Bei Trinkwasseranlagen kann ein Wasserschlag – wie jetzt wissenschaftlich durch einen SBZ-Praxistest belegt (siehe vorherige Artikel in dieser Ausgabe) – nach dem plötzlichen Schließen einer Leitung durch Vorrichtungen wie Einhebelmischer, aber auch Magnetventile, Kugelhähne usw. auftreten. Speziell das schnelle Schließen von Einhebel-Waschtischarmaturen verursacht eine Änderung des Wasserdrucks, die sich in der Leitung in Form einer Druckwelle fortsetzt.
Diese Druckänderung beginnt an der Absperrvorrichtung, steigt die Leitung hinauf, wirkt sich auf andere Vorrichtungen oder Biegungen der Leitungsrohre aus und kehrt wieder zum Ausgangspunkt zurück, wobei sie allmählich schwächer wird. Der Überdruck kommt also zu dem bereits in der Leitung vorhandenen Druck hinzu und kann verschiedene Auswirkungen verursachen, vom einfachen Vibrieren („Schlagen“) der Rohre bis hin zu ernsthaften Problemen wie einem Wasserschaden.
Gegenmaßnahmen treffen
In Neubau oder Modernisierung kann durch eine hydraulisch optimale Trinkwasseranlage vorgebeugt werden. Die Rechenvorschrift der DIN 1988-300 „Technische Regeln für Trinkwasser-Installationen – Ermittlung der Rohrdurchmesser“ besagt, dass die Rohrdurchmesser nach dem verfügbaren Rohrreibungsdruckgefälle dimensioniert werden sollen. Um ein „hydraulisch ausgeglichenes“ System zu erhalten, das weniger anfällig für Druck- und Temperaturschwankungen an der Zapfstelle ist, sollte der längenbezogene Druckverlust [hPa/m] möglichst gleich gehalten werden. Das erreicht man, wenn der Dimensionierungsparameter bzw. der Orientierungswert das verfügbare Rohrreibungsdruckgefälle ist und nicht die Fließgeschwindigkeit.
Die Fließgeschwindigkeit hat im Rechengang lediglich eine Begrenzungsfunktion. Dazu sollte ein Wasserschlagdämpfer vorgesehen werden, der teilweise, speziell bei dezentralen Wohnungsstationen, schon serienmäßig ab Werk montiert ist.
Tritt das Problem in Bestandsanlagen auf, ist es nicht mit dem Austausch der Waschtischarmatur getan. Es besteht ja die Gefahr, eine noch „schlechtere“ Armatur einzubauen, die das Problem Druckstoß sogar noch verstärkt. In diesem Fall sind mechanische Wasserschlagdämpfer ein wirkungsvolles Gegenmittel gegen die Druckstöße. Eine andere Möglichkeit: die Befestigung der Rohrleitungen zu überprüfen und eventuell nachzubessern.
Reduzierung der Wasserschläge um bis zu 60 % möglich
Die Wirkungsweise der Wasserschlagdämpfer ist relativ einfach. Basis ist ein Zylinder, der von einem Kolben mit doppelter Ringdichtung in zwei Kammern unterteilt ist. In der geschlossenen Kammer befindet sich komprimierte Luft. Die offene Kammer ist direkt mit der Trinkwasseranlage verbunden und mit Wasser gefüllt. Bei Wasserschlägen wird der Druck im Dopplereffekt von beiden Kammern und einer Gegenfeder ausgeglichen. Diese dämpfende Wirkung hat z. B. der Hersteller Caleffi messen und prüfen lassen. Es ist bestätigt, dass die Wasserschläge um bis zu 60 % reduziert werden. Um die beste Wirkung erzielen zu können, müssen die Dämpfer so nah wie möglich hinter dem Auslöser der Wasserschläge installiert werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Dämpfer hängend, senkrecht oder waagrecht eingebaut wird. Übrigens: Eine optimale Funktion wird erreicht, wenn am Anfang des Verteilernetzes ein richtig dimensioniertes Druckminderventil installiert ist.
