Innerhalb von drei Jahren hat der ZVSHK im Forschungsprojekt Handwerksgeselle 4.0 umfangreiche Erkenntnisse zusammentragen können, ob und warum moderne Assistenzsysteme den SHK-Alltag verbessern können. Beispiel Exoskelett – im Umgang mit der umgeschnallten Assistenz an Arm oder Bein drängte sich bei den Probanden häufig die Frage auf: Warum solche Hilfsmittel erst dann einsetzen, nachdem der Orthopäde bereits eine schmerzhafte Schwachstelle diagnostiziert hat? Vorbeugen ist besser. Ein Exoskelett in einfacher Bauweise erscheint da als clevere Investition, um Mitarbeiter langfristig für schwere oder ermüdende Aufgaben fit zu halten.
Beispiel Datenbrille – die Bild- und Tonübertragung zur Unterstützung von Monteur oder Servicetechniker ist noch nicht im Alltag angekommen, doch rasante Weiterentwicklungen zeigen klar, welches Potenzial in diesem Assistenzsystem steckt. Statt dass Installateur oder Servicetechniker umständlich mit einem Smartphone hantieren, werden zukünftig wichtige Infos per Datenbrille übertragen. Der Empfänger hat dabei die Hände frei, um beispielsweise die Montage von Bauteilen direkt nach Anleitung umsetzen zu können. Vereinfachen ließe sich auf ähnliche Weise auch die (Wieder-)Inbetriebnahme eines Heizsystems oder beim nötigen Austausch von Komponenten könnte der Hersteller gleich neueste Instruktionen übermitteln – und dies in verschiedenen Sprachen, die möglicherweise in den Herstellerunterlagen sonst nicht verfügbar sind.
Berufsbilder werden aufgewertet
Für das SHK-Handwerk sieht die Berufsorganisation in den digitalen Entwicklungen ein großes Potenzial, um die Tätigkeiten für viele Mitarbeiter attraktiver zu machen. Auch für die Nachwuchswerbung ist dies von besonderer Bedeutung. Das zeigte sich bereits in Workshops, die während der Projektarbeit durchgeführt wurden. Unter den teilnehmenden Praktikern verschiedener SHK-Betriebe gab es ein deutliches Votum dafür, dass solche digitalen Unterstützungen im Alltag willkommen sind und als Aufwertung verstanden werden.
Hochwertige Assistenz passt zum Job
ZVSHK-Präsident Michael Hilpert machte auf der Abschlussveranstaltung des Forschungsprojektes Handwerksgeselle 4.0 am 14. Juni 2022 in Berlin deutlich, dass Jugendliche eine gute Wahl treffen, wenn sie sich für eine Karriere im SHK-Handwerk entscheiden: „Wir haben ein duales Ausbildungssystem, um das uns die Welt beneidet! Wir haben einen tollen und zukunftssicheren Beruf! Solche neuartigen Assistenzsysteme können dazu beitragen, um attraktiv zu sein – für Jugendliche und Quereinsteiger.“
Leonie Gebers, Staatssekretärin im Bundesarbeitsministerium, zeigte sich von den Forschungsergebnissen und den Entwicklungsmöglichkeiten für den beruflichen Alltag in den SHK-Gewerken beeindruckt. Sie will möglichst viele Schulabgänger in eine Berufsausbildung bringen. Zur Kampagne ihres Ministeriums stellte sie heraus: „Mit der Ausbildungsgarantie geben wir ein klares Signal, dass wir den 1,4 Millionen Jugendlichen bei ihrer Suche helfen wollen. Wir können es uns nicht leisten, junge Menschen zu verlieren – da müssen wir besser werden.“
Mehr Zulauf für die SHK-Berufe
Längst setzt die SHK-Berufsorganisation darauf, mit der Nachwuchswerbung „Zeit zu starten“ in allen für Jugendliche relevanten Medien wichtige Botschaften zu streuen. Klar ist, dass junge Menschen in ihrer Phase der Berufsfindung nach Vorbildern und sinnvollen Aufgaben suchen. Deshalb werden auf geschickte Weise Kunstworte wie #Wärmepumper, #KlimaSchützerin, #AmLaufenHalter, #NachVorneBringer oder #WichtigesTuer plakativ herausgestellt und mit Tätigkeiten im SHK-Handwerk verknüpft. Da passen auch Assistenzsysteme wie Exoskelett oder Datenbrille ins Bild, denn sie weisen bereits in die technisierte Arbeitswelt von morgen und machen deutlich, wie stark die Unterstützung für jeden Einzelnen im Team sein kann. Der Erfolg von „Zeit zu starten“ lässt sich messen: Entgegen dem allgemein rückläufigen Trend bei vielen Ausbildungsberufen konnte der Anlagenmechaniker SHK in den vergangenen Ausbildungsjahren einen Zuwachs verzeichnen.
