Vorab ein Statement: „Selbst wenn die russischen Energielieferungen morgen ausfallen würden, wäre die Versorgung mit Öl aufgrund der Lagerung im eigenen Tank und der vielfältigen Bezugsquellen deutlich sicherer als die mit Erdgas“, sagte Andreas Kröckel, Vorsitzender der ÜWG-SHK, und unterstrich damit den Vorteil eines Ölheizungssystems. Rund ein Viertel aller Bestandsgebäude wird laut der aktuellen Schornsteinfeger-Statistik derzeit mit Öl beheizt. Hochgerechnet auf die Haushalte in Deutschland ergebe sich somit, dass ca. 25 Millionen Bürger durch ein Ölheizungssystem wärmeversorgt würden, hieß es zur Jahrestagung.
Zum Zeitpunkt der ÜWG-Mitgliederversammlung währte der russische Angriffskrieg vier Monate und die Gaslieferungen aus Russland waren lediglich reduziert, jedoch nicht gestoppt. Doch für Kröckel zeichnete sich bereits eine deutliche Entwicklung ab: „Ich kann auch in meinem beruflichen Umfeld in den vergangenen Wochen den Trend erkennen, dass des Öfteren beschlossene Sanierungen mit dem Energieträger Gas erst mal auf Eis gelegt werden und eine verstärkte Nachfrage in Richtung Öl und Ölhybridanlagen festzustellen ist. Auch Industrieunternehmen und Gewerbetreibende aktivieren wieder ihre Ölanlagen, um im kommenden Winter auf der sicheren Seite zu sein.“
Erstmals seit Langem würden neben dem deutlichen Zuwachs an Wärmepumpen auch wieder mehr Ölkessel und Tankanlagen verkauft als im Vorjahreszeitraum. Dies hätten Erhebungen beim Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie ergeben.
Drei Millionen stehen im Modernisierungsstau
Im Fokus der Ölheizungs-Fachbetriebe stünden allerdings die über drei Millionen Ölkessel, die inzwischen mehr als 20 Jahre in Betrieb seien und damit einen immensen Sanierungsbedarf darstellten, unterstrich Kröckel. Auch seien zwei Drittel der Lagerbehälter älter als 30 Jahre und damit für die zeitgemäße Erneuerung überfällig.
Für dieses Marktpotenzial hatte der ÜWG-Vorsitzende eine klare Botschaft: „Fachbetriebe nach § 62 AwSV für Ölheizungen werden weiterhin gebraucht. Die stabile Mitgliederzahl der ÜWG kommt daher auch nicht von ungefähr.“
ÜWG-Geschäftsführer Matthias Anton hatte in seinem Bericht die Mitgliederzahlen parat. Demnach sind es insgesamt etwa 5200 Fachbetriebe, die sich der ÜWG-SHK angeschlossen haben. Dabei kommen mehr als die Hälfte der Betriebe aus den drei Bundesländern Baden-Württemberg (815), Bayern (996) und Nordrhein-Westfalen (979).
Fachbetriebe profitieren von vier Geschäftsbereichen
Der Fachbereich Heizöllagerung mit Qualifizierung und Überwachung von Fachbetrieben gemäß Wasserhaushaltsgesetz hat den größten Anteil am Geschäftsbetrieb der ÜWG-SHK. Hinzu kommt der Fachbereich Grundstücksentwässerung mit Zertifizierung und Überwachung von Fachbetrieben gemäß Hamburger Abwassergesetz.
Als dritter Bereich zählt die Sachverständigenorganisation für die Prüfung von Heizöl-Lagerstätten mit Anlaufstellen in jedem Bundesland. Im vierten Fachbereich geht es um die Qualitätssicherung für diejenigen Fachbetriebe, die z. B. Grundstücksentwässerungsanlagen auf Dichtheit prüfen, Kleinkläranlagen überwachen oder die in der Energieberatung aktiv sind.
Digitale Schulung vermehrt im Angebot
Um den Fachbetrieben aktuelle Kenntnisse zur AwSV (Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen), zur Grundstücksentwässerung sowie zu den weiteren Geschäftsbereichen zu vermitteln, musste die ÜWG-SHK bereits im vergangenen Jahr vermehrt von Präsenzschulungen zu digitalen Angeboten übergehen. Im Geschäftsjahr 2021 gab es insgesamt 138 Seminare mit 2819 registrierten Teilnehmern.
