Die Kritik an der DIN 1946-6 richtet sich hauptsächlich gegen die Tabelle 5 der Norm, bei der der Gesamt-Außenluftvolumenstrom nur in Abhängigkeit der Wohnfläche und bei der Lüftung zum Feuchteschutz zusätzlich in pauschaler Abhängigkeit vom Wärmeschutz zu ermitteln ist. Diese Tabelle wird nicht nur für die Auslegung, sondern auch für die Feststellung der Notwendigkeit einer lüftungstechnischen Maßnahme benutzt und zieht damit eine Investitionsentscheidung nach sich. Es wird zwar eine Veränderung der Luftvolumenströme für die nicht planmäßige Personenzahl je Nutzungsfläche zugelassen, jedoch ist ein Wert nicht explizit angegeben. Nur wenn sie unterschritten wird, ist eine Verringerung der Volumenströme zulässig. Der Planer weiß aber nicht, für wie viele Personen in der jeweiligen Nutzungseinheit die Tabelle gilt.
Nach Auskunft eines Fachanwaltes für Baurecht (RA Herrig, Berlin) löst die Anwendung der Mindestwerte der Gesamt-Außenluftvolumenströme für Nutzungseinheiten nach Tabelle 5 eine Bedenken- und Hinweispflicht des Planers aus, da hier pauschalierte Werte angesetzt werden und keine ausreichende Bedarfsermittlung vorliegt. Es wird eine „funktionstaugliche Anlage“ geschuldet. Bei Juristen schließt Funktionstauglichkeit auch Wirtschaftlichkeit ein. Die Anlage könnte auch unterdimensioniert sein, wenn die Wohnung plan- und regelmäßig von mehr Personen, als für Tabelle5 in DIN1946-6 zugrunde gelegt wurden, genutzt wird.
Genauigkeitsanforderung
In der Neuausgabe der DIN EN 12599 [2, Tabelle 3] wird die Messunsicherheit für die Luftvolumenstrommessung bei der Übergabe raumlufttechnischer Anlagen je Einzelraum von ± 20 % auf ± 15 % und je Anlage von ± 15 % auf ± 10 % herabgesetzt. Der Auslegungswert sollte also im Bereich der Messunsicherheit liegen, ansonsten entsteht hier eine Diskrepanz. Auch nach DIN 18 017-3 [3, Abschnitt 4.1.3] dürfen sich die Abluftvolumenströme gegenüber den planmäßigen Volumenströmen durch Wind und thermischen Auftrieb um nicht mehr als ± 15 % ändern.
Dementsprechend sollte die angestrebte Genauigkeit in normativen Angaben im Bereich von ± 15 % liegen. Bei beispielsweise 10 m³/h je Zuluftraum im Neubau müsste daher die Genauigkeit 1 bis 2 m³/h betragen!
Ergebnisse eines Forschungsprojektes
Die Grundlage des Berechnungsverfahrens für die Lüftung zum Feuchteschutz nach DIN 1946-6 bildet ein Forschungsbericht [4]. Dort wurde der mit einem instationären Verfahren ermittelte notwendige Luftvolumenstrom für Räume mit unterschiedlicher Nutzung in einem Ein- und Mehrfamilienhaus angegeben. Bild 2 (Tabelle 1) enthält die Ergebnisse dieses Forschungsberichtes in Kurzform mit den verwendeten Annahmen zur Raumtemperatur, Feuchtelast und zum Wärmeschutz.
Die Belegungsfläche je Person lag nach dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2013 bei ca. 40 bis über 50 m²/Person mit steigender Tendenz [6]. Das entspricht einem Unterschied von ca. ± 14 %. Bei unbekannter Personenzahl liegt dieser mögliche Bereich schon nahe an der o. g. Genauigkeitsanforderung. Die in Bild 2 aufgeführten Belegungsflächen stellen im Gegensatz dazu sehr geringe Werte dar. Im Schlaf- und Kinderzimmer müssten zwei Personen auf jeweils 12 m² wohnen. Die Annahme einer geringen Belegungsfläche führt zu hohen Feuchtelasten und damit zu hohen Volumenströmen.
Gemäß DIN-Fachbericht 4108-8 [7, Bild 2] stellt die Feuchteabgabe durch Personen und Wäschetrocknen i. d. R. die höchste Feuchtelast dar. Wäschetrocknen wurde zwar im Forschungsprojekt mit untersucht, es ist aber anzunehmen, dass die Volumenströme in Bild 2 ohne Wäschetrocknen gelten.
Bild 3 stellt die Endergebnisse aus dem Forschungsbericht [4] zusammen. Zum Vergleich enthält die Tabelle auch die aus diesen Endergebnissen abgeleiteten Werte, welche in die DIN 1946-6 übernommen wurden. Für Neubau wurde der Begriff „Wärmeschutz hoch“ und für Sanierung der Begriff „Wärmeschutz gering“ eingeführt.
Die Spalten für die abstrahierten Werte gibt der Forschungsbericht als Endergebnis an. Sie unterscheiden sich jedoch zu den Werten aus Bild 2 zum Teil erheblich, wie der Vergleich mit den Mittelwerten für MFH und EFH zeigt. Die Abweichungen der Werte aus der DIN 1946-6 von den Mittelwerten liegen bei - 8 % bis + 72 %.
