Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch

Herausforderung Ehrenamt

Für viele Innungen ist es in den letzten Jahren immer schwieriger geworden, eine ausreichende Anzahl von qualifizierten Ehrenamtsträgern für Führungsaufgaben auf Innungsebene zu gewinnen. Die negativen Folgen liegen auf der Hand. Sie sind nicht auf die Innungsebene beschränkt, sondern werden im Laufe der Zeit entsprechend auf die Landesfachverbände und den ZVSHK wie auch auf die Handwerksorganisation insgesamt durchschlagen. Die Qualität der Entscheidungsträger unserer Berufsorganisation – das sind vor allem die Obermeister – und die Effizienz des Willensbildungs- und Entscheidungsprozesses stellen für die SHK-Berufsorganisation strategische Erfolgsfaktoren dar. Qualifizierter Nachwuchs im Ehrenamt ist unverzichtbar.

Somit gilt: Die Gewinnung von Ehrenamtsträgern ist ein elementarer Faktor für die Sicherung der Leistungsfähigkeit der gesamten SHK-Berufsorganisation. Die Gründe für die nachlassende Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, sind vielschichtig, so z. B.:

  • Zeitaufwand
  • Familie steht mehr im Mittelpunkt als früher
  • Kritik und Ärger
  • Wettbewerbsnachteile für den Betrieb
  • Verantwortungsdruck
  • Haftungsfragen

Aufgrund des allgemeinen Wertewandels in der Gesellschaft ist das Handwerk nicht alleine mit dieser Problematik konfrontiert. Allerdings geht es anders als z. B. in Gesangs- und Sportvereinen beim Ehrenamt im Handwerk um die Gestaltung der unternehmerischen Rahmenbedingungen in unserem Gesellschafts- und Wirtschaftssystem. Diese sind für die SHK-Handwerksbetriebe existenziell. Die SHK-Berufsorganisation als der Zusammenschluss von Handwerksunternehmern muss im Sinne der Selbstverwaltung möglichst umfassend über sich selbst bestimmen. Deshalb ist gerade im Handwerk die Verantwortung und damit die Mitwirkung und Entscheidung durch das Ehrenamt unverzichtbar. Um auch künftig über eine schlagkräftige SHK-Berufsorganisation zu verfügen, braucht das SHK-Handwerk die besonders qualifizierten und kompetenten Handwerksunternehmer für das Ehrenamt.

Anforderungsprofil für Ehrenamtsträger der Zukunft

Bei der Auswahl aus dem enormen Fundus, den der breitgefächerte Kreis von SHK-Handwerksunternehmen bietet, sollte beim Ehrenamtsträger der Zukunft insbesondere folgendes Anforderungsprofil berücksichtigt werden:

  • Er muss ein anerkannter Fachmann sein und durch seine Persönlichkeit die SHK-Handwerke kompetent vertreten können.
  • Die Bereitschaft zum flexiblen Zeiteinsatz muss gegeben sein.
  • Er muss führen, delegieren und motivieren können.
  • Er muss für moderne Methoden der Verbandsführung aufgeschlossen sein und danach handeln.

Anreize für die Übernahme eines Ehrenamtes

Qualifizierte Unternehmer können nur gewonnen werden, wenn sie auch eine angemessene Belohnung für ihren Einsatz erhalten. Die Belohnung kann nicht in Geldform, sondern nur in Anreizform geschaffen werden, z. B. indem dem Kandidaten verdeutlicht wird,

  • dass er einen Informationsvorsprung in zeitlicher und sachlicher Hinsicht sowie Insiderwissen erlangt,
  • dass er auf die Entwicklungen seines Fachgebietes, etwa im technischen Bereich, gestaltend einwirken kann,
  • dass er über Kontakte zu Marktpartnern, zur öffentlichen Hand bzw. zu potenziellen Kunden auch gewisse Vorteile erzielen kann
  • und dass er Impulse für seine Persönlichkeitsentwicklung und soziale Anerkennung erhalten kann.

