Brechen beklagenswerte Zeiten an, weil verlässliche Rahmenbedingungen in der Energiepolitik zur Mangelware geworden sind? Bietet der allgemeine Trend zu mehr Energieeffizienz vermehrt Chancen, um seine Beratungskompetenz unter Beweis zu stellen? Zwei Fragen, zwei konträre Sichtweisen. In Heidelberg wurden viele Fragen gestellt, sei es am Rednerpult, in der Podiumsdiskussion oder im Saal.
Auch bei den Gasversorgern waren in den letzten Jahren durch das von Brüssel verordnete Unbundling (entflechten und neu strukturieren) viele Fragen zu klären. Inzwischen hat dies beispielsweise zur Trennung zwischen Leitungsnetz und Gasanbietern geführt. Auch zu mehr Wettbewerb? Jeder SHK-Betrieb weiß um die Skepsis des verunsicherten Endkunden. Im Zuge steigender Energiekosten wird man mit immer neuen Spar- und Umwelt-Botschaften konfrontiert. Das hat zur Kaufzurückhaltung geführt, den Modernisierungsstau einiger Millionen veralteter Heizungsanlagen begünstigt und der Kesselindustrie einen Markteinbruch von etwa 30 % im letzten Jahr beschert.
Erdgas nicht mehr zeitgemäß?
Was unternehmen die Gasversorger? Dr. Klaus-Robert Kabelitz (Bereichsleiter Umweltschutz beim Gasversorger der E.ON Ruhrgas) brachte die Situation auf Seiten der Vorlieferanten und Energie-Anbieter auf den Punkt: „Erdgas ist heute nicht mehr im Höhenflug. Als Versorger bekommen wir mittlerweile zu hören „Ihr seid mit eurer fossilen Energie ein Fossil in der Energiepolitik!“ Schon jetzt zeichnet sich ab, dass Erdgas ab dem Jahr 2020 aus dem Neubau verbannt werden soll.“ Dr. Hans-Peter Zabel (Marketing-Leiter beim Energieversorger Thüga) sah es deshalb als umso dringlicher an, dass die Versorger Glaubwürdigkeit gegenüber dem Kunden zum obersten Gebot erheben.
Bei der Frage nach dem richtigen Heizsystem werde der Initiativkreis Erdgas pro Umwelt (IEU) eine wichtige Kernaussage publizieren, stellte IEU-Projektleiter Thomas Schmitz heraus, denn Energieeffizienz sei mit Erdgas-Brennwerttechnik gleichzusetzen. Für die Werbemaßnahmen, die bereits im März angelaufen sind, stehen 3,8 Millionen Euro bereit ( http://www.moderne-heizung.de ).
Moderne Technik und biogene Anteile
Wo bleiben Innovationen in Verbindung mit Erdgas? Michael Kronenbitter (Gasversorgung Süddeutschland) benannte nahe und ferne Zwischenziele. Neben der Brennwerttechnik plus der Option für Solarthermie werde es verstärkt um die Gewinnung von Bio-Erdgas in den nächsten Jahren gehen. Gas-Wärmepumpen sollen möglichst bald das Feldtest-Stadium hinter sich lassen und die Mikro-KWK (Klein-Kraft-Wärme-Kopplung) werde die Lücke schließen bis zur Serienreife der Brennstoffzelle. „Nicht green, aber clean!“, wäre eine durchaus taugliche Botschaft für die Mikro-KWK, kommentierte Dr. Stephan Ramesohl (Leiter Anwendungstechnik der E.ON Ruhrgas) die Entwicklungen im Gerätepark. Derzeit werde mit Hochdruck an Lösungen gearbeitet, die zur kommenden ISH dem Fachhandwerk präsentiert werden sollen.
Wie sag’ ich’s meinem Kunden?
Dass in diesem Bericht bisher noch keine Position des Fachhandwerks zu Wort gekommen ist, mag verwundern und verzerrt auch die Chronologie der Wortbeiträge im Heidelberger Kongresshaus. Doch auch dort kam erst am Nachmittag die Gelegenheit, um aus Sicht der Handwerker drängende Fragen zu stellen. So beklagte Kölns Obermeister Werner Hirschler die aktuell in der Tagespresse angekündigte neue Preiserhöhung für Erdgas von bundesweit durchschnittlich knapp 10 Prozent. Aufgrund der Kopplung der Gaspreise an die Mineralölsteuer komme dies zwar nicht unerwartet, doch für eine dringend benötigte Modernisierungsoffensive sowie für das Erdgas-Image seien diese Entwicklungen nicht förderlich. Energie sei nun mal teuer und werde die Verbraucher in Zukunft noch stärker zu einem sparsamen und effizienten Umgang drängen, entgegnete Dr. Stephan Ramesohl.
