Das SHK-Handwerk steht glänzend da. Bei den vergangenen WorldSkills vor zwei Jahren konnte Anlagenmechaniker Nathanael Liebergeld die Goldmedaille erringen. Doch wie geht es weiter auf diesem Topniveau? Mitte Oktober treffen sich Nachwuchshoffnungen aus aller Welt erneut zu dem Wettbewerb der Berufe, um ihre Fähigkeiten unter Beweis zu stellen.
Frühzeitig hat die SHK-Berufsorganisation nach einem nervenstarken Newcomer Ausschau gehalten und im SHK-Bundesleistungszentrum in Schweinfurt aus mehreren Kandidaten den Besten ausgewählt: Lukas Heyn, Anlagenmechaniker SHK aus Hartenstein im Erzgebirge. „Wir haben mit Lukas Heyn jemanden gefunden, der unserer Einschätzung nach sehr gute Fähigkeiten mitbringt, um ganz nach oben zu kommen“, sagt Josef Bock, seit Jahren bewährter Ausbildungsleiter der Schweinfurter Talenteschmiede.
Intensiv vorbereitet
Auf diese Feinarbeit hat sich Trainer André Schnabel spezialisiert. Er sieht die Vorbereitungen, die z. B. in Schweinfurt erfolgten, ganz auf Linie mit dem Titelwunsch: „Was wir trainieren, ist Grundlagenarbeit. Dazu gehört beispielsweise, einen Radius äußerst präzise zu biegen oder Leitungen auf den Millimeter genau auf der Montagewand zu installieren.“ Abweichungen zwischen Soll und Ist wurden gemäß ihrer Sequenzen analysiert. Ergänzt wird das Training um „Hausaufgaben“.
Denn Lukas Heyn hat im heimischen Familienbetrieb Heyn & Söhne in Hartenstein eine identische Montagewand aufgebaut, an der er einzelne Präzisionsarbeiten in den kommenden Wochen weiter trainiert bzw. verfeinert hat.
Unter Anspannung trainiert
Ohne diesen Aufwand bliebe der Top-Mann aller Erfahrung nach chancenlos. Denn um ganz oben in der Weltklasse mitzumischen, werden winzige Abweichungen bei den Prüfungsaufgaben darüber entscheiden, ob Lukas Heyn vor seinen Konkurrenten auf dem Siegertreppchen triumphieren kann. Das erfordert eine große nervliche Belastungsstärke – die der Kandidat aber schon an den Tag gelegt hat. Er vermag in seinen Aufgaben völlig aufzugehen, ohne sich von äußeren Rahmenbedingungen ablenken oder vom Erwartungsdruck verunsichern zu lassen.
„Ich kann mich auf meine Stärken konzentrieren und auch unter Stress die nötige Ruhe zum Arbeiten bewahren – das habe ich auch noch steigern können“, stellt der 21-jährige Teilnehmer selbstbewusst fest. „Ich will Weltmeister werden!“
KURZINTERVIEW
„Das ist eine Kopfsache“
SBZ: Wird in Sachsen besser ausgebildet als im Rest von Deutschland?
André Schnabel: Nein, das glaube ich nicht. Es gibt wie überall bessere und nicht so gute Lehrlinge. Ich nehme an, die Frage zielt darauf ab, dass jetzt erneut ein Sachse als Kandidat für Deutschland zu den WorldSkills fährt.
SBZ: Genau. Was müssten denn andere Bundesländer tun, um auch mal einen Kandidaten aus der SHK-Branche für die World- oder EuroSkills aufstellen zu können?
Schnabel: Sie brauchen in den Bundesländern Vertreter der SHK-Berufsorganisation, die für das Thema brennen und eine Art Scoutingsystem aufbauen. In Sachsen z. B. veranstalten wir einen Azubi-Cup für das zweite und dritte Lehrjahr. Das bietet die Chance, Talente früh zu sichten und zu entdecken.
