Ein entscheidender Faktor für die Gesundheit des Menschen im Umgang mit dem Lebensmittel Nummer eins wird noch wenig beachtet: der Nutzer. Dieser ist durch den regelmäßigen und vollständigen Wasseraustausch aller Teilstrecken der Trinkwasserinstallation maßgeblich mitbeteiligt, die Trinkwasserhygiene dauerhaft zu erhalten. Dazu sollten Bewusstsein und Wissen um den richtigen Umgang mit der Trinkwasserinstallation geschärft werden. Mit dem Trend zur Digitalisierung und der aktiven Besetzung der Themen Hygiene, Sicherheit und Komfort kann es den Handwerksbetrieben gelingen, ihre Kunden entsprechend zu sensibilisieren und vielleicht sogar zu begeistern. Gleichzeitig lassen sich durch den Einsatz neuer Lösungen in der ansonsten noch stillen und – im Vergleich zur Heizungsinstallation – noch wenig smarten Trinkwasserinstallation zusätzliche Umsatz- und Ertragschancen erschließen.
Nutzer kompetent und umfassend einbinden
In den technischen Regeln wird der Begriff „bestimmungsgemäßer Betrieb“ immer wieder strapaziert. Dieser stellt „übersetzt“ den Betrieb einer Trinkwasserinstallation unter den Bedingungen dar, wie sie während der Planungs- und Installationsphase vorgesehen waren. Zu diesen Planungsbedingungen gehört es, die Stagnation des Trinkwassers zu vermeiden und bestimmte Temperaturbereiche einzuhalten.
Deshalb sollte der Nutzer bereits während der Planungsphase mit Blick auf das notwendige Verhalten für den bestimmungsgemäßen Betrieb kompetent und umfassend miteingebunden werden. Hilfreich hierfür ist z. B. die Einweisung gemäß VDI/DVGW 6023 Kategorie C. Ist der Nutzer beispielsweise aktiv bezüglich der Leitungsführung aufgeklärt worden, kann leichter festgelegt werden, an welchen Stellen sich eine Durchschleiflösung und eine für den Kunden wirtschaftlich günstigere T-Stück-Verlegung anbietet.
Die Industrie stellt inzwischen einfach zu nutzende Onlinetools zur Verfügung, um sowohl Handwerker als auch Bauherren bei dieser sinnvollen, aber bislang wenig behandelten Thematik zu unterstützen. Mit diesen Tools werden dem Kunden die unterschiedlichen Komponenten und Varianten erklärt, sodass er sich dann seine bevorzugte Lösung selbst konfigurieren kann. Wichtig für den Handwerksbetrieb ist jedoch, dass bei der anschließenden Angebotskalkulation die Preishoheit bei ihm verbleibt. Vorteilhaft sind deshalb auch Onlinetools, die sich in die Homepage des Fachbetriebs integrieren lassen und die das Angebot, aufbauend auf den Vorgaben des Handwerkers, automatisch als Ergebnis der Konfiguration erzeugen.
Auf diesem Weg können z. B. die Vorteile einer bleifreien Trinkwasserinstallation bis zur Entnahmestelle leichter herausgestellt und vermittelt werden, um so die positiven Eigenschaften des Trinkwassers bestmöglich zu erhalten. Ebenso wichtig ist bei der Auswahl der Installation, auf ausreichend erprobte und bewährte Werkstoffe zurückzugreifen, um das Risiko von Leitungswasserschäden über die gesamte Lebensdauer zu minimieren.
Wassersteuerungen schützen nicht nur vor Schäden
Vollständig auszuschließen sind Leitungswasserschäden aber nicht – trotz gewissenhafter Planung, Materialauswahl und Installation nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik und trotz eines bestimmungsgemäßen Gebrauchs. Dies belegt nicht zuletzt die hohe Anzahl jährlicher Leitungswasserschäden, die angesichts des zunehmend älteren Gebäudebestands deutlich stärker ansteigt als z. B. Sturm- oder Feuerschäden. Laut Angaben des GDV gibt es in Deutschland jährlich rund 1,1 Millionen Leitungswasserschäden, was einer Leckage etwa alle 30 Sekunden entspricht.
