Verkeimt das Kaltwasser mit Legionellen, sind die Sanierungskosten enorm. Häufig werden dafür Fachplaner und Fachhandwerker im Nachgang in die Haftung genommen. Dieses Problem lässt sich jedoch weitestgehend vermeiden, wenn Fachplaner zu einfachen Trinkwasserinstallationen zurückkehren. Dadurch wird es auch für den Nutzer einfacher, den bestimmungsgemäßen Betrieb dauerhaft sicherzustellen.
Dilemma für Fachplaner
Das aktuelle Fallbeispiel einer kürzlich abgeschlossenen Kernsanierung eines Hotels mit mehr als 200 Zimmern steht stellvertretend für eine große Zahl an hygienisch problematischen Trinkwasserinstallationen in Deutschland und europaweit: Probenahmen detektierten an einer Vielzahl von Duscharmaturen eine außerordentliche Verkeimung des Kaltwassers mit Legionellen von 40 000 KBE (koloniebildenden Einheiten) pro 100 ml (siehe Bild 1 bis 3). Zum Vergleich: Der technische Maßnahmenwert liegt laut Trinkwasserverordnung (TrinkwV) bei 100 KBE/100 ml. Ab 10 000 KBE/100 ml müssen Sofortmaßnahmen wie Duschverbote und/oder endständige Filter zur Abwehr akuter Gesundheitsgefahren ergriffen werden – so auch in diesem Fall. Für einen Hotelbetrieb ist das natürlich der Super-GAU. Die Ursachenanalyse für dieses konkrete Beispiel zeigt das Dilemma für Planungsbüros auf:
Dieses Beispiel ist kein Einzelfall, sondern steht exemplarisch für viele Trinkwasseranlagen in öffentlichen Gebäuden mit einer unzulässigen PWC-Erwärmung (Bild 5). Und in Zukunft wird sich das Risiko einer Verkeimung von PWC weiter erhöhen, da die Wärmelasten in modern ausgestatteten Gebäuden steigen, Fassadendämmungen mit dem Ziel der Energieeffizienz das Auskühlen nicht klimatisierter Räume verlangsamen und die Eingangstemperaturen von Trinkwasser kalt auf der Versorgerseite steigen. Kommt es zu einer Verkeimung im Kaltwasser, sind kostspielige bauliche Sanierungen meist unausweichlich. Schließlich ist hier eine chemisch-thermische Desinfektion nicht möglich.
Wie die Erkenntnisse aus vielen Begutachtungen kontaminierter Trinkwasserinstallationen aufzeigen, kann das Risiko durch die Anwendung einfacher, aber bewährter Planungsprinzipien deutlich reduziert werden.
Planungsprinzip der Leitungsführung: bei Wärmelasten entlasten
Zieht der Architekt den Fachplaner nicht schon bei der Grundrissplanung zurate, sollten die Vorgaben der Bauräume für die Leitungsführung gerade mit Blick auf die Erwärmung von PWC kritisch geprüft werden. Nötigenfalls muss der Fachplaner auf Änderungen bestehen, denn schließlich liegt die Verantwortung für die Planung einer hygienisch einwandfreien Trinkwasseranlage auf Basis der TrinkwV und den allgemein anerkannten Regeln der Technik bei ihm.
Ein häufiger Fehler ist bei der Grundrissplanung beispielsweise schon die Positionierung des Hausanschlusses für Trinkwasser. Möglichst kompakt geplant, werden alle Versorgungssysteme in einem Technikraum untergebracht – sogar Übergabestellen für Fernwärme. Die Folge: Im Raum herrschen hohe Dauertemperaturen. Damit wirken bereits die ersten (vermeidbaren) Wärmelasten auf PWC ein. Der Trinkwasser-Hausanschluss sollte daher besser räumlich getrennt werden und möglichst so, dass auch der Wärmeeintrag durch Sonnenstrahlung ausgeschlossen ist.
Sollen Leitungstrassen in abgehängten Decken verlaufen, entstehen dort schnell Dauertemperaturen von über 30 °C – bedingt durch die Wärmeabgabe der Medien für Heizung und Warmwasser, durch die aufsteigende Raumwärme und eventuell noch durch Deckenleuchten. Diese Wärmelasten wirken direkt auf die Kaltwasser führenden Rohrleitungen.
Eine erhebliche Reduktion der Wärmelast für PWC lässt sich aber schon erreichen, wenn in der horizontalen Verteilung die „kalten“ Versorgungsleitungen von den warmen getrennt werden. Das gilt im Übrigen auch für die vertikale Verteilung: Getrennte Schächte beispielsweise für Heizung und Warmwasser einerseits und Lüftung, Kaltwasser, Abwasser und eventuell Kühlleitungen andererseits entschärfen das Problem der Kaltwassererwärmung beträchtlich.
Fazit: Je mehr am Bauraum für die Rohrleitungsverteilung gespart wird, umso höher ist das Risiko einer unzulässigen und gesundheitsgefährdenden Dauererwärmung von PWC und damit einer Verkeimung des Trinkwassers (Bild 6). Dem vergleichsweise geringen Zugewinn an Nutzfläche stehen also möglicherweise erhebliche Sanierungskosten gegenüber. Hinzu kommen die gesundheitlichen Risiken.
