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TIPP

Geht nicht gibt‘s nicht!

Rückt Tobias Speer (intern auch Trouble­shooter und Quasselstrippe genannt) von der Haustechnik Voßwinkel GmbH (Bergisch Gladbach) im Notfall zu einer Heizung aus, erinnert sein Outfit eher an die Arbeit auf einer Intensivstation, wenn es sich um einen Quarantänehaushalt handelt. Der Schutzanzug ist in so einem Extremfall Teil eines umfangreichen Schutzmaßnahmen-Konzepts in Zeiten der Corona-Pandemie.

Tobias Speer (Haustechnik Voßwinkel) mit und ohne Schutzanzug. Der Schutz­anzug ist Pflicht, wenn er in einem ­Quarantänehaushalt gebraucht wird, z. B. bei einem Heizungsausfall.

Bild: Haustechnik Voßwinkel

Tobias Speer (Haustechnik Voßwinkel) mit und ohne Schutzanzug. Der Schutz­anzug ist Pflicht, wenn er in einem ­Quarantänehaushalt gebraucht wird, z. B. bei einem Heizungsausfall.

Hygienekonzept mit Voraussicht eingeführt

Schutzmaske, Abstandsregeln, Händedesinfektion – das sind die allgemein bekannten Schutzmaßnahmen. Um jedoch eine möglichst große Sicherheit für die Mitarbeiter und die Kunden zu gewährleisten, entwickelte Martin Voßwinkel, einer von zwei Geschäftsführern des Bergisch Gladbacher Betriebs, ein umfassendes Konzept „mit Maßnahmen zum Schutz der Betriebsabläufe im Rahmen der Covid-19-Pandemie“. „Wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber den Mitarbeitern und den Kunden bewusst. Zudem ist die Heizungsbranche systemrelevant, es fehlt somit jeder Mitarbeiter, der in Quarantäne muss, enorm“, erklärt Martin Voßwinkel, betriebsintern auch als Aktenwälzer und Zahlendoktor bekannt und unter anderem fürs Marketing und die Unternehmens­entwicklung zuständig.

Die Maßnahmen wurden im Rahmen einer Betriebsanweisung allen Mitarbeitern schon Anfang Oktober 2020 in schriftlicher Form zur Verfügung gestellt, also bereits vor dem zweiten Lockdown. Ebenso erfolgte eine mündliche Einweisung in die Verfahrensweisen. Oberste Priorität dabei: den Kontakt auch unter den Mitarbeitern auf ein Minimum zu reduzieren, ohne spürbare Auswirkungen auf die Betriebsabläufe.

Martin Voßwinkel: „Jeder Kunde hat ein Recht auf eine funktionierende Heizungsanlage.“

Bild: Haustechnik Voßwinkel

Martin Voßwinkel: „Jeder Kunde hat ein Recht auf eine funktionierende Heizungsanlage.“

Starre Zuteilung der Mitarbeiter

Die Produktivmitarbeiter arbeiten in Teams zu je zwei Personen. Deren Zusammensetzung wird nicht mehr geändert, bis das Hygienekonzept ausgesetzt wird. Die als Kundendiensttechniker beschäftigten Mitarbeiter sind allein tätig. Eventuell notwendige Helfertätigkeiten auf einzelnen Baustellen werden ausschließlich durch andere Kundendiensttechniker übernommen.

Es erfolgt keine Zusammenstellung eines Teams mit Mitarbeitern des Projektbereichs. Dort wurden ebenfalls zwei feste Teams gebildet, die während der Einhaltung des Hygienekonzeptes nicht mehr gewechselt werden. Die Verwaltungsmitarbeiter arbeiten ebenfalls alleine und räumlich getrennt in Einzelbüros. Der Lagerist arbeitet ebenfalls allein. Sofern Helfertätigkeiten bei einzelnen Aufgaben notwendig sein sollten, wird der Lagerist von einem Verwaltungsmitarbeiter unterstützt.

Arbeitsbeginn aufgeteilt

Der Arbeitsbeginn erfolgt zeitlich getrennt, um die Kontakte unter den Teams zu reduzieren. Deshalb ist für jedes Team eine Anfangs- und Endzeit festgelegt, die den Aufenthalt im Unternehmen regeln. Außerhalb der Aufenthaltszeiten im Unternehmen ist die Präsenz der Mitarbeiter im Unternehmen nur unter Beachtung der vorgegebenen Maßnahmen gestattet.

