Ein Blick auf die Uhr – nur noch fünf Minuten, bis der Zug abfährt. Jetzt heißt es: rennen! Das Herz schlägt schneller, die Atemfrequenz wird erhöht, das Blut pulsiert durch den Körper, versorgt die Muskeln mit mehr Sauerstoff und führt Kohlendioxid ab ... Geschafft! Jetzt erst mal durchatmen.
Dieses Alltagsszenario verdeutlicht, wie die menschliche Luftregulierung funktioniert – und wie eine Wohnungslüftung damit korrespondieren sollte. Der bedarfsgerechte Luftaustausch muss einerseits selbstregulierend ablaufen, andererseits aber auch bewusst steuerbar sein. Einflussfaktoren kommen dabei von den Menschen, die sich im Haus befinden, vom Gebäude selbst sowie von den Außenverhältnissen. Die Regelung verarbeitet dazu verschiedene Parameter zu einem Wohnraumklima, das den Vorlieben der Bewohner entspricht.
Einflussfaktor Mensch
Die automatische Regelung einer Wohnungslüftung muss im Wesentlichen mit der menschlichen Atmung interagieren. Etwa 13 m³ Luft atmet der Mensch pro Tag ein und aus. Die wichtigste Regelgröße im Körper ist dabei der Kohlendioxidgehalt in der Atemluft. Er wird über eine Sensorik in der Lunge gemessen.
Bei steigenden CO2-Werten wird der Luftaustausch erhöht, um dem Organismus mehr Sauerstoff zuzuführen. Eine zu geringe Frischluftzufuhr, erhöhte Bewegungstätigkeit oder starke Kohlendioxidabgabe, weil sich viele Menschen im Raum aufhalten, sind gängige Ursachen für eine unbehaglich hohe CO2-Konzentration.
In der Folge kommt es zu nachlassender körperlicher und geistiger Leistungsfähigkeit bis hin zum Unwohlsein. Die Regelung des Wohnungslüftungssystems wirkt dem entgegen. Entsprechend dem erfassten CO2-Gehalt in einem Raum oder in einer definierten Belüftungszone im Gebäude wird frühzeitig automatisch der Luftaustausch erhöht.
Doch Menschen stoßen nicht nur erhebliche Mengen Kohlendioxid aus, sondern geben auch Feuchtigkeit ab. Über die Atemluft sind dies durchschnittlich 0,5 l pro Tag. Durch Transpiration kommt allein im Ruhezustand noch ein weiterer Liter hinzu – je nach Betätigung natürlich auch mehr. Kochen, Duschen, abtrocknende Kleidung und Gegenstände geben außerdem Wasserdampf an die Raumluft ab.
Eine zu hohe Luftfeuchtigkeit in den Räumen beeinträchtigt jedoch das Wohlgefühl des Menschen – und des Gebäudes. Eine relative Luftfeuchtigkeit über 60 % führt zu Schimmelbildung speziell an Wärmebrücken. In warmen Räumen mit hoher Luftfeuchtigkeit gedeihen außerdem generell Schimmelsporen, Milben und Bakterien deutlich besser als in trockener Umgebung. Das hat negative Auswirkungen auf die Gesundheit.
Wohnungslüftungsgeräte mit Feuchtesensor heben bei steigender Luftfeuchtigkeit automatisch zur Situation passend die Luftwechselrate an. Je nachdem, ob es sich nur um einen kurzzeitig erhöhten Feuchtigkeitseintrag handelt (zum Beispiel durch Duschen) oder aber eine länger andauernde Luftbelastung die Ursache ist (etwa aufgrund einer erhöhten Personenzahl). Diese bedarfsgerechte Anpassung der Ventilation verbessert das Wohlgefühl und optimiert die Energieeffizienz der Lüftung.
Einflussfaktor Außenluft
Gesundheitlich belastend ist allerdings genauso das gegenteilige Szenario: Statt zu hoher Luftfeuchtigkeit kann durch die Zufuhr sehr trockener kalter Außenluft im Herbst und Winter die relative Luftfeuchtigkeit in den Räumen absinken.
Für die Reinheit der eingeatmeten Luft bis zur Funktion der Stimmbänder spielt jedoch die Luftbefeuchtung durch die Schleimhäute eine wichtige Rolle im menschlichen Atmungsapparat. Sehr trockene Luft wird deshalb als unangenehm empfunden. Besonders Allergiker leiden darunter, da in trockener Luft mehr Schwebeteilchen vorhanden sind und inhaliert werden.
Um ein Austrocknen der Zimmerluft zu verhindern, können Wohnungslüftungsgeräte die Feuchtigkeit aus der Abluft zurückgewinnen und sie auf die zugeführte Frischluft übertragen. Dies ist etwa mit einem Enthalpiewärmeübertrager möglich, der über eine wasserdurchlässige Membran verfügt. Allerdings kann bei diesem Verfahren der Feuchteübertrag nicht reguliert werden.
Demgegenüber können Geräte mit Rotationswärmeübertrager die Übertragungsmenge über die Drehzahl des Rotors analog zur tatsächlichen Luftfeuchtigkeit im Raum anpassen. Somit kommt es weder zu einem Austrocknen noch zu einem Überfeuchten der Raumluft.
