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Klempnertag in Würzburg

Baustelle oder Buchstaben?

Mit über 300 Teilnehmern war der alle zwei Jahre stattfindende Klempnertag in Würzburg am 29. Februar und 1. März gut besucht. Für die Metaller innerhalb der SHK-Verbandsorganisation ist der Branchentreff eine wichtige Infobörse, denn von der Fachtechnik über die Kalkulation bis zu Beispielen aus gerichtlichen Auseinandersetzungen bringt das Programm jede Menge Denkanstöße. „Sichern Sie sich ab, wenn Sie jemandem die Planung für ein neues Metalldach überreichen“, warnte Othmar Berner. Der ­österreichische Bundesinnungsmeister für Dachdecker, Glaser und Spengler kennt den Weg durch die Paragraphen und die Schattenseiten des Arbeitsalltags. „Es gibt Kunden, die die Planung durch einen Billigeren in die Tat umsetzen lassen. Wenn es anschließend zum Schaden kommt, kann dies durchaus zu Lasten des Planers gehen!“

Allein dieser Aspekt reichte für pausenfüllenden Gesprächsstoff. Wie handhabt es der Fachkollege? Welche Tipps gibt der Experte auf dem Podium, damit Handwerker sich absichern können?

Lästiger Papierkram?

Ist die Absicherung vor dem Sturz auf der Baustelle lästiges Beiwerk? Rainer Schultz von der Bauberufsgenossenschaft Bayern und Sachsen nahm die Zuhörer mit in den Gerichtssaal, in dem man – teils konträr zum Denken und Handeln auf der Baustelle – nach anderen Grundsätzen gewichtet und urteilt. „Für den Richter ist wichtig, dass der Betrieb eine Gefährdungsbeurteilung geschrieben hat“, mahnte der Experte für Arbeitssicherheit. Er nannte den Entscheidern im Klempnerbetrieb fünf wichtige Schritte, damit das Nötige an technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen in die Praxis umgesetzt wird. Viele Fallen kamen zur Sprache. Vorsorgemaßnahmen halten sicherlich von der eigentlichen Arbeit ab – wenn man es vordergründig betrachtet. Einem Praktiker nach altem Zuschnitt wird das nicht gefallen. Soll der Papierkram in Zukunft das Geld verdienen oder weiterhin das fachmännisch und kunstvoll geformte Metall? Die Antwort muss offenbar lauten: sowohl als auch.

Musterschreiben nach aktuellem Baurecht

„Wer schreibt, der bleibt!“ lautete ein weiterer Vortrag. Gleich drängte sich der Eindruck auf: Diese These von Dr. Michael Dimanski schlägt in die gleiche Kerbe, sich nämlich mehr um Buchstaben als um Baustellen zu kümmern. Zwar zeigte der Rechtsanwalt und Geschäftsführer des SHK-Fachverbandes Sachsen-Anhalt viel bedrucktes Papier. Dabei ging es um „Formaljuristisches“, beispielsweise einen kleinen oder großen Kaufvertrag sowie um vertragliche Muster-Vereinbarungen, die auch noch für gewerbliche bzw. für Endkunden unterschiedlich abgefasst sind. Doch das Gute an Dimanskis Botschaft: Der Klempnerbetrieb kann darauf vertrauen, dass die Belange des Handwerks auf dem Papier berücksichtigt sind und ein Download stets in aktueller Fassung bereit steht.

ZVSHK-Präsident Manfred Stather wies zu Beginn der Veranstaltung auf den Mehrwert hin, den der Klempnertag den teilnehmenden Fachbetrieben bieten kann. Dimanski demonstrierte in Wort und Bild, wie der Nutzen aussehen kann. Die Datenbank unter https://www.shk-musterschreiben.de/ ist ein typisches Beispiel für Mehrwert und Wettbewerbsvorteil. Nur ein Innungsbetrieb kann das Angebot für seine Geschäftsabläufe nutzen.

