Handwerker werden von Großhändlern auf neue Art umworben. Es soll für die Handwerksbetriebe in Zukunft ganz einfach sