Das klassische Badezimmer hat ein gründliches Update erhalten: Die Entwicklung der Badarchitektur zum Lifestyle-Raum und die Erweiterung der Funktionen des Badezimmers zum Private Spa haben den Grundstein für die neue Version gelegt. Die heutige Vorstellung von einem modernen Bad hat sich in den letzten Jahren grundlegend gewandelt. Wohnliche Ausstattungsmerkmale, Komfortprodukte und ein vergrößertes Platzangebot erhöhen Aufenthaltsdauer und -qualität.
Mit der Corona-Pandemie scheint das Bedürfnis nach einem komfortablen Bad als Rückzugsort sogar noch stärker zu werden: „Die Nachfrage nach ganzheitlicher Badplanung und nach Sanierungen von älteren Bädern ist während der Pandemie seit März 2020 signifikant gestiegen. Das Private Spa als Rückzugsort mit hoher Aufenthaltsqualität und Komfortprodukten wie etwa einem Dusch-WC oder einer frei stehenden Badewanne steht bei vielen Wohnungs- und Hausbesitzern ganz oben auf der Wunschliste“, sagt Jens J. Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS).
Konzept „Private Spa“ entwickelt sich weiter
Private Spa ist ein Badkonzept, das die Routine zum Ritual und das Wasser zum Erlebnis macht. In keinem anderen Raum vereinen sich der Wunsch nach Wohnlichkeit und die Freude am Stylen, das Bedürfnis nach Wellness und die Leidenschaft für Fitness. Letztere ist ein zunehmend wichtiger Faktor für Private-Spa-Fans.
Für den Wellnesseffekt sorgen sowohl Ausstattungselemente wie Regendusche, Sauna oder eine hochwertige Möblierung als auch weiche Faktoren wie das Raumambiente, Wärme und eine sinnliche Inszenierung – denn wo ehemals „Wellness“ im Vordergrund stand, legen Badnutzer heute Wert auf eine Ästhetik, die förderlich für die sogenannte „Achtsamkeit“ ist. Ganz rund wird die Sache aber erst, wenn das Interior-Design eine Geschichte erzählt: ein natürliches Ambiente, ein eleganter Salon, ein cooles Loft-Feeling, eine exotische Welt, ein ländliches Idyll – hier ist Fantasie gefragt.
Erstmals 2009 anlässlich der ISH von Pop up my Bathroom eingeführt, steht der Begriff Private Spa seit mehr als zehn Jahren für individuelle Badkonzepte, die eine ganzheitliche Gestaltung des Bades zu einem Erlebnisraum verfolgen. Die folgenden zehn Faktoren führen die Planung eines Private Spa zum Erfolg.
Badplanung: In 10 Schritten das Private Spa planen
1. Konzept für Farben und Materialien konstant anwenden
Auch wenn sich Geschmacksfragen nicht endgültig entscheiden lassen, halten sich Top-Badplaner und Architekten doch an einen grundsätzlichen Gestaltungscode: Für eine hohe Gestaltungsqualität sollte ein Private Spa ein konsistentes Farb- und Materialkonzept durchhalten, das auf Wand, Boden und die verwendeten Sanitärprodukte abgestimmt ist.
Das klingt einfacher, als es ist, denn Weiß ist nicht gleich Weiß, und es gilt wirklich alle verwendeten Farben und Materialien zu harmonisieren – und das bei unterschiedlichen Lichtverhältnissen. Das Farbkonzept eines Private Spa soll überraschen, die Nutzer am frühen Morgen in seiner Morgenroutine unterstützen und am Abend zum Wohlfühlort werden. Farb- und Materialcollagen helfen dabei, das Konzept zu visualisieren und dem Bauherrn ein Bild von seinem neuen Bad zu vermitteln.
2. Offenes Raumkonzept: Es muss nicht alles an die Wand
Die Physik des Wassertransports lässt sich nicht außer Kraft setzen und spricht daher für die Wand als vertikale Versorgungsstruktur. Doch bietet die Sanitärindustrie auch immer mehr Lösungen an, um das Wasser mitten in den Raum zu transportieren. Mit der frei stehenden Badewanne kommt Bewegung in das Stelldichein an der Wand. Wasserführende Produkte können zunehmend von der Wand entkoppelt und in ein offenes Raumkonzept integriert werden.
Vor allem im Neubau kann der Planer damit – ähnlich der beliebten Kochinsel in der Küche – das Private Spa neu denken: mit Rundum-Nutzung, kommunikativeren Produkten, offenen Grundrissen, alternativen Sichtachsen und hellen, weil mit großen Fenstern planbaren Räumen. Großzügige Grundrisse helfen, eine professionelle Zonierung vorzunehmen: Verkehrsflächen, Nutzungszonen und Funktionszonen können sich daran orientieren, wie die Bewohner (zusammen-)leben und welche Erwartungen sie an ein Private Spa haben.