Planungsprinzip der Zapfstellen: Weniger ist mehr
Im Rückblick auf die Trinkwasserinstallationen vergangener Jahrzehnte ist in Gebäuden der allgemeine Versorgungskomfort durch die Vielzahl der Zapfstellen deutlich gestiegen. Oft ist dem Gebäudebetreiber aber nicht bewusst, dass jede Zapfstelle auch regelmäßig, am besten mehrfach täglich, genutzt werden muss. Fachplaner sollten im Gespräch mit dem Bauherrn somit die Notwendigkeit jeder Zapfstelle hinterfragen. Ein Raumbuch nach VDI 6028 ist dafür das richtige Hilfsmittel. Dem vermeintlichen Komfort, an vielen Stellen im Gebäude Wasser zapfen zu können, stehen ansonsten durch das Ausspülen großer Mengen an Stagnationswasser aufgrund selten genutzter Entnahmestellen erhebliche Kosten gegenüber. Der Aspekt der Nachhaltigkeit ist dabei noch gar nicht berücksichtigt.
Das Fazit hier: Der Fachplaner muss dem Betreiber seine Verantwortung für den bestimmungsgemäßen Betrieb gemäß TrinkwV deutlich vor Augen führen – inklusive der Maßnahmen, die erforderlich sind, wenn die tatsächliche Nutzung der Trinkwasserinstallation von der ursprünglichen Auslegung abweicht. Ein Raumbuch kann für den Fachplaner ein wertvoller Nachweis sein, dass er im Vorfeld darauf hingewiesen hat.
Einfach ist einfach besser
Die Verschärfungen der TrinkwV sowie der Norm- und Regelwerke für eine bessere Trinkwasserhygiene haben zu unterschiedlichsten Lösungsansätzen geführt, die oft auf komplexen Bauteilen mit hoher Funktionalität basieren. Die Erfahrung zeigt jedoch deutlich: Insbesondere vermaschte Trinkwasserinstallationen führen zu erheblichen Hygienerisiken. Problematisch kann zum Beispiel eine Warm- und Kaltwasserzirkulation sein, die über Bauteile mit einer unkontrollierten Strömungsverteilung direkt an die Entnahmestellen geführt wird (Bild 7). Denn gerade bei wechselnden Nutzungsszenarien lässt sich der tatsächliche Wasseraustausch in den verschiedenen Rohrleitungsabschnitten nicht belastbar belegen, wenn der Volumenstrom auf Steigestrang und davon abgehende Ringleitungen dynamisch aufgeteilt wird.
Wichtig für den Fachplaner ist jedoch, durch die Auslegung der Netzarchitektur den normgerechten Wasseraustausch in der gesamten Verteilung sicherzustellen: In der EN 806-5 wird ein vollständiger (!) Wasseraustausch innerhalb von sieben Tagen gefordert. Vor dem Hintergrund hoher Wärmelasten ist sogar ein Wasserwechsel in allen Rohrleitungen innerhalb von 72 Stunden sinnvoller, wie es die VDI/DVGW-Richtlinie 6023 vorgibt. Zumal in dieser Richtlinie zusätzlich die Einhaltung der Temperaturgrenzen für diesen Zeitkorridor gefordert wird. Das auszutauschende Wasservolumen lässt sich dabei exakt berechnen, wenn das Trinkwassernetz hydraulisch einfach konzipiert ist, zum Beispiel mit kurzen Reihenleitungen zu den Verbrauchern auf der Etage. Sind hingegen komplexe, vermaschte Netze vorgesehen, fehlen dem Betreiber die eindeutigen Vorgaben für den regelmäßigen Wasseraustausch und damit für die Aufrechterhaltung des bestimmungsgemäßen Betriebs.
Hygienisch vorteilhafter ist also beispielsweise eine einfache Trinkwasserinstallation mit T-Stücken (Bild 8) als Abgang vom Steigestrang auf die Etage: Eine Reiheninstallation verringert im Vergleich zu Zirkulationsleitungen, die bis zur Entnahmestelle geführt werden, die wärmeübertragende Rohrleitungsoberfläche und damit das Erwärmungsrisiko für PWC. Außerdem werden weniger Rohrleitungsmeter installiert. So reduziert sich das Rohrleitungsvolumen und der notwendige Wasserwechsel erfolgt schneller. Wird darüber hinaus in einer konventionellen Reiheninstallation PWH über eine Stichleitung als Auskühlstrecke zur Entnahmearmatur geführt, ist eine weitere gravierende Gefahrenstelle der PWC-Erwärmung entschärft: der Wärmeübergang am Armaturenkörper.
Fazit: Eine einfache Trinkwasserverteilung reduziert im Vergleich zu vermaschten Netzen die Hygienerisiken in mehrfacher Hinsicht. Über eine klar berechenbare Strömungsverteilung lässt sich zudem der bestimmungsgemäße Betrieb eindeutig definieren.