Viele Ehrenamtsträger bestätigen, dass das Ehrenamt nicht nur Last und Mühsal ist, sondern durchaus auch eine vielseitige und spannende Abwechslung vom beruflichen Alltag darstellt und letztendlich unter dem Strich etwas bringt. Auch sollten verstärkt die Motive der jüngeren Betriebsinhaber beachtet werden. Es gilt, deren Denkweisen einzubinden. Junge Unternehmer machen ihre Entscheidungen insbesondere von folgenden Faktoren abhängig:

  • Entsprechen die Ziele der Innung meinen Interessen und Erwartungen, kann ich diese unterstützen bzw. mich mit ihnen identifizieren?
  • Habe ich überhaupt Chancen, an die Spitze gewählt zu werden oder ist diese blockiert?
  • Bietet mir die Mitwirkung wirklich Prestige und Einfluss?
  • Gibt es in den Gremien Kollegialität?
  • Kann ich im Ehrenamt etwas für mich und für meinen eigenen Betrieb lernen?

Nicht zu unterschätzen ist, dass sich die Innungsarbeit selbst schon positiv oder negativ auf die Überlegungen von jüngeren Betriebsinhabern auswirken kann. Es gibt geradezu abschreckende Beispiele. Wenn die Innungsarbeit nur darin besteht, dass man sich ein- oder zweimal im Jahr zu Versammlungen trifft, dabei den nächsten Ausflug plant und einige Mitglieder für ihre Verdienste um die Innung ehrt, dann braucht sich niemand zu wundern, wenn junge und motivierte Betriebsinhaber von der Innungsarbeit geradezu abgeschreckt werden.

Wie gewinnen wir geeigneten Nachwuchs?

Um Mitglieder für die Übernahme eines Ehrenamtes zu motivieren, müssen diese eine klare Botschaft erhalten, welche die Aufgaben, den Arbeitsumfang sowie Möglichkeiten und Risiken des Amtes benennt. Die persönliche Ansprache ist die wichtigste Form der Motivation. Dabei kann die Botschaft des „warum, was und wie“ am besten vermittelt werden. Ein Handwerksmeister ist für seine Nachfolge im Betrieb verantwortlich, ein Obermeister für die Nachfolge in seiner Innung! Was kann die SHK-Berufsorganisation als flankierende Maßnahmen anbieten, um auch in Zukunft kompetente Unternehmer für ehrenamtliche Aufgaben zu gewinnen? Als ein gutes Beispiel dient das Ehrenamtskolleg von Fachverbänden, das sich seit vielen Jahren bei der Gewinnung von Ehrenamtsträgern bewährt hat.

Verbändeübergeifendes SHK-Ehrenamtskolleg

Bereits 1996 wurde das Ehrenamtskolleg von den Fachverbänden SHK Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen gegründet. Vom Beginn an im Jahr 1997 konnten Vertreter des Fachverbandes SHK Sachsen-Anhalt am Kolleg teilnehmen. Der FVSHK Sachsen-Anhalt hat sich 1999 als weiterer Träger angeschlossen und im Jahr 2011 wurde der Fachverband SHK Thüringen als Förderpartner aufgenommen. Der erste Kurs wurde 1997 in Titisee-Neustadt (Baden-Württemberg) gestartet. Seit Beginn dieses Jahres läuft bereits die zehnte Runde des Kollegs. Dies belegt, dass sich das verbändeübergreifende Ehrenamtskolleg bewährt hat.

Das Ehrenamtskolleg, ein Gemeinschaftsprojekt der SHK-Fachverbände Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, hat sich zum Ziel gesetzt, die künftigen Ehrenamtsträger der Innungen, wie Obermeister und Vorstandsmitglieder, fit für das Ehrenamt zu machen, indem diese auf ihre neue und verantwortungsvolle Tätigkeit möglichst qualifiziert vorbereitet werden. Das Ehrenamtskolleg liefert seinen Beitrag zur Qualifikation und auch Verjüngung der Struktur der Ehrenamtsträger. Jugend alleine ist sicherlich kein Qualitätssiegel. Aber es muss eine weitere Verjüngung, auch bei den Innungsvorständen, erreicht werden. Mit einem Besuch des Kollegs kann verhindert werden, dass der angehende Obermeister ins sprichwörtlich kalte Wasser gestoßen wird und wertvolle Zeit und Energie aufbringen muss, um sich die für diese Obermeisteraufgaben notwendigen Informationen zu beschaffen.

