Ein imposantes Verwaltungsgebäude der Europäischen Investitionsbank in Luxemburg hat die fünfköpfige Jury überzeugt: Der Preis „Energie + Architektur“ geht im Jahr 2009 an das Düsseldorfer Architekturbüro Ingenhoven Architects. Die gewölbte Hülle aus Aluminium und Glas spannt sich über V-förmig angeordnete Innengebäude. Kalt- und Warm-Atrien übernehmen die Funktion einer isolierenden Klimahülle, die durch Lüftungsklappen eine Frischluftzirkulation sicherstellt und das Öffnen von Fenstern im Bereich eines Atriums sogar im Winter erlaubt.
Effizientes Lüftungskonzept für Luxemburger Bank
In einem Drittel der Dach- bzw. Fassadenfläche wurden elektromotorische Lüftungsklappen angeordnet. Sie stellen eine Nachströmung sicher, wenn ein Atrium entraucht werden muss, zugleich belüften sie aber auch die unbeheizten nördlichen Wintergärten sowie die temperierten Atrien im Süden.
In der kalten Jahreszeit wird dies durch Stoßlüftungsintervalle von wenigen Minuten erreicht. In der warmen Jahreszeit werden die Klappen großflächig und permanent geöffnet, um die überschüssige Wärme durch Einstrahlung abzuführen.
Haus im Haus hilft Primärenergie zu sparen
Durch die wetterfeste und wärmegedämmte Gebäudehülle war der Einbau großflächiger Holzfassaden und -fenster möglich. Dies soll nicht nur zu einer höheren Behaglichkeit für die etwa 750 Mitarbeiter führen, sondern bringt im rechnerischen Vergleich zu Standard-Aluminiumfassaden auch eine Reduzierung der benötigten Primärenergie.
In den Büros mit vorgelagerten Atrien ergibt sich bereits ein natürliches Potenzial an vorhandener Wärme, die sich als Grundtemperierung durch Bauteilaktivierung auswirkt. Während es in den nordorientierten Wintergärten keine Beheizung und Kühlung gibt, können dies die Fußböden in den Aufenthaltsbereichen der südlichen Atrien leisten.
Der verbleibende Wärmebedarf wird durch ein Blockheizkraftwerk gedeckt. Das Konzept rechnet vor, dass die CO2-Emissionen gegenüber herkömmlicher Technik um mehr als 25 % reduziert sind. Die Jury bemerkt dazu in der Beurteilung: Auf vorbildliche Weise wird gezeigt, dass die Energetik eines Gebäudes vor allem als integraler Bestandteil der Architektur zu begreifen ist.
Doppelfassade puffert Energie in Bozener Museum
Im Museum für moderne und zeitgenössische Kunst in Bozen verbinden sich eindrucksvolle Architektur, energiesparende Bauweise und nutzungsorientierte, intelligente Gebäudetechnik. Der Entwurf stammt vom Berliner Architekturbüro KSV Krüger Schuberth Vandreike und wurde von der Jury lobend erwähnt.
Die Glasfassaden auf der Ost- und Westseite bieten mehrere Vorteile: Neben der natürlichen Beschattung im Sommer (durch die Trichterform) ist ihre zweischalige Ausführung von Bedeutung. Im Zwischenraum befinden sich bewegliche Glaslamellen. Sie haben nicht nur Einfluss auf die Außenwirkung und die effektvolle Innenbeleuchtung, sondern auch auf die Intensität der Wärmestrahlung. Die Doppelfassade puffert Wärmeenergie, die über die Klimaanlage energiesparend genutzt wird. Je nach Witterung und Jahreszeit geschieht dies durch wechselnde Strömungsrichtungen, da die Lüftungsanlage für diese Anforderung konzipiert wurde. In den Ausstellungsräumen mit ihren meist empfindlichen Exponaten lassen sich dadurch Temperaturspitzen vermeiden.
Schulzentrum mit zentraler Lüftungsanlage
Das Konzept des Echternacher Architekturbüros Witry & Witry ist darauf angelegt, jungen Menschen eine zukunftsorientierte Wohnqualität durch Holz, Glas und Lehm sowie durch neuzeitliche Energiekonzepte erlebbar zu machen.
Die Ausrichtung des Gebäudes nach Südosten und die dreiseitige Verglasung des Wintergartens machen solaren Wärmegewinn möglich. Ein massiver Lehmbaukörper und die Bodenplatte werden als Wärmespeicher angerechnet, der Lehmbaukörper dient zudem zur Temperatur- und Feuchteregulierung des Wintergartens. Die Abluft der Klassen geht ins Atrium, durch eine Ansaugung im Dachgeschoss wird eine natürliche Luftbewegung erreicht. Hinzu kommt eine zentrale Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, die durch Nachtkühlung und Wettersensoren optimiert ist.