Einfluss von fRsi auf die Lüftung zum Feuchteschutz
Bild 2 gibt auch das zugrunde gelegte Wärmeschutzniveau der Wärmebrücke durch den Temperaturfaktor fRsi an. Dieser dient unter stationären Verhältnissen zur Ermittlung der niedrigsten inneren Oberflächentemperatur im Raum, für welche die notwendige Lüftung ausgelegt wird. Für planparallele Bauteile errechnet sich fRsi aus
RsiWärmeübergangswiderstand innen in m² K/W
RTWärmedurchgangswiderstand in m² K/W
Für Wärmebrücken ist der Wert einem Wärmebrückenkatalog oder einer Wärmebrückensoftware zu entnehmen. In Neubauten wird heute ein Wert von mindestens 0,70 vorgeschrieben. Bei Altbauten kann dieser Wert deutlich unterschritten werden. Daher wurde für die Untersuchung ein Wert von 0,59 angenommen.
Bild 4 zeigt, wie sich der Wärmeschutz von Wärmebrücken auf den notwendigen Volumenstrom zum Feuchteschutz VolFL auswirkt. Hierzu wurde der Volumenstrom auf die Feuchtelast bezogen. Dadurch wird eine ausreichende Unabhängigkeit von der Feuchtelast erreicht. Die Darstellung belegt, dass mit fallender Innentemperatur mehr Volumenstrom benötigt wird. Der Unterschied ist umso größer, je feuchter die Außenluft ist. Je größer der fRsi-Wert ist, desto weniger Volumenstrom muss sichergestellt werden.
Die Kurven flachen aber ab, woraus man folgern kann, dass sich bei hohem fRsi-Niveau (Neubau) eine Änderung oder fehlerhafte Ermittlung weniger stark auswirken würde als bei niedrigem Niveau (Altbau). Bei Altbauten muss daher die Ermittlung von fRsi genauer sein. Für den Sanierungsfall, z. B. bei Einbau neuer, dichter Fenster, ergibt sich hier ein Optimierungspotenzial zwischen besserer Wärmedämmung der Wärmebrücken und geringerem Volumenstrom für die Feuchteschutzlüftung.
Beispiel aus Bild 4: Bei der Raumtemperatur 20 °C und dem empfohlenen Außenklimazustand für die Auslegung (13 °C/7 g/kg [6]) beträgt der Unterschied im Volumenstrom für fRsi = 0,59 bis 0,72 ca. 17 %. Die hiermit erzielten Einsparungen in den Investitions- und Betriebskosten müssen den zusätzlichen Kosten für den besseren Wärmeschutz an der Wärmebrücke gegenübergestellt werden. Anzumerken ist, dass die Einsparungen durch besseren Wärmeschutz nach Bild 3 noch höher ausfallen.
Feuchtelasten entsprechend der Raumnutzung
Für Räume mit mehreren Nutzungen im Raumluftverbund, z. B. Wohnen/Essen/Küche/Flur, ist das Berechnungsschema der DIN 1946-6 nicht geeignet. Geht man von den instationär ermittelten Volumenströmen in Bild 2 für einzelne Räume aus, so sind diese nicht auf einen Raum im Raumluftverbund übertragbar. Die Sorptionsflächen der einzelnen Räume werden größer sein als die Sorptionsfläche des Raumes im Raumluftverbund.
Eine angepasste Aufteilung der Zuluftvolumenströme mit dem Faktor fR,zu nach DIN 1946-6 Tabelle 14 ist kaum möglich, da nur für Wohn- und Esszimmer eine Angabe enthalten ist und eine flächengewichtete Mittelung den zulässigen Bereich von ± 0,5 überschreiten könnte. Außerdem fehlt eine Angabe zur Küche als Zuluftraum bzw. wie zu verfahren ist, wenn Zu- und Abluftraum im Raumluftverbund stehen.
Für den Flur, der auch eine Außenwand haben kann oder an ein kaltes Treppenhaus grenzt, ist auch keine Aussage vorhanden. Im Altbau hat nach DIN 4108-2 [8] der Wärmedurchlasswiderstand der Wand zum Treppenhaus einen Mindestwert von 0,25 m²K/W. Nimmt man nach DIN FB 4108-8 einen freistehenden Schrank vor der Wand an, so muss für den Bereich zwischen Wand und Schrank ein äquivalenter Wärmeübergangswiderstand von 0,50 m²K/W angesetzt werden. Damit ergibt sich für den fRsi-Wert = 1 – 0,50/(0,13 + 0,25 + 0,50) = 0,43. Gemäß Bild 4 (strichpunktierte Beispiellinie) beträgt der Unterschied im Volumenstrom für fRsi = 0,43 bis 0,59 ca. 33 %. Das heißt, der Volumenstrom müsste gegenüber der Annahme von 0,59 für den Altbau um 33 % erhöht werden.
Der Flur hat zwar wenig Feuchtequellen, jedoch ist zu beachten, dass bei einer Abluftführung über den Flur die zuströmende Luft aus den Zulufträumen feuchtebelastet ist. Sind wenige Zulufträume mit Zugang zum Flur vorhanden und/oder ist der Feuchteeintrag entsprechend groß, könnte die Lüftung zum Feuchteschutz unterdimensioniert sein. Je nach Lüftungssystem muss der Flur auch nicht unbedingt ein Überströmraum sein.