Der Heizungs-Check vom Mitgliedsbetrieb
Etwa 95 Prozent der Heizungsanlagen werde über die Bundes-Immissionsschutzverordnung ein ordnungsgemäßer Betrieb bescheinigt. „Was aufgrund der Effizienz längst ausgemustert gehört, wird hier oftmals gesund gebetet. Was wir brauchen, sind taugliche Soll/Ist-Vergleiche im Heizungskeller“, konstatierte Andreas Müller, stellvertretender Hauptgeschäftsführer im ZVSHK. Mit dem neuen Dienstleistungsangebot der Verbandsorganisation, dem Heizungs-Check, sieht er die Mitgliedsbetriebe gut aufgestellt. Der Heizungsfachmann als wichtigster Ansprechpartner für den Endkunden könne durch den etwa einstündigen Check beratend deutlich machen, welche Optimierungen möglich und sinnvoll sind.
Selbst mit gering investiven Maßnahmen wie dem hydraulischen Abgleich sowie dem Einsatz von effizienten Pumpen ließen sich beachtliche Erfolge erzielen, erläuterten Andreas Müller und Frank Ebisch (ZVSHK-Referent für Öffentlichkeitsarbeit). Ob nun gering investive Maßnahmen am Heizsystem oder die Systemerneuerung: ZVSHK-Referent Udo Wirges zeigte mögliche Wege auf, wie erfolgte Effizienzsteigerungen letztlich dokumentiert und nach Brüssel gemeldet werden könnten. So ließe sich mit zeitlichem Abstand ermitteln, ob man europaweit den ehrgeizigen Zielen einer 20-prozentigen Effizienzsteigerung, der 20-prozentigen Einbindung von erneuerbaren Energiequellen sowie der 20-prozentigen CO2-Minderung bis zum Jahr 2020 näher gekommen ist.
Wunsch und Wirklichkeit der Politik
40 Prozent soll die CO2-Minderung sogar national betragen, lautet die Absichtserklärung der Bundesregierung. Während die Meseberger Beschlüsse auch in Heidelberg präsent waren, beschäftigten sich die Kommentatoren der Tagespresse gleichzeitig mit der CO2-basierten Kfz-Steuer – sie wurde inzwischen auf Eis gelegt, weil sie eine Mehrbelastung von monatlich knapp 3 Euro für Autofahrer bedeutet hätte. In Bezug auf energiesparende Gebäudetechnik sollten sich Politiker auf die Festlegung von Einsparzielen beschränken und die Förderpolitik möglichst einfach gestalten, war man sich in der Podiumsdiskussion auf dem Erdgasforum einig. Statt dann in der Folgezeit allein den Marktmechanismen zu vertrauen, versuche man durch flankierende politische Entscheidungen weiteren Einfluss zu nehmen: Hier mal ein Anschlusszwang für Fernwärme, da mal die Mindest-Einbindung von 20 Prozent Solarenergie, demnächst die deutliche Reduzierung der Einspeisevergütung von Solarstrom zugunsten der Windenergie und nicht zuletzt die zukünftige Ausgrenzung des Energieträgers Erdgas. Dies seien Beispiele für nicht auf lange Sicht angelegte Strategien, die erheblich zur Konfusion bei den Energiethemen beitragen würden, wurde aus verschiedenen Blickwinkeln deutlich gemacht.
Mit dem 16. bundesweiten Erdgasforum konnte gleichzeitig auch eine drei Jahrzehnte währende Marktpartnerschaft zwischen Gasversorgern und Fach-Handwerk gewürdigt werden. In 30-minütiger Inszenierung durch Reinhard Schüler (Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft) und ZVSHK-Präsident Bruno Schliefke wurde bei den Teilnehmern manche Erinnerung wach gerufen. Auch wurde erwähnt, dass der Schulterschluss zwischen den Marktpartnern phasenweise nicht so diszipliniert war wie heute. Aus Heidelberg ließ sich mitnehmen: In Zeiten des steten Wandels mit einer Fülle von Technologien und neuen Kompetenzfeldern gilt es künftig mehr Effizienz zu erreichen und Energie zu sparen.TD