Was können Fachhandwerk und KfW gemeinsam tun, um das Wohnen in den eigenen vier Wänden auch im Alter zu ermöglichen? Diese Frage stand im Mittelpunkt des Demografie-Symposiums Ende Oktober in Berlin. KfW und ZVSHK hatten erneut zu diesem Treff für die Finanzwirtschaft und für Sanitärfachleute eingeladen, um die Aktivitäten rund ums barrierefreie Bauen zu diskutieren. Dabei löste vor allem eine Tatsache allgemeines Erstaunen aus: Bis Ende Oktober waren erst rund 5000 Anträge bei der KfW eingegangen, um durch das Programm „Altersgerecht Umbauen“ eine finanzielle Unterstützung zu bekommen. Selbst ein Vielfaches von dem wäre durchaus im Rahmen des Erwartbaren gewesen.
Woran liegt die schwache Nachfrage? Mangelt es an Multiplikatoren für die Wohnungswirtschaft, für Bauherren, für das Fachhandwerk? Auf dem Symposium lagen dafür keine Antworten parat, denn dazu kam diese Meldung zu überraschend.
Enorm hoher Modernisierungsbedarf
Der Bedarf für barrierefreie Wohnungen und Häuser ist bekanntermaßen riesig: Das Forschungsinstitut Prognos hat ermittelt, dass im Jahr 2013 ein Angebot von 700000 altersgerechten Wohnungen bestand. Doch gab es bereits über 1,8 Millionen ambulant Pflegebedürftige im vergangenen Jahr, die eigentlich auf solche baulichen Veränderungen angewiesen waren. Noch viel größer ist der tatsächliche Wohnungsbedarf, denn in dieser Zeitspanne gab es 2,75 Millionen Personen über 65 Jahre, die ihren Alltag in den eigenen vier Wänden mit Bewegungseinschränkungen meistern – ohne dass Barrierefreiheit herrscht. Sogar auf über 10 Millionen Wohnungen lässt sich der Gesamtbedarf beziffern, weil entsprechend viele Senioren zur Bevölkerungsgruppe der über 65-Jährigen gehören.
Auch wenn durch übliche Wachstumsraten in den nächsten Jahren weiter modernisiert werden sollte, wird ein dringender Bedarf von etwa drei Millionen barrierefreien Wohnungen im Jahr 2030 bestehen. An der enormen Deckungslücke wird sich in dieser Zeitspanne nichts Entscheidendes ändern.
Altersgerecht Umbauen – Förderung in zwei Varianten
Deshalb bestehen gute Chancen für alle Marktbeteiligten, das Geschäftsfeld Barrierefreies Wohnen mit Anstrengung weiter voranzubringen, lautete der Tenor der Veranstaltung. Von Seiten der KfW wurden Details zu Finanzierungsmöglichkeiten erläutert. Unter dem Oberbegriff „Altersgerecht Umbauen“ gibt es zum einen die Kredit-Variante, die mit der Code-Nummer 159 versehen ist. Darauf können private Selbstnutzer und Vermieter ebenso zugreifen wie Wohnungsunternehmen sowie Mieter von Wohnimmobilien. Erstaunlich vielseitig: Finanziert werden hier zahlreiche Maßnahmen, die der Barrierereduzierung und der Erhöhung der Sicherheit dienen (siehe Grafik). Der effektive Jahreszinssatz liegt bei 1%, bis 50000 Euro kann pro Wohneinheit gewährt werden und die Laufzeit lässt sich bis auf 30 Jahre ausdehnen. Weitere Infos findet man unter http://www.kfw.de/159 .
Zusätzlich zur Kredit-Variante (159) bietet die KfW inzwischen auch die Zuschuss-Variante (455) an. Die Konditionen: Für Einzelmaßnahmen können 8% der förderfähigen Investitionskosten übernommen werden, doch die Obergrenze pro Wohneinheit liegt bei 4000 Euro. Für ein komplettes Gebäude gibt es mehr: Wenn es um die komplexe Baumaßnahme „Altersgerechtes Haus“ geht, können 10% bezuschusst werden (max. 5000 Euro). Weitere Infos findet man unter https://www.kfw.de/inlandsfoerderung/Privatpersonen/Bestandsimmobilie/Barrierereduzierung-und-Einbruchschutz/ .
Kombination mit Wohn-Riester ist nicht geplant
Die finanzielle Unterstützung für barrierefreies Wohnen ist nicht automatisch an die KfW gekoppelt. Strikt von der Finanzierung durch die KfW oder Bausparkassen getrennt, gewährt der Staat eine gesetzlich geregelte Förderung für selbst genutzte Immobilien, damit Menschen im Alter mietfrei wohnen können.