Individuelle Feuchtelasten, die von Bild 2 abweichen, wie z. B. ein Gasherd in der Küche, Wohnheim/Hotel ohne Kochen, Baufeuchte, Kriechboden usw., können nicht berücksichtigt werden. Wäschetrocknen ist für die Berechnung zudem missverständlich formuliert.
Bei einer Berechnung ausgehend von der Feuchtelast in jedem Raum würden diese Probleme nicht auftreten. Dabei könnten auch unterschiedliche fRsi-Werte der Wärmebrücken, z. B. für Räume, die eine Außenwandecke haben, gegenüber Räumen ohne Außenwandecke, berücksichtigt werden. Somit würde eine bedarfsorientierte Lüftung für die einzelnen Räume einer Nutzungseinheit ermittelt werden, was auch hilfreich wäre, wenn nicht alle Räume eine lüftungstechnische Maßnahme erhalten sollen.
Lüftung zum Feuchteschutz nach Wohnfläche
Mit den Werten aus Bild 3 hätte man die Möglichkeit, raumweise Volumenströme zuzuordnen. Stattdessen enthält die DIN 1946-6 eine weitere Tabelle 5, welche Volumenstromangaben für den Feuchteschutz für die gesamte Nutzungseinheit in Abhängigkeit der Wohnfläche enthält. Die Werte aus Bild 3 sollen nach DIN auch nur bei der freien Lüftung in Ansatz gebracht werden, obwohl es egal sein müsste, woher die erforderliche Luftmenge kommt.
Bild 3 zeigt, dass sich die Volumenströme für Küche und Bad von den übrigen Räumen unterscheiden. Einem Gesamtvolumenstrom für die Nutzungseinheit müsste daher eine bestimmte Konstellation der Raumzuordnung zugrunde liegen. Größere Nutzungseinheiten können z. B. zwei Bäder oder auch zwei Küchen beinhalten. Je nach Annahme, wie viele Bäder und Küchen die Nutzungseinheit enthält, würde sich der Gesamtvolumenstrom unterscheiden. Da die Zusammensetzung der Nutzungseinheit in der Tabelle 5 der Norm dem Planer nicht bekannt ist, kann er auch nicht beurteilen, ob sein Projekt auf die Normangabe zutrifft.
Die Tabelle 5 der DIN 1946-6 enthält für die Lüftung zum Feuchteschutz noch eine Abhängigkeit vom Wärmeschutz. Diese wird ausgedrückt durch einen Faktor fWS, welcher mit der Nennlüftung multipliziert wird. Für den Fall „Wärmeschutz hoch“ beträgt der Volumenstrom für die Lüftung zum Feuchteschutz 0,3 x Nennlüftung. Die ventilatorgestützte Lüftung darf nach Norm nur für die Nennlüftung ausgelegt werden (Auslegungsfaktor = 1,0). Setzt man hierfür dennoch einen Auslegungsfaktor an, der wertmäßig dem Faktor fWS entspricht, wird die ventilatorgestützte Lüftung nach der Lüftungsstufe „Lüftung zum Feuchteschutz“ ausgelegt. Man erhält damit einen Vergleich zwischen den Auslegungswerten der freien Lüftung und der ventilatorgestützten Lüftung. Bild 5 enthält beispielhaft für eine Nutzungseinheit diesen Vergleich. Dabei wird die Infiltration vernachlässigt, damit nur Bedarfswerte verglichen werden.
Für die Zulufträume ergäben sich erhebliche Unterschreitungen der raumweisen Volumenströme gegenüber der freien Lüftung. Da bei der ventilatorgestützten Lüftung auch die geforderten Abluftvolumenströme berücksichtigt werden, ergäben sich hier Überschreitungen gegenüber der freien Lüftung. Insgesamt würde die Nutzungseinheit mit ventilatorgestützter Lüftung um 11 m³/h bzw. 17 % geringer ausgelegt werden als die freie Lüftung.
Das bedeutet, dass sich die zwei Grundlagen für die Berechnung der Lüftung zum Feuchteschutz prinzipiell unterscheiden und zu abweichenden Ergebnissen führen. Die eine Berechnungsmethode basiert auf instationären Simulationen im Rahmen eines vom Bund geförderten Forschungsprojektes, die andere auf der Annahme, dass die Lüftung zum Feuchteschutz in einer Nutzungseinheit mit einem konstanten Faktor proportional zur Nennlüftung ist. Die Nennlüftung ist jedoch nur für die Frischluftversorgung zuständig, welche allein durch die Personenzahl bestimmt wird. Andere Feuchtelasten, wie z. B. durch Pflanzen, Reinigungs- und Kochvorgänge, können in der Tabelle 5 der DIN 1946-6 nicht enthalten sein, weil diese nicht proportional zur Personenzahl sind. Ansonsten wäre das Verhältnis zwischen Lüftung zum Feuchteschutz bei einem bestimmten Wärmeschutz und der Nennlüftung in der besagten Tabelle nicht konstant über alle Wohnflächen.
Wenn Wäschetrocknen berücksichtigt wird, kann die Feuchteschutzlüftung sogar größer sein als die Nennlüftung. Das zeigt auch, dass bei hohen Feuchtelasten, die nicht immer vorhanden sind, eine feuchtegeregelte Lüftung notwendig ist, wenn man den Energieverbrauch für die Erwärmung der Außenluft nicht unnötig erhöhen will. Um hierfür eine planerische Entscheidung zu treffen, muss man aber Art und Andauer der Feuchtelast in jedem Raum kennen.