Fachregeln auf aktuellem Stand

Die Buchstaben ließen die Klempner nicht los. Andreas Müller, stellvertretender Hauptgeschäftsführer im ZVSHK sowie Bundesfachgruppenleiter Ulrich Leib präsentierten die aktuellen Fachregeln, Merkblätter und allgemeine technische Vertragsbedingungen (ATV). Doch statt einer endlosen Parade einzelner Punkte arbeiteten die beiden das Wichtigste heraus. Ein Raunen ging durch den Saal, als eine Grafik offenbarte: Nur 1% aller Beschreibungen für Bauleistungen lassen sich als komplett korrekt bezeichnen. Der Rest zeigt Lücken. Es ist wieder der Wettstreit zwischen Buchstaben und Baustelle ...

Schadensfälle durch mangelnde Fachkenntnis

Viele Schadensfälle basieren offenbar darauf, dass Fachregeln nur zum Teil zur Anwendung kommen. Florian Geyer, Sachverständiger für Dachdecker- und Klempnerarbeiten, illustrierte zahlreiche Beispiele, zu denen ein Richter die typische Frage stellt: „Hätte der Spenglermeister dies wissen müssen?“ Als gestandener Praktiker mit Meisterbriefen in beiden Gewerken weiß er um Berührungsängste, die viele Praktiker bei Paragraphen und Punkten einzelner Fachregeln an den Tag legen. Sein Kommentar, der eigentlich Selbstverständliches ausdrückt: „Man muss auch verstehen, was man in der Fachregel liest.“ Vor Gericht zeige sich häufig, dass Verarbeiter Fachregeln nur teilweise beherzigen. Weil sie Vorgaben ausschnittweise lesen und daraus Schlussfolgerungen ziehen, komme es zum Bauschaden. Vorwiegend sind es flachgeneigte Bereiche, die Mängel aufweisen. Beispielsweise dringt Feuchte ein, weil sich eine Kapillare bei 7 Grad Neigung anders verhält als bei 30 Grad.

Auf beeindruckende Weise zeigten Fotos Schäden, bei denen falsche Hafte gesetzt, Ausdehnungen nicht berücksichtigt oder Halterungen für Solaranlagen nicht im Tragwerk verankert wurden. Kommentar des Sachverständigen Geyer: „In manchen Dingen ist das Blech eben anderer Meinung als der Spengler.“

Ausbildung tut not

Bauschäden und mangelhafte Ausführungen von Klempnerarbeiten lassen sich vermeiden. Am besten durch Handwerker, die ihr Können gelernt haben. Das Thema Ausbildung nahm deshalb breiten Raum ein. Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH) und selber gelernter Klempner, appellierte an die Entscheider im Saal, möglichst viele Ausbildungsplätze bereitzustellen.

Wie Lehrlinge heutzutage ticken und wie man sie erfolgreich motivieren kann, thematisierten Fachlehrer von der Stuttgarter Robert-Mayer-Schule. „Volles Rohr Zukunft“ lautet der Slogan des ZVSHK, der sich mit einem Webauftritt vor allem dort platziert, wo die Jugend täglich mehrere Stunden präsent ist: online. Auch zum Klempner-Beruf findet der Jugendliche die wichtigsten Basis-Infos unter http://www.vollesrohrzukunft.de. Dort findet er die Möglichkeit, über die Handwerkersuche einen Klempnerbetrieb in seiner Nähe zu finden – wenn dieser sein Leistungsangebot durch entsprechende Eintragungen gelistet hat. 460 Lehrlinge pro Ausbildungsjahr weist die jüngste Statistik aus. Es dürfen mehr werden. ZVSHK-Präsident Manfred Stather gab zu bedenken: „Wie wird sich das eigene Unternehmen positiv entwickeln können, wenn mit jedem fehlenden Gesellen rund 100000 Euro aus der Umsatzbilanz wegfallen?“

TD