Die Solarenergie hat in diesem Jahr einen weiteren großen Sprung nach vorne gemacht: Allgemein ist die Akzeptanz für Sonnenstrom und Sonnenwärme so groß wie nie: Politiker haben die Erneuerbaren Energien ganz oben auf der Agenda, Unternehmen werden plötzlich grün und setzen dabei auch auf Sonnenenergie. An den Börsen sind Solaraktien die Lieblinge der Anleger und im Ausland ist deutsche Technik nachgefragt wie nie.
Die Solarthermie befindet sich im Wellental
Aber auch aus einem anderen Grund ist 2007 ein bemerkenswertes Jahr für die Branche: Wichtige Gesetzesinitiativen wie die Novellierung des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) und das Regenerative Wärmegesetz sind in der Pipeline und werden das zukünftige Marktgeschehen mit Sicherheit spürbar beeinflussen. Ein weiteres Novum in diesem Jahr: Die Marktentwicklungen von Solarthermie und Photovoltaik haben sich voneinander abgekoppelt. Während beide Branchen noch im vergangenen Jahr deutliche Zuwächse verzeichneten, konnte 2007 bislang nur die Photovoltaik an das Wachstum anknüpfen.
Obwohl in Deutschland bereits eine Million solarthermische Anlagen installiert sind, steht die Entwicklung erst am Anfang. Denn nur 5 % der Ein- und Zweifamilienhäuser nutzen bislang die Solarwärme für Trinkwassererwärmung und Raumheizung und im Mietwohnungsbereich kommt sie bislang fast nicht zum Einsatz. Eine breite Markteinführung solarthermischer Anlagen würde eine erhebliche Klimaschutzwirkung entfalten. In Deutschland kann langfristig rund ein Drittel des Öl- und Gasverbrauchs zur Wärmegewinnung durch Solarthermie ersetzt werden. So könnten bis zum Jahr 2050 über 40 Mio. Tonnen CO2 eingespart werden. Vor dem Hintergrund steigender Heizöl- und Gaspreise entlastet der Ausbau solarer Wärmetechnologien zudem die privaten Haushalte und schützt die Verbraucher vor weiter steigenden (Miet-)Nebenkosten.
Gründe für die aktuelle Wachstumsdelle
Noch 2006 vermeldete die deutsche Solarwärmebranche Rekordzuwächse. Nach Erhebungen des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. (BSW-Solar) wuchs die neu installierte Leistung und damit der Branchenumsatz für Solarwärmeanlagen im letzten Jahr um 58 % im Vergleich zum Vorjahr. Er stieg in Deutschland auf 1,2 Milliarden Euro. Derzeit ist von einer deutlichen Marktbelebung noch nichts zu spüren, obwohl wichtige Weichen auf grün gestellt worden sind. Dazu zählen z.B. die Anhebung der Fördersätze im Marktanreizprogramm und der Wegfall von Deckelungen bei großen solarthermischen Anlagen.
Bei der Analyse der Gründe für die Marktentwicklung 2007 liegt der Schluss nahe, dass überwiegend branchenexterne Gründe zum Rückgang geführt haben.
Aufgrund der Streichung der Eigenheimzulage reduzierte sich die Solarthermie-Nachfrage im Neubau. In diesem Marktsegment werden erfahrungsgemäß bis zu 40 % der Solarthermieanlagen verbaut. Aber auch bei der Sanierung von Heizkesseln gab es einen Einbruch von 25 %. Daneben hat die Mehrwertsteuererhöhung in den ersten Monaten für Kaufenthaltung bei Investitionsgütern gesorgt. Auch dürfte es 2006 zu Vorzieheffekten gekommen sein, die ein Stück weit in das hohe Marktwachstum eingeflossen sind. Außerdem hat die Unstetigkeit des Marktanreizprogramms für Erneuerbare Energien (MAP) viele Eigenheimbesitzer verunsichert und deren Investitionsfinanzierung erschwert.