Infiltration
Um einen Auslegungsvolumenstrom für lüftungstechnische Maßnahmen (LtM) zu erhalten, wird nach DIN 1946-6 vom Gesamt-Außenluftvolumenstrom der Nutzungseinheit der Außenluftvolumenstrom aufgrund der Infiltration in die Nutzungseinheit (NE) abgezogen. Zumutbare Fensterlüftung wird in diesem Abzugsverfahren nicht berücksichtigt.
qv,LtMAußenluftvolumenstrom für lüftungstechnische Maßnahmen in der NE in m³/h
qv,gesGesamt-Außenluftvolumenstrom in die NE in m³/h
qv,InfAußenluftvolumenstrom durch Infiltration in die NE in m³/h
Der so erhaltene Wert für die Nutzungseinheit wird nach Volumenstromverhältnissen, welche sich aus dem Bedarf ergeben, oder bei der ventilatorgestützten Lüftung für die Zulufträume über den Faktor fR,zu auf die einzelnen Räume der Nutzungseinheit verteilt.
qv,LtM,RAußenluftvolumenstrom für lüftungstechnische Maßnahmen im Raum in m³/h
fv,RAllgemeiner Verteilungsfaktor auf die Räume einer NE nach DIN 1946-6
Damit verteilt man auch automatisch den Außenluftvolumenstrom durch die Infiltration auf die einzelnen Räume. Wie aus Gleichung 3 ersichtlich, erfolgt dies mit dem gleichen Verteilungsfaktor wie für den Gesamt-Außenluftvolumenstrom. Dieser Verteilungsmechanismus der Infiltration ist fernab jeder physikalischen Gegebenheit.
Die am häufigsten auftretende Quelle der Infiltration im Wohnungsbau sind die Fensterfugen. Räume mit vielen Fenstern oder auch anderen Öffnungen und Gebäudefugen müssten in der Regel einen höheren Infiltrationsanteil bekommen als andere Räume.
Eine sinnvolle Verteilung der Infiltration wäre z. B.
qv,Inf,RInfiltration in den Raum in m³/h
fv,Inf,RVerteilungsfaktor für die Infiltration in die NE auf einen Raum
Bei der raumweisen Ermittlung des Volumenstrombedarfs muss dieses Ergebnis, zuzüglich einer zumutbaren Fensteröffnung, für die Auslegung lüftungstechnischer Maßnahmen abgezogen werden. Gleichung 3 erhält damit die Form
qv,FE,RAußenluftvolumenstrom durch zumutbare Fensterlüftung im Raum in m³/h
Für spezielle Durchlässigkeiten könnte diese Gleichung noch erweitert werden, wobei diese nur für den betreffenden Raum in Ansatz zu bringen wäre. Weiterhin muss noch berücksichtigt werden, dass während der Fensterlüftung aufgrund des Druckausgleichs die Infiltration vernachlässigbar ist.
Abluftvolumenströme
Es stellt sich außerdem die Frage, warum die Abluftvolumenströme der Tabelle 7 der DIN 1946-6 nicht auch bei der freien Lüftung gefordert werden, wenn diese so unbedingt notwendig sind. Dazu ist anzumerken, dass diese nur dem Zweck der Geruchsabfuhr dienen sollten und nur zeitweilig benötigt werden. Ein geringerer Wert hierfür würde also nur die Zeitdauer der Geruchsabfuhr verlängern. Die Auslegung für die ventilatorgestützte Lüftung nimmt es auch nicht so genau mit der Einhaltung dieser Abluftvolumenströme. Wenn nach [1, Gleichung 11] die Summe der Abluftvolumenströme geringer ist als die Nennlüftung nach Tabelle 5 der Norm, werden die geforderten Werte nach Tabelle 7 der Norm überschritten (Bild 6). Die Überdimensionierung für Bad und Küche beträgt hier ca. 9 %. Die in der Tabelle 7 der Norm angegebenen Werte sind außerdem höher als die Anforderung der DIN 18017-3 für den durchgehenden Betrieb.
Häufig wird die Lüftungsanlage für die reduzierte Lüftung ausgelegt, welche 70 % der Nennlüftung entspricht (Auslegungsfaktor = 0,7). Im Beispiel (Bild 6) würden dadurch die Abluftvolumenströme nach Tabelle 7 der Norm um ca. 24 % unterschritten. Diese Unterschreitung tritt allerdings auch auf, wenn auf reduzierte Lüftung heruntergeregelt wird. Wenn bei feuchtegeführten Anlagen auf Lüftung zum Feuchteschutz heruntergeregelt wird, ist eine Unterschreitung sogar von 67 % möglich.
Sind mehrere Ablufträume vorhanden, kann durch die unterschiedlichen Druckverluste im Strömungsweg nicht garantiert werden, dass jeder Abluftraum seinen planmäßigen Abluftvolumenstrom bekommt. Eine Einregulierung dürfte unter wechselnden Bedingungen, vor allem bei einer bedarfsgeführten Regelung, schwierig sein.
Es ist zu überdenken, ob die in der Norm geforderten Abluftvolumenströme überhaupt eingerechnet werden sollten. Bei der freien Lüftung werden sie gar nicht berücksichtigt, bei der Auslegung der ventilatorgestützten Lüftung könnten sie größer als die geforderten Werte sein und bei der zulässigen Regelung kleiner. Besonders die Auslegung von ALDs gestaltet sich dadurch schwieriger und es könnte ein unnötiger Energieverbrauch in den Zulufträumen während der Nichtnutzungszeit von Bad und Küche auftreten.
