Die Nachfragedelle für Solarthermie in 2007 in Deutschland ist Vergangenheit. 2008 erreichten Zubau und Umsatz nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW) absolute Spitzenwerte. Das Handwerk brachte im letzten Jahr laut BSW Kollektoren mit einer Fläche von 2,1 Millionen Quadratmetern auf deutsche Dächer. Damit erzielte die Branche einen Umsatz von rund 1,7 Milliarden Euro.
Die künftige Marktentwicklung aus Sicht der Solarbranche
Um sich einen Überblick über die aktuelle Stimmung in der Branche zu verschaffen, befragte der Europressedienst für die Zeitschrift Solarthemen 133 Unternehmen aus dem Bereich der Solarthermie in Deutschland. Darunter Hersteller, Großhändler und Generalimporteure. Von diesen beantworteten 42 die Fragen. Nachfolgend einige Ergebnisse aus dieser Befragung.
Die großen Solarthermieunternehmen sind sich einig: 2009 wird der Solarthermiemarkt in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr deutlich wachsen. Von einem Schrumpfen des Marktes in diesem Jahr geht unter den befragten Unternehmen niemand aus. So erwartet man bei Paradigma und Viessmann einen Zuwachs von bis zu 10 % in 2009. Diese Einschätzung teilten die beiden Unternehmen mit insgesamt 45,2 % der Befragten. Noch optimistischer sind die Einschätzungen von Marktführer Vaillant, der einen Zuwachs zwischen 10 und 20 % erwartet. Weishaupt und der Großhändler Donauer Solartechnik rechnen sogar mit einer Steigerung zwischen 20 und 40 %. Unter den großen Solarthermie-Unternehmen geht nur Stiebel Eltron von einem noch steileren Wachstumspfad aus. „Ich erwarte für das Volumen des deutschen Solarthermie-Marktes im Vergleich zum Vorjahr einen Zuwachs zwischen 40 und 100 %“, sagt Tobias Pach von Stiebel Eltron.
Noch positiver ist der Ausblick pro Jahr auf Fünf-Jahres-Sicht: Genau die Hälfte aller befragten Unternehmen rechnet für diesen Zeitraum mit einem jährlichen Wachstum zwischen 10 und 20 % und immerhin ein Drittel mit einem jährlichen Wachstum zwischen 20 und 40 %. Weishaupt und Stiebel Eltron erwarten auf Fünf-Jahres-Sicht eine durchschnittliche Veränderung zwischen 40 und 100 % pro Jahr.
Ölpreisentwicklung ist wichtigster Einflussfaktor auf die Nachfrage
Für die meisten Unternehmen gilt die Entwicklung des Ölpreises – je nach Höhe – als Dämpfer oder Treiber der Marktentwicklung der Solarthermie. So gaben zwei Drittel der befragten Unternehmen an, dass ein deutlich gesunkener Ölpreis ein „sehr starker“ oder „starker“ Dämpfer für die Solarthermie sei. In den letzten Monaten ist dieser deutlich gefallen, auf mittlerweile unter 50 US-Dollar pro Barrel. „Der wieder stark gefallene Ölpreis ist das bedeutendste Hemmnis für den schnelleren Ausbau der Solarthermie“, sagt so auch Stefan Hirzinger, Produktgruppenmanager Solarthermie bei Velux. Im Falle wieder steigender Ölpreise, dürften diese dafür aber wieder zu einem der wichtigsten Treiber und Verkaufsargument für die Solarthermie werden. So gaben 90,5 % der befragten Unternehmen an, dass ein Ölpreis über 100 US-Dollar pro Barrel ein „sehr starker“ oder „starker“ Treiber für die Entwicklung des Solarthermiemarktes sei. Von den sechs großen Solarthermieunternehmen sind sogar alle Unternehmen dieser Meinung.
Mit Blick auf das Erdöl gilt jedoch nicht nur der Zusammenhang, dass mit steigenden Ölpreisen auch die Wirtschaftlichkeit der Solarthermie zunimmt. Auch das Argument der Versorgungssicherheit wird in diesem Zusammenhang genannt. „Der Gasstreit mit Gazprom hat gezeigt, dass es dringend notwendig ist, die Abhängigkeit von Öl und Gas zu reduzieren“, sagt Adalbert Sauter, Geschäftsführer von SOL-Century.
Positive Nachfrage bei Ein- und Mehrfamilienhäusern erwartet
Eine Segmentierung des Marktes in die einzelnen Kundensegmente macht deutlich, dass die Unternehmen vor allem bei Ein- und Mehrfamilienhäusern von einer positiven Marktentwicklung ausgehen. 69,1 % rechnen mit einer steigenden Nachfrage bei Einfamilienhäusern. Für 28,5 % wird sich die Nachfrage in diesem Segment im Vergleich zum Vorjahr nicht verändern. Ähnlich sieht die Situation bei den Mehrfamilienhäusern aus. Hier erwarten 71,4 % der befragten Unternehmen eine positive Marktentwicklung, während 26,2 % von einer im Vergleich zum Vorjahr gleichbleibenden Nachfrage ausgehen. Unter den großen Unternehmen mit einem hohen Marktanteil fällt die positive Erwartung in beiden Segmenten mit 85,7 % sogar noch höher aus als unter der gesamten Befragungsgröße.