800 000 Haushalte wollen Solarthermieanlagen kaufen
Als eine weitere Ursache hat der BSW-Solar ein auf den ersten Blick paradox erscheinendes Thema ausgemacht: Der Klimawandel ist in aller Munde; aber führt dies automatisch auch zu einer Zunahme der Nachfrage? Der BSW-Solar hält das Gegenteil für möglich und kann eine gewisse Verunsicherung der Verbraucher und das Aufschieben von Heizungssanierungen nicht ausschließen. Eventuell besteht sogar eine Verunsicherung darüber, welches System die beste technische Antwort ist.
Auch der verhältnismäßig warme Winter 2006, der zeitweise zu einem Rückgang der Energiepreise führte, war ein Grund für die Wachstumsdelle. Die Erfahrungen der Vergangenheit lassen einen direkten Zusammenhang von Ölpreisentwicklung und Solarthermie-Zubau erkennen. Da in der zweiten Jahreshälfte 2007 der Ölpreis wieder auf Höchststände zuläuft, müsste davon also die Solarwärmebranche profitieren.
Dass die oben erwähnten Gründe nicht oder nur kaum zu beeinflussen sind, erschwert eine optimistische Prognose für dieses Jahr. Allerdings gibt es für die kommenden Jahre gute Chancen, das vom Schweizer Bankhaus Sarasin prognostizierte jährliche Wachstum von 20 % zu erreichen. Diese Hoffnung wird gestützt durch aktuelle Umfrageergebnisse des Bielefelder SOKO-Instituts: Demnach planen 800000 Haushalte die Anschaffung einer Solarthermieanlage innerhalb der nächsten zwei Jahre.
Wie geht es beim Marktanreizprogramm künftig weiter?
Anfang August 2007 hat die Bundesregierung im Rahmen des MAP die Fördersätze für Solarwärmeanlagen um 50 % angehoben. So beträgt die Investitionsbeihilfe nun 60 Euro pro m² Solarkollektorfläche. Für eine kombinierte Solaranlage mit Heizungsunterstützung erhält der Bauherr einen Zuschuss von 105 Euro/m². Das Bundesumweltministerium (BMU) folgte damit einer Empfehlung des Bundesverbandes Solarwirtschaft.
Einen weiteren Erfolg konnte die Branche kürzlich erzielen: Das Bundesumweltministerium hat die Förderungsbedingungen für große Solarwärmeanlagen entscheidend verbessert: die Anzahl förderfähiger solarer Großanlagen ist nun nicht mehr begrenzt. Der „Innovationsbonus“, der ursprünglich für 2007 auf 100 große Solarheizungen limitiert war, wird nun für alle neuen Solarwärmeanlagen gewährt, die bestimmte Mindesterträge mit Wärmemengenzählern nachweisen können. Damit besteht in diesem in Zukunft immer wichtigeren Marktsegment mehr Planungssicherheit.
Für 2008 hat das Bundesumweltministerium die Aufstockung des Marktanreizprogramms auf 350 Millionen Euro bekannt gegeben. Ohne eine klare Aussage für die folgenden Jahre wird aber auch dies nicht zum gewünschten Ausbaueffekt führen. Es gilt nun, aus diesen Eckpunkten ein wirksames Gesetz zu entwickeln und gleichzeitig das Ziel einer gesetzlichen Verstetigung der MAP-Fördermittel verbindlich umzusetzen. Im Rahmen der aktuellen Haushaltsverhandlungen sieht der BSW-Solar Spielraum für eine Mittelaufstockung, die zu einer Marktbelebung führen kann.