Ablufträume mit Fenster könnten auch für die Geruchsabfuhr über zusätzliche Fensterlüftung entlüftet werden, wie bei der Intensivlüftung für den „Party-Fall“. Für Ablufträume ohne Fenster gilt ohnehin die DIN 18071-3. Sollte dennoch der Abluftvolumenstrom eingerechnet werden, könnte man einen Luftwechsel unter Berücksichtigung eines ausreichenden Verdünnungseffektes in einer bestimmten Zeit vorgeben oder mit dem Bauherrn vereinbaren. Damit würde auch die Größe des Bades Berücksichtigung finden.
Der geforderte Abluftvolumenstrom der DIN 18017-3 ist nicht mehr nachzuvollziehen. Er enthält aber offenbar auch einen Anteil für die Feuchteabfuhr. Das lässt sich aus dem Abschnitt 4.1.1 der DIN 18017-3 schließen, da er nicht auf 0 m³/h reduziert werden darf, wenn Wäsche getrocknet wird. Bei mehreren Ablufträumen in einer Wohnung werden die Abluftvolumenströme ohne Berücksichtigung einer Gleichzeitigkeit für den kurzzeitigen Bedarf summiert, was auch für die DIN 1946-6 gilt. Ventilator und ALDs werden somit überdimensioniert. Das ist auch unsinnig für den Anteil der Feuchteabfuhr im Abluftvolumenstrom der DIN 18017-3. Hat Wohnung 1 nur einen Abluftraum und Wohnung 2 zwei Ablufträume und beide Wohnungen besitzen die gleiche Größe, so wird die Feuchtelast nicht unterschiedlich sein. In Wohnung 2 wird aber durch die Summation mehr Volumenstrom abgeführt.
Zuordnung der Abluftvolumenströme
Mit der Gleichung 21 der DIN 1946-6 sollen die Abluftvolumenströme auf die Ablufträume verteilt werden. Die Gleichung gilt jedoch nur, wenn die Abluft aus den Zulufträumen in einen Flur strömen und von dort aus zu den Ablufträumen – man geht von einem gemeinsamen Sammelpunkt aus. Dass diese Annahme nicht möglich oder nicht immer sinnvoll ist, zeigt der in Bild 7 dargestellte Grundriss einer real gebauten Wohnung mit einer Abluftanlage.
Die Berechnung der Volumenströme für die einzelnen Räume gibt Bild 8 an. Demnach müsste jeder Abluftraum 45 m³/h erhalten. Durch die Anordnung der Küche abseits vom Flur kann von einem gemeinsamen Sammelpunkt nicht ausgegangen werden. Der Raum Wohnen/Essen wird daher separat entsorgt. Außerdem würde sich in dem kleinen Flur für die restlichen Volumenströme (90 m³/h) ein sehr hoher Luftwechsel von 7 h-1 einstellen, wenn die Abluft aus den verbleibenden Zulufträumen über den Flur geleitet wird. Daher ist für die Abluft aus Kind 1 eine direkte, schallgedämmte Überströmung in Dusche/WC vorgesehen. Insgesamt ergeben sich durch die planmäßige Aufteilung der Strömungswege von der Normberechnung abweichende Werte (Bild 7).
Die Anwendung der Gleichung 21 in DIN 1946-6 könnte zu einer unausgeglichenen Volumenstrombilanz für die einzelnen Räume führen. Vielmehr sollte der Planer eine planmäßige Direktzuweisung der Abluft aus den Zulufträumen zu den einzelnen Ablufträumen vornehmen. Als Direktzuweisungen können infrage kommen:
- die Nähe des Abluftraumes zu den Überströmluftdurchlässen der Zulufträume
- schallgedämmter Überströmluftdurchlass vom Zuluftraum an den Abluftraum
- direkter Anschluss einer Überströmleitung aus dem Zuluftraum an den Abluftstrang.
Zu- und Abluft in einem Raum
Bei reinen Zu- und Abluftanlagen für jeden Raum bzw. dezentralen Lüftungsgeräten mit ausgeglichener Bilanz pro Raum ist keine Mehrfachnutzung der Außenluft für die Feuchte- und Geruchsabfuhr durch Überleitung in andere Räume vorhanden. Der Gesamt-Volumenstrom der Nutzungseinheit kann sich jedoch verdoppeln, was in der Norm nicht erwähnt wird. Ein Einsatzgebiet ist, dass eine Überströmung belasteter Luft in andere Räume nicht erwünscht oder aufgrund hoher Feuchtelasten für den Überströmraum ungünstig ist. Ebenso ist die Schallübertragung über die ÜLDs (z. B. mittels Türunterschnitt) unerwünscht. Außerdem kann mit Zu- und Abluftanlagen eine Wärmerückgewinnung erfolgen. Vorteilhaft bei diesen Anlagen ist auch, dass nur einzelne Räume be- und entlüftet werden können, z. B. nur Schlaf- und Kinderzimmer, wenn eine nächtliche Fensterlüftung aufgrund von äußeren Schallquellen (Flughafen, Straßenlärm) nicht zumutbar ist (siehe z. B. BER-Urteil OVG 6 A 31.14).
