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Interview

Ein Buch mit sieben Siegeln?

SBZ: Herr Reichert, wie hoch schätzen Sie den Anteil dieser Technik bei der praktischen Anwendung in der wasserführenden Gebäudetechnik ein?

Peter Reichert: Einen prozentualen Anteil an der Gesamtzahl realisierter Zirkulationssteigleitungen kann ich nicht nennen. Ich würde schätzen, dass 2017 rund 12 000 Steigstränge mit Inlinerzirkulationen installiert wurden.

 

SBZ: Was sind die Gründe für diesen doch geringen Marktanteil?

Reichert: Ein zu geringer Bekanntheitsgrad ist es meines Erachtens nicht. TGA-Planer und Installateure haben sicher schon von der innen liegenden Zirkulation gehört, gelesen oder sind auf einer Messe darauf gestoßen. Die Gründe sind andere. Ich glaube vielmehr, dass die jahrzehntelange Praxis – Zirkulationsleitung PWH-C parallel zur Warmwasser-Steigleitung PWH im Schacht – im Planungsalltag schlichtweg gesetzt ist. Ein weiteres Hemmnis ist sicher auch, dass in den maßgebenden Regelwerken keine Aussagen zur Planung, Ausführung und Berechnung von innen liegenden Zirkulationsleitungen enthalten sind. Und somit kommen wir zum Hauptgrund: Es gibt kaum Softwarelösungen, die diese Spezialform der Warmwasserzirkulation abbilden können. Inlinerzirkulationen benötigen zwingend Softwareunterstützung. Es ist kein Produkt, welches einfach so aus dem Regal genommen und eingebaut werden kann. Da für die Warmwasserversorgung im Steigstrang nicht der volle Rohrquerschnitt, sondern nur ein Ringspalt zur Verfügung steht, muss die hydraulische Grenze rechnerisch ermittelt werden. Zudem muss das Programm den Nachweis der Temperaturhaltung erbringen. Mit Handrechenverfahren ist dies kaum zu meistern.

 

SBZ: Wird diese Verlegetechnik im Rahmen der Ausbildung zum Anlagenmechaniker SHK überhaupt vermittelt?

Reichert: Meines Wissens nicht, im Rahmenlehrplan für den Ausbildungsberuf Anlagenmechaniker/in für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik ist diese Spezialform der Warmwasserzirkulation nicht explizit enthalten.

 

SBZ: Trinkwasserhygiene ist das Thema in der Branche. Welchen Beitrag kann ein innen liegendes Zirkulationssystem dazu leisten?

Reichert: Die Fachwelt diskutiert derzeit die Problematik der Erwärmung von Kaltwasser PWC über 25 °C und sucht nach Lösungsmöglichkeiten. Insbesondere in Schächten, wo Kaltwasserleitungen neben einer Vielzahl von warmgehenden Leitungen laufen und deren Wärmelasten ausgesetzt sind, ist es fast nicht möglich, diese Temperaturforderung einzuhalten. Die innen liegende Zirkulation kann hier einen kleinen Beitrag leisten, da durch den Wegfall einer warmgehenden Leitung die Wärmelast auf die Kaltwasserleitung etwas reduziert werden kann.

 

SBZ: Gibt es noch weitere Vorteile, die dem Auftraggeber (Kunden) vermittelt werden können/sollten/müssten?

Reichert: Dieses Rohr-in-Rohr-Prinzip hat natürlich noch weitere Vorteile. Die Wärmeverluste der Zirkulationsleitung werden merklich reduziert; der Installationsaufwand verringert sich, da nur ein Strang im Schacht installiert werden muss. Für die Zirkulationsleitung entfallen Dämmung, Befestigung und Brandschutzmaßnahme im Deckendurchgang.

 

SBZ: Gibt es Bauprojekte, wo praktisch dieses System fast zwingend einzusetzen ist, gerade auch hinsichtlich des Komfortgedankens?

Reichert: Nein, eine zwingende Notwendigkeit für innen liegende Zirkulationen gibt es nicht, auch nicht im Hinblick auf den Komfortgedanken. Sowohl die konventionelle als auch die innen liegende Zirkulation erfüllen die Forderung nach richtiger Temperaturhaltung im Warmwassersystem. Der Nutzer spürt an der Entnahmestelle keinen Unterschied.

 

SBZ: Herr Reichert, vielen Dank für die interessanten Erläuterungen.