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UNI BREMEN

Mehr Blackouts durch Smart Meter

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Wissenschaftler des Instituts für Theoretische Physik der Universität Bremen äußern jedoch Zweifel daran, dass dieser Ansatz das leistet, wozu er erdacht wurde – nämlich Stromschwankungen im Netz zu verringern.
Sie haben den Markt, der bei massenhaftem Einsatz von intelligenten Stromzählern entsteht, simuliert und sind zu einem interessanten Ergebnis gekommen. Danach wird durch intelligente Stromzähler ein neuer künstlicher Strom-Markt geschaffen, der – wie alle künstlichen Märkte – auch Blasen und sogar Crashs produzieren kann. Publiziert haben die Bremer Physiker ihre Untersuchungsergebnisse in der Physikzeitung Physical Review der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft.

Strom ist noch nie gleichmäßig ins Netz eingespeist worden; Wind- und Solarenergie sorgen aber mittlerweile dafür, dass diese Schwankungen im Netz noch markanter sind. Die Idee hinter dem vorgeschriebenen Einsatz intelligenter Stromzähler ist, diese Schwankungen zu dämpfen: Wird viel Strom ins Netz eingespeist – zum Beispiel weil der Wind stark bläst –, wird der Strom günstiger. Steht wenig Strom zur Verfügung, ist er teurer und wird deshalb seltener abgerufen. Für den Nutzer einer Waschmaschine heißt dies ganz konkret, diese zu programmieren. In Verbindung mit dem intelligenten Stromzähler bekommt sie erst dann ein Startsignal für die Wäsche, wenn eine vorher definierte Preisgrenze unterschritten wurde.

So weit, so gut. „Die Grundidee dahinter stammt aus der Wirtschaftstheorie, nach der Angebot und Nachfrage den Preis regeln. Und darüber soll dann wiederum die Stromnachfrage angepasst werden: Viel Strom – viele Abnehmer, wenig Strom – wenige Abnehmer“, sagt Professor Stefan Bornholdt vom Institut für Theoretische Physik der Uni Bremen. „Die Standardtheorie von Angebot und Nachfrage ist jedoch unvollständig, wenn eine riesige Zahl Konsumenten gleichzeitig um den günstigsten Preis konkurriert. Denn natürlich wollen alle ihre Wäsche waschen, wenn der Strom am billigsten ist.“

Doch das, so haben der Bremer Hochschullehrer und seine Mitarbeiter Stefan Börries und Sebastian Krause herausgefunden, könnte womöglich nicht klappen. Sie haben die Konkurrenzsituation der Konsumenten im Computer simuliert und herausgefunden, dass es in diesem neu entstehenden Segment des Strommarktes „chaotisch, wild und zappelig“ zugehen kann – ähnlich wie an einer Finanzbörse.
Ein Beispiel: Wenn wenig Überschussstrom im Netz ist und der Preis deshalb hoch ist, wird das Waschen einfach verschoben. Bornholdt: „Je mehr von den Menschen programmierte Waschmaschinen nun auf ihren Start warten, desto höher steigt die potenzielle Nachfrage: Eine Nachfrage-Blase bildet sich.“
Und die platzt spätestens, sobald der Preis wieder etwas absinkt: Weil viele Konsumenten aufgrund des sich aufstauenden Waschbedürfnisses ihre Schmerzgrenze nach oben angepasst haben, starten plötzlich unzählige Waschmaschinen auf einmal. „Dann wird ein kollektiver Lawinen-Mechanismus ausgelöst, der die Stromnetze extrem belastet – Blackouts wegen unerwarteter Überlastung nicht ausgeschlossen“, wie Bornholdt weiter ausführt.

Nach Meinung seines Teams ist der massenhafte Einsatz der neuen intelligenten Stromzähler „ein Schnellschuss, der nicht sorgfältig bis zum Ende durchdacht ist“. Man müsse die Versorger darauf aufmerksam machen, dass sich derartige Szenarien abspielen könnten. „In unserem Computermodell haben wir mit verschiedenen Variablen das nachvollzogen, was reale Menschen in solchen Situationen logischerweise tun würden“, so Bornholdt. „Der Einzelne weiß in solch einer Situation natürlich nicht, welche Folgen sein Verhalten hat, wenn es sich potenziert. Und leider wissen es auch diejenigen noch nicht, die den Strom bereitstellen.“
www.uni-bremen.de