Elektronische Kommunikation ist heute allgegenwärtig, auch auf der Baustelle. So werden konkrete Bauumstände mithilfe von Smartphones und Tablets fotografisch festgehalten, Dokumentationen erstellt, gespeichert und weitergeleitet. Solange der Informationsaustausch per Handy, SMS und E-Mail reibungslos funktioniert und die gewünschten Folgen eintreten, ist ihre Verwendung unproblematisch. „Entsteht zwischen den Parteien hingegen Streit, steht rasch die Frage im Raum, ob die gewählte Kommunikationsform ‚wirksam‘ war“, sagt Kathrin Heerdt, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft für Bau- und Immobilienrecht (Arge Baurecht) im Deutschen Anwaltverein (DAV).
„Besonders häufig tritt diese Frage im Zusammenhang mit Mängelrügen auf, die per E-Mail übermittelt wurden“, unterstreicht die Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht. Leider ist diese Frage nicht so ohne weiteres zu beantworten. Üblicherweise sind Erklärungen „formlos“ gültig, also ohne Beachtung einer besonderen Form. In einigen Fällen, etwa wenn Gesetz oder Vereinbarungen der Parteien eine bestimmte Form vorschreiben, ist diese einzuhalten. Andernfalls gelten Erklärungen als nichtig und sind damit ohne rechtliche Relevanz. „Wird eine vorgeschriebene oder vereinbarte Form nicht eingehalten, ist die Erklärung oder Vereinbarung so zu behandeln, als sei sie überhaupt nicht vorgenommen worden“, so Heerdt.
Beweisbarkeit gewährleisten
Die Wirksamkeit von Mängelrügen knüpfen weder das Bürgerliche Gesetzbuch noch die Vergabe- und Vertragsordnung, Teil B (VOB/B) an die Einhaltung einer besonderen Form. Der Wirksamkeit einer Mängelrüge steht es insoweit nicht grundsätzlich entgegen, wenn sie mündlich, telefonisch oder per E-Mail ausgebracht wird.
„Unabhängig von der Wirksamkeit ist jedoch auch die Beweisbarkeit zu beachten“, warnt Heerdt. Eine Partei, die die Beseitigung von ihr gerügter Mängel durchsetzen möchte, muss zunächst beweisen, dass sie eine Rüge mit einem bestimmten Inhalt ausgebracht hat und diese dem anderen Vertragspartner zugegangen ist. „Gerade im Hinblick auf den konkreten Inhalt der Mängelrüge wird der Beweis bei textlich abgefassten Mitteilungen, etwa per Brief, Telefax oder E-Mail, leichter zu erbringen sein als mit einem Zeugen, der sich vor Gericht an ein Gespräch auf der Baustelle zu erinnern versucht“, erläutert Heerdt. „Zumal zwischen beiden Ereignissen oftmals Jahre liegen.“
Auch wenn die Wirksamkeit der Mängelrüge nicht an die Einhaltung einer besonderen Form geknüpft ist, sollte sie bei Geltung der VOB/B in dem konkreten Vertragsverhältnis schriftlich verfasst werden. Dies vor allem in den Fällen, in denen die Rüge die sogenannte „Quasiunterbrechung“ der Verjährung von Mängelansprüchen gemäß § 13 Abs. 5 VOB/B bewirken soll. Demnach tritt die Verjährung des Mangelanspruches nicht vor Ablauf von zwei Jahren nach Zugang der Rüge ein, wenn der Auftraggeber die Mangelbeseitigung vor Ablauf der Verjährungsfrist für Mängelansprüche „schriftlich verlangt“. Ein solches Verlangen setzt die Einhaltung der Schriftform des § 126 BGB voraus. Hiernach muss die Erklärung schriftlich verfasst und durch eine eigenhändige Unterschrift abgeschlossen werden. Die der Schriftform entsprechende Rüge muss dem anderen Vertragsteil schließlich auch zugehen. Die Einhaltung dieser Form ist durch Telefax ohne Nachsendung des Originals oder durch sonstige elektronische Übermittlung nicht gegeben.
Heerdt: „Vor diesem Hintergrund empfehlen wir dringend, wichtige Mängelrügen, insbesondere solche, die eine Quasiunterbrechung bewirken sollen, ‚analog‘ auf den Weg zu bringen, also vorab per Fax mit anschließendem Versand des Originals, auch wenn das zu Lasten der flexiblen digitalen Kommunikation geht.“