Ob Marktentwicklungen, Prognosen oder Auswirkungen der Finanzkrise auf die Solarbranche – das Spektrum der Vorträge aus der Photovoltaik und Solarthermie hatte für jeden der über 810 Teilnehmer auf dem 9. Forum Solarpraxis, das Ende November 2008 in Berlin stattfand etwas zu bieten. Es wurde klar, dass das Jahr 2009 starke Veränderungen für den Solarmarkt bringt.
KfW will Solarprojekte weiter fördern
Die rasante Talfahrt der Solaraktien ist ein Warnsignal. Denn die Aktienmärkte nehmen oft künftige Entwicklungen voraus. Nach Aussage von Christof Stein, Direktor für Förderpolitik der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW), wird auch die Solarbranche von Auswirkungen der Finanzkrise unmittelbar betroffen sein. So werde die Entscheidung über die Kreditvergabe künftig noch stärker von Faktoren wie der Rentabilität des Projektes, der Risikobewertung bzw. des Risikomanagements abhängen. Hinzu kommen die Bonität der Projektverantwortlichen sowie die Bewertung der Sicherheiten. Davon seien aber im Wesentlichen nur größere Projekte betroffen. Insgesamt werde die KfW ihre Finanzierung auch 2009 fortsetzen, allerdings neu strukturiert. So würden Überschneidungen hinsichtlich der Zielgruppen und Förderzwecke beseitigt. Gleichzeitig solle die Transparenz erhöht werden. Dazu gehören laut Stein eine Erweiterung des Laufzeitangebots sowie eine Umstellung auf vierteljährliche Tilgungsraten.
Das neue KfW-Erneuerbare-Energien-Programm umfasst die Finanzierung aller Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien und besteht aus den zwei Programmteilen „Premium“ und „Standard“. Im Programmteil „Premium“ werden nach Aussage von Stein Maßnahmen zur Nutzung erneuerbarer Energien im Wärmemarkt mit Darlehen und einem Tilgungszuschuss des Bundesumweltministeriums gefördert. Hierfür wird zusätzlich ein vergünstigter Zinssatz für kleine Unternehmen eingeführt. Um eventuelle Zurückhaltungen anderer Banken bei der Finanzierung von Erneuerbarenprojekten auszugleichen, solle die durchschnittliche Finanzierungsquote von 80 % im Einzelfall auf 100 % gesteigert werden.
Neue Herausforderungen für die Photovoltaik
Für Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW), stehen der Photovoltaikbranche nach den Turbulenzen 2008 durch die Novellierung des Erneuerbaren Energiegesetzes (EEG) für 2009 weitere Herausforderungen bevor. So muss seiner Meinung nach die Stromeinspeisung optimiert und die negative Diskussion um die Umlage der Förderung per Stromrechnung vorangebracht werden. In Zukunft wird es laut Körnig nicht mehr ausreichen, lediglich Kilowattstunden zu produzieren, sondern hier seien ganze Konzepte gefragt. „Ich halte es für möglich, den Solarstromanteil an der Stromerzeugung in Deutschland bis 2020 auf 5–10 % zu erhöhen“, erklärte Körnig optimistisch. „Wir können aber zum jetzigen Zeitpunkt alle Auswirkungen der Finanzkrise noch nicht absehen“.
In einer aktuellen Umfrage unter seinen Mitgliedsbetrieben ermittelte der BSW bei 60 % keine negativen Auswirkungen durch die Finanzkrise. Als Erfolg wertet Körnig, dass ein Mengendeckel in Deutschland verhindert werden konnte. Für 2009 erwartet Körnig sogar ein Anziehen des Marktes, da die um 8-10 % geringere Einspeisevergütung durch entsprechende Preissenkungen kompensiert werden könne.
Installateure und Großhändler sind nervös
Andere Experten wie Markus Hoehner, CEO des Bonner PV Marktforschers und Beraters EuPD Research, teilen den Optimismus von Körnig nur mit Einschränkungen. „Im dritten Quartal 2008 haben wir die beste jemals gemessene Geschäftslage ermittelt. Gleichzeitig teilten uns die Markteilnehmer die schlechteste Geschäftserwartung seit Beginn des Indexes 2005 mit.“ Da hier Installateure und Großhändler befragt werden, zeige dies, dass am Ende der Wertschöpfungskette schon eine gewisse Nervosität festzustellen sei.
Für Hoehner wird das Wachstum in Deutschland, neben anderen Faktoren, von der Preisentwicklung abhängen. Die verringerte Förderung durch die erhöhte Degression werde sich nur teilweise auf die Nachfrage auswirken. „Für Deutschland erwarte ich im konservativsten Base Line Szenario einen Zubau von 1,5 GW für 2009. Sinken die Preise stärker als 9 %, können auch 2,5 GW in Deutschland erreicht werden. Entscheidend ist, dass im ersten Quartal 2009 schnell ein stabiles Preisniveau gefunden wird“, so Hoehner.