Im Detail bedeutet das bei Voßwinkel: Im Büro ist um 7.15 Uhr Arbeitsbeginn, der Lagerist ist bereits um 6 Uhr anzutreffen, Dienstende ist um 14 Uhr. Der Bereich „Kundendienst“ beginnt und verlässt das Unternehmen in einer Taktung von zehn Minuten und die Teams des Bereichs „Projekt“ verlassen das Unternehmen im 15-Minuten-Takt. Dazu Martin Voßwinkel: „Mit diesen Vorgaben entzerren wir die Arbeitsabläufe mit dem Ziel, so wenig interne Kontakte wie nur möglich zu haben. Dazu sind jedoch eine genaue Planung des Tagesarbeitsablaufs und eine hohe Disziplin erforderlich.“

Das Bild ist auch eine Steilvorlage für die Eigenwerbung.

Bild: Haustechnik Voßwinkel

Das Bild ist auch eine Steilvorlage für die Eigenwerbung.

Verhaltensmaßnahmen auf der Baustelle

Neben dem Tragen von FFP2-Schutzmasken wird besonderer Wert auf Handdesinfektionslösungen gelegt, die jeder Monteur mit sich führt. Für alle Produktivmitarbeiter mit Kundenkontakt gelten grundsätzlich die Vorschriften der Gesundheitsbehörden während der Pandemie. Eventuelle Kontakte zu Menschen in Quarantäne oder mit Infektionen sind unmittelbar im Büro zu melden. Der entsprechende Mitarbeiter begibt sich in diesem Fall auf direktem Weg zu seinem Wohnort und wartet dort entsprechende Anweisungen der Gesundheitsämter ab.

Maßnahmen im Quarantänehaushalt

Bei jeder Anfrage eines Kunden wird der Corona-Status im Haushalt abgefragt. Liegt ein Positivbefund oder ein Quarantänefall vor, gibt es Auflagen für die Bewohner: Es darf keinen persönlichen Kontakt während des Aufenthalts zwischen den Monteuren und den Bewohnern geben. Die Fenster im Heizungsraum und auf dem Weg dorthin sind zu öffnen. Alle Flächen im Heizungsraum werden vorher desinfiziert – möglichst von Angehörigen ohne Positivbefund.

Martin Voßwinkel: „Wenn wir im Notfall, also bei Heizungsausfall, auf eine Baustelle müssen und wir Kenntnis über eine Quarantäne oder sogar über einen Infektionsfall beim Auftraggeber haben, muss ein Hygieneschutzanzug angezogen werden. Jeder Kunde hat ein Recht auf eine funktionierende Heizungsanlage.“ Nach Gebrauch werden der Schutzanzug und die FFP2-Maske in einem separaten Müllsack entsorgt. Die benutzten Werkzeuge werden nach Ende der Arbeiten außerhalb des Gebäudes, aber vor Einstieg in das Fahrzeug desinfiziert. Der Aufwand lohnt sich, denn trotz der Extremsituation stehen zufriedene Kunden weiter im Vordergrund. Martin Voßwinkel: „Was wir in solch extremen Situationen erleben, ist eine ungeheure Erleichterung und Dankbarkeit der Menschen, dass sich unsere Mitarbeiter der Gefahr einer Infektion aussetzen, um zu helfen und das Problem zu lösen.“  (dts)

Schon eine Weile her: Gruppenfoto des Voßwinkel-Teams noch ohne Masken.

Bild: Haustechnik Voßwinkel

Schon eine Weile her: Gruppenfoto des Voßwinkel-Teams noch ohne Masken.

Trotz Corona erfolgreich arbeiten

Um als SHK-Betrieb die Gefahr einer umfassenden Quarantäne und eines Ausfalles der Mitarbeiter gering zu halten, sind zwei Herangehensweisen empfehlenswert:

System der Modulation

Das „System der Modulation“ bietet sich an, wenn die Firma nur teil­ausgelastet ist und Kurzarbeit gerecht verteilt werden soll. Die Teams wechseln zwischen Arbeit und Kurzarbeit und haben keinen Kontakt miteinander. Wichtig ist zum Wochenende eine saubere digitale Übergabe der Baustelle. Voraussetzungen sind ein guter Organisationsgrad und gute Digitalisierung, da die Kommunikation fast ausschließlich digital erfolgt.