Wer einmal einen Wasserschaden im Gebäude hatte, kann sich nicht nur ein realistisches Bild von den Unannehmlichkeiten machen. Der Betroffene wird sich auch fragen, weshalb der Fachmann ihm nicht aktiv z. B. einen Wassermelder oder, noch besser, einen intelligenten Leckageschutz angeboten hat.
Meist fängt ein Schaden klein an. Eine Leckage tritt auf, aus welchem Grund auch immer. Mit zunehmend austretender Wassermenge und Einwirkzeit wird der Schaden am Gebäude jedoch immer größer. Nachdem die Baukosten und der Wert von Immobilien immer weiter steigen, sollte die Absicherung des Gebäudes gegen Leitungswasserschäden im Sinne des Nutzers sein – auch im Zuge einer Nachrüstung. Schließlich betreffen Wasserschäden nicht nur das Gebäude, sondern meist auch die Einrichtung. Und im schlimmsten Fall wird bei einer Schimmelbildung auch die Gesundheit der Bewohner beeinträchtigt.
Systeme zum Schutz vor Wasserschäden sind in privat wie in gewerblich genutzten Gebäuden aber noch die Ausnahme. Dabei bieten diese Systeme ein hohes Potenzial, Folgekosten eines Leitungswasserschadens drastisch zu reduzieren. Die neuesten Lösungen auf dem Markt gehen noch einen Schritt weiter. Sie erkennen zum einen nicht nur austretendes Schadwasser, sondern unterbrechen automatisiert und zentral den Wasserzulauf und senden eine Warnmeldung an den Nutzer.
Sie bieten darüber hinaus noch die Möglichkeit, den Wasserverbrauch zu messen und zu analysieren, um so z. B. auch auf zu lange Stagnationsphasen hinzuweisen. Dazu überwachen sie die Wassertemperatur am Hauseingang und setzen Meldungen ab, falls die Temperaturen bedenklich tief sinken (z. B. als Frostschutz) oder bedenklich hoch ansteigen (z. B. über 25 °C). In diesen Fällen sollte solange ein Wasserverbrauch vorgenommen werden, bis die Temperatur wieder auf einem unbedenklichen Niveau liegt. Nicht zuletzt verfügen diese neueren Systeme, die oft als Wassersteuerung bezeichnet werden, über eine komfortable App-Bedienung aus der Ferne zum Kontrollieren, Öffnen und Schließen der Trinkwasserleitung.
Großes Kundenpotenzial beim Trinkwasserkomfort
Der Anspruch an den Komfort einer Trinkwasserinstallation konzentriert sich bislang oft nur darauf, an einer Vielzahl von selten genutzten Zapfstellen im Gebäude sofort warmes Wasser parat zu haben. Mit den entsprechenden Herausforderungen hinsichtlich des Erhalts der Trinkwasserhygiene.
Neben der richtigen Dimensionierung ist vor allem die richtige Leitungsführung zu beachten, falls z. B. die Entnahmestellen, an denen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit der Nichtnutzung verbleibt, in die Leitungen zu den regelmäßigen Verbrauchern eingebunden werden. Sehr wichtig ist es, sorgfältig auf die bauliche Trennung von kalt- und warmgehenden Leitungen zu achten, um eine ungewollte Wärmeübertragung zu vermeiden. Dies betrifft sowohl die Installationsschächte als auch den Bereich um die Entnahmearmaturen.
Wenn es um den Genuss von Trinkwasser als Lebensmittel geht, wird das Thema Komfort bisher kaum beachtet. Zwar entfallen von den durchschnittlich 123 l Wasser, die in Deutschland jeden Tag pro Person verbraucht werden, weniger als 10 l auf Kochen und Trinken. Aber nur gut 37 % der Bevölkerung nutzen Leitungswasser, um ihren täglichen Durst zu stillen. Zwei Drittel trinken jedoch mehrmals täglich Wasser aus Flaschen. Das allein zeigt das große und bislang ungenutzte Potenzial in der Trinkwasserinstallation.