Neues Wärmegesetz und Endverbraucherkampagne
Die Bundesregierung hat als Bestandteil eines Integrierten Klima- und Energieprogramms (IKEP) auf ihrer Kabinettsklausur am 23./24. August in Meseberg Eckpunkte für ein Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz verabschiedet. Im IKEP wurde beschlossen, den Ausbau der Erneuerbaren Energien im Wärmebereich durch Einführung eines gesetzlichen Mindeststandards von 15 % für Neubauten und 10 % für Bestandsbauten zu erreichen. Die Pflicht soll im Bestand bei „grundlegender Sanierung“ greifen. Der BSW-Solar begrüßt diesen Beschluss sowie das Bekenntnis zur Aufstockung und Fortführung des MAP, sieht aber deutlichen Nachbesserungsbedarf bei unterschiedlichen Ausnahmetatbeständen.
Zum Start der Heizsaison 2007 hat der BSW-Solar die Initiative ergriffen und zusammen mit Mitgliedsunternehmen eine Endverbraucherkampagne gestartet. Er wird dabei von den führenden Handwerksverbänden unterstützt. Das neue Informationsportal http://www. solarwaerme-jetzt.de bietet Verbrauchern kompakte Informationen, wie man sich mit Solarwärme unabhängiger von Öl und Gas machen kann. Die Homepage beantwortet häufig gestellte Fragen rund um Solarthermie und erläutert die Funktionsweise der Anlagen. Interessenten erhalten die wichtigsten Links zur Planung und Realisierung auf dem Weg zur eigenen Solaranlage und der Bundesverband Solarwirtschaft vermittelt auf Anfrage kostenlos den Kontakt zu Fachbetrieben.
Photovoltaikbranche weiter auf der Überholspur
Die deutsche Photovoltaikbranche ist weiter auf der Überholspur. Nach aktuellen Erhebungen des BSW-Solar wuchs die Solarzellenproduktion in Deutschland im ersten Halbjahr 2007 um 33 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Die deutschen Solarzellen-Produzenten stellten von Januar bis Juni dieses Jahres Zellen mit einer Gesamtleistung von rund 300 MW her. Bereits jede vierte weltweit installierte Solarzelle stammte damit aus deutscher Fertigung.
International öffnen sich neue Märkte für Photovoltaikprodukte. Der Europäische Dachverband der Photovoltaikindustrie EPIA erwartet eine Verdopplung des Weltmarktes innerhalb der nächsten drei Jahre. Für 2010 rechnet EPIA mit einem Weltmarkt von 5,6 GW. Ein jährliches globales Marktwachstum von 20 % sieht die Schweizer Bank Sarasin voraus. Wichtige Exportländer für Deutschland liegen in Südeuropa und in Nordamerika. Solartechnik entwickelt sich nach Ansicht der Unternehmensberatung Roland Berger zu einer Leitindustrie, die zusammen mit anderen Erneuerbaren Energien von Umsatz und positiven Beschäftigungseffekten her langfristig klassische Industriebranchen wie den Fahrzeugbau überflügeln kann.
Um weiter eine dominierende Rolle am Weltmarkt zu spielen, setzt die deutsche Solarwirtschaft auf Expansion: Fünfzehn neue Solarfabriken werden bis 2008 am Standort Deutschland entstehen. Zusammen mit dem Ausbau bestehender Fabriken bedeutet das ein Investitionsvolumen von über einer Milliarde Euro. Die Expansionsgeschwindigkeit, intensive Forschungsaktivitäten und eine enge Zusammenarbeit mit dem solartechnisch führenden deutschen Maschinen- und Anlagenbau tragen dazu bei, den deutschen Technologievorsprung am Weltmarkt gegenüber der Konkurrenz aus Fernost zu sichern. Allein in diesem Jahr investiert die Photovoltaikindustrie rund 100 Millionen Euro in Forschung und Entwicklung. Bereits heute werden rund 40 % der deutschen Solarzellen exportiert. Mittelfristig werden diese Raten wie im Maschinenbau und bei der Windkraft auf über 70 % anwachsen, so die Erwartungen deutscher Solarunternehmer.
