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EEG-Novelle zur Photovoltaik-Förderung

Wirtschaftlichkeit in Gefahr

Inhalt

Unbeeindruckt vom kollektiven Aufschrei der Branche hat das Kabinett im Dezember den von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel eingebrachten „Entwurf zur Neuregelung des Rechts für Erneuerbare Energien“ (EEG Novelle) beschlossen. Dieser Entwurf, auf den sich Umwelt- und Wirtschaftsministerium nach einigem Ringen geeinigt haben, sieht vor, die Förderung für Solaranlagen über die Einspeisetarife zurückzufahren: real um bis zu 9,2 %. Energieformen wie Windkraft oder Biomasse sollen nach diesem Entwurf dagegen künftig deutlich stärker gefördert werden.

Dach und Freifläche künftig gleichgestellt

Hintergrund der Novellierung: Die Fördersätze für Sonnenstrom sollen an die veränderten Marktgegebenheiten angepasst werden, um eine Verzerrung des Wettbewerbs – vor allem aber eine übermäßige finanzielle Belastung der Stromverbraucher – zu verhindern. In der Begründung des Umweltministerium heißt es hierzu im Wortlaut: „Unterstützt durch Forschungs- und Entwicklungsprogramme konnten unerwartet hohe Produktionsfortschritte erzielt […] und die Herstellungskosten für Photovoltaikanlagen erheblich gesenkt werden. Daher wird die Degression für neue Anlagen ab 2009 angehoben.“

Eine Maßnahme, die so ausdrücklich im EEG angelegt sei, wie Thomas Hagbeck, Pressereferent im Bundesumweltministerium, auf Nachfrage unterstreicht. Anders als bisher wird bei den Degressionssätzen künftig nicht mehr zwischen Aufdachanlagen und Freiflächenanlagen unterschieden. Bislang galten für diese Anlagentypen unterschiedliche Degressionssätze von 5 % (Aufdachanlagen) und 6,5 % (Freiflächen). 2009 soll die Degression vereinheitlicht und auf dann 7 % angehoben werden. Darüber hinaus, so sieht es der Entwurf des BMU vor, wird die Degression im Jahr 2011 für Solaranlagen um einen weiteren Prozentpunkt angehoben, auf dann 8 %.

Zum Jahreswechsel 2008/09 schon in Kraft?

Zusätzlich soll die Grundvergütung für An­lagen die 2009 errichtet werden, einmalig um einen weiteren Cent gekürzt werden, was effektiv einer Senkung von weiteren 2,2 % entspricht. Ein Vorschlag, den vor allem Wirtschaftsminister Michael Glos befürwortet. Zum Jahreswechsel wird die Förderung für eine Solaranlage – ob privat oder gewerblich genutzt – im Vergleich zum Bemessungszeitraum des Vorjahres real um bis zu 9,2 % gekürzt. Zudem wird für Großanlagen jenseits von 1 MW eine neue „Vergütungsklasse“ eingeführt. Ab 2009 erhalten diese Anlagen nur noch 34,48 Cent je eingespeister kWh.

Dies sind Maßnahmen, die in der Solarbranche für einige Verstimmung sorgen, im Parlament dagegen auf wenige Widerstände stoßen dürften. „Wir gehen davon aus, dass die beschlossenen Änderungen nun auch die parlamentarischen Instanzen passieren“, so BMU-Pressereferent Hagbeck im Gespräch. Zur Zeitlinie hört man bislang, dass die Vorschläge noch vor der Sommerpause im Parlament beraten werden sollen und dann zum Jahreswechsel in Kraft treten könnten.