Das Berechnungsschema der DIN 1946-6 geht jedoch von einer Lüftung aller Räume aus und unterscheidet zwischen Zu- und Ablufträumen. So werden z. B. auch unter Umständen die Gesamt-Abluftvolumenströme der Tabelle 7 der Norm auf Räume verteilt, die diese Volumenströme für Bad, Küche usw. gar nicht benötigen. Das liegt an der bereits erwähnten Gleichung 11 der Norm, bei der das Maximum zwischen Nennlüftung und Summe der Abluftvolumenströme in die weitere Berechnung eingeht.
Eine Lösung für solche Räume würde auch hier eine raumweise Bedarfsermittlung und Auslegung der lüftungstechnischen Maßnahme darstellen.
Dogma „Nennlüftung“
Nach DIN 1946-6 müssen ventilatorgestützte Anlagen mindestens nach Nennlüftung dimensioniert werden. Der Volumenstrom hierfür ist in der Tabelle 5 der Norm festgelegt und ist abhängig von der Fläche der Nutzungseinheit. Die DIN EN 15251 [9] empfiehlt auch Volumenströme für Wohnungen und unterteilt sie in zu vereinbarende Kategorien. Im nationalen Anhang zur DIN EN 15251 hat man sich auf eine Empfehlung für die Kategorie II in Deutschland geeinigt. Um einen Vergleich zwischen den beiden Normen herzustellen, sind in Bild 9 die auf die Fläche der Nutzungseinheit bezogenen Volumenströme angegeben. Die Volumenströme in der DIN EN 15251 sind jedoch unabhängig von der Fläche der Nutzungseinheit.
Der Vergleich zeigt, dass eine allgemeine Einordnung der Nennlüftung in die Kategorien der DIN EN 15251 nicht möglich ist. Die empfohlene Kategorie II wird für sehr kleine Wohnungen überschritten und für Wohnungen mit über 50 m² unterschritten. Diese Abweichung kann aber auch bedeuten, dass die Annahmen zur Belegungsfläche je Person in der DIN 1946-6 sich grundsätzlich von der DIN EN 15251 unterscheiden. Da aber die Personenzahl nicht genannt wird, muss man beim Vergleich von den flächenspezifischen Werten ausgehen.
Vergleicht man jedoch die Nennlüftung mit statistischen Angaben aus dem Jahr 2013 zur Belegungsfläche von Wohnungen, so ist sie im gesamten Bereich von 30 bis 210 m² Wohnfläche überdimensioniert [10, Bild 1 und 2]. Das zeigt, dass es an einer begründeten Festlegung der Volumenströme für die Nennlüftung mangelt.
Das Dogma Auslegung nach Nennlüftung geht sogar so weit, dass nur zur Abfuhr von Feuchtigkeit in einem Wohnraum im Keller gemäß Beiblatt 5 der DIN 1946-6 [11, Tab. 8] bei ventilatorgestützter Lüftung Nennlüftung erforderlich ist und bei freier Lüftung für den gleichen Raum die um 30 % geringere reduzierte Lüftung.
Andererseits ist es nach DIN 1946-6 Abschnitt 4.2.1 ausreichend, wenn Abluftanlagen aus anderen Gründen dauernd Volumenströme fördern und nur die Lüftung zum Feuchteschutz in der Nutzungseinheit erfüllen.
Eine Vereinbarung im Ingenieurvertrag über die Planung einer ventilatorgestützten Lüftung nach DIN 1946-6 enthält somit keine Gewähr, dass damit ein bestimmter Volumenstrom verbunden ist und dass dieser alle im Projekt möglichen Feuchtelasten bauphysikalisch und energetisch sinnvoll abdeckt. Man fragt sich nach dem Sinn des Dogmas Nennlüftung.
Eine andere Methode zur Auslegung der Hygienelüftung in Wohnungen ist in [10] dargestellt. Wird ein bestimmter CO2-Gehalt vereinbart, so hat man ein definiertes Planungsziel für die Raumluftqualität und kann unter Umständen für Räume mit kurzen Belegungszeiten (Arbeitszimmer, Küche, Hobbyraum) geringere Volumenströme auslegen. Hygiene ist durch Merkmale wie CO2 oder VOC definiert und nicht durch einen Volumenstrom, wie z. B. Nennlüftung. Insofern ist das Planungsziel „Raumluftqualität“ über die Vereinbarung eines Volumenstromes im Grundsatz falsch.
Ein Beispiel für den Einfluss der Belegungszeit zeigt Bild 10 für ein Arbeitszimmer, welches aufgrund einer außerhäusigen Erwerbstätigkeit nur zwei Stunden belegt wird. Zu Beginn der Belegungszeit herrscht Außenluftqualität mit 400 ppm und es wird ein CO2-Gehalt von 1000 ppm vereinbart, wozu unter stationären Verhältnissen ein Außenluftvolumenstrom von 36 m³/h benötigt wird. Nach zwei Stunden werden die 1000 ppm mit einem um 33 % verringerten Volumenstrom erreicht, also wäre dieser Volumenstrom ausreichend. [13] enthält ein Softwaretool zur Auslegung der Hygienelüftung nach dem CO2-Gehalt mit Berücksichtigung der Raumbelegungszeit.
Der tatsächlich für das Arbeitszimmer auszulegende Volumenstrom ergibt sich aus dem Maximum zwischen Feuchteschutz- und Hygienelüftung.
