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Wichtige Trends in Markt, Politik und Technik

Solarwärme hat noch viel Potenzial

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Wie groß die Potenziale der Solarthermie aus heutiger Sicht eingeschätzt werden, verdeutlichte Werner B. Koldehoff, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar). Nach seinen Berechnungen wurde in 2007 weltweit ca. 28300000 m² Solar-Kollektorfläche neu installiert, davon alleine 23 Millionen m² in China. Der Anteil von Va­kuum­kollektoren beträgt dort 92 bis 95 %. In Europa, wo das Verhältnis Flach- zu Röhrenkollektoren nahezu umgekehrt ist, wurden im letzten Jahr rund 2790000 m² Solar-Kollektorfläche neu errichtet – davon 34 % in Deutschland, was einem Zuwachs von 40 % gegenüber 2006 entspricht.

Künftige solare Wachstumsraten von bis zu 40 %

Während die Märkte in Griechenland und Österreich sich mit jeweils 10 % laut Koldehoff stabil entwickelten, wachsen insbesondere Frankreich, Spanien und Italien jeweils im zweistelligen Bereich. Für die nächsten Jahre sieht Koldehoff weiterhin Wachstumsraten von bis zu 40 % als möglich an. Damit könne das gute Marktniveau von 2006 schon in diesem Jahr in Deutschland wieder erreicht werden. Insgesamt prognostizierte Koldehoff für Europa eine neu installierte Kollektorfläche von 3,5 Millionen m² in 2008.

Bei der differenzierten Betrachtung einzelner Marktsegmente in Deutschland erreichten die reinen Anlagen zur Warmwasser­bereitung einen Anteil von 55 %, während solarthermische Kombianlagen (für Warmwasser und Heizung) auf 45 % kommen. Von den neuen gesetzlichen Regelungen, die ab dem 1.1.2009 im Rahmen des Er­neuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) gelten, werden aus Sicht von Koldehoff vor allem Kombianlagen sowie Großanlagen für Mehrfamilienhäuser, Hotels oder Krankenhäuser profitieren. Denn bislang werden 99 % der neu installierten Anlagen in Deutschland auf Ein- und Zweifamilienhäusern montiert.

Als nächste große Herausforderung gelte es, das Speicherproblem in den Griff zu bekommen, meinte Werner B. Koldehoff. Daneben biete solargestütztes Kühlen als Anwendung ebenfalls große Potenziale.

Neue EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien

Nach der positiven Entwicklung der Solarthermie in einzelnen Ländern soll diese Technik künftig im gesamten EU-Raum stärker verbreitet sein. Uwe Trenkner, Generalsekretär der European Solar Thermal Industry Federation (ESTIF), stellte seine Pläne und den Stand der Umsetzung der geplanten „EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien“ vor. Schwierigkeiten bereite der Branche die ständige Stop-and-go-Politik bei der Förderung, die immer wieder zu Unterbrechungen geplanter Investitionen oder zur Verunsicherung bei Endkunden führe. „Wir brauchen stabile Rahmenbedingungen und Investi­tionssicherheit für alle”, betonte Trenkner.

Die Nutzung von erneuerbaren Energien für Heizung und Kühlung birgt ein hohes Potenzial, wurde jedoch bisher in den politischen Initiativen der EU nicht ausreichend berücksichtigt. Die Verankerung des Wärme- und Kältesektors in der neuen EU-Richtlinie für Erneuerbare Energien ist deshalb aus Sicht der ESTIF mehr als überfällig. In den konkreten Vorschlägen der EU-Kommission für die Richtlinie vom Januar 2008, die u.a. einen Anteil der erneuerbaren Energien von 20 % bis 2020 vorsieht, sei dieser Sektor erstmalig gleichwertig erfasst. Zudem sehe es so aus, als ob das Europäische Parlament den bereits für die Branche positiven Entwurf weiter verbessern werde. Für Uwe Trenkner gilt es jetzt, die Regierungen der Mitgliedstaaten für diese Vorschläge zu gewinnen, damit die Richtlinie in der ersten Jahreshälfte 2009 verabschiedet werden kann.