Dennoch gibt man sich beim Bundesverband der Solarwirtschaft (BSW-Solar) weiterhin kämpferisch. „Solange die Vorgaben nicht rechtsverbindlich sind, streiten wir für unsere Mitglieder selbstverständlich weiter. Die Beschlüsse sind ja noch keinesfalls gesetzt“, gibt sich Sebastian Fasbender, Pressesprecher des BSW-Solar verhalten optimistisch. Und auch Andreas Hänel, Vorstandsvorsitzender der Phönix Solar, klagt: „Diese Empfehlungen des Ministeriums sind aus unserer Sicht nicht zielführend. Die bisherige Absenkung von 5 % für Dachanlagen und 6,5 % für Freifeldanlagen war schon ambitioniert genug und für Freiflächenanlagen gerade noch tragbar.“ Eine höhere Absenkung der Vergütung, wie jetzt im Entwurf beschlossen, werde die Wirtschaftlichkeit der Solarenergie in Deutschland aber ernstlich gefährden, meint der Phönix-Vorstand.

Die Preise müssten um etwa 20 % sinken

Zwar wurde die Degressionsvereinbarung bei der Einführung des EEG einvernehmlich zwischen Industrie und Ministerium geschlossen, doch Senkungen wie sie aktuell von der Politik gefordert werden, sind nach Aussagen der Branche „unverhältnismäßig“. Auch Wirtschaftsexperte Volker Ruhl, vom Marktforschungsinstitut EuPD Research macht auf ­diese Verzerrung aufmerksam. „Hintergrund der Degressionsvereinbarung war, dass Preissenkungen, die sich aus technologischem Fortschritt und einsetzenden Skaleneffekten ergeben, über dieses Instrument in der Förderung berücksichtigt werden können. Dabei muss man aber sagen, dass die Realpreissenkung deutlich über dem Degressionssatz liegen muss – nicht zuletzt auf Grund von Diffusionsprozessen.“ Sebastian Fasbender vom BSW-Solar geht für seine Berechnungen davon aus, dass diese Preissenkungen etwa doppelt so hoch ausfallen müssten wie der Degressionssatz. „Die Rechnung ist ganz einfach: Soll die Rendite für den Hauseigentümer oder den Anlagenbetreiber annähernd gleich bleiben, dann müssten die Preise bei einer Anhebung der Degression auf die geplanten 9,2 % um beinahe 20 % sinken“, rechnet Fasbender vor.

Angesichts der Preisbewegungen in den letzten Jahren sind solche Potenziale in der Praxis allerdings schlicht nicht vorstellbar: Der quartalsmäßig erhobene Geschäftsklimaindex, den das Bonner Marktforschungsunternehmen EuPD Research unter 100 Solarunternehmen erhebt, bildet auch die Preisveränderungen auf dem Markt ab. Dabei sprachen 47 % der Befragten von gleichbleibenden Preisen, 8 % gaben zu Protokoll, dass die Preisen für Photovoltaikmodule sogar leicht gestiegen seien.

Installateure fürchten einen Umsatzrückgang in 2009

„Es gibt viele Stellschrauben im Erneuerbare-Energien-Gesetz; eine davon ist eben die Degression bei der Förderung von Solarstrom. Richtig ist, dass das BMU genau hier nachjustieren wird“, erklärt BMU-Sprecher Tobias Dünow. Nicht nur die Betreiber von großen Freiflächenanlagen fürchten, dass ihre viele Millionen Euro teuren Großprojekte künftig nicht mehr die gewünschten Rendite erwirtschaften, und die Anleger dann auf andere Energieformen und Anlageobjekte ausweichen könnten. Auch Privatleute dürften künftig zweimal nachrechnen, bevor sie sich für die Installation einer Solaranlage entscheiden (siehe Kasten mit Modelrechnung). Eckehard Weis, Vertriebsmitarbeiter bei Bau-Ko Solar aus Meinborn im Westerwald bestätigt diese Annahme. „Wir stellen uns schon darauf ein, dass im laufenden Jahr noch zahlreiche Aufträge für PV-Installationen eingehen werden. In den Kundengesprächen erfahren wir immer wieder, dass viele Solar-Interessierte eine Anlage noch vor Ablauf des Jahres aufs Dach bringen wollen um so die höhere Förderung mitzunehmen“, erklärt Weis. Bei Bau-Ko Solar rechnet man daher mit einer deutlich erhöhten Nachfrage im Jahr 2008, befürchtet aber gleichzeitig, einen deutlichen Einbruch im Jahr 2009. Diese Kaufzurückhaltung der Endkunden, die vielerorts für den Jahreswechsel befürchtet wird, dürfte einigen Handwerksbetrieben erheblich zusetzen.