Weltweit rechne er mit einer Abnahme der Nachfrage von 5,3 GW in 2008 auf 4,9 GW in 2009. Dies sei im Wesentlichen auf die für 2009 festgelegte Deckelung in Spanien von maximal 500 MW zurückzuführen, während in dem Mittelmeerstaat 2008 noch rund 1,8 GW verbaut wurden.
Deutschland profitiert von guter Installateurstruktur
Auch für Jesse Pichel, Analyst von Piper Jaffray, könne der Preisverfall für PV-Anlagen noch deutlich höher als 9 % ausfallen. Denn neben den weltweiten Überkapazitäten werde auch ein Nachfragerückgang der Chipindustrie den Preis für Silizium weiter verbilligen. Wohin die dann entstehenden Überkapazitäten aber genau fließen werden, könne Pichel heute noch nicht prognostizieren. Er schließe aber nicht aus, dass Deutschland zu einem Dumpingmarkt für chinesische Hersteller wird, da sie mangels anderer Absatzmärkte gezwungen sind, ihre Preise deutlich zu senken. Die Folge wäre für Pichel ein deutlich stärkerer Zubau, sofern der Preis als Entscheidungskriterium einen unmittelbaren Einfluss auf die Kaufentscheidung hätte.
Grundsätzlich hält Pichel dieses Szenario auch nicht für schlecht. Nirgendwo auf der Welt gäbe es eine besser funktionierende Installationsinfrastruktur als in Deutschland. Für Deutschland erwartet er einen Wert zwischen 1,5 und 2 GW für 2008 und für 2009 hält Pichel 1,9 bis 2,3 GW für möglich. Weltweit rechnet er für 2008 mit einem Marktvolumen von 3,8 GW und für 2009 mit 4,8 GW sowie mit 6 GW für 2010.
Dass die Preise für Photovoltaik-Systeme jetzt schon im Rutschen sind, wurde auf dem Abschlussforum deutlich, bei dem verschiedenen CEO`s von Solarkonzernen Stellung bezogen. Die Frage von Karl-Heinz Remmers, Moderator des Panels und Vorstandvorsitzender der Solarpraxis AG, ob auch Ware aus Spanien nach Deutschland zurückfließe, beantwortete Thomas Krupke, CEO der Berliner Solon ES, eindeutig mit „Ja“. Während die anderen Teilnehmer sich nicht festlegen wollten, rechnete Krupke mit rund 200 MW. Auch Gregory Spanoudakis, CEO von Canadian Solar, bestätigte, dass sich die Lager füllen würden, weshalb die Preise bereits sinke und der Markt sich zum Käufermarkt drehe.
Solarthermie ist bei den Bürgern sehr beliebt
Dass die positive Stimmung gegenüber der Solarthermie nicht nur bei den Forums-Teilnehmern, sondern auch in der Bevölkerung vorhanden ist, konnte Christian Stolte von der Deutschen Energieagentur (Dena) durch Umfrageergebnisse aus dem Oktober 2008 belegen. Demnach würden 35 % der 1000 Befragten Solarthermie zu Heizungsunterstützung nutzen. Hinzu kämen noch einmal 36 %, die ernsthaft darüber nachdenken.
Positiv, aber nicht so ausgeprägt wie bei der Solarthermie, fallen die Werte für die Wärmepumpe aus, deren Einsatz immerhin 15 % planen, während 31 % noch über einen Einkauf nachdenken. Eine Umstellung auf Holzpellets können sich 5 % vorstellen, während 20 % noch mit dem Gedanken spielen, umzustellen. Hohe Zufriedenheit bestehe auch bei denjenigen, die bereits erneuerbare Energien einsetzen. 82 % seien „sehr zufrieden“ bzw. „zufrieden“.
Anlaufstelle Nr. 1 bleibe beim Interessenten der Heizungsbauer, gefolgt von den Verbraucherzentralen und den Energieversorgern, wobei letztere besondern von Mieter gefragt würden. Gestiegen sei auch der energetische Haus- und Heizungszustand als Kriterium für die Wahl einer Wohnung. Rund 92 % halten dies inzwischen für „sehr wichtig“ bzw. „wichtig“. Das bedeute, dass hier die Informationskampagne im Zusammenhang mit der Einführung des Gebäudepasses bereits ihre Spuren hinterlassen hat.
Nachweisbar sei aus der Studie auch das Kostenbewusstsein, bei dem sich allerdings zeigt, dass „viele die höheren Energiepreise wahrnehmen, aber weniger als die Hälfte der Befragten in der Lage sind, die tatsächlichen Kosten zu benennen“, bestätigt Stolte. Erstaunlich sei auch, dass zwei Drittel der Befragten Sanierungen ohne öffentliche Fördermittel durchführen, aber 50 % der Meinung seien, dass die Sanierung zu teuer ist.
