Vorfertigung als Heilsbringer in Zeiten der Personalknappheit? Darüber diskutierten erfahrene Bäderplaner auf Einladung der Handwerkerkooperation Garant Bad + Haus. Austragungsort war Olsberg im Sauerland beim Duschspezialisten HSK – einem Unternehmen, das eigene Systemlösungen für den Badbau anbietet.
Die Versuchung ist groß: Übervolle Auftragsbücher verführen leicht dazu, trotz Stress in der Komfortzone zu verharren, statt sich bereits heute auf die Herausforderungen der Zukunft einzustellen und neue Prozesse zu entwickeln. Warum das aber nötig sein könnte, erläuterte Moderator Holger Siegel von der Stuttgarter Beratungsagentur „idpool“: „Vorsicht Bäderbauer! Der SHK-Markt wird durch die breite Medienberichterstattung als lukrativer Markt wahrgenommen. Gleichzeitig prognostizieren Fachleute wie der Münchner Wirtschaftsprofessor und Prozess-Papst Horst Wildemann, dass Bauen auch 70 % günstiger gehen müsste. Das Vakuum, das wir nicht bedienen, lockt branchenfremde Akteure an, die ein gutes Geschäft wittern und den Markt mit arbeitssparenden Prozessen aufrollen möchten.“
Erste Beispiele sind der Heizungsmodernisierer Thermondo oder die Kooperation zwischen dem Kaffeeröster Tchibo und Badsanierer Banovo. Auch wenn diese bislang nur mäßig erfolgreich sind, spekulieren potente Geldgeber dennoch darauf, dass sich die anfänglichen Probleme lösen lassen und sich das defizitäre Geschäft nach einer Lernphase lohnen wird. Ähnliche Erfahrungen gebe es bereits in anderen Branchen, wie ein Blick auf den Handel oder die Automobilbranche zeige, so Siegel.
Digitalisierung und Vorfertigung als Lösung?
Ein Blick auf das im ProLab untersuchte Beispiel des Badbauspezialisten Ulrich Bergmann in Mosbach zeigt, dass Digitalisierung und modulare Vorfertigung auch im Bäderbau und bei Badsanierungen realisierbar sind – und führte zu lebhaften Kontroversen unter den Diskutanten. Tenor: „Dafür müssen wir bei voller Fahrt unter vollen Segeln die Prozesse komplett auf links bürsten.“ Zudem wurden die häufigen Probleme und Sonderfälle bei Badsanierungen ins Feld geführt und angemerkt, dass die Komplexität einfache Lösungen verhindere. Auf der anderen Seite wurde infrage gestellt, dass das Bad tatsächlich so individuell sei, wie oftmals behauptet, da die Mehrheit der Menschen meist doch Identisches wolle.
Praxisbeispiel industrielle Modulbauweise
Überprüft wurden die Sichtweisen auch vor Ort in der Ausstellung von HSK, wo das Unternehmen einen Einblick in den aktuellen Stand industrieller Modulbauweisen gab. Firmenchef Joachim Schulte war aufmerksamer Zuhörer der Veranstaltung: „Unser Erfolgsprinzip war immer schon, den Kunden zuzuhören.“ Mit RenoConcept bietet der Duschkabinenbauer zum Beispiel eine Systemlösung, die sich für eine schnelle und saubere Teilsanierung des Duschbereichs oder ganzer Wandbereiche des Badezimmers eignet.
Positiv bewerteten die Badprofis, dass sich diese Lösung mit einem übersichtlichen Invest ins eigene Portfolio integrieren lässt – es muss lediglich ein Mitarbeiter zur Schulung geschickt werden, der dann weitere, auch niedrig qualifizierte Mitarbeiter anlernen kann. Dass die Komplettmontage samt Platteneinbau mit baustellenüblichem Werkzeug erfolgen kann und ein weiteres Gewerk (Fliese) meist nicht benötigt wird, wurde ebenfalls begrüßt, da dies den Installationsprozess einfacher und schneller mache und in der Hand des SHK-Handwerkers belasse. Einig waren sich die Badplaner auch darin, dass sich das System dank der sauberen, staubfreien Verarbeitung und der großen Auswahl an Dekoren gut für Teilsanierungen eigne und bei dünnen Wänden als Verstärkung nützlich sein könne.
