Zwanzig Referenten brachten ihr Fachwissen ein, um den etwa 150 Teilnehmern der zweitägigen Tagung Hintergrundinformationen zu liefern. Wenn auch der größte Teil der Zuhörer nicht aus Handwerksunternehmern, sondern aus kommunalen Entscheidungsträgern bestand, so waren die Themen durchaus auf die Praktiker zugeschnitten. Abscheideranlagen, deren Errichtung und wiederkehrende Prüfungen mögen vielfach als Nischen-Thema angesehen werden. Schaut man sich jedoch die Rahmenbedingungen durch die stetig schärfer werdenden Umweltauflagen an, steht diesem Geschäftsfeld der Überprüfung und Wartung die Zukunft offen.
Problemfall Großküche: Verschwanden die Abwässer aus Gaststätten und anderen Küchenbetrieben in früheren Zeiten ohne weitere Behandlung in der öffentlichen Kanalisation, so hat der Betreiber heute für eine Entwässerung über einen Fettabscheider zu sorgen. Damit aber nicht genug. Eine solche Anlage kann nämlich nahezu wirkungslos sein, wenn Fette und Öle von Tellern und Töpfen Verbindungen mit Reinigungsmitteln eingehen. Daher schauen Entwässerungsspezialisten der Kommunen jetzt genau hin.
Aggressive Abwässer fressen Pumpen auf
Das Beispiel Düsseldorfer Altstadt – auch als längste Theke der Welt tituliert – zeigte auf der Kasseler Tagung in eindrücklicher Weise, dass kommunale Pumpanlagen durch aggressive Abwässer sogar zerfressen werden können. Aber nicht nur deshalb bestand dort akuter Handlungsbedarf. Auch die Gastwirte hatten ein hohes Interesse an Verbesserungen, weil Kunden über Geruchsbelästigungen aus der Kanalisation klagten. Mit 100 neuen Fettabscheidern, die auf Initiative der Stadt an wichtigen Problemstellen eingebaut wurden, ließ sich inzwischen eine Wende herbeiführen.
Das Beispiel der NRW-Landeshauptstadt wird Schule machen. Die Stadt Kassel ist schon ein Stück weiter und zeigt mit verschärften Auflagen für Fettabscheider nicht nur einen gesteigerten Sinn pro Umwelt, sondern auch pro Gewinn: Weil die Entsorgung inzwischen über ein deutlich höheres Aufkommen von Altfett verfügt, rechnet sich ein weiterer Faulturm, durch dessen Biogas-Produktion sich der Zukauf an Primärenergie mindern lässt.
In vielen Regionen ist man inzwischen sensibilisiert, Geschirrspülanlagen so umzubauen, dass Abwässer aus der Vorreinigung zunächst dem Abscheider zugeführt werden, während Spülwässer mit Anteilen von Reinigungsmitteln direkt in die Kanalisation fließen dürfen. Vermag sich ein Handwerksbetrieb mit entsprechendem Know-how für diese Arbeiten zu empfehlen, kann sich eine günstige Auftragslage entwickeln.
Was auf der Tagung am Rande zur Sprache kam: So wie in der Düsseldorfer Altstadt beauftragen momentan Entwässerungsabteilungen der Städte und Gemeinden ihre Spezialisten überwiegend aus dem eigenen Hause. Mit ein Grund dafür ist, dass sie das nötige Fachwissen bei „Fremdfirmen“ nicht vermuten – für die Akquise eines entsprechend zertifizierten Handwerksbetriebes sicher ein Grund zur Nachfrage. Weiterbildungsmaßnahmen und eine Zertifizierung für den Fachbetrieb „Abscheideranlagen“ bietet die Überwachungsgemeinschaft Technische Anlagen der SHK-Handwerke (ÜWG-SHK) in Sankt Augustin an.
Abscheider vor der Inbetriebnahme prüfen
Die Referenten brachten auf der Tagung auch mehrfach zum Ausdruck, dass die Verantwortung der Betreiber von Abscheideranlagen gestiegen ist. Und dies beginne nicht erst unter Betriebsbedingungen, sondern bereits bei der Errichtung des Abscheiders. Die fachkundige Erstprüfung vor der Inbetriebnahme sei notwendig, damit inpunkto Dimensionierung und Funktion die geforderten Voraussetzungen sichergestellt sind. Dies sei längst nicht immer gegeben und die Entdeckung eines Mangels zu einem späteren Zeitpunkt sei oftmals mit einem juristischen Nachspiel verbunden, hieß es in Kassel.
Auch am Beispiel Kfz-Werkstatt kam zum Ausdruck, dass oft erst nach langer Zeit eine Unwirksamkeit der Abscheidetechnik entdeckt werde. So würden Reinigungs- und Waschmittel mit über den Leichtflüssigkeitsabscheider geleitet, was je nach Bauart zum Komplettausfall führen könne.
Auch war den Vorträgen der Sachverständigen zu entnehmen, dass mehr als 70 Prozent der entdeckten Schäden an Abscheideranlagen auf nachträgliche Manipulationen im Bereich des zentralen Sammelschachtes zurückzuführen seien. Fotos zeigten die bunte Palette solcher baulichen Veränderungen und Provisorien. Eine Dichtheitsprüfung für Abscheideranlagen gemäß DIN 1999-100 oder DIN 4040-100 wäre in solchen Fällen nicht der Mühe wert, solange diese Ursachen nicht behoben würden.
