Zu welchen Effekten führt die Coronakrise im Handwerk? Im April hat die SHK-Unternehmensberatung Querschiesser 850 zufällig ausgewählte SHK-Handwerker befragt. Die Antworten zeigen, dass das Virus und die Folgen davon die Branche erreichen, aber noch keinen großen Flurschaden und keine großen Verhaltensanpassungen erzeugt haben. Man könnte also sagen: Stell dir vor, es ist Krise und SHK macht nicht richtig mit!
Relativ entspannte Versorgungslage
In den letzten sechs Wochen waren durchschnittlich 20 % der befragten Handwerker mit Lieferproblemen ihrer Hersteller konfrontiert. Es gab einen Anstieg dieser Quote rund um Ostern bis rauf auf 30 %, sie normalisierte sich aber in den letzten Tagen wieder auf dem langfristigen Durchschnittsniveau. Zu einem ähnlichen Anteil waren die Handwerker der Meinung, dass der Großhandel in einigen Sortimentsbereichen Lieferprobleme hat. Meist wurde das Fehlen italienischer Ware beklagt.
Hamsterkäufe wirbeln die Zahlen durcheinander
11,5 % der befragten SHK-Handwerker haben in den letzten Wochen die Materialversorgung ihrer vorliegenden Aufträge durch Hamsterkäufe abgesichert. Überschlägig werden im Moment 20 % eines Monatsumsatzes vorgezogen beschafft. Der Großhandel müsste im also März/April ein entsprechendes Umsatzplus erlebt haben. Wenn sich der Großhandel ebenfalls gut mit Material eingedeckt hatte, hat die Coronakrise auch für einige Hersteller der Branche mit ungewöhnlich guten Umsätzen begonnen. Ist das Ende der Krise in Sicht, wird es zwei, drei Monate später zur umgekehrten Anpassung kommen. Wir schätzen, dass es für Hersteller und Großhändler zu einem deutlich umsatzschwachen vierten Quartal kommen wird.
Kaum Verschiebung auf Onlinehändler
Das Potenzial für eine Corona-induzierte Beschaffungsmigration – also den Warenbezug über andere Einkaufsquellen – ist bei maximal ca. 9 % der SHK-Betriebe gegeben. Da das Sortiment, das in der Vergangenheit von den Handwerkern bei den Onlinehändlern beschafft wurde, speziell war, dürfte das tatsächliche Migrationsvolumen einen kleinen einstelligen Prozentsatz haben.
Entspannte Personallage
Nur noch 2 % der befragten Handwerker haben noch keine Maßnahmen zum Schutz ihrer Mitarbeiter ergriffen. 30 % der befragten Betriebe bauen gerade Resturlaub und Überstunden ab! Je dünner das Auftragspolster, desto stärker der Abbau von Zeitguthaben. 6 % der befragten Handwerker (an der tschechischen und an der französischen Grenze sowie in den Großräumen Stuttgart und Hamburg) meldeten, dass ihnen ausländische Mitarbeiter fehlen. Weitere organisationsbedingte Kapazitätseinschränkungen im Handwerk scheinen also erst einmal eher unwahrscheinlich.
Auftragslage
Die Handwerker melden keinen Anstieg der Schwarzarbeiteraktivitäten in und durch die Coronakrise. Die Antwortmöglichkeit „Habe Angst vor Schwarzarbeiter Konkurrenz“, die zuverlässig darauf schließen lässt, ob das Handwerk noch ausreichend Aufträge hat, ist im April ebenfalls nicht gestiegen. An parallele Strukturen der Fachschiene geht im Moment nichts verloren.
Allerdings sind aktuell 60 % bis 70 % der Handwerker von Auftragsverschiebungen betroffen. Das Auftragspolster im SHK-Handwerker scheint trotzdem ausreichend dick zu sein. 91 % der befragten Handwerker sind in der glücklichen Lage, dass ihr Auftragspolster immer noch ausreicht. 9 % der Handwerksbetriebe haben allerdings ein handfestes Risiko, dass sie im Laufe der nächsten vier Wochen in den Sog der Krise schlittern.