Vier von zehn haben in den letzten fünf Jahren ihre Heizung saniert, wobei dies in der Regel zeitgleich mit anderen Sanierungsarbeiten stattfand. Gründe für fehlendes Handeln sind bei 82 % die fehlende Notwendigkeit, was auch Installateure bestätigen. Hinzu kommen fehlende Budgets, zu hohe Kosten oder andere alternative Anschaffungen.
Die Solarthermie hat ein sehr hohes Wachstumpotenzial
Dass die Marktentwicklung 2008 gegenüber 2007 im Bereich Solarthermie deutlich erfreulicher verlief, konnte BSW-Vorstandsmitglied Werner Koldehoff in seinen Ausführungen belegen. Den aktuellen Stand im Oktober 2008 benennt Koldehoff mit rund 1,200 MW oder 1,7 Mio. m² neuer Kollektorfläche in Deutschland. Insgesamt wären damit rund 7700 MW in Deutschland installiert. Dies entspreche einer Kollektorfläche von 11,1 Mio. m². Für das Gesamtjahr 2008 können rund 1500 MW erreicht werden, was einer deutlichen Steigerung gegenüber 2007 entspräche. Der Anteil der Vakuumröhren betrage 12 %.
Für 2009 geht Koldehoff – bedingt durch das neue, seit dem 1.1.2009 gültige Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz – von einem Zubau von knapp 2000 MW aus. Im Trend der letzten Jahre konnte im Durchschnitt 18 % Wachstum erreicht werden. Und die Potenziale sind für Koldehoff hoch: „Der Markt für Solarthermie läuft bisher erst im ersten, holprigen Gang“. Bis 2050 sei ein Anteil von über 70 % an der Wärmeerzeugung möglich. Der schlafende Riese „erneuerbare Wärme“ liege für Koldehoff vor allem im Bestand, wo sich nach Berechnungen des Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE) rund 105 TWh zusätzliche Wärmegenerierung durch Erneuerbare erzielen ließen. Ende 2007 belief sich die Wärmeerzeugung aus Erneuerbaren auf rund 90 TWh. Daran hatte die Solarthermie einen Anteil von 4,1 %, während den Haupanteil mit 64,1 % biogene Festbrennstoffe für die privaten Haushalte und 12,5 % für die Industrie lieferten.
Großes Marktpotenzial bei mittelgroßen Anlagen
Carsten Kuhlmann vom BDH ging der Frage nach, ob und wo mittelgroße Anlagen ihre Zukunft in Deutschland haben. Dabei liege die Marktentwicklung bei Mehrfamilienhäusern (MFH) um einen Faktor größer als 5 hinter der bei Einfamilienhäusern (EFH). Dies führt Kuhlmann zum einem auf die höhere Standardisierung bei den Paketlösungen im EFH-Bereich von 10 bis 20 m² zurück. Anlagen über 100 m² profitieren von Förderprogrammen. Zum anderen gibt es im Bereich der Mittelklasse von 20 bis 100 m² kaum Planung und keine Standards. Dies hängt für Kuhlmann auch damit zusammen, dass kleine MFH oft nicht von einem Ingenieurbüro, sondern nur von einem Heizungsbauer betreut werden.
Standards fehlen oft, da die Systemmöglichkeiten ähnlich wie bei Großanlagen gestaltet sind. Hieraus ergibt sich ein hoher Aufwand für die Paketbildung. Da es sich aber nur um ein überschaubares Marktsegment handele, sei das Interesse der Industrie entsprechend gering. Auch für den Installateur ergibt sich ein hoher Aufwand bei der Angebotserstellung, weshalb es mangels Hoffnung auf Erfolg dazu oft gar nicht erst kommt. Kuhlmann forderte deshalb: Standardisieren, Qualifizieren und Informieren bei den Investoren und Absatzmittlern.
Und auch wenn der Investor nicht der Nutzer ist, bedeutet dies nicht, dass er aus der Anlage keinen Nutzen zieht. Es gilt, diesen Nutzen, der Stolz auf die Anlage und eine gewisse Unabhängigkeit von den Energiepreisen künftig stärker zu vermitteln. Denn das Marktpotenzial in Deutschland ist groß: In einer Studie ermittelte der BDH, dass es rund 1,57 Mio. Häuser mit 3–6 Wohneinheiten (WE), 720 000 Häuser mit 7–12 WE, 110000 Gebäude mit 13–20 WE und rund 80000 Wohnblöcke mit über 20 WE gibt. – Welch rosige Aussichten!
Weitere Informationen
Unser Autor Michael Forst ist Geschäftsführer vom EuPD Europressedienst, 53111 Bonn, Telefon (0228) 36944-75, Telefax (0228) 36944-88, E-Mail: info@europressedienst.com , https://www.europressedienst.com/