System der stabilen Teams

Das „System der stabilen Teams“ bietet sich an, wenn die Firma ausgelastet ist. Zwischen Verwaltung/Büro, Materialbereitstellung und den stabilen Teams (Personalwechsel in den Teams vermeiden!) gibt es keinen Kontakt. Voraussetzungen sind ein guter Organisationsgrad und gute Digitalisierung, da die Kommunikation fast ausschließlich digital erfolgt. Erkrankt einer der Monteure in Team A an Covid-19, geht sein Team in Quarantäne, aber der Rest des Ladens läuft weiter.

TIPP

Haustechnik Voßwinkel auf Youtube

Der Betrieb wendet sich via Youtube an Kunden und Kollegen. Ein Video zum ­Hygienekonzept ist zu finden unter den Suchbegriffen „Voßwinkel Hygiene­konzept“ oder hier:
www.youtube.com/watch?v=Fk3QiPftbkM&t=134s.

INFO

Maskenpflicht am Arbeitsplatz

Seit dem 1. Dezember 2020 gilt bundesweit: In allen öffentlichen Gebäuden sowie Arbeits-, Dienst-, Betriebsstätten und sonstigen räumlichen Bereichen, die zwar nicht öffentlich zugänglich sind, aber der Berufsausübung dienen, müssen Beschäftigte eine Atemmaske bzw. Mund-Nase-Bedeckung tragen. Doch wie muss die Maskenpflicht umgesetzt werden und wie weit reicht diese? Gibt es Ausnahmen? Wer ist für die Einhaltung der Maskenpflicht verantwortlich und welche Vorgaben müssen ansonsten beachtet werden? Volker Görzel (Köln) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht, er hat die wichtigsten Punkte zusammengefasst.

Wann müssen Beschäftigte eine Maske tragen?

Im Betrieb müssen Beschäftigte grundsätzlich Maske tragen. Abgenommen werden darf die Maske aber, sobald ein dauerhafter Arbeitsplatz eingenommen wird, bei dem sichergestellt ist, dass dauerhaft der Mindestabstand von 1,5 m zu anderen Personen eingehalten wird. Anders formuliert bedeutet das, dass an allen anderen Orten Maske getragen werden muss, also in Begegnungsstätten wie der Küche und dem Pausenraum, auf dem Weg zum WC, in den Fluren, an sich auf dem kompletten Betriebsgelände.

Wer trägt die Verantwortung für die ordentliche Umsetzung der Maskenpflicht?

Die Verantwortung für die Einhaltung der Maskenpflicht trägt der Arbeitgeber, dieser muss kontrollieren, ob die einschlägigen Verordnungen und Vorschriften ordnungsgemäß umgesetzt werden. Vor dem 1. Dezember konnten Arbeit­geber durch ihr Weisungsrecht eine Maskenpflicht einführen, hierbei war noch das Mitspracherecht des Betriebsrats zu beachten. Seit dem 1. Dezember bedarf es nun keiner Weisung des Arbeitgebers mehr. Da die Maskenpflicht im ­Beschluss der Bund-Länder-Konferenz flächendeckend eingeführt wurde, haben Betriebsräte auch kein Mitspracherecht mehr.

Pausen von der Maskenpflicht gewährleisten

Trotz der Verschärfung der Corona-Regeln darf der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern Pausen von der Tragepflicht gewähren, in denen sie die Mund-Nase-Bedeckung ablegen können. In diesem Zusammenhang sollte der Arbeitgeber eine entsprechende Arbeits- oder Betriebsanweisung am Arbeitsplatz aushängen.

Was für arbeitsrechtliche Regelungen gelten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer?

Arbeitgeber müssen Mitarbeitern die Schutzkleidung, z. B. Gesichtsmasken, zur Verfügung stellen, und zwar so viele, wie erforderlich sind, um die Gesundheit der Beschäftigten ausreichend zu schützen. Arbeitgeber sollten also sicherstellen, ein möglichst großes Kontingent vorrätig zu halten.

Was das Verhalten der Arbeitnehmer angeht, so verstößt dieser jetzt gegen seine Pflichten, wenn er auf dem Betriebsgelände keine Maske trägt und kein Attest vorweisen kann, das ihn vom Tragen befreit. Arbeitnehmer können in diesem Fall abgemahnt werden. Ein wiederholter Verstoß kann sogar eine verhaltensbedingte Kündigung nach sich ziehen.

Der Autor ist Mitglied des VDAA
Verband deutscher Arbeitsrechtsanwälte e. V.

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