Im Hinblick auf den Einsatz der Solarthermie bei Büro- und Gewerbeflächen geben sich die Marktführer deutlich zurückhaltender. Drei Viertel erwarten hier eine unveränderte Nachfrage, ein weiteres Viertel will dazu keine Einschätzung abgeben. Insgesamt gehen die befragten Branchenvertreter mit 52,8 % davon aus, dass sich in diesem Marktsegment die Nachfrage im Vergleich zum Vorjahr nicht ändern wird. Nur 23,8 % erwarten eine steigende Nachfrage bei den Büro- und Gewerbeflächen.
Bei der Nachfrage von Seiten der öffentlichen Hand bei kommunalen Gebäuden rechnen nur 23,8 % der Befragten mit einer Steigerung in diesem Jahr; 52,4 % erwarten hier keine Veränderung.
Die Nutzungspflicht des EEWärmeG sorgt für Nachfrage
Das seit Januar 2009 geltende Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) schreibt vor, dass in Neubauten ein bestimmter Anteil des Wärmebedarfs mit erneuerbaren Energien zu decken ist. Diese Nutzungspflicht bedeutet eine durch sanften Zwang erzeugte Nachfrage nach solarthermischen Produkten. „Ohne eine gesetzliche Nutzungspflicht kämen die erneuerbaren Energien bei der Energieversorgung von Neubauten seltener zum Zug“, sagt Gernot Reinhard, Geschäftsführer der Reinhard Solartechnik GmbH. Auch Matthias Steiner, Geschäftsführer der Solar-Steiner GmbH bewertet das Gesetz positiv, denn nun müsse der Kunde etwas tun.
Da die gesetzliche Nutzungspflicht auf Neubauten beschränkt ist, bleibt der Baubestand von der Regelung ausgenommen. „Dadurch ist der Großteil der Häuser, also der gesamte Hausbestand, sowieso nicht von der Regelung betroffen. Außerdem ist der geforderte Deckungsanteil, den die Solarthermie leisten muss, zu gering bemessen“, sagt Thomas Bonneval von der Sonnenwärme AG. Dazu komme, dass der Markt für Neubauten derzeit schwach ist, sagt Gunther Voss, Produktmanager bei Brötje. Und so ist es nicht überraschend, dass sich 61,9 % der befragten Unternehmen für eine Ausweitung der Nutzungspflicht auf Altbauten aussprechen. Bislang ist nur in Baden-Württemberg ist auf Bundeslandebene der Einsatz von Solarthermie auch im Altbaubereich geregelt.
Solarthermie ist bei einer breiten Öffentlichkeit im Gespräch
Zwar sagen 59,5 % der befragten Unternehmen, dass die gesetzliche Nutzungspflicht des EEWärmeG „sehr gut“ und „wichtig“ sei. Doch immerhin 31 % sind der Meinung, dass der Gesetzgeber damit nicht weit genug gegangen sei. „Die gesetzlichen Bestimmungen sind in dieser Form allerdings nicht ausreichend, da Hausbesitzer alternativ auch auf eine bessere Dämmung ausweichen können“, sagt Jürgen Hoffmann, Marketingmanager Deutschland bei Paradigma. Weitere Befragte bewerten die Nutzungspflicht ebenfalls als „nicht ausreichend“, weil sie den vorgeschriebenen Solarthermie-Anteil als zu gering betrachten.
Viele Unternehmen sehen in der Einführung des EEWärmeG aber auch ein Instrument, um die Solarthermie als wichtiges Thema in der Bevölkerung publik zu machen. „Ich finde die Nutzungspflicht wichtig, da so besonders die Solarthermie bei einer breiten Öffentlichkeit im Gespräch ist“, sagt Thomas Medrow, Produktmanager bei Oertli.
Noch ist es für eine Bewertung der Auswirkungen des Gesetzes sehr früh, weil wegen des langen Winters die Installationssaison spät begonnen hat. Allerdings gab keines der befragten Unternehmen an, durch das EEWärmeG nachteilige Veränderungen zu spüren. Und unter den kleineren Solarthermie-Unternehmen gaben immerhin 14,3 % an, schon jetzt einen positiven Einfluss auf ihre Geschäftstätigkeit wahrzunehmen.
Systempreise könnten in diesem Jahr um 3 bis 5 % steigen
Aber nicht nur auf dem inländischen Markt rechnet die Branche mit Wachstum. Gerade die großen Unternehmen sind davon überzeugt, dass 2009 der Exportmarkt stärker zulegen wird als der inländische Markt. So lautet zumindest die Einschätzung von fünf der sieben großen Unternehmen wie Viessmann oder Vaillant. Bei den kleineren Unternehmen sehen dies nur 37,1 % ebenso. Durch den Nachfrageboom ist aus Sicht der Unternehmen ein Rückgang bei den Solarthermie-Systempreisen in diesem Jahr eher unwahrscheinlich. Von den großen Sechs rechnet sogar keiner mit Preissenkungen. Donauer Solartechnik,
Vaillant und Viessmann gehen davon aus, dass die Systempreise in diesem Jahr um 3 bis 5 % steigen werden. Da gerade die mangelhafte Wirtschaftlichkeit der Solarthermie von den Unternehmen als bedeutendstes Hemmnis für den schnelleren Ausbau der Solarthermie genannt wird, dürften stabile oder sogar steigende Systempreise allerdings nicht dazu beitragen, die Wirtschaftlichkeit zu verbessern.
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Unser Autor Stefan Hausmann ist Redakteur beim Europressedienst, 53111 Bonn, Tel. (02 28) 3 69 44-76, Telefax (02 28) 3 69 44-88, E-Mail: redaktion@europressedienst.com , https://www.europressedienst.com/