Seit Anfang 2014 erlaubt das sogenannte Altersvorsorge-Verbesserungsgesetz, dass auch behinderten- und altengerechte Umbauten in die Förderung einbezogen werden können. Demnach kann man Geld aus einem Riester-Vertrag (Eigenheimrente) jetzt auch für den altersgerechten Umbau (z.B. barrierefreies Bad) in einer selbst genutzten Immobilie verwenden. Dabei gilt derzeit, dass die geplanten Maßnahmen noch vor Baubeginn von einem Sachverständigen als zweckdienlich bestätigt werden.
SHK-Unternehmer, die sich mit der Bürokratie rund um die Wohn-Riester-Förderung vertraut machen, stoßen noch auf weitere Hürden. Hat nämlich der Eigentümer die Immobilie vor weniger als drei Jahren erworben, muss er mindestens 6000 Euro des geförderten Kapitals einsetzen. Sind es mehr als drei Jahre, muss er mindestens 20000 Euro investieren.
Förderung einfach gestalten
ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Elmar Esser sprach sich auf der Tagung für eine möglichst einfache Form der Förderung aus und begrüßte die Entwicklung, dass die KfW Anfang 2014 auch die Zuschuss-Variante möglich gemacht hat. Weil vor allem das Bad die Schlüsselrolle für das lange Leben in den eigenen vier Wänden hat, liege hier die Kernkompetenz beim SHK-Handwerk, unterstrich Esser. Im Hinblick auf den enormen Modernisierungsbedarf bekräftigte er die Notwendigkeit der Kooperation: „Wir möchten weiterhin gemeinsam mit der KfW und dem Bundesministerium für Umwelt und Bauen aus der Handwerkspraxis heraus die finanzpolitischen Rahmenbedingungen mitgestalten.“
HGF Esser skizzierte, welche Projekte die SHK-Berufsorganisation inzwischen zum Thema Barrierefrei entwickelt hat:
- Online-Produktdatenbank <a href="http://www.shk-%C2%ADbarrierefrei.de" target="_blank">http://www.shk-barrierefrei.de</a>
- Qualifizierung zum Fachbetrieb Barrierefreies Bad
- Weiterbildung zum KfW-Sachverständigen „Altersgerecht Umbauen“
- Check-App „Altersgerecht Umbauen“
- Produkt-Award zur ISH 2015
- Bad der Zukunft zur ISH 2015
Zum Thema Barrierefreiheit hat die SHKVerbandsorganisation Hintergrundinfos in der Statement-Ausgabe 7-2014 zusammengetragen: Download unter https://www.zvshk.de/ (Quicklink QL34216640). Über die Veranstaltung ist ein Acht-Minuten-Film mit dem Titel „SHK-Studio on Tour“ entstanden, bei dem auch einige Teilnehmer zu Wort kommen. Das Studio SHK ist unter folgender Adresse zu finden: https://www.zvshk.de//presse/studio-shk.
Detaillierte Infos rund ums Förderprogramm und zur konkreten Umsetzung gibt es unter den in diesem Beitrag veröffentlichen Links – und demnächst in Ihrer SBZ.
Pilotschulung
22 Sachverständige für „Altersgerecht Umbauen“
Wer sein Haus nach definierten Vorgaben altersgerecht umbauen lässt, hat ein Anrecht auf KfW-Zuschüsse bis zu 5000 Euro. Doch setzen diese Fördermittel voraus, dass ein Sachverständiger die ordnungsgemäße Durchführung der förderfähigen Maßnahmen attestiert. Gleiches gilt für den altersgerechten Umbau im Rahmen des Altersvorsorge-Verbesserungsgesetzes (Wohn-Riester). Dies gilt aber nur bei Erreichung des kompletten KfW-Standards „Altersgerechtes Haus“. Einzelne Förderbausteine benötigen keinen Sachverständigen.
Diese Begutachtung kann jetzt von entsprechend qualifizierten Sachverständigen des Handwerks durchgeführt werden. Die Inhalte der vierstufigen Weiterqualifizierung hat der ZVSHK maßgeblich mitgestaltet und bereits in einer Pilotschulung für 22 Teilnehmer Anfang November in Berlin umgesetzt. Über die Datenbank https://www.shk-barrierefrei.de/ werden die Sachverständigen voraussichtlich Anfang 2015 gelistet sein.
Ein Folgeseminar für öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige des Handwerks ist vom 15. bis 18. April 2015 in Berlin geplant. Weitere Infos zur kommenden Schulung gibt es bei der ZVSHK-Geschäftsstelle in Potsdam: (03 31) 20 08 30-0.