SBZ: Wer hat denn überhaupt das Zeug zum Weltmeister?
Schnabel: Der junge Mann, der zielstrebig ist, der ein gutes Grundverständnis fürs Handwerk hat, der alle Basisfähigkeiten mitbringt. Und der es nicht nur hier (zeigt auf den Oberarmbizeps, Anm. d. Red.), sondern auch hier (zeigt auf seinen Kopf) hat. Und dann muss er natürlich – wie ein echter Spitzensportler – den absoluten Ehrgeiz mitbringen, den Titel unbedingt gewinnen zu wollen. Ein Beispiel: Unsere Teilnehmer trinken mit dem Tag, an dem sie das Teilnahmeticket für die World- oder EuroSkills gelöst haben, keinen Tropfen Alkohol mehr.
SBZ: Das glaube ich nicht.
Schnabel: Doch, doch. Das ist eine Kopfsache. Ich verzichte auf etwas, um ein größeres Ziel zu erreichen. Und die Jungs ziehen das durch.
SBZ: Was lernen die Teilnehmer über die Willensbildung hinaus bei den speziellen Fortbildungen wie z. B. in Schweinfurt?
Schnabel: Was die Jungs in der Ausbildung lernen, wofür es in der Gesellenprüfung die Note „Eins“ gibt, das ist ein gutes Fundament für den Wettbewerb. Aber die Qualität der Ausführung, die Anforderungen bei den WorldSkills an sich sind wesentlich höher. Da müssen wir unsere Kandidaten hinbringen. Das ist nur mit viel Training zu erreichen.
SBZ: Nennen Sie mal Beispiele.
Schnabel: Also, Kupferrohr löten, Rohrbiegen auf den Millimeter genau. Wer hat das schon heutzutage als Geselle noch intensiv geübt? Wir versuchen, da einfach besser und besser zu werden.
SBZ: Von den ganzen Sachen, die Sie mit den Teilnehmern üben und vertiefen, lässt sich davon etwas auf den Arbeitsalltag im deutschen SHK-Handwerk übertragen?
Schnabel: Auf den Arbeitsalltag kann man viel übertragen. Zum Beispiel das Verständnis für die Qualität der Ausführung. Das millimetergenaue Vorgehen führt zum bestmöglichen Ergebnis – da freuen sich auch die Endkunden. Das Training führt dazu, dass die Teilnehmer die Baustelle mit anderen Augen sehen. Sie organisieren sich anders und besser. Ich schätze mal, unter diesen Voraussetzungen arbeiten sie im Schnitt um bis zu 30 Prozent schneller als vorher.
SBZ: Das ist rein aus Teilnehmersicht gesprochen. Was haben denn die Betriebe davon, die ihre Mitarbeiter abstellen?
Schnabel: Die Betriebe haben bisher durchweg alle erkannt, dass ihr Ausbildungskonzept noch Optimierungspotenzial hat. Eine Erkenntnis ist zum Beispiel, dass sich Lehrlingswerkstätten für die Vorbereitung und Grundlagenvermittlung der Auszubildenden auf ihre kommenden Aufgaben als wirklich nützlich herausgestellt haben. Davon sollte es meiner Meinung nach wieder viel mehr geben. Denn fest steht, wer am Ende einen guten Gesellen haben möchte, muss vorher viel Zeit, Aufmerksamkeit und Geduld in den Lehrling investieren. Davon profitiert letztlich aber das ganze Unternehmen.
Info
Das sind die WorldSkills
Die WorldSkills sind ein Leistungsvergleich nichtakademischer Berufe für Teilnehmer bis zu 23 Jahren. Bis in die frühen 90er-Jahre hieß die Veranstaltung Internationaler Berufswettbewerb. Inoffiziell sind auch die Namen Berufsolympiade oder Berufsweltmeisterschaft verbreitet. Bis 1971 fand die Veranstaltung jährlich im Sommer, seit 1973 findet sie nur noch zweijährlich statt.