3. Einen Raum schaffen, in dem sich alle gerne (gemeinsam) aufhalten
Heute wird die in Wohnzimmer, Garten und Küche gelebte Wohnkultur auf das Badezimmer übertragen. Die Steigerung der Aufenthaltsqualität geht einher mit einer gestiegenen Nutzungsdauer. Das Private Spa ist nicht mehr nur der Raum zum Abschließen für die Toilettennutzung, sondern auch der Raum für Partnerschaft und Familie. Freiräume schaffen Platz für mehr Interaktion und gemeinsame Aktivitäten. Die Erweiterung zum Fitnessraum stellt das Badezimmer auf eine neue Nutzungsebene, und eine Sitzfläche oder ein Sitzmöbel lädt zum Lesen ein. Voraussetzung hierzu ist eine Erweiterung der Grundfläche.
4. Badarchitektur aufräumen und mit Stauraum ausstatten: Cleanness ist Wellness für die Augen
Ein viel genutztes Badezimmer ähnelt kaum den Idealbildern aus den Hochglanzmagazinen. Zweifellos trägt ein aufgeräumtes Badezimmer aber zum wohltuenden Gesamteindruck eines Private Spa bei. Ein Stauraumkonzept, Einbauregale und Badmöbel mit großen, gut organisierten Schubladen und Hochschränken helfen, den Krimskrams vor den Augen zu verbergen. Im Gegenzug können Konsolen, Vitrinen oder Nischen bewusst als Deko-Plattformen für ausgesuchte Badutensilien oder Dekorationen inszeniert werden. So entsteht ein authentisches und cleanes Interior-Design, das nicht kühl wirkt.
5. Der blaue Faden: Im Bad wird natürlich Wasser zum Thema gemacht
Der einhüllende Wasserdampf eines heißen Bades, das fließende Geräusch einer Waschtischarmatur oder das Plätschern einer Kopfbrause: Das Element Wasser transportiert Empfindungen und ist eine entscheidende Komponente bei der Profilierung eines Private Spa. Sanitärhersteller helfen mit zahlreichen Armaturen, Duschpanels, Kopfbrausen, Massagedüsen, Kneipp-Anwendungen, frei stehenden Badewannen oder bodenebenen, an natürliche Wasseraufkommen erinnernde Duschflächen, das Element Wasser emotional zu inszenieren.
6. Storytelling: Persönliche Interessen der Nutzer in der Gestaltung widerspiegeln
Ein Badplaner ist auch ein moderner Geschichtenerzähler. Ein neu zu planendes Badezimmer mit Private-Spa-Anspruch unterliegt nicht nur einem formal-ästhetischen Gestaltungskonzept, sondern auch einer inhaltlichen Idee. Das kann unter Rückgriff auf ein Thema mit persönlichem Bezug zum Bauherrn sein, die Einbeziehung der Architektur des Hauses oder eine besondere Lage des Badezimmers (z. B. direkt zum Garten). Ein Familienbadezimmer sieht anders aus als ein Singlebad. Ist der Bauherr naturverliebt und lebt bewusst nachhaltig? Spielt Farbe bei der Badplanung eine wichtige Rolle oder ist der Badnutzer sehr technikaffin? In einem persönlichen Gespräch ermittelt der Badplaner die persönlichen Interessen und Badezimmerrituale, um eine ganz private Spa-Geschichte zu erzählen.
7. Das Badezimmer wohnlich und warm gestalten
Ein Private Spa ist wohnlich bis gemütlich eingerichtet. Kaum ein Gestaltungstrend hat das Badezimmer in den letzten zehn Jahren so geprägt wie der Trend zur Wohnlichkeit: Warme Materialien wie Holz oder Textilien, Möbel, Teppiche oder auch eine dekorative Wand- und Bodengestaltung sind die Komponenten für ein wohnliches Private Spa.
Da im Badezimmer die Luftfeuchtigkeitsverhältnisse extrem wechseln können, greift der Gestalter auch auf Imitate und wasserresistente Materialien zurück. Designorientierte Heizkörper unterstützen den Gesamteindruck. Doch auch der beste Plan kann dem Bauherrn nicht vermitteln, welche Wirkung eine dampfende Badewanne und eine angenehme Wärme auf das Raumempfinden haben – das kann erst das fertige Bad.
8. Licht professionell planen und einsetzen
Das Thema Licht ist bei der Inszenierung eines Private Spa die wohl wichtigste Komponente. Eine professionelle Lichtplanung schafft erst die Voraussetzung für viele schöne persönliche Momente im Private Spa. Dabei spielt die Wechselwirkung zwischen natürlichem Licht im Tagesablauf und künstlichem Licht eine wichtige Rolle. Je nach Nutzung des Badezimmers kommt funktionales oder emotionales Licht zum Einsatz.
Bis hin zum Nachtlicht werden in der Planung verschiedene Szenarien festgelegt und umgesetzt. Erst die harmonische Abstimmung mit der Badarchitektur, den Sanitärprodukten und inszenierten Objekten, wie zum Beispiel einer beleuchteten Duschrückwand oder einer indirekt beleuchteten Badewanne, macht das Private Spa zum Rückzugsort mit hoher Aufenthaltsqualität.
