Das Lüften mit Außenluft und die Nutzung von Sekundärluftreinigungssystemen sind wesentliche Elemente, um die mögliche Infektionsgefahr durch luftgetragene Keime entscheidend zu verringern. Der Fachverband Gebäude-Klima e. V. (FGK) stellt im Status-Report 52 ein Verfahren vor, mit dem ein vereinfachter Nachweis zur Einhaltung der Anforderungen an die Lüftung und Luftreinigung zur Reduktion des Infektionsrisikos über den Luftweg geführt werden kann.
Erste Grundlage des Infektionsschutzes bei luftgetragenen Übertragungswegen (Tröpfchen und Aerosole) sind die AHA-Regeln. Sie stehen für Abstand, Hygiene und Alltagsmaske. Ergänzt wurden sie zu AHA + L, denn es gilt als gesichert, dass das Infektionsrisiko signifikant verringert werden kann, wenn mit Außenluft und/oder einer zielführenden Luftreinigung die Anzahl der luftgetragenen Keime reduziert wird (+ L).
Komplexe Rechenmodelle nicht praktikabel
Mit wissenschaftlich orientierten Rechenmodellen lässt sich für individuelle Gegebenheiten ein relatives Infektionsrisiko im Kontext der lüftungstechnischen Randbedingungen berechnen. Die Tools sind online verfügbar und können insbesondere von Lüftungsexperten genutzt werden. Sie sind jedoch weniger geeignet, von Anlagenbauern, Installateuren, Betriebspersonal und Produktverkäufern sicher bedient zu werden und relativ eindeutige und robuste Ergebnisse zu liefern.
Natürlich stellt sich die Frage, ob eine Bewertung der lüftungstechnischen Randbedingungen grundsätzlich „Experten“ vorbehalten bleiben sollte. Dies erscheint jedoch in der aktuellen Situation nicht praktikabel, denn: Wer darf sich in diesem Zusammenhang derzeit Experte nennen und wie viele dieser Experten gibt es? Es muss schnell gehandelt werden und die Begründung für die jeweils ergriffenen Maßnahmen muss zielgerichtet dokumentiert werden können.
In den Verordnungen zur Coronapandemie sind zwar Hinweise auf eine ausreichende Lüftung zu finden, aber kaum Erläuterungen, was genau darunter zu verstehen ist. Allerdings wird immer wieder festgestellt, dass eine Obergrenze von 800 bis 1000 ppm CO2 ein Maßstab für eine ausreichende Lüftung mit Außenluft sein kann.
Zusätzlich zur Lüftung spielen weitere Parameter wie die Raumluftfeuchtigkeit (empfohlen werden hier mindestens 40 %), die Raumluftströmung und die Luftverteilung im Gebäude eine Rolle. Diese Parameter dürfen nicht vergessen werden. Dennoch werden sie im Folgenden zunächst nicht behandelt, damit das Verfahren im ersten Schritt einfach und nachvollziehbar bleibt.
Regelwerke für Pandemie ausreichend
Den FGK erreichen oft Fragen, ob die einschlägigen Normen für die Auslegung von raumlufttechnischen Anlagen und Gebäuden nicht überarbeitet werden sollten, um den neuen Randbedingungen gerecht zu werden. Ausgehend vom derzeitigen Wissensstand über die lüftungstechnischen Zusammenhänge zeigt sich, dass dies nur in geringem Umfang erforderlich sein wird.
Auch für die aktuelle Situation enthalten die Regelwerke nahezu alles, was notwendig ist. Hierzu muss ganz klar gesagt werden, dass es nicht darum geht, eine Infektion lüftungstechnisch auszuschließen. Das kann für Labore und Operationssäle gefordert werden. In Gebäuden mit „normaler“ Nutzung lassen sich solche Anforderungen nicht wirtschaftlich umsetzen. Es geht also auch um eine realistische und realisierbare Machbarkeit.
Vereinfachte Nachweisführung einer ausreichenden Lüftung
Der FGK Status-Report 52 schlägt ein auf europäischen Normen basierendes, vereinfachtes Bewertungsverfahren für Räume in Gebäuden vor. Mit dem Verfahren kann die Einhaltung der +L-Kriterien auf pragmatische und einfache Weise dokumentiert werden. Dabei ist zu beachten, dass es wie bei den anderen AHA-Maßnahmen darum geht, einen möglichst hohen Nutzen bei noch vertretbarem Aufwand (Einschränkungen für den Menschen, Wirtschaftlichkeit, Energiebedarf) zu erbringen.
Für die Lüftung und Luftreinigung definiert der Status-Report Regeln, die das Risiko der Übertragung von Covid-19 verringern, die jedoch analog zu den anderen Maßnahmen keinen absoluten Schutz bieten können. Fachkundige können das Nachweisverfahren auf transparente und eindeutige Weise durchführen und dokumentieren.
Das Verfahren beruht auf den notwendigen Außenluftvolumenströmen der DIN EN 16 798-1, die um einen Faktor für die Aktivität (körperliche oder Stimmaktivität) ergänzt wurden. Im Grunde genommen wird der Luftvolumenstrom (mit Außenluft) definiert, bei dem die CO2-Konzentration sicher unter 800 ppm gehalten werden kann. Da im Zusammenhang mit der Krankheitsübertragung Aerosole eine dominierende Rolle spielen, kann ein Teil der Außenluft auch durch gefilterte oder entkeimte Sekundär- oder Umluft ersetzt werden, die die Aerosolkonzentration im Raum verringert.
Um eine ausreichende Lüftung +L nachzuweisen, können folgende Möglichkeiten einzeln oder in Kombination angewendet werden:
Zusammenfassung
Mithilfe des im Status-Report 52 beschriebenen Verfahrens kann die Eignung der gewählten Lüftungsstrategie auch im Kontext der Corona-Arbeitschutz-VO dokumentiert werden. Auch wäre es möglich, dass Betreiber von Gebäuden und Einrichtungen durch einen Nachweis der AHA+L-Kriterien weitergehende Öffnungsoptionen erhalten könnten, wenn dies politisch und gesellschaftlich gewollt ist.
Investitionen in lüftungstechnische Maßnahmen, insbesondere in die Lüftung mit Außenluft und Wärmerückgewinnung, sind aber auch ein wesentlicher Beitrag zum nachhaltigen Betrieb der Gebäude. Sie sparen Energie und verbessern die Luftqualität.
Weitere Informationen
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