Kontrovers diskutiert wurden die Optik des Materials und die Dekore – hier plant der Anbieter allerdings eine Sortimentserweiterung. Thematisiert wurde auch die Austauschmöglichkeit der Platten im Vergleich zu Fliesen bei möglichen Schäden. Schließlich das Thema Abdichtung: Untersucht wurden die Eckprofile, die mit einem Silikonkleber abgedichtet werden. Auch die Langzeiterfahrung mit dem System, das in dieser Kombination erst seit zwei Jahren auf dem Markt ist, wurde hinterfragt – Joachim Schulte machte allerdings darauf aufmerksam, dass die meisten Elemente des HSK-Systems schon länger in der baulichen Praxis erprobt seien.
Mehr Module – ja oder nein?
Die Schlussrunde des Garant ProLab war sich weitgehend einig, dass SHK-Unternehmen um die Themen industrielle Vorfertigung, modulare Bauweise und Systemlösungen in Zukunft kaum herumkommen werden. Vieles könne zwar auch vor Ort auf der Baustelle hergestellt werden, wenn aber eine vorgefertigte Lösung passe, könne sie Prozesskosten und Zeitaufwand senken und Mehrwerte schaffen.
Gerade als Teillösung oder bei Teilrenovierungen sahen die Badplaner Potenzial und Wachstumschancen, denn die Modullösungen seien qualitativ gut und leicht zu verarbeiten und ideal als Basisprodukte. Angemerkt wurde jedoch auch, dass eine modulare Bauweise nicht zu jedem SHK-Geschäftsmodell passe und viele Produkte nicht dafür geeignet seien, um sich individuell und kreativ vom Wettbewerb abzuheben. Allerdings seien viele Endkunden heute durch das Internet sehr gut informiert und vorausgebildet – wenn ein Kunde eine solche Lösung wünsche, sollte sie auch realisiert werden können.
Marc Schulte, Geschäftsleiter von Garant Bad + Haus, fasste zusammen: „Modul- oder Systemlösungen sind Produkte, mit denen SHK-Unternehmen Deckungsbeiträge und Wachstum erzielen können. Das Handwerk muss sich heute aller Produkte und Prozesse bedienen, die der Markt zur Entlastung des Vertriebswegs zur Verfügung stellt – sonst machen über kurz oder lang andere das Geschäft.“
Bei voller Fahrt die Pferde wechseln?
Dazu passend hatte Moderator Holger Siegel einen treffenden Kommentar parat: „Bei voller Fahrt die Pferde wechseln? Dieser Frage sollten sich Bäderbauer aktuell stellen. Von erprobten Prozessen im Bäderbau umschwenken auf Modulbau und industrielle Vorfertigung? Die Situation ist kritisch. Einer riesigen Nachfrage nach Bädern steht ein gravierender Mangel an Verarbeitern gegenüber. Und eine Industrie, deren Fokus seit einigen Jahren konsequent auf einfacher zu verarbeitenden und arbeitssparenden Produkten liegt. Eine aktuelle Handwerkerbefragung zeigt: Die typische 9-m2-Durchschnitts-Badsanierung kostet runde 30 000 Euro – bei zwölf Tagen Bauzeit.“
Gerade das müsse man sich eben vor Augen halten. Siegel weiter: „Hier wird gutes Geld verdient – und hier wird lukrative Nachfrage nicht bedient. Den Rest wird der Markt regeln: Wenn das Handwerk nicht effizienter wird, werden Anbieter mit ganz neuen Ansätzen in den Markt drängen. Auch die werden es schwer haben, Verarbeiter zu finden – aber sie haben keine Scheu, ganz neue Methoden einzusetzen, die dank Plug-and-play und ganz neuer Materialien weniger Know-how und Arbeit brauchen. Und sie werden konsequent unsere Prozesse analysieren und digitalisieren. Kann sein, das aktuell dicke Auftragspolster schläfert uns ein …“
Info
Austauch gefördert
Mit dem ProLab hat der Handwerkerverband Garant Bad + Haus ein neues Test- und Workshopformat ins Leben gerufen. SHK-Fachunternehmer nehmen unterschiedliche Produkte und Verkaufstechniken unter die Lupe. Ziel ist, die Erfahrungen zu bündeln und gemeinsam eine ideale Vermarktungsstrategie zu finden.