Aus wirtschaftlicher Sicht sind einfache Trinkwasserverteilungen vermaschten Netzen ebenfalls vorzuziehen. Da weniger Material benötigt wird, sind in der Regel die Installationskosten deutlich niedriger, aber auch die Betriebskosten (siehe Kasten).
Aktive Kühlung bei steigenden PWC-Temperaturen
In modernen Gebäuden mit ausgedehnten Trinkwasserverteilungen, die nach dem Stand der Technik gebaut und ausgestattet sind, wird auf Sicht trotzdem eine aktive Kühlung von PWC häufig wohl unvermeidbar sein. Dennoch gilt: Jedes Grad an Erwärmung, das im Vorfeld vermieden werden kann, reduziert auch die Energiekosten. Hierzu tragen die beschriebenen Planungsprinzipien entscheidend bei.
Wird eine Kühlung von PWC tatsächlich erforderlich, ist die Inliner-Zirkulation eine hygienische und platzsparende Installation – sowohl als Lösung bei einer Bestandssanierung als auch im Neubau. „Inliner“ ist die Bezeichnung für eine flexible Rohrleitung, die als Zirkulationsrücklauf in den Steigestrang eingezogen wird. Die Rohrleitungsoberfläche wird so gegenüber herkömmlichen Zirkulationssystemen mit separaten Leitungen nahezu halbiert, was den Wärmeübergang und die Energieaufwendungen beträchtlich verringert.
Die Umleitung der Inliner-Zirkulation erfolgt am Ende des Steigestrangs. Für die Abzweigungen in die Etagen sind lediglich einfache T-Stücke erforderlich. Die Verbraucher werden dann in Reihe angeschlossen. Die Zuleitung für PWC wird von unten, für PWH mit kurzer Auskühlstrecke von oben installiert. Das genügt, um den Wärmeübergang an der Armatur zu verhindern. Wird außerdem als letzter Verbraucher ein regelmäßig genutztes WC eingeplant, ergibt sich der vollständige Wasseraustausch im vorgelagerten Rohrleitungssystem durch den bestimmungsgemäßen Betrieb.
In Gebäuden mit Nutzungsunterbrechungen kann der bestimmungsgemäße Betrieb zusätzlich über WC-Betätigungsplatten oder elektronische Armaturen abgesichert werden, die bei Bedarf eine automatische Hygienespülung auslösen. Eine solche Installation ist für den Fachplaner hydraulisch einfach zu berechnen, für den Fachhandwerker einfach zu installieren und für den Betreiber einfach zu beherrschen.
Fazit
Die DIN 1988-200 fordert von Fachplanern sowohl eine hygienisch ausgelegte als auch eine wirtschaftlich zu betreibende Trinkwasserinstallation. Die Verantwortung, für den bestimmungsgemäßen Betrieb der Trinkwasserinstallation zu sorgen, liegt hingegen laut TrinkwV beim Unternehmer oder sonstigen Inhaber (UsI) einer Wasserversorgungsanlage. Damit der Betreiber seiner Verantwortung nachkommen kann, muss eine Installation so konzipiert sein, dass klare Parameter für den bestimmungsgemäßen Betrieb bekannt sind. Einfachen, nachvollziehbar strukturierten Trinkwasserinstallationen ist daher immer der Vorzug vor vermischten Rohrleitungsnetzen zu geben.
DIN 31 051
Instandhaltung von Bauteilen in Trinkwasserinstallationen
Die Instandhaltung von Trinkwasserinstallationen kann ein beachtlicher Kostenfaktor werden. Deshalb ist die Installation von Bauteilen, die eine Instandhaltung erfordert, auf ihre Notwendigkeit hin kritisch zu prüfen.
Sollte der Entwurf der derzeit in Arbeit befindlichen VDI-Richtlinie 3810, Blatt 2 in der vorliegenden Form verabschiedet werden, ist die Instandhaltung von Armaturen, Zirkulationsregulierventilen und Bauteilen mit unkontrollierter Strömungsverteilung (Bild 9) zwingend erforderlich.
Doch auch jetzt schon ist eine Instandhaltung nach DIN 31 051 notwendig, um bestimmte Objekte (Bauteile) auf Konformität der maßgeblichen Merkmale durch Messung, Beobachtung oder Funktionsprüfung hin zu inspizieren (Abs. 3.1.3, Inspektion). Unter „Funktion“ wird dabei die Erfüllung des definierten Nutzungszwecks verstanden (Abs. 3.5.1).
Die Funktion eines Zirkulationsregulierventils ist beispielsweise durch einen Soll-Ist-Wertvergleich der Wassertemperaturen zu überprüfen. Die Funktion von Bauteilen zur unkontrollierten Strömungsverteilung könnte mit Durchflussmessungen bei verschiedenen definierten Nutzungsszenarien überprüft werden. Hierfür müsste der Hersteller entsprechende Sollwerte errechnen und bereitstellen. Im Gegensatz zu Temperaturmessungen sind jedoch Durchflussmessungen in der Praxis sehr aufwendig oder teilweise sogar unmöglich.