40 Fachprüfer haben im Geschäftsjahr 2021 auf Grundlage der AwSV insgesamt 2152 Prüfungen bei den Fachbetrieben durchgeführt. „Für einige Betriebe ist dies inzwischen die dritte Wiederholungsprüfung gewesen“, erläuterte der ÜWG-Geschäftsführer und stellte klar, dass die jetzt vorgeschriebene Vor-Ort-Prüfung eine zeitintensive Dienstleistung ist.
Für Anlagenprüfungen sind bei der ÜWG-SHK 37 Sachverständige im Einsatz, die im vergangenen Geschäftsjahr 3740 Prüfungen durchgeführt haben.
Die ÜWG-Geschäftsstelle in Sankt Augustin hat im Jahr 2021 etwa 1100 Mal technisch beraten und ihren angeschlossenen Betrieben ca. 1400 Anfragen zur Mitgliedschaft beantwortet. Zu allen Dienstleistungen der Überwachungsgemeinschaft gibt die Webseite uewg-shk.de weitere Informationen.
Was bringt die Zukunft?
Die Technische Regel wassergefährdender Stoffe TRwS 791 soll nach siebenjähriger Bearbeitungszeit noch in diesem Jahr neu herausgebracht werden. Die ÜWG-SHK hat an der Überarbeitung mitgewirkt, damit die Fachbetriebe eine verbesserte Orientierungshilfe für ihre praktische Arbeit bekommen. Einzelheiten dazu kamen auf der Jahrestagung in Lünen zur Sprache.
Darüber hinaus richtete der ÜWG-Vorsitzende Andreas Kröckel seine Aufmerksamkeit auf Entwicklungen, die für die Ölfachbetriebe von großer Bedeutung sind. Es gehe bei der Marktentwicklung um nachhaltige, CO2-neutrale flüssige Brennstoffe.
„Was bedeutet es konkret, wenn nach dem neuen Gebäudeenergie-Gesetz jede neue und modernisierte Heizungsanlage ab 2024 zu 65 % erneuerbare Energien nutzen muss?“, brachte er die Perspektive der Ölfachbetriebe auf den Punkt. „Wird dadurch die Nachfrage nach CO2-neutralen Fuels zunehmen, weil sie als Erfüllungsoption anerkannt werden?“
Politische Entscheidungen von großer Tragweite
Ohne geeignete Brennstoffe werde es demzufolge künftig keine Heizölverbraucheranlagen mehr geben, stellte er die Konsequenz in Aussicht. Weitere politische Weichenstellungen seien von großer Tragweite und würden darüber entscheiden, ob sich Endverbraucher künftig für eine Hybridanlage entscheiden (könnten), bei der Wärmepumpe und Ölheizung ein effizientes und klimaschonendes Gesamtsystem ergeben würden.
Viele Fragen seien derzeit offen, stellte Kröckel fest und fügte noch eine weitere, in der Branche oft gestellte Frage hinzu: „Bedeutet das für den Modernisierungsstau, dass die Ölheizungsbetreiber dann ihre Anlagen so lange wie möglich weiter nutzen?“
Info
Geschäftsführung wechselt
Auf der Jahrestagung in Lünen kündigte sich bereits an, dass ÜWG-Geschäftsführer Matthias Anton Ende November 2022 seine bisherigen Tätigkeiten altersbedingt aufgibt. Als anerkannter Sachverständiger wird er der ÜWG-SHK aber weiterhin erhalten bleiben. Als Nachfolger steht Timo Kuss bereit, der gute Voraussetzungen mitbringt: Zunächst war er als TÜV-Sachverständiger unter anderem für den Gewässerschutz tätig und wechselte dann für 15 Jahre als technischer Leiter zu einem Produktionsunternehmen im Umfeld der Automobilindustrie. Dort war er beispielsweise verantwortlich für technische Anlagen wie Lager-, Abfüll- und Versorgungsanlagen sowie für die Fachbetriebe, die daran arbeiteten.