Aus der Praxis für die Praxis
Neueste technische Finessen treffen in den Fachbetrieben auf geteilte Zustimmung. Das wurde während der Forschungsarbeit durch Umfragen deutlich. Interesse oder gar Neugier für Assistenzsysteme waren sowohl bei Altgesellen wie Azubis grundsätzlich vorhanden. Doch was dem einen zu kompliziert erscheinen mag, kommt für die andere offenbar gerade recht.
In der Abschlussveranstaltung setzte sich eine Podiumsdiskussion mit dem Thema auseinander: Wie können Hindernisse und Akzeptanzprobleme im SHK-Handwerk abgebaut werden? Kathrin de Blois vom Mönchengladbacher SHK-Unternehmen Haaß legt hohen Wert auf Mitsprache und Konsens im Team und zeigte anhand etlicher Beispiele rund um Tablet und QR-Code auf, wie sich moderne Kommunikationstechnik schon heute im betrieblichen Alltag erfolgreich und gewinnbringend einsetzen lässt. Eine Schlüsselrolle sieht sie im eigenen glaubwürdigen Handeln: „Entscheidend ist, was man an der Spitze des Unternehmens der Belegschaft vorlebt.“
Als Projektpartner von Handwerksgeselle 4.0 konnte Hans Schramm seine Expertise als erfolgreicher Münchner SHK-Unternehmer einbringen. In der Podiumsdiskussion plädierte er einmal mehr dafür, sich als SHK-Unternehmer offen für neue Entwicklungen zu zeigen: „Wenn wir uns multiplizieren wollen, dann brauchen wir diese neue Technik. Dabei müssen wir uns die Frage stellen: Wie schnell kriegen wir‘s hin? Nicht, ob wir‘s hinkriegen.“
Website informiert
Das Forschungsprojekt Handwerksgeselle 4.0 lief planmäßig bis Oktober 2021 und hat innovative digitale Assistenzsysteme speziell für Beschäftigte in SHK-Handwerksbetrieben entwickelt. Mit dazu gehörte ein betrieblicher Experimentierraum, das sogenannte HandwerkerLab. Dort wurden technische Systeme, die den Alltag erleichtern sollen, gemeinsam mit Beschäftigten aus SHK-Betrieben weiterentwickelt. Bereits während der Projektlaufzeit informierte der ZVSHK auf der Website www.hwg40.de über wesentliche Punkte in dieser Forschungsarbeit. Inzwischen sind dort auch Infos zur Abschlussveranstaltung am 14. Juni 2022 zu finden. (TD)
Info
Bundesarbeitsministerium hat Forschung unterstützt
Das Projekt „Handwerksgeselle 4.0“ war eingebunden in die Forschungsinitiative „Zukunftsfähige Unternehmen im digitalen Wandel“ des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Bis zum Ende des Projektes (Oktober 2021) führte der ZVSHK ein Projektkonsortium, zu dem folgende Unternehmen ihre Fachkompetenz eingebracht haben: exoIQ GmbH (physische Assistenz), Tillerstack GmbH (kognitive Assistenz) sowie das Handwerksunternehmen Hans Schramm GmbH & Co. KG.