Das EEG als Schrittmacher für die PV-Branche
Ermöglicht wird das dynamische Wachstum der deutschen Photovoltaik-Industrie und der Ausbau des Technologievorsprungs durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG). Es sichert Betreibern von Photovoltaikanlagen eine kostendeckende und vorrangige Abnahme von Solarstrom durch die Netzbetreiber. Das EEG hat Deutschland in den letzten drei Jahren zu einem Solarland gemacht. Bei Beibehaltung eines verlässlichen Gesetzesrahmens wird Solarstrom vom eigenen Dach in zehn Jahren günstiger sein als konventioneller Strom aus der Steckdose.
Die Anfang Juli von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel präsentierten Vorschläge zur schnelleren Absenkung der Solarförderung im Zuge der Novellierung des EEG sind nicht Ziel führend und für die Solarbranche inakzeptabel. Eine Veränderung der Förderarithmetik schwächt den Solarmarkt, benachteiligt Anbieter hochwertiger Solartechnik und damit vor allem heimischen Mittelstand und das Handwerk.
Sollten die Vorschläge des BMU umgesetzt werden, würde die Solarstromförderung ab dem Jahr 2009 für neue PV-Anlagen auf dem Dach jährlich um 7 %, ab 2011 sogar um 8 % gesenkt werden. Bislang ist im Gesetz eine Förderdegression für neu errichtete Solaranlagen von nominal 5 % pro Jahr festgeschrieben. Für ebenerdig errichtete Anlagen soll die Solarstromvergütung nach dem Willen des BMU künftig stufenweise sogar um 9,5 % pro Jahr abgesenkt werden. Sollten die Preise für Solarstromanlagen in den nächsten Jahren nicht in gleicher Höhe sinken, wird der Ausbau der Solarstromnutzung in Deutschland unattraktiv. Die Photovoltaik entwickelt sich zwar rasant, Technologiesprünge für Kostensenkungen in der jetzt geplanten Größenordnung wird es jedoch voraussichtlich nicht geben.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass eine jährliche Preissenkung von 5–6 % bei steigender Qualität ambitioniert aber leistbar ist. Sie führt dazu, dass Solarstrom vom eigenen Dach in den nächsten zehn Jahren preisgünstiger wird als der konventionelle Strombezug vom Energieversorger. Langfristig könnte rund 25 % des heimischen Strombedarfs aus Solarenergie gedeckt werden.
PV in Deutschland billiger als im Ausland
Wiederholt wurden der deutschen Solarindustrie zu hohe Systempreise für Photovoltaikanlagen vorgeworfen. Die kürzlich veröffentlichten Zahlen der Internationalen Energie Agentur sprechen allerdings eine andere Sprache. Die deutschen Systempreise für Anlagen über 10 kW lagen 2006 unter denen in Japan, USA, Spanien und selbst unter den Preisen in Korea (siehe Tabelle der IEA). Der BSW-Solar geht auch für 2007 von einer stetigen Preissenkung um mindestens 5 % aus, da die Unternehmen große Fortschritte bei der Massenfertigung gemacht haben und diese Preise an die Endkunden weitergeben werden.
Dünner, effizienter, kostengünstiger: Die Technologien zur solaren Stromerzeugung haben in den vergangenen Jahren rasante Fortschritte gemacht. Innovative Fertigungssysteme und der Einsatz neuer Materialien erhöhen die Effizienz von Solaranlagen und tragen zu einer kontinuierlichen Senkung der Erzeugungskosten bei. Die Dünnschichttechnik wird neue Anwendungsmöglichkeiten erschließen und das Marktspektrum klassischer Siliziumzellen sinnvoll ergänzen.
Weitere Informationen
Unser Autor Carsten Körnig ist Geschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft e. V. (BSW-Solar) und Vizepräsident des Bundesverbands Erneuerbare Energien; 10243 Berlin, Telefon (0 30) 2 97 77 88 -0, Telefax (0 30) 2 97 77 88 99, http://www.bsw-solar.de