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Klempner-Fachtagung in Karlstadt

Weit mehr möglich

Man sollte in obligatorischen Baubesprechungen möglichst viel thematisieren, unterstrich Spenglermeister Johannes Binder auf der Fachtagung Klempnertechnik am 8. und 9. November in Karlstadt. Traditionell treffen sich im Herbst Sachverständige und Experten im Klempner- und Kupferschmiedemuseum, um wichtige Themen rund um Metallbekleidungen an Dach und Fassade zu erörtern.

„Nicht definierte Bohrtiefen, falsch dimensionierte Attikahöhen, unbekannte Dämmdicken – es gibt eine Fülle von Fehlerquellen, die während der Bauphase entstehen können“, gab Binder zu bedenken und brachte Fotos über Ursache und Wirkung auf die Leinwand. Mal war es eindringende Feuchte, weil Abdichtungen nicht ganzheitlich geplant wurden, mal konnte der Klempner sein Gewerk nicht an der Fassade fortführen. Der Grund war ebenso banal wie hinderlich: Der Gerüstbauer hatte – mangels Koordination – das Mauerwerk zu nah eingerüstet.

Auch wenn eine Abnahme erfolgreich war, riet Binder, sollte der Spengler nach Fertigstellung des gesamten Gebäudes nochmals inspizieren, ob sein Gewerk tatsächlich einwandfrei sei. Als Beispiel zeigte er nachträglich angebrachte Steckdosen in einer Folienrinne, die der Elektroinstallateur dort angebracht hatte, um auf kurzem Weg den Rinnenablauf zu beheizen oder die Außenwerbung illuminieren zu können ...

Baufehler nicht immer ­offensichtlich

„Man sollte auf der Rechnung vermerken, dass ein Dach regelmäßige Wartung braucht. Beispielsweise kann eine dauerelastische Abdichtung nach etlichen Jahren nachlassen.“ Einem Laien sei dies nicht klar und Bauakten landeten oft vor Gericht, weil ein Schuldiger für einen (vermeidbaren) Schaden gefunden werden soll. Othmar Berner hat sich als Bundesinnungsmeister der Spengler in Österreich auf Gerichtsgutachten spezialisiert. Er präsentierte nicht nur ein kleines Einmaleins von Ursache und Wirkung banaler Baustellenfehler, sondern machte auch einen Zusammenhang klar, der bis dato unter den 35 anwesenden Experten kaum bekannt war. Weil Hohlblocksteine für moderne Gebäudehüllen nicht mehr satt im Mörtelbett liegen, sondern nur noch geklebt werden, kann im Inneren des Mauerwerks eine Konvektion entstehen. Der Spengler muss aber in Abstimmung mit dem Architekt dafür sorgen, dass diese nach oben offenen Steine abgedichtet sind, bevor seine Metallbekleidung aufgebracht wird. Sonst kann es vor allem im Winter zur Kondensatbildung kommen.

Komplikationen kurz notiert

Weitere Punkte kamen in Karlstadt ins Gespräch, die am Bau Komplikationen verursachen können oder zur Gefahr werden:

  • Beispielsweise kann eine Solaranlage oder ein Gründach bewirken, dass die Klimamembrane der feuchtevariablen Dampfbremse im Unterdach nicht mehr funktioniert. Die Ursache liegt in der Verschattung des Daches, auf die der Aufbau des Unterdaches abgestimmt sein muss.
  • Für ein Entrauchungskonzept sowie die Abführung von Wärme aus dem Gebäude können Lichtkuppeln gute Dienste leisten. Weil sich die Hauben jedoch in den meisten Fällen nur in einem begrenzten Winkel öffnen sollen, kann nur eine reduzierte Förderleistung Wirkung zeigen – und für ein Entrauchungskonzept dienen. Berücksichtigen muss dies beispielsweise der Klempnerbetrieb, der solche Lichtkuppeln anbietet.
  • Hinterlüftete mehrgeschossige Fassaden könnten die Ausbreitung eines Brandes beschleunigen, wenn keine wirksamen Gegenmaßnahmen getroffen werden. Damit dieser Effekt bei Metallfassaden nicht entsteht, gibt es beispielsweise bei Rheinzink systemgeprüfte Unterkonstruktionen und bewährte Konstellationen bei der Metallbekleidung.