9. Mehr Komfort: Neuartige Sanitärprodukte sorgen für Mehrwert
Das Badezimmer hat in den letzten zehn Jahren einen enormen technischen Fortschritt erfahren: Planung und Montage werden durch digitale Tools und neuartige Montagesysteme erleichtert, womit sich ganz neue Gestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Neue technische Lösungen, die in Kombination mit Vorwandinstallationen genutzt werden können, eröffnen auch neue architektonische Lösungen, wie etwa neuartige Duschrinnen, Ablageflächen, Nischen oder Halterungen für Walk-in-Duschen.
Vor der Wand setzen einfallsreiche Produkte neue Standards in den Bereichen Hygiene, Sicherheit, Komfort oder smarte Technologie. Die Elektrifizierung schreitet immer weiter voran, weshalb auch bei jeder Planung entsprechende Stromanschlüsse zum Nachrüsten vorgesehen werden sollten.
10. Das Finale: bei der Übergabe das Bad personalisieren
Viele Badplaner übergeben bei Fertigstellung das neue Private Spa „besenrein“. Verschiedene Fernsehformate machen vor, wie man es besser macht – nämlich mit einem „Tusch“. Es braucht nur wenige Handgriffe, um das neue Badezimmer bei der Übergabe aufzuwerten. Mit farblich passenden Deko-Objekten, wohnlichen Accessoires oder Ausstattungselementen mit Bezug zum Bauherrn wird das Private Spa erst richtig rund und die Übergabe zum feierlichen Event.
Gestaltungselemente zu einem großen Ganzen verbinden
VDS-Geschäftsführer Jens J. Wischmann sieht einen weiteren Wachstumsschub für die ganzheitliche Philosophie des Private Spa: „Natürlich liefert eine Krisenzeit wie diese einen besonderen Grund, sein Badezimmer als Rückzugsort zu begreifen und zu einem Private Spa zu machen. Doch das ist nicht das vordringlichste Motiv für ein Private Spa. Vielmehr handelt es sich um eine nachhaltige Entwicklung, dass die Bedeutung des Badezimmers im Kanon der Wohnung immer mehr zunimmt. Deshalb lautet mein Appell an die Architekten des Wohnraums von morgen: Macht die Badezimmer in Zukunft bitte größer!“
Die von der Sanitärwirtschaft für diese moderne Badkultur entwickelten Raumkonzepte weisen viele unterschiedliche Elemente auf – wie etwa Wohnlichkeit, Funktionsdifferenzierung, Wasserinszenierung oder Regenduschen – die einzeln gesehen nichts Revolutionäres an sich haben, deren sinnvolle Kombination jedoch einen innovativen, ambitionierten Badezimmertyp schafft: das Private Spa.
INFO
12 Jahre Private Spa
Das Konzept des Private Spa hob das bis dato oft als „Wellness-Oase“ titulierte Wohlfühl-Badezimmer auf eine neue Ebene, indem es dieses von dem Wellness-Begriff entkoppelte und ein eigenständiges Badformat promotete.
Ursprung des Konzepts war die Kommunikationskampagne „Pop up my Bathroom“, initiiert von der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS) und der Messe Frankfurt: 2009 wurden bei Pop up my Bathroom anlässlich der Jubiläums-Edition der ISH – die ISH feierte ihr 50-jähriges Bestehen – erstmalig die zehn wichtigsten Trends im Badezimmer präsentiert. Neben „Homing“ und „Green bathroom“ verkündeten die Trendforscher von Pop up my Bathroom auch die Entwicklung zu einem sogenannten „Private Spa“. Damit war der Startschuss für eine beispiellose Trendkarriere gegeben, denn das Konzept des Private Spa – vielfach aufgegriffen und in Varianten wie „Home Spa“ verbreitet – steht weltweit für die Aufwertung des Badezimmers im privaten Raum.
Die SBZ unterstützte den Siegeszug des Trendbegriffs Private Spa mit der Ausschreibung des SBZ-Kreativpreises. Die Teilnehmer des anerkannten Badplanungswettbewerbs hatten erstmalig die Aufgabe, ein Private Spa zu entwerfen. „2009 wurde der Wellnessbegriff inflationär eingesetzt und wurde primär mit Duschgel und Tees in Verbindung gebracht“, sagt Jens J. Wischmann, Geschäftsführer der Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft (VDS). Das sei damals Motivation gewesen, einen neuen Begriff zu prägen. Denn das Team von Pop up my Bathroom ist überzeugt davon, dass Bilder und Worte Realitäten schaffen und so helfen, Trends für einen Markt zu erschließen. „Der Wunsch nach einer Aufwertung des Bades war überall zu spüren. Deutsche Sanitärhersteller entwickelten bereits Lifestyle-orientierte Produkte für das Bad auf hohem Niveau. Der Begriff Private Spa transportiert die vielfältigen positiven Werte und beschreibt treffend die Idee einer ganzheitlichen Badplanung. Als Dachverband der Sanitärwirtschaft sind wir sehr glücklich, der Geschichte des Bades und der ISH einen wichtigen Beitrag hinzugefügt zu haben.“
Dieser Artikel erschien zuerst in der Heftausgabe 02-2021 der SBZ unter dem Titel „Dieser Raum ist kein Bad, er ist ein Private Spa“.
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