Auf die Frage, welche technischen Verbesserungen noch notwendig seien, antwortet Trenkner: „Die Solarthermie insgesamt ist auf dem Stand eines VW Käfers in den 50er-Jahren – sie läuft und läuft, aber sie kann noch deutlich optimiert werden. Neue Konzepte für kompakte und effiziente Wärmespeicher, neue Materialien für thermische Kühlungs­anlagen und industrielle Prozesswärme sind wichtige Bausteine der nächsten Generation von Solarwärmesystemen. Insgesamt benötigen wir auch eine bessere Integration der Solarthermie in Gebäude mit konventioneller Gebäudetechnik.“

Forschung und Entwicklung beschleunigen

Auf die Notwendigkeit zur Erhöhung der Forschungs- und Entwicklungsbudgets sowie der Anzahl der Forschungseinrichtungen für die Solarthermietechnologie, wies Gerhard Stryi-Hipp, Geschäftsführer des BSW-Solar, in seinen Ausführungen noch einmal eindringlich hin. „Die ESTTP ist ein Forum, in dem Forschung, Industrie und Politik eng zusammenarbeiten. Ziel ist es, die Solarthermie-Technologieentwicklung wesentlich zu beschleunigen“, so Stryi-Hipp. „Und dies erfordert es, mehr Ressourcen bereitzustellen.“

Zwölf Arbeitsgruppen haben im Rahmen der Europäischen Solarthermie-Technologieplattform (ESTTP) Lösungen für Gebäude, Industrienutzungen und Marktentwicklungen/politische Rahmenbedingungen beschrieben. Zurzeit werde daraus eine detaillierte Forschungsstrategie für die kommenden Jahre erarbeitet, erläuterte Stryi-Hipp, der auch ESTTP-Vorsitzender ist (http://www.esttp.org). ESTTP erwartet in seiner solarthermischen Vision für Europa langfristig eine solarthermische Gesamtkapazität von 2400 GWth, was 3,4 Milliarden m² Kollektorfläche entspricht. Damit ließe sich 50 % des euro­päischen Wärmebedarfs decken. Ein riesiger Schritt, wenn man dieses Ziel mit den Zahlen von 2005 mit 11,2 GWth und dem Zwischenziel von 336 GWth in 2020 vergleicht.

Technische Weiterentwicklungen sind in Vorbereitung

Technische Weiterentwicklungen erwarten die Experten im Netzwerk der ESTTP bei Kollektoren, Speichern und vor allem der Systemtechnik. Der Einsatz von neuen Mate­rialien und die Integration ins Gebäude und die Gebäudetechnik seien erforderlich. Laut Stryi-Hipp würden künftig Solarkollektoren zusammen mit Photovoltaikmodulen und Dachfenstern die gesamte Hausdachfläche belegen. Zudem würden durch die Integra­tion in die Fassade bzw. durch die Kombination von dezentralen Lösungen und wandintegrierten Materialien noch mehr Gebäudeflächen für die Solarthermie nutzbar. Ebenso zu erwarten sind eine höhere Effizienz der Anlagen und Systeme sowie die Einsetzbarkeit bei höheren Temperaturen.

Aber auch im Bereich der industriellen solarthermischen Anlagen geht es für Christian Zahler von der PSE AG, Freiburg, voran. Denn ein Drittel der insgesamt von der Industrie benötigten Prozesswärme liege im Temperaturbereich unter 200 °C – ein riesiges Potenzial für solarthermische Technologien. Die PSE AG hat einen Fresnel-Prozesswärmekollektor entwickelt, welcher Temperaturen bis zu 200 °C bereitstellen kann und für einen thermischen Leistungsbereich zwischen 50 kW und 5 MW geeignet ist. Bei diesem Kollektortyp wird mittels einachsig nachgeführter Spiegel das Sonnenlicht auf ein von Wasser durchflossenes Absorberrohr gebündelt. Einsatzorte sind sonnenreiche Länder mit hohem Direktstrahlungsanteil, vor allem in Südeuropa und Nordafrika.