Die Säle im Obergeschoss sind mit Präsenzmeldern ausgestattet. Für die Beheizung der Aufenthaltsräume (Grundlast) sowie des Atriums wird Heizenergie bei einer benachbarten Schule über eine Pellets-Anlage bezogen.
Hilti-Fertigungszentrum mit Wärmepumpenkonzept
Bei der Erweiterung einer Produktionsstätte mit Logistikzentrum im österreichischen Thüringen wurde auf Energieeffizienz hingewirkt. Bauherr Hilti hatte ein anspruchsvolles Gebäude bestellt und sowohl Architekt (ATP Innsbruck Planungs GmbH) als auch weitere beteiligte Projektingenieure haben ein Musterbeispiel des integralen Planens abgeliefert. Zu dieser Auffassung kam die Jury.
Ob Ausrichtung des Gebäudes, Material oder Produktwahl: Stets galt das Prinzip der Nachhaltigkeit und der Ökologie. Als emissionsfreies Energieerzeugungssystem eignet sich insbesondere der Energieverbund aus Luft/Erdwärmetauscher, Wärmepumpe, Grundwassernutzung und Nutzung der Abwärme aus vorhandenen Produktionsanlagen. Niedertemperaturheizung sowie Hochtemperaturkühlung profitieren davon unmittelbar.
Die Liste der eingesetzten Mittel und Verfahren repräsentiert ein breites Spektrum von alternativen Energiegewinnungs- und Einsparpotenzialen (weitere Infos in der Dokumentation).
Forschungsgebäude mit versenkten Induktionsgeräten
Das wissenschaftliche Zentrum „e-Science Lab“ der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH Zürich) ist für die Jury ein herausragendes Beispiel für eine Architektur, die durch eine vorgelagerte Fassade, den quaderförmigen Baukörper sowie die innere Aufteilung gute Voraussetzungen für einen niedrigen Energieaufwand schafft.
Die Räume sollten wegen der projektorientierten Forschung vielseitig nutzbar sein und umgestaltet werden können. Das Architektenbüro Baumschlager Eberle Lochau aus dem österreichischen Lochau haben Gebäude und Technik konsequent darauf ausgerichtet. Für den nötigen Luftaustausch und ein möglichst angenehmes Klima sorgen in Doppelböden versenkte Induktionsgeräte. Die Luft wird im Keller angesaugt und in die Stockwerkdecken weitergeleitet. Von den Decken kommt die Luft zu den Quellluftinduktionsgeräten (QIS) der einzelnen Räume. Dort lässt sie sich (durch Einzelregelung) wärmen oder kühlen.
Verbrauchte Luft wird abgesaugt, ins Atrium weitergeleitet und gelangt im Dachbereich ins Freie. Decken sind weitgehend freigelegt, um die Speicherfähigkeit im Gebäude zu verstärken. Präsenzmelder sowie vom Tageslicht abhängige Lichtsteuerungen tragen dazu bei, dass der Minergie-Standard der Schweiz (94 kWh/m2/a) unterschritten werden kann.
Warum der Preis für Energie + Architektur 2009 für SHK-Betriebe Relevanz hat, erläutert ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Elmar Esser im nebenstehenden SBZ-Interview.
Extras
Der Energie + Architektur-Preis
Der Wettbewerb „Energie + Architektur“ wurde vom ZVSHK vor zwei Jahren ins Leben gerufen. Der Preis richtet sich ausschließlich an Architekten. Sie können an entscheidender Stelle eine ganzheitliche Planung beeinflussen und mit dem Fachhandwerk zusammen Lösungen für Energiekonzepte festlegen. Auch wenn dies vorrangig in großem Maßstab – sprich: in Großobjekten – realisiert wird, ist es nur eine Frage der Zeit, wann diese Erkenntnisse auch in Wohngebäuden kleineren Zuschnitts in die Tat umgesetzt werden.
Für die Neuauflage des Preises im Jahr 2009 konnten Architekten Projekte aus ganz Europa einreichen. Von den insgesamt 79 Bewerbungen zeichneten ZVSHK und BDA nicht nur den Preisträger aus, sondern „lobende Erwähnungen“ gingen an vier weitere Wettbewerber.
Mehr Infos zu den Objekten gibt eine 16-seitige Broschüre. Diese Dokumentation ist beim ZVSHK erhältlich und steht unter https://www.wasserwaermeluft.de/ und unter https://www.sbz-online.de/tags/extras-zum-heft zum Download.