Kritik an der DIN 1946-6
- Mangelnde Bedarfsermittlung bei Verwendung der Tabelle 5 der Norm: Für die Hygienelüftung müsste z. B. nach einer vereinbarten Personenzahl ausgelegt werden. Für die Lüftung zum Feuchteschutz sollte die Tabelle 5 nicht angewendet werden. Stattdessen wäre hier eine Zuordnung der Volumenströme nach der Tabelle 6 der Norm auch bei der ventilatorgestützten Lüftung sinnvoller. Es müsste für den Feuchteschutz egal sein, aus welchem Lüftungssystem die Außenluft kommt.
- Räume mit mehreren Nutzungen im Raumluftverbund (Wohnen/Essen/Küche/Flur) sind heute eine übliche Bauweise, aber mit dieser Norm nicht berechenbar. Ebenso findet der Flur auch ohne Raumluftverbund keine Berücksichtigung.
- Individuelle Feuchtelasten oder Sonderfeuchtelasten gehen in die Berechnung nicht ein. Sogar bei der üblichen Wäschetrocknung in der Wohnung ist keine klare und begründete Auslegungsregel vorhanden.
- Die Verteilung der Infiltration auf die einzelnen Räume erfolgt durch Verteilungsschlüssel, die nichts mit der Infiltration zu tun haben, z. B. durch fR,zu.
- Die Abluftvolumenströme für die Ablufträume werden hinsichtlich der Geruchsabfuhr nur kurzzeitig benötigt. Sie können jedoch in voller Höhe bei der ventilatorgestützten Lüftung, möglicherweise dauernd bei ungeregelten Anlagen, eingehen bzw. werden u. U. sogar überdimensioniert. Wegen des kurzzeitigen Bedarfs könnten sie auch durch Fensterlüftung abgeführt werden, wenn ein Fenster vorhanden ist.
- Gleichung 21 der Norm berücksichtigt nicht die planmäßigen bzw. wahrscheinlichen Strömungswege bei mehreren Ablufträumen in der Nutzungseinheit. Es müsste die Möglichkeit der Direktzuweisung für die Abluft aus den Zulufträumen geben, wodurch Gleichung 21 überflüssig wird.
- Das Berechnungsverfahren der ventilatorgestützten Lüftung ist nur für Abluftanlagen aufgestellt. Für Zu- und Abluftanlagen einzelner Räume bzw. dezentrale Lüftungsgeräte ist es nicht anwendbar. Es wird davon ausgegangen, dass die gesamte Nutzungseinheit versorgt werden muss. Durch die Verteilung des Gesamt-Volumenstroms bekommen Räume Volumenstromanteile zugewiesen, die sie gar nicht benötigen. Bei Abluftanlagen kann das nicht verhindert werden, aber bei dezentralen Geräten bzw. Volumenstromzuordnungen für Zu-/Abluftanlagen schon.
- Für das Dogma „Auslegung nach Nennlüftung“ gibt es keinen Grund und es widerspricht den sonst üblichen Vereinbarungen mit dem Bauherrn, z. B. nach DIN EN 15251 oder auch DIN EN 12831. Eine Vereinbarung über einen CO2-Gehalt würde dem Planungsziel „Sicherstellung einer bestimmten Raumluftqualität“ eher entsprechen.
- Auch selbsttätig regelnde ALDs müssen verschließbar sein (Katastrophenfall [12]).
- Bedarfsgeführte ventilatorgestützte Lüftungssysteme müssen auch unterhalb der Stufe „Lüftung zum Feuchteschutz“ betrieben werden dürfen, z. B. wenn das Trocknungspotenzial negativ wird oder es wird eine geringe Luftfeuchte gemessen ([12]).
- Es fehlt eine Angabe für die bedarfsgeführte Regelung, welche Messung Vorrang haben soll (Feuchte, CO2, Anwesenheit, VOC). Wenn der eine Sensor eine Verringerung des Volumenstroms verlangt und der andere eine Erhöhung, sollte ein normatives Entscheidungskonzept unter Berücksichtigung gesundheitlicher Aspekte vorliegen.
- Wenn ein Lüftungskonzept mit reduzierten Feuchtelasten aufgrund Abwesenheit keine lüftungstechnischen Maßnahmen erfordert, muss die Anlage auch abgeschaltet werden dürfen ([12]).
Der Anwendungsbereich der Norm ist bezüglich moderner Bauweisen, Feuchtelasten und Lüftungssysteme sehr eingeschränkt. Selbst im verbleibenden Anwendungsbereich sind Änderungen notwendig. Eine bedarfsorientierte Planung ist mit dieser Norm nicht möglich.
Bei Erscheinen des neuen Entwurfs der DIN 1946-6 [14] sollte der Anwender überprüfen, ob die hier vorgetragenen Kritikpunkte immer noch vorliegen. Dabei ist zu beachten, dass die Einspruchsfrist am 1. Februar 2018 endet.
Ausblick
Nach dem neuen Paragrafen 650p BGB, der seit dem 1. Januar 2018 in Kraft ist, muss der Planer in Absprache mit dem Bauherrn Planungsgrundlagen so erstellen, dass eine Kosteneinschätzung möglich ist. Kann der Bauherr keine Angaben machen, werden die Planungsgrundlagen gegen Honorar vom Planer erarbeitet. Kosteneinschätzung und Planungsgrundlagen für das Bauvorhaben sind dem Bauherrn zur Zustimmung vorzulegen.