Als Fachkundiger gelte es zudem, nicht nur den Kern der Abscheideranlage zu inspizieren, sondern auch die zugehörigen Rohre, Rinnen und Bodenabläufe. Dafür sind die bekannten DIN EN 12056 sowie DIN 1986-100 zu Grunde zu legen. Vielfach ließen sich auch dort Mängel aufzeigen oder auf wichtige Punkte für Verbesserungen hinweisen. ZVSHK-Referent Franz-Josef Heinrichs resümierte als Tagungsleiter: „Die sporadische Dichtheitsprüfung mit dem Zollstock oder Kreidestrich an der Schachtwand ist endgültig out. Wer in der Abscheidetechnik tätig werden will, hat sich entsprechend weiter zu bilden und Prüfgeräte anzuschaffen, um die geforderten Kriterien erfüllen zu können.“
Moderne Technik gegen Rückstau
Starkregen-Ereignisse können für Hausbesitzer ungeahnte Folgen haben – erst recht dann, wenn sich der Überflutungsschaden nicht als Versicherungsschaden beseitigen lässt. Erfolgt in einem öffentlichen Kanal ein Rückstau auf das Grundstück und in das Gebäude, kann in aller Regel auch die Stadt oder Kommune nicht dafür belangt werden. Diese Zusammenhänge darzustellen, wäre ein guter Einstieg für eine Kunden-Akquise. Was aber kann als taugliches Gegenmittel empfohlen werden? Angesichts der Vielfalt möglicher Rückstauverschlüsse lässt sich darauf keine einfache Antwort geben. Alle wichtigen Bauarten und Einsatzgebiete bis hin zur geeigneten Dimensionierung von Hebeanlagen kamen auf der Tagung zur Sprache. Die technische Weiterentwicklung der letzten Jahre hat auch in diesem Bereich erhebliche Fortschritte für die Betriebssicherheit gebracht – die Einhaltung der vorgeschriebenen Wartungsintervalle vorausgesetzt. Und die Referenten machten deutlich, dass Arbeiten an solchen Anlagen und Bauteilen in die Hände eines fachkundigen Betriebes gehören.
Landeswassergesetz: Rahmen für Sanierungen
Welche zeitgemäßen Möglichkeiten bestehen für die Instandhaltung und Sanierung von Grundstücksentwässerungsleitungen? Antworten darauf gab es aus den verschiedensten Blickwinkeln. Neue Entwicklungen haben sich bei den rechtlichen Rahmenbedingungen ergeben. NRW und Hessen zeigen beispielhaft, dass künftig nicht mehr die Landesbauordnung, sondern das Landeswassergesetz (LGW) entsprechende Forderungen an die Grundstücksentwässerung stellen wird. Das hat Auswirkungen: Bisher galt, dass spätestens bis zum Jahr 2015 jeder Hauseigentümer eine Dichtheitsprüfung seiner Grundstücksentwässerungsanlage (GEA) zu veranlassen hat. Stehen jedoch zu einem früheren Zeitpunkt zum Schutz der Umwelt Sanierungsmaßnahmen an, dann soll laut LGW die jeweilige Kommune diese Frist entsprechend verkürzen. Aus dieser Soll-Vorschrift wird sogar ein Muss, wenn die jeweilige zu sanierende Region in einem Wasserschutzgebiet liegt.
Änderungen ergeben sich auch im Umgang mit Sachkundigen. Haben die Kommunen bislang durch eigene Auswahlverfahren bestimmt, wer als Sachkundiger Arbeiten an Entwässerungsanlagen ausführen darf und wer nicht, so bestehen mittlerweile verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Praxis. In NRW wird zukünftig das Umweltministerium eine landesweit geltende Verwaltungsvorschrift erlassen. Bis dahin können die Gemeinden durch Satzung Anforderungen stellen. Das schließt nicht aus, dass entsprechend qualifizierte Fachbetriebe auf einer Liste stehen, die für die Auftragsvergabe in Frage kommen.
Beispiele für eine solche Praxis boten auf der Kasseler Tagung die Instandsetzungsmodelle der NRW-Städte Lünen und Solingen. Erfahrungen in der letztlich erfolgreichen Bürger-Akzeptanz sowie teils erhebliche Schwierigkeiten bei nötigen Sanierungsarbeiten mit Inlinern boten interessante Einblicke.
Begleitende Ausstellung
Welche Möglichkeiten die Weiterentwicklung von Inspektionsgeräten und Sanierungsverfahren bieten, kam sowohl in Referaten als auch in der begleitenden Ausstellung mit insgesamt 19 Info-Ständen zur Sprache. Durch aufwendige Forschung konnte inzwischen die Erfassung des Kanalverlaufes und die Kamera-Ortung verfeinert werden. Durch eine dreidimensionale EDV-gestützte Wegerfassung zeigen Pilotprojekte auf, wie die Schadenerfassung zukünftig verbessert werden kann. Darauf aufbauend können Sanierungskonzepte effizienter als bisher erstellt werden.
Umfangreiches Know-how ist gefragt, wenn man das Geschäftsfeld der Entwässerungstechnik gewinnbringend erschließen will. Die Tagung in Kassel hat an vielen Stellen deutlich gemacht, dass sowohl durch die Weiterentwicklung in der Gerätetechnik als auch erforderliche Detailkenntnisse bei Dichtheitsprüfungen einiges von einem „Fachkundigen“ erwartet wird. Das ist bei Abscheidern oder Rückstausicherungseinrichtungen nicht anders als bei der Sanierung privater Entwässerungsleitungen. Die zunehmend geforderte Zertifizierung vorausgesetzt, scheint sich jedoch allein durch das Sanierungspotenzial eine auf Jahre hin günstige Auftragslage zu entwickeln.TD