Vom politischen Umfeld bis zu speziellen Führungstechniken

Das Ehrenamtskolleg ist nicht nur für angehende Obermeister interessant, sondern allgemein für Unternehmer, die Führungsaufgaben in der Innung, z. B. im Innungsvorstand, übernehmen sollen.

Den Teilnehmern wird in speziellen Kursen wertvolles und aktuelles Wissen über die Berufsorganisation und ihr politisches Umfeld, Praktisches und Theoretisches über die Innungs- und Verbandsarbeit sowie eine Reihe spezieller Arbeits- und Führungstechniken vermittelt. Nicht zuletzt soll dabei natürlich auch der gemeinsame und persönliche Erfahrungsaustausch, und zwar verbändeübergreifend, gepflegt werden. Das Kolleg ist auf drei Termine angelegt und besteht aus verschiedenen Modulen zu Berufsorganisation, Umfeld, Innungs- und Verbandsarbeit sowie Arbeits- und Führungstechniken. Die Teilnehmer können nur von ihren Innungen oder den Fachverbänden zur Teilnahme gemeldet werden.

Wechselnde Veranstaltungsorte

Es finden insgesamt drei Veranstaltungen statt, die – beginnend im Frühjahr eines Jahres – nach einem Jahr das Kolleg abschließen. Diese beginnen jeweils donnerstags (Anreise) und enden samstags (Abreise). Die Kursorte wechseln für jeden Vortrag in das Gebiet eines anderen Trägerverbandes. Um sich über dieses Jahr hinweg mit der Innungsarbeit zu beschäftigen, verfassen die Teilnehmer eine Hausarbeit zu dem Thema „Mitgliedergewinnung / Innungsmarketing“, die im letzten Modul besprochen wird. Nebeneffekt ist auch ein Erfahrungsaustausch über erfolgreiche Innungsaktivitäten. Die Kosten teilen sich wie folgt auf:

  • Die Innung übernimmt eine Organisationsgebühr (einmalig) pro Teilnehmer.
  • Der Teilnehmer trägt die Kosten der Anreise, Verpflegung, Unterkunft.
  • Eine finanzielle Beteiligung an den Kosten der Teilnehmer kann von den jeweiligen Innungen individuell geregelt werden.
  • Die Fachverbände übernehmen die Kosten für die Lehrgänge / Referenten.

Das Kolleg wird nach erfolgreicher Teilnahme mit einer Teilnahmebestätigung abgeschlossen. Die Absolventen der bisher durchgeführten Lehrgänge werden im Zweijahresrhythmus zu einer zweitägigen Veranstaltung eingeladen, um die Kontakte zu vertiefen und um den Erfahrungsaustausch anzuregen. Übrigens: Die Vorsitzenden der Landesfachverbände Baden-Württemberg und Bayern, Butz und Hilpert, sind auch Absolventen des Ehrenamtskollegs. Und von den 25 Absolventen aus Baden-Württemberg sind sechs beim Fachverband mittlerweile im Vorstand. Weitere Infos zum Ehrenamtskolleg gibt es bei den SHK-Trägerverbänden Baden-Württemberg, Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Nachgefragt

Die Freude am Ehrenamt überwiegt

Die SBZ fragte Handwerksunternehmer Jürgen Walter nach dem Resümee zu seinem ehrenamtlichen Engagement in der SHK-Organisation.

SBZ: Sie haben vor 15 Jahren am Ehrenamtskolleg teilgenommen, waren Obermeister der Innung Ulm und sind nun stellvertretender Vorsitzender im FVSHK Baden-Württemberg. Was hat Ihnen persönlich das Kolleg gebracht?