Gewerkeübergreifend denken und handeln

Es reiche nicht aus, wenn man zur Erfüllung seiner werkvertraglichen Pflichten stur das Leistungsverzeichnis abarbeite, so Matthias Bergmann. Der Jurist im Fachverband SHK Baden-Württemberg unterstrich, dass der Fachunternehmer stets seine Erfahrungen einbringen und schriftlich Bedenken anmelden sollte, wenn sich auf der Baustelle für ihn erkennbare Probleme zeigen. Bei den Themen Wartung und Verschleiß habe sich gezeigt, dass Beispiele aus dem Autobereich am geeignetsten sind, um einem Laien (Bauherrn) Zusammenhänge deutlich zu machen.

Gehe es um versteckte Mängel, die reklamiert würden, sei wichtig, ob ein Altvertrag mit Abschluss vor dem 31.12.2001 zugrunde liege, denn ab 2002 habe sich das Schuldrecht durch verkürzte Verjährungen gravierend geändert. Damit Bauverträge nach aktuellem Muster abgeschlossen werden, sollten Mitgliedsbetriebe der SHK-Verbandsorganisation den Service ihres Landesverbandes nutzen, denn dort gebe es stets die aktuelle Fassung.

Fachregeln nicht widersprüchlich

Sowohl die Klempnerfachregeln als auch die Fachregeln der Dachdecker zielen darauf ab, dass ein Dach dicht ist. Diese nüchterne Feststellung traf Florian Geyer, der sich als Sachverständiger in den beiden Regelwerken gut auskennt. Er ging der Frage nach, ob sich Konflikte in einem Rechtsstreit daraus ergeben, dass bis heute unterschiedliche Aussagen in den Fachregeln gemacht werden. „Dem Wasser ist es egal, nach welcher Regel und nach welcher Berechnung die Rinne eingebaut worden ist“, stellte Geyer lapidar fest. Versage die Konstruktion, könnten die Fachregeln meist nicht weiterhelfen, weil viele Rahmenbedingungen für ein mängelfreies Werk dort auch nicht beschrieben seien. Dies muss auch nicht sein, unterstrich Geyer. Vielmehr sei wichtig, dass sowohl der Planer als auch der ausführende Betrieb eine gute und mängelfreie Arbeit leisteten. Komme es zum Rechtsstreit, weil die Funktion versagt habe, gehe er als Sachverständiger der Ursache in einer Einzelfallbewertung auf den Grund. Häufig zeige sich dann, dass Verarbeiter Fachregeln nur teilweise beherzigen. Weil sie Vorgaben ausschnittweise lesen und daraus Schlussfolgerungen ziehen, komme es zum Bauschaden.

Blei: für historische und ­ moderne Gebäude

Während die meisten Spengler und Dachdecker Blei nur in kleinen Formaten für Einfassungen oder Abdeckungen einsetzen, realisieren einige Betriebe auch Großaufträge. Klempnermeister Hermann Bade zeigte teils sehr anspruchsvolle Restaurierungen an denkmalgeschützten Gebäuden und schilderte die Besonderheiten einer Turmdeckung. Während Altdeckungen typische Risse durch mangelhafte Verarbeitung offenbaren, werden neue Bleischaren mit großzügigen Kupferhaften und Zugaben in der Verfalzung fixiert.

Bundesfachgruppenleiter Ulrich Leib konnte Dach und Fassade eines großen Verwaltungsgebäudes aus Blei fertigstellen. Viele Details machten auf der Leinwand deutlich, dass ein hohes handwerkliches Können im Umgang mit dem weichen Material Voraussetzung ist. Ein Quadratmeter aus 2,5 bis 3 mm Dicke bringt bereits 50 kg auf die Waage und nur wenige Vorarbeiten lassen sich in der Werkstatt ausführen – Blei erschwert auch die Bedingungen auf der Baustelle.

Trends in der Klempnertechnik

„Wo steht der Klempner 2022?“ fragte Klempnermeister Andreas Buck, Chefredakteur der Baumetall. Er zeigte für ihn erkennbare Trends auf, die den traditionellen Handwerksbetrieb beflügeln können. Statt der vertrauten simplen Abkantbank ließen sich maschinelle Prozesse in der Metallbearbeitung schon heute automatisieren. Dies würde beispielsweise nötig, um schuppenartige oder in besonderem Lochmuster ausgestanzte Fassaden anbieten zu können. Mit Fotos solcher innovativen Lösungen aus golden oder silbern schimmernden Metallen machte Buck deutlich, dass für den Klempner-Fachbetrieb weit mehr möglich ist als der traditionelle Stehfalz oder die strengen Linien einer Kassetten-Fassade.