Neben der Standardversion (1/2" AG) hat der Anbieter spezielle Versionen der Wasserschlagdämpfer der Serie 525 für Spülen und Waschbecken (3/8" IG Überwurfmutter x 3/8" AG) und Waschmaschinen (3/4" IG Überwurfmutter x 3/4" AG) im Programm. Die Leistungsdaten aller Versionen lauten: max. Betriebsdruck = 10 bar, max. Wassertemperatur = 90 °C, max. Druckstoß bis 50 bar, Beginn der Dämpfung bei 3 bar. Das Gehäuse ist aus verchromtem Messing, der Dämpfer besteht aus hochbeständigem Polymer, die Feder aus Stahl und die Dichtungen aus EPDM.
NACHGEFRAGT
Das Problem mit Druckstößen in der wasserführenden Gebäudetechnik
Nachgefragt bei Dipl.-Ing. (FH) Alf Münzberg, Technisches Bestandsmanagement, Abt. Haustechnik bei der GBG in Mannheim. Die GBG ist mit rund 19 000 Wohnungen die größte kommunale Wohnungsbaugesellschaft in Baden-Württemberg
SBZ: Herr Münzberg, wie oft werden Sie im Bestandsmanagement der GBG mit knapp 19 000 Wohnungen mit den Auswirkungen von Druckstößen konfrontiert?
Alf Münzberg: Druckstöße äußern sich im Wesentlichen in Geräuschen in den Trinkwasseranlagen, Reklamationen aufgrund dessen sind bei uns relativ selten. Defekte Rohrleitungen oder Rohrbrüche deswegen sind mir nicht bekannt.
SBZ: Lässt sich der Auslöser dieser Druckstöße eingrenzen?
Münzbeg: Ursächlich für diese Druckstöße sind fast ausnahmslos Einhebelarmaturen, wenn diese vom Nutzer schnell geschlossen werden. Vereinzelt sind es auch Magnetventile von Maschinen, aber diese machen nur einen kleinen Teil aus.
SBZ: In welcher Form machen sich die Druckstöße bemerkbar?
Münzberg: Meist entstehen schlagende Geräusche, wenn sich die Rohrleitungen bewegen können. Diese schlagen dann gegen Wände oder andere technische Einbauten.
SBZ: Kam es schon zu Schäden in Trinkwasseranlagen, die ursächlich auf Druckstöße zurückzuführen waren?
Münzberg: Mir sind keine Schäden aufgrund von Druckstößen bei uns bekannt.
SBZ: Gibt es signifikante Unterschiede bei den Auswirkungen von Druckstößen zwischen Metall- und Kunststoffleitungen, auch Mehrschichtverbundrohren?
Münzberg: Diese gibt es tatsächlich. Weichere Materialien, insbesondere Mehrschichtverbundrohre, neigen eher zu diesem Schlagen. Sie bewegen sich schneller als starre Rohrleitungen und sind erfahrungsgemäß meist auch anders verlegt.
SBZ: Wie reagieren Sie als Haustechniker, wenn Druckstöße in Trinkwasseranlagen auftreten?
Münzberg: Wir versuchen zunächst zu analysieren, wo diese Geräusche herkommen. Dies geht meist sehr einfach, indem wir den Nutzer zu der möglichen Ursache befragen. Gerade wenn Armaturen sehr schnell geschlossen werden, lässt sich dies anschaulich vorführen und nach einer kurzen Erklärung stellen die Nutzer dieses Verhalten dann ab. Bei Magnetventilen lässt sich ein kleiner Wasserschlagdämpfer nachinstallieren.
SBZ: Wie beugen Sie in der Modernisierung oder im Neubau dem Phänomen Druckstöße vor?
Münzberg: In der Modernisierung oder dem Neubau kommt es auf die Rohrleitungsführung und auf ausreichende Befestigungen an, dann bewegen sich die Leitungen nicht, unabhängig aus welchem Material sie bestehen. Wenn beide Kriterien vernünftig ausgeführt werden, gibt es keine weiteren Probleme.
SBZ: Vielen Dank für das Gespräch.