Walter: Das Seminar hat mir in vielen Bereichen neue Erkenntnisse und fundiertes Wissen vermittelt. Das Führungskräfteseminar war eine Mischung aus Managementthemen und verbändespezifischen Dingen. Ich habe einen tiefen Einblick in die Verbandsstrukturen bekommen und auch die handelnden Personen kennengelernt. Erst während des Seminars habe ich, als jemand der zuvor nur wenig mit Verbänden zu tun hatte, überhaupt mitbekommen, was unsere Berufsorganisation alles leistet und bewegt. Das war für mich eine sehr positive Überraschung, die mich letztlich dazu bewogen hat, mich in der SHK-Organisation zu engagieren.

SBZ: Konnten Sie auch etwas mitnehmen, was Ihnen im Betrieb und bei der Bewältigung Ihrer persönlichen Aufgaben hilft?

Walter: Dadurch dass ich die Strukturen unserer Branche und die Mechanismen besser kennengelernt habe, tue ich mich seitdem bei vielen Dingen leichter. Ich weiß heute viel besser, wen ich ansprechen muss, um etwas zu erreichen. Mir persönlich sehr weitergeholfen hat auch der Themenblock betriebliche Organisation, Zeitmanagement, Rhetorik und Konfliktmanagement. Dieser Seminarteil hat dazu beigetragen, dass ich diese Bereiche bei mir optimieren konnte. Dafür hätte ich in der freien Wirtschaft viel Geld investieren müssen.

SBZ: Ein Ehrenamt sollte man, so Hauptgeschäftsführer Dr. Klein in diesem Artikel, auch ausüben, weil man selber auch etwas davon hat. Wo sehen Sie die Vorteile Ihres Engagements?

Walter: Ich halte es für durchaus legitim, dass das Engagement eines ehrenamtlich aktiven Handwerksmeisters auch Vorteile für ihn mit sich bringt. Denn allein der Zeitaufwand ist nicht zu unterschätzen. Durch das Ehrenamt habe ich einen Informations- und Wissensvorsprung, da ich von den Hauptamtlichen der Organisation auf dem Laufenden gehalten werde. Hinzu kommt ein nicht zu unterschätzender psychologischer Effekt: Durch das Ehrenamt fühle ich mich verpflichtet, mich mit den Themen konkret auseinanderzusetzen, die ich sonst vielleicht hätte schleifen lassen. Und das kommt letztlich wieder meinem Betrieb zugute. Zudem helfen mir die guten Kontakte zu Spitzenvertretern aus Handel, Industrie und Institutionen. Durch den direkten Draht geht manches schon ein wenig besser und schneller.

SBZ: Gibt es auch Tage, an denen Sie denken: „Hätte ich die Ehrenämter nur nicht angenommen?“

Walter: Die SHK-Organisation bietet hochwertige Veranstaltungen, wir investieren viel Zeit und Energie und die Resonanz ist teilweise zu gering. Offensichtlich schaffen wir es nicht immer, die Handwerkskollegen in ausreichendem Maße mitzunehmen und die vom Verband erbrachten Leistungen und Arbeiten den Kollegen zu vermitteln. Das ist schon ein wenig enttäuschend. Und obwohl unsere Berufsorganisation viel bewegt, höre ich dann hin und wieder noch Stimmen, die fragen: „Was macht der Verband eigentlich?“ Das sind dann die, die zu keiner Veranstaltung kommen und die man zum Jagen tragen muss. Das sind so Situationen, da kann man schon mal für einen Moment die Lust verlieren. Aber das ist dann auch schnell wieder vorbei – die Freude am und mit dem Ehrenamt überwiegt bei Weitem.

SBZ: Sagen Sie mir bitte ganz spontan, was für Sie die schönsten Dinge beim SHK-Ehrenamt sind.

Walter: Der Erfahrungsaustausch mit Kollegen. Die Begegnung mit interessanten Menschen, die auch etwas bewegen möchten. Es ist spannend und motivierend, wenn man merkt, dass man die Zukunft ein Stück mitgestalten kann. Und das nötige Rüstzeug dafür liefert das Ehrenamtskolleg der Fachverbände.

Autor

Dr. Hans-Balthas Klein ist Hauptgeschäftsführer des Fachverbandes SHK Baden-Württemberg in Stuttgart; www.fvshkbw.de