Derzeit nutzen etwa zwei Millionen Haushalte in Deutschland sogenannte Wassersprudler. Für den Umstieg gibt es viele Gründe, wie z. B.:
- Guter Geschmack von frisch gesprudelten Getränken
- Verzicht auf Plastikflaschen aufgrund eines gesteigerten Umweltbewusstseins
- Höherer Komfort, weil das Schleppen und Lagern von Getränkekisten/-flaschen entfallen
- Mittelfristig geringere Kosten.
Die heutigen Gerätegenerationen bieten nicht nur die Möglichkeit, gesprudeltes Trinkwasser direkt aus der Armatur zu zapfen. Sie können neben gefiltertem und gekühltem Wasser auch heißes und kochendes Wasser zur Verfügung stellen, z. B. für ein Heißgetränk oder eine Suppe sowie zum Blanchieren von Gemüse oder zum Ausspülen von Babyflaschen.
Smarte Armaturen zeigen darüber hinaus den Wasserverbrauch, den Status von Filter und CO2-Zylinder an. Und sie übernehmen nach längerer Abwesenheit sogar automatisch eine Spülfunktion, um stets die beste Trinkwasserqualität zu gewährleisten. Perspektivisch lassen sich hier noch weitere Armaturenfunktionen vorstellen, wie z. B. die Steuerung und Bedienung per Sprache.
Die steigende Nachfrage und das zunehmende Angebot an leitungsgebundenen Trinkwasserspendern können die Handwerksbetriebe aufgreifen. Mit ihrer Expertise und Kompetenz, bezogen auf eine ganzheitliche Sicht der Trinkwasserinstallation, festigen sie das Kundenvertrauen, wodurch sich eventuell sogar neue Geschäftsfelder und Wartungsservices erschließen lassen.
Letztlich können diese smarten Produkte sogar dazu beitragen, das Image von Trinkwasser zu verbessern. Denn bislang fehlt ihm noch der hohe emotionale Stellenwert, den es als wichtigstes Lebensmittel eigentlich verdient.
Fazit
Nutzer sollten frühzeitig aktiv und kompetent in Planung und Betrieb der Trinkwasserinstallation eingebunden werden. Nur dann kann die Installation den geltenden und verschärften gesetzlichen Anforderungen an die Hygiene, wie z. B. in der novellierten Trinkwasserverordnung, optimal entsprechen.
Das zunehmende Angebot an intelligenten und vernetzbaren Lösungen in der Trinkwasserinstallation eröffnet den Handwerksbetrieben die Möglichkeit, die Kundenbedürfnisse nach Hygiene, Sicherheit und Komfort zu befriedigen und gleichzeitig zu ihrem wirtschaftlichen Vorteil zu nutzen.
Die Industrie schafft zum einen die notwendigen Voraussetzungen dafür, dass der Handwerksbetrieb dem Endverbraucher den Mehrwert dieser technischen Lösungen leicht verständlich vermitteln kann. Zum anderen müssen sich alle Komponenten möglichst einfach installieren und vernetzen lassen.
Offenen Standards kommt hierbei eine große Bedeutung zu. Insellösungen, wie sie von branchenfremden Anbietern im Zuge des Smarthome-Trends vermehrt dem Endverbraucher offeriert werden, sollte das Handwerk mit seiner fachlichen Kompetenz und ganzheitlichen Herangehensweise bei der Trinkwasserinstallation begegnen.
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Autoren
Dipl.-Kfm. Jan Molterer ist Leiter Produktmanagement Hausinstallationssysteme bei Rehau.
Dipl.-Ing. Sven Christoph ist Leiter Technik Hausinstallationssysteme bei Rehau. www.rehau.com