Kostensenkung durch Einsatz von Kunststoffen

Dass der Einsatz neuer Materialien zur Kostensenkung notwendig ist, machte John Rekstad von der Universität Oslo am Beispiel der Polymere deutlich. Diese können zukünftig mehr und mehr Teile aus teurerem Kupfer und Glas ersetzen. Kupfer ist schon heute neben Eisen und Aluminium das Metall mit dem drittgrößten weltweiten Verbrauch und damit an den Rohstoffbörsen starken, nachfrageabhängigen Schwankungen ausgesetzt. „Würde 1 % der weltweiten Energienachfrage mit solarthermischen Anlagen befriedigt, müssten dafür rund 22 Millionen Tonnen mehr Kupfer gefördert. Weltweit sind es derzeit aber nur 15 Millionen Tonnen, die für ­alle Bereiche der Wirtschaft produziert werden. Damit wären dem Wachstum der Solarthermie deutliche Grenzen gesetzt, wenn es nicht zum Einsatz von kostengünstigeren Substituten käme“, führte John Rekstad aus. Ersatzstoffe wie polymere Kunststoffe finden sich heute schon in Swimmingpoolkollektoren, bei Verglasungen und Gestellen. Aber auch eine Zukunft mit Plastikmodulen ist für Rekstad denkbar. So hätten Temperaturtests gezeigt, dass Polymere unter 100 °C problemlos funktionierten. So zeigten polyphenylene Sulfide (PPS) keine Veränderungen an den Materialeigenschaften. Um mehr Erfahrungswerte zu bekommen werden laut Rekstad derzeit umfangreiche Wetterstudien durchgeführt, wobei für Polycarbonate auch bereits Ergebnisse vorliegen. Dabei habe sich bereits gezeigt, dass der Einfluss der UV-Strahlen unproblematisch sei. Ein konkreter Kostenvergleich der Substitution von Kupfer durch Plastik liege aber noch nicht vor, da die Produktion von Plastikkollektoren noch in den Anfängen stecke. Günstigere Produk­tionskosten seien aber jetzt schon absehbar. Probleme gebe es jedoch beim sogenannten Überhitzen.

Krypton schützt den Kollektor vor Überhitzung

Mit dem Thema Überhitzung beschäftigt sich auch Thomas Beikircher vom Zentrum für angewandte Energieforschung Bayern in Garching. „Unser Ziel ist die Verbesserung von Flachkollektoren im Hinblick auf deren Effi­zienz und Überhitzung im Temperaturbereich von 70 bis 120 °C. Derzeit wird laut Bei­kircher an verschiedensten Lösungen gearbeitet, um die „front convection“, die mit 65–75 % den größten Leistungsverlust verursacht, zu reduzieren. Als vielversprechend bezeichnete Beikircher die doppelte Abdeckung mit Folie sowie den Einsatz von rückseitigen Luftkammern. Aber auch Gasfüllungen sind vor dem Hintergrund von Preis/Leistung und Verfügbarkeit interessant. Schon 1996 hat Beikircher in seiner Doktorarbeit nachgewiesen, dass Krypton als Füllmaterial für Kollektoren am besten geeignet wäre. Voraussetzung ist ein Vakuum um die 20 mbar und die entsprechende Dichtungstechnik. Krypton kostet ca. 1 €/Liter, wobei ca. 2 Liter pro Kollektor benötigt werden. Laut Beikircher waren bislang die Vakuum- und Gasdichtigkeit die Hauptprobleme, die man aber heute besser im Griff zu haben scheint. „Kryptongefüllte Vakuumflachkollektoren sind natürlich teurer als doppelt mit Folie abgedeckte Kollektoren, die momentan bei uns zusammen mit Industriepartnern entwickelt werden“, räumte Beikircher ein. In Zukunft würden diese aber größere Bedeutung für solare Kühlung, Heizung und Prozesswärmeerzeugung bekommen.

Weitere Informationen

Unser Autor Michael Forst ist Geschäftsführer vom EuPD Europressedienst, 53111 Bonn, Telefon (02 28) 3 69 44-75, Telefax (02 28) 3 69 44-88, Internet: https://www.europressedienst.com/

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