Der Bauherr muss angeben, für wie viele Personen maximal eine Auslegung erfolgen soll und wie die Räume genutzt werden sollen. Kann er dies nicht, muss der Planer von einem begründeten „Worst Case“ ausgehen bzw. sich auf statistische Angaben berufen. Daher wird der Bauherr daran interessiert sein, Überdimensionierungen mit den damit verbundenen Investitionskosten zu vermeiden. Ebenso wird der Planer an einer bedarfsgerechten Auslegung interessiert sein, da der Bauherr innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt der Unterlagen den Ingenieurvertrag (z. B. wegen zu hoher Kosten) kündigen kann. Der Planer ist dann nur berechtigt, die Vergütung zu verlangen, die auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen entfällt.
Wird die Wohnung von mehr Personen bezogen, als angenommen wurde, liegt ein nicht bestimmungsgemäßer Gebrauch vor, der aber im Verantwortungsbereich des Bauherrn liegt. Desgleichen bei Nutzungsänderungen der Räume, wenn keine Verwendung standardisierter Werte für mehrere Nutzungsarten vereinbart wurde.
Bei der Bedarfsermittlung sollte strikt zwischen Feuchteschutz, Hygiene, Geruchsabfuhr und Verbrennungsluft unterschieden werden. Hygienelüftung kann auch durch Fensterlüftung erfolgen. Lüftungstechnische Maßnahmen können deshalb vom Bauherrn aus Kostengründen abgewählt oder auf einzelne Räume beschränkt werden oder es wird eine geringere Raumluftqualität vereinbart. Ein raumweises, bedarfsgerechtes Vorgehen ermöglicht das. Wogegen sich der Bauherr aber vermutlich auch nachträglich erfolgreich wehren kann, ist ein Vorenthalten seiner Wahlmöglichkeiten durch eine „übergestülpte Bedarfsfestlegung“ – und beim aktuellen Zustand der DIN 1946-6 wäre es durchaus möglich, dass ihm die Gerichte recht geben, wenn der Planer „zu wenig schreibt“.
Die raumweise Berechnung ist auch bezüglich der unterschiedlichen Lüftungssysteme flexibler, da auf den Verteilungsmechanismus verzichtet werden kann. Daher wird derzeit an anderer Stelle an einem Berechnungsverfahren gearbeitet, welches für die Auslegung der Wohnungslüftung eine Alternative zur DIN 1946-6 darstellt.
Literatur
[1] DIN 1946-6:2009-05: Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung. Berlin: Beuth Verlag.
[2] DIN EN 12599:2013-01: Lüftung von Gebäuden – Prüf- und Messverfahren für die Übergabe raumlufttechnischer Anlagen. Berlin: Beuth Verlag.
[3] DIN 18017-3:2009-09: Lüftung von Bädern und Toilettenräumen ohne Außenfenster – Teil 3: Lüftung mit Ventilatoren.
[4] Richter, W., Hartmann, T., Kremonke, A., Reichel, D.: Gewährleistung einer guten Raumluftqualität bei weiterer Senkung der Lüftungswärmeverluste. Endbericht zum Forschungsprojekt des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Heft 105, 2001.
[5] Hauser, G.; Stiegel, H.: Wärmebrücken-Atlas für den Mauerwerksbau; Bauverlag Wiesbaden, 1990, 2. durchgesehene Auflage 1993.
[6] Nadler, N.: Normenvorschlag zur Wohnungslüftung. Lüftung zum Feuchteschutz mit Außenluft. Gütersloh: Bauverlag. Teil 1: TAB 04/2015, S. 40-45, Teil 2: TAB 05/2015, S. 44–49.
[7] DIN-Fachbericht 4108-8:2010-09: Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 8: Vermeidung von Schimmelwachstum in Wohngebäuden. Berlin: Beuth Verlag.
[8] DIN 4108-2:2013-02: Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanforderungen an den Wärmeschutz. Berlin: Beuth Verlag.
[9] DIN EN 15251:2007-08: Eingangsparameter für das Raumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden – Raumluftqualität, Temperatur, Licht und Akustik.
[10] Nadler, N.: Hygienelüftung für Wohnungen. Gütersloh: Bauverlag. TAB 09/2015, S. 44–47.
[11] DIN 1946-6 Beiblatt 5: 2015-12 Entwurf: Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen zur Bemessung, Ausführung und Kennzeichnung, Übergabe/Übernahme (Abnahme) und Instandhaltung; Beiblatt 5: Kellerlüftung.
[12] Nadler, N.: Ist eine kontinuierliche Lüftung zum Feuchteschutz zielführend? TGA-Fachplaner 08/2017, S. 25–30.
[13] Kostenloses Softwaretool MindLW zur Berechnung des Mindestluftwechsels für die Hygienelüftung unter www.cse-nadler.de.
[14] Entwurf DIN 1946-6:2018-01 Raumlufttechnik – Teil 6: Lüftung von Wohnungen – Allgemeine Anforderungen, Anforderungen an die Auslegung, Ausführung, Inbetriebnahme und Übergabe sowie Instandhaltung. Berlin: Beuth Verlag, Januar 2018, kostenfrei nach Registrierung zu lesen unter https://www.din.de/de/mitwirken/entwuerfe.
Autor
Dipl.-Ing. Norbert Nadler Ingenieurbüro CSE Nadler, 16515 Oranienburg, n.nadler@cse-nadler.de, www.cse-nadler.de