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Zeit ist die größte Hürde

So digital sind Handwerker wirklich

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Das Marktforschungsinstitut Psyma untersuchte Ende 2011 im Auftrag des Internet-Dienstleisters Telegate den Stellenwert von Online-Marketing für Handwerksbetriebe und kam dabei zu überraschenden Ergebnissen. Ganze 55 % der Befragten gaben an, Online-Marketing spiele für ihr Geschäft derzeit überhaupt keine Rolle. Das spiegelt sich auch in den vorgesehenen jährlichen Online-Werbebudgets wider. 41 %, also fast die Hälfte, stecken weniger als 1000 Euro pro Jahr ins Internet-Marketing. Ähnlich verhält es sich mit dem Investitionsverhalten bei der eigenen Website: 33 % geben auch hier nicht einmal 1000 Euro pro Jahr aus.

Ohnehin verfügt mit 49 % nur knapp die Hälfte überhaupt über eine Website, zwar sind das 11 % mehr als im Vorjahr, aber insgesamt gesehen, doch sehr wenig. Kai Hesse, Inhaber der des SHK-Betriebes Bad & Heizung in Schwerte begründet diese Ergebnisse folgendermaßen: „Das individuelle Engagement im Bereich Online-Marketing hängt sehr stark vom Betriebsgefüge an sich ab. Macht ein Betrieb viel Gewinn, wird er mehr investieren als jemand, der sich gerade so über Wasser halten kann. Generell wägen viele ab und teilen sich daher die ohnehin meist knappen Budgets gut ein. Aber gerade für das Online-Marketing müssen es ja gar keine großen Budgets sein. Hier kann man durchaus auch mit kleinem Portemonnaie einiges erreichen.“

Unter Betriebsgefüge versteht er, dass Handwerksbetriebe über ganz unterschiedliche Kundenstrukturen verfügen, und demzufolge auch ihr Online-Engagement entsprechend ausrichten. Wer beispielsweise über Jahre hinweg seine Stammkunden ohne das Internet aufgebaut hat, für den mag es auch heute noch keine bedeutsame Rolle spielen, wenn es um Kundenkontakte geht. Wer allerdings über eine dünne Kundendecke verfügt, wird sicherlich von den Online-Möglichkeiten Gebrauch machen, um von zusätzlichen schnellen Aufträgen zu profitieren. Die Assoziation Internet und Neukundengeschäft belegt auch die Aussage von 84 % der Betriebsinhaber, die in der Website klar ihre Plattform für Neugeschäft sehen.

Tendenz zum Spezial-Dienstleister

Und damit die Neukunden dann auch gleich einen ersten positiven Eindruck des Betriebes erhalten, arbeiten 39 % bereits mit spezialisierten Internet-Dienstleistern zusammen, die sich maßgeblich um das Aufsetzen und Pflegen der Website kümmern. 15 % erstellen die Website noch in Eigenregie, ein Versuch, der laut Ansicht von Kai Hesse wenig Erfolg verspricht: „Die größte Hürde für die Website-Gestaltung ist die Zeit. Wer nicht sofort weiß, wie er den Relaunch in Angriff nehmen soll, verschiebt erst einmal die Umsetzung aus Zeitgründen. Viele wissen gar nicht, wie sie das angehen sollen, da der Anbietermarkt mittlerweile so unüberschaubar geworden ist. Und Qualitätsmerkmale fehlen auch.“

Die Studienergebnisse belegen zudem: Wer den ersten großen Schritt ins Netz per Website getan hat, bleibt auch erst einmal bei der Präsenz über eine statische Seite. Dialoginstrumente wie Videos über den Betrieb oder die Integration sozialer Netzwerke sind meist noch Fehlanzeige. Ausgenommen die Firmenblogs, für die scheinen Handwerksbetriebe ein besonderes Faible zu haben. Immerhin 23 % integrieren bereits einen Blog auf ihrer Website. Sie nutzen es beispielsweise als Kanal für neue Informationen zu Messeauftritten, neue Herstellerkooperationen oder auch einfach für persönliche Ankündigungen. Begünstigt wird diese Entwicklung sicherlich auch dadurch, dass das Aufsetzen eines Blogs im Vergleich zu anderen Dialog-Instrumenten eine relativ einfache und schnelle Sache ist.