BMU will Innovationsanreize schaffen

Angesprochen auf die Degressionssätze, die für 2009 im novellierten EEG vorgesehen sind, spricht Weis aus, was viele seiner Kollegen denken: „Natürlich wird im Rahmen der Degression immer argumentiert, dass etwa die Modul-Preise über die Jahre sinken. Das ist in Teilen ja richtig. Aber aktuell leiden deutsche Installateure auch darunter, dass andere Märkte wie z.B. Spanien große Modulmengen schlucken. Daher ist auf dem deutschen Markt kaum Bewegung bei den Preisen möglich.“ Daran werde sich auch im nächsten Jahr nicht wesentlich etwas ändern. Erst recht nicht in Größenordnungen wie sie angesichts der Degression 2009 nötig wäre. „Unrealistisch“ seien solche Vorgaben, ärgert sich Weis.

Ganz kann Tobias Dünow die Sorgen von Fachhandwerk und Anlagenbetreiber demnach nicht entkräften. Doch für ihn ist klar, dass das EEG in erster Linie auch Innovationsanreize schaffen muss. „Es ist nicht in unserem Sinn, einfach den Status Quo auf dem Energiemarkt zu halten. Wir brauchen weitere Bewegung und Entwicklung – auch auf dem Gebiet der Solarenergie“, bekräftigt Dünow. Ob einige Industriezweige künftig um ihre Wirtschaftlichkeit bangen müssen, dazu mochte das BMU keine Stellungnahme abgeben. Unabhängig davon könnte das Zurückschrauben der Förderung in der Konsequenz ein erneutes Hemmnis beim Erreichen der Klimaziele bedeuten.

Unnötige Verschärfung des Wettbewerbs

Entschieden wehrt sich die Branche – die von Förderungen und politischer Unterstützung abhängt – gegen die nun geplante Beschneidung der Subventionen. Dennoch: Aus Branchenkreisen verlautet bereits, dass große Aufdachanlagen – etwa auf Industriedächern in Gewerbeparks – künftig eine Alternative zu den Freiflächen sein könnten. Besonders für regional tätige Solarteure könnte das das ersehnte Neugeschäft bedeuten. Wenn gleich diese Verschiebung insgesamt zu einer weiteren Verschärfung des Wettbewerbs führen könnte. Denn wenn die solare Dachkonkurrenz durch die Verlagerung von der Freifläche auf die Dächer zusätzlich forciert wird, gerät der Markt unnötig unter Druck. Der BSW-Solar warnte daher schon im Dezember in seiner Stellungnahme zum „Erfahrungsbericht zum EEG“ vor der Gefahr, dass Investitionssicherheit und Vertrauensschutz der gesamten Branche auf dem Spiel stünden. „Der Markt muss sich erst einmal stabilisieren. Gerade angesichts des zunehmenden internationalen Wettbewerbs auf diesem Gebiet“, so ein Branchenkenner. Erst dann solle man über eine Reduzierung der Subventionen sprechen.