Ein Fünftel der befragten Betriebe spürt, dass Großprojekte weniger werden. 85 % (!) der Einzelkämpfer im SHK-Handwerk melden Einbußen bei den Service- und Wartungsaufträgen. Die Daten vermitteln den Eindruck, als würden die Endkunden auf das Ende der Krise warten und kleinere Reparaturen unbearbeitet liegen lassen. Bei einem Drittel der Betriebe kommt es auf den Baustellen zu Störungen im Fertigstellungsprozess. Bei einem Sechstel kommt es zu kompletten Baustellenstopps. Auf einigen wenigen Großbaustellen dürften echte Probleme herrschen.
Corona macht das Handwerk nicht zu Digital-Fans
89 % der befragten Handwerker führten aus, dass die aktuelle Coronakrise ihre Haltungen gegenüber den Messen der Branche nicht verändert hat. 10 % wollen aus Vorsicht weniger Veranstaltungen besuchen, 1 % der Betriebe will gänzlich auf das steigende Angebot digitaler Formate wechseln. Das digitale Zeitalter muss noch warten. Drei Viertel der Handwerker beklagen verschlechterten Informationszugang, ein Zehntel davon tut etwas dagegen. Virtuelle Messen sind kein Ersatz für analoge Messen.
Keine 3 % der befragten Handwerker waren nach dem Ausfall der Messen in Essen und Nürnberg auf das virtuelle Messeangebot der Hersteller eingestiegen. Webinare und Videotelefonie funktionieren nur ein wenig besser. 17 % der befragten Handwerker haben in den letzten Wochen als Reaktion auf die Coronakrise vermehrt das Webinar-Angebot der SHK-Hersteller in Anspruch genommen. 10 % nutzen das Angebot von Videokonferenzen und Videotelefonaten.
Wenn Hilfe, dann von der Innung
Etwa ein Viertel der SHK-Betriebe hat das Hilfsangebot der Innungen/Fachverbände genutzt. Kein Handwerker hat einen Herstellerservice genannt, den er als cleveren Service in Coronazeiten bezeichnet hätte. Das Wahrnehmungsbild bei den Corona-Services der Großhändler ist ähnlich. Die Coronakrise bietet für SHK-Hersteller und -Händler (noch) kein Differenzierungspotenzial im Service.
Wachstumsvernichtung
75 % der befragten Handwerker erwarten einen Rückgang des SHK-Geschäftes. Der prognostizierte Rückgang liegt im langfristigen Durchschnitt bei 23 %. Die Werte sanken jedoch in den letzten Wochen deutlich unter diese Marke. Der Mittelwert der letzten Abfrage in der letzten Aprilwoche lag bei 14 %. Der Flurschaden in der Fachschiene wird am Ende des Jahres vermutlich deutlich unter 10 % liegen. Wenn Handwerker Bremsspuren erwarten, liegen diese im Bereich der Effekte, die bereits heute sichtbar sind. Die Endkunden halten ihr Geld zurück, den Kommunen geht das Geld aus. Das Handwerk rechnet mit einem Auftragsrückgang.
In den nächsten Monaten rechnet man mit Hindernissen und Störungen. Man erwartet, dass die Aufträge langsamer durchgeschleust werden und dabei zusätzliche Kosten entstehen. Grenzanbieter im Handwerk (kein Auftragspolster, überwiegend Kleinaufträge) verlieren erst Personal (wenn sie welches haben) und scheiden dann aus dem Markt aus. Der Zeitpunkt, zu dem die befragten Handwerker wieder eine Normalität des Lebens erwarten, fällt sehr unterschiedlich aus. Über den „großen Daumen“ lässt sich erkennen, dass der Mittelwert der Schätzungen das Jahresende 2020 ist.
Info
Auswirkungen
Quelle: Querschiesser Unternehmensberatung / 850 zufällig ausgewählte SHK-Handwerker / April 2020