Außer Luftfeuchtigkeit gewinnt der Rotor auch Wärme aus der Abluft zurück. Eine wichtige Funktion, um die Zimmertemperatur energieeffizient auf einem konstanten Niveau zu halten. Denn über einen drehzahlgeregelten Rotor kann auch die Temperierung der Zuluft beeinflusst werden.
In Zukunft werden Häuser allerdings vermehrt aktiv gekühlt. Der Rotor kann der Außenluft dann Wärme entziehen und auf diese Weise kühlen. Praxiswerte zeigen, dass die Energiekosten damit halbiert werden können – sowohl im Kühlfall als auch im Heizfall.
Nicht zu unterschätzen ist außerdem die wirksame Filterung der Außenluft. Denn Feinstaubbelastung in Städten oder Pollen machen nicht nur Allergikern zu schaffen. Zentrale Wohnungslüftungsgeräte bieten hier eine Überwachungsfunktion der Filterverschmutzung und melden so einen notwendigen Wechsel. Das sichert die Raumluftqualität, spart Energie und verhindert Kosten durch unnötige Filterwechsel.
Einflussfaktor Gebäude
Negative Einflüsse auf die Raumluftqualität stammen allerdings oft zusätzlich von dem Gebäude selbst. Denn die thermische Abdichtung der Gebäudehülle verhindert den Luftaustausch durch Leckagen. Hinzu kommen Freisetzungen von Schadstoffen durch moderne Baumaterialien.
Besonders kritisch werden flüchtige organische Verbindungen diskutiert, die in vielen Baumaterialien gebunden sind. Sie enthalten Kohlenstoffe, die schon bei Raumlufttemperatur verdampfen. Hohe VOC-Konzentrationen in der Raumluft gelten als krebserregend.
Deshalb wurde die Entwicklung von Sensoren zur Erfassung solcher Schadstoffe intensiv vorangetrieben. Erste VOC-Sensoren sind bereits auf dem Markt verfügbar, allerdings noch nicht unbedingt für die Anwendung in der Wohnungslüftung geeignet.
Denn momentan messen sie entweder die Schadstoffkonzentrationsdifferenz, also keine Absolutwerte, oder sie beziehen sich auf die CO2-Konzentration als Referenz. Ein Anschluss an die Regelung einiger Hersteller ist theoretisch möglich. Die dazu erforderlichen Software-Aktualisierungen lädt die Regelung im Optimalfall direkt aus dem Internet.
Fazit
Der Innenraumluftqualität kommt aufgrund der immer dichter gebauten Gebäude und Umweltbelastungen von außen eine wachsende Bedeutung zu. Der Schutz der Gesundheit und der Gebäudesubstanz hängt direkt davon ab. Diesem Thema widmen sich deshalb zahlreiche Forschungsprojekte der EU. Hier geht es um die Einführung von Parametern zur Bestimmung der Innenluftqualität und die Frage, welchen Einfluss die Wohnungslüftung darauf hat.
Info
Intelligente Regelung für Wohnungslüftungsgeräte
Die Kriterien an eine einerseits „bewusste Atmung“ als auch an eine automatische Regelung der Luftqualität nach den im Beitrag genannten Einflussfaktoren erfüllt beispielsweise die Regelung Save Control von Systemair. So wird ein angenehmes Raumklima geschaffen und dank der bedarfsgerechten Regelung und den hocheffizienten EC-Motoren zusätzlich Energie gespart.
Das Bedienkonzept ist für den Nutzer bewusst einfach gehalten. Detaillierte Parameter, wie zum Beispiel die gebäudespezifische Mindestluftwechselrate oder Leistungsgrenzen, werden im Hintergrund abgelegt. Sie geben die Limits für den vollautomatischen Betrieb der Wohnungslüftung vor. In diesen Grenzen wird die bedarfsgerechte Lüftung automatisch geregelt. Sensoren für die Luftqualität oder Anwesenheit der Bewohner liefern die hierfür erforderlichen Werte.
Außerdem können die Nutzer neben den automatischen Modi fünf Alltagssituationen individuell nach Bedarf steuern:
- Kaminofen (Zuluftvolumen wird während der Anfeuerungsphase erhöht)
- Stoßlüftung (Zuluftvolumen wird kurzzeitig erhöht)
- Party (Luftwechsel wird erhöht, optional Absenkung der Zulufttemperatur)
- Abwesend (Luftwechsel wird reduziert, optional auch die Zulufttemperatur)
- Urlaub (wie abwesend, allerdings über mehrere Tage)
So wird der Nutzer nicht mit unzähligen Einstellungsoptionen überfordert. Er kann die Wohnungslüftung über den Touchscreen der Regelung oder von unterwegs über das eigene Smartphone jederzeit anpassen. Erleichternd kommt hinzu, dass Format und Menüführung auf dem Touchscreen und in der App identisch sind.
Zudem ist die Regelung laut Hersteller offen gestaltet, was die Integration zukünftiger Technologien (etwa Internet of Things) ermöglicht. Schon heute sei die Regelung auf eine weitere Entwicklung vorbereitet, die von der Europäischen Union im Zuge der Effizienzrichtlinien forciert wird: die bedarfsgerechte Einzelraumregelung für die Wohnungslüftung.
Autor
Klaus Lang ist Product Area Director Residential Ventilation bei Systemair, 97944 Boxberg-Windischbuch, www.systemair.de