Eine Kostenreduktion ist nur bedingt möglich

Ein Ausweg kann also nur darin bestehen, die ab 2009 entstehenden Einbußen aus der zurückgeschraubten Förderung über Einsparungen an anderer Stelle wett zu machen. Ein Ansatz dafür liegt sicherlich in einer verbesserten, kostengünstigeren Technologie. Dennoch: Ein Großteil der Kosten und damit auch des Kostensenkungspotenzials bei der Verbauung von Solaranlagen – ob Großanlagen oder private Aufdachanlagen – liegt außerhalb der Photovoltaik. Betriebskosten, Versicherung, Personalkosten – all dies kostet die Installateure heute genauso viel wie im nächsten Jahr. Umgekehrt erwartet der Endkunde aber, dass die angepasste Förderung und damit seine gekürzte Rendite an anderer Stelle eingespart werden. Ist das nicht möglich, dann werden Solaranlagen schrittweise unattraktiv. Einen Vorwurf, den auch die Hersteller und Anlagenbetreiber machen. „Nicht alle Teile der solaren Wertschöpfungskette haben die gleichen Kostensenkungsmöglichkeiten. Immer dort wo Lohnkosten oder steigende Rohstoffkosten eine Rolle spielen, lassen sich diese Preisreduzierungen nicht darstellen“, ergänzt Phönix-Vorstand Andreas Hänel.

Musterrechnungen Wirtschaftlichkeit für PV-Anlagen mit 3 kWp und 35 kWp

• Grundlagen:

Die folgenden Berechnungen betrachten die Folgen einer Anhebung der Degression, wie sie im „Entwurf zur Neureglung des Rechts für Erneuerbare Energien” (EEG Novelle) vorgesehen ist. Sie arbeiten mit zwei Szenarien: Die Rentabilität von handelsüblichen 3-kW- und 35-kW-Anlagen wird zunächst mit konstanten Preise aus dem Jahr 2008 berechnet. Dann wird angenommen, dass die Unternehmen ihre Preise bis 2009 um 5 % senken würden.

• Kennzahlen der Anlagen:

Die Netto-Preise liegen (laut EuPD Research) in 2008 voraussichtlich bei durchschnittlich 4569 Euro für eine 3-kW-Anlage und bei 4322 Euro für eine 35-kW-Anlage

Eigenkapitalanteil: 25 %

Ertrag je installiertem kW: 880 kWh

Zur Berechnung der Renditeentwicklung wurde die Software „PV Profit” verwendet.

• Ergebnisse:

Im ersten Fall wird das Ergebnis für eine 3-kW Anlage negativ. Das bedeutet, dass die Anlage also wirtschaftlich nicht mehr darstellbar ist.

Im zweiten Fall bleibt ein positives Ergebnis. Allerdings fallen die Renditen für die Privatleute bzw. Investoren deutlich niedriger aus.

Hinweis: Der Restwert der Anlage und die Rückbaukosten sind dabei nicht berücksichtigt.

• Berechnungen:

Aktuell gültiges EEG: Bau im Jahr 2008

3 kW 35 kW

Investitionssumme 13707 Euro 144270 Euro

Eigenkapitalrendite 5,2 % 5,4 %

Gesamtkapitalrendite 4,4 % 4,7 %

Kapitalwert 635 Euro 13 691 Euro

Szenario 1: Bau im Jahr 2009 bei konstanten Preisen

3 kW 35 kW

Investitionssumme 13707Euro 144270 Euro

Eigenkapitalrendite 4,7 % 4,9 %

Gesamtkapitalrendite 4,0 % 4,2 %

Kapitalwert –497 Euro* 1151 Euro

Szenario 2: Bau im Jahr 2009 bei 5 % Preisrückgang

3 kW 35 kW

Investitionssumme 13020 Euro 137056 Euro

Eigenkapitalrendite 4,9 % 5,2 %

Gesamtkapitalrendite 4,2 % 4,5 %

Kapitalwert 100 Euro 7236 Euro

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*Bei einem negativen Kapitalwert ist die Investition in eine Anlage unrentabel.

Quelle: EuPD Research, Bonn

Weitere Informationen

Unser Autor Daniel Pohl ist Redakteur beim EuPD Europressedienst, 53111 Bonn, Telefon (02 28) 3 69 44-75, Telefax (02 28) 3 69 44-88, E-Mail: info@europressedienst.com, Internet: https://www.europressedienst.com/

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