bild: Gemeinhardt

Gemeinhardt ­beschäftigt 50 Mitarbeiter, davon arbeitet zirka ein Drittel in der Verwaltung. Die anderen zwei Drittel arbeiten auf der Baustelle.

Info

Digitale Schritte des Handwerksunternehmens Gemeinhardt

1979: Mikrocomputer

Das Büro der Firma wird mit einem ­Mikrocomputer (Vorläufer des PCs) aus­gerüstet.

1989: Zentraler EDV-Server

Neue Computergeneration mit zentralem EDV-Server entlastet die Betriebsorganisa­tion.

1998: Neue Technologie

Ein neuer EDV-Server mit 100-M-Bit-Hub und Raid-5-Technologie wird implementiert.

2005: Digitale Auftragsübermittlung

Der komplette Kundendienst wird auf digitale Auftragsübermittlung umgestellt. Der Arbeitszettel entfällt. Der Kundendienst hat alle wichtigen Anlage- und Messdaten in einem mobilen Pad zur Hand und kann alle aktuellen Werte direkt an die Zentrale übermitteln.

2010: IT-Virtualisierung

Die komplette IT wird virtualisiert. Das ­betrifft Server, Applikationen und Desktop. Flexible Arbeitsplätze im Betrieb und
Homeoffice werden selbstverständlich.

2011: Dokumentenmanagement-System

Einführung des neuen Dokumentenmana­gement-Systems (DMS), Umstellung auf ­digitale Prozesse.

2012: Digitales Prozess- und Dokumentenmanagement

Einführung eines vollständigen digitalen Prozessmanagements; eine Mitarbeiterin scannt alle wichtigen Belege der letzten Jahre ein.

2017: Digitale Arbeitsaufträge

Notebooks und Software für digitale ­Arbeitsaufträge im Bereich Service und Wartung. 15 Monteure erhalten ihre ­Arbeitsaufträge nur mehr digital.

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