Online- und OfflineEmpfehlung verknüpfen

Erstaunlich ist allerdings, dass trotz seiner generell hohen Relevanz von 93 % die Kundenempfehlung über den Online-Kanal für die Handwerksbetriebe noch kein Thema zu sein scheint. „Kundenempfehlungen sind sehr wichtig für das SHK-Handwerk, gerade wenn es nicht um den Preis gehen soll, sondern wenn der Mehrwert der Leistung durch die Empfehlung entsteht. Auch ich selbst setze die Empfehlungen unserer Kunden digital noch nicht um, obwohl ich weiß, welchen Wert es für neue Interessenten hätte.“ Tatsächlich vertrauen 85 % aller Internetnutzer den Online-Bewertungen und Empfehlungen anderer. Regionale Betriebe sollten daher konsequenter als bisher auf eine Empfehlung über gängige Branchenportale hinweisen und diese ebenfalls für die Veredelung der eigenen Leistung nutzen. Kai Hesse hat bereits erste Überlegungen für den eigenen Betrieb dazu angestellt: „Wir führen regelmäßig Kundenbefragungen durch. Der Kunde erhält einen Bewertungs­bogen, den er dann ausfüllt. Die Rücklaufquote ist enorm und liegt bei etwa 80 %. Aber uns geht es hier nicht um ,Selbstbeweihräucherung‘, sondern vielmehr darum zu erfahren, wo es noch hapert. In Zukunft wollen wir jeder Rechnung eine Karte mit der Bitte zur Bewertung beilegen. Der Rücklauf wird an neutraler Stelle gesammelt und aufbereitet und das können wir dann auch Online stellen.“

Erfolgskontrollen stehen noch am Anfang

Neben Investitionen und Maßnahmen zur Umsetzung wurden die Betriebe aber auch mit der Frage nach der Wirksamkeit konfrontiert. Also wer weiß, welchen Einfluss seine Website auf die Neukundenanfragen hat? Wer weiß, welchen Anteil Google Adwords am Neukundengewinn hat? 34 % behaupten von sich, hier schon auf einem guten Weg zu sein. Sie messen ihre Online-Erfolge. Die einen setzen hier auf Google Analytics, um nachvollziehen zu können, welche Themen die Kunden auf der Website interessieren. Die anderen begnügen sich mit dem Auszählen von Besuchern der Website (insgesamt 51 %). Der überwiegende Teil lässt aber noch ganz die Finger vom Kontrollieren – vermutlich diejenigen, die ohnehin den Stellenwert von Online-Marketing gleich Null sehen.

Aktive Suchmaschinenoptimierung betreibt nur ein Fünftel aller Befragten. Das lässt den Rückschluss zu, dass sie im Internet ausschließlich über eine Website präsent sind, die aber mangels Optimierungsleistung, außer vom Chef selbst, von niemandem auffindbar ist. Auch über den werblichen Einsatz von Google Adwords besteht noch ein breiter Aufklärungsbedarf im regionalen SHK-Handwerk. Zwar ist dieses Instrument 60 % bereits bekannt, tatsächlich nutzen ihn aber nur ganze 5 % der Handwerker.

Bekannt, aber wenig genutzt, könnte man auch den geschäftlichen Umgang mit sozialen Netzwerken wie Facebook und Xing bezeichnen. Zwar gaben 18 % der Betriebe an, in einem sozialen Medium registriert zu sein. Das bezog sich aber auf die private Nutzung. Dass trotz aller gebotenen Vertriebschancen über diese Medien nicht gleich der pure Aktionismus ausbrechen sollte, unterstreicht auch Kai Hesse: „Ich selbst beobachte die Entwicklung bei sozialen Medien eher kritisch. Es besteht ein hohes Risiko in Bezug auf der Datensicherheit. Zudem muss ich auch nicht überall an erster Stelle dabei sein. Derzeit schwingt bei sozialen Medien das Negativgefühl immer mit.“

Autor

Silvia Hänig ist Fachautorin im Bereich Betriebsführung und Marketing mit Bezug auf das Internet. Sie verfügt neben einer journalistischen Ausbildung über ein Studium der Wirtschaftswissenschaften, 85521 Ottobrunn, Telefon (0 89) 4 48 41 27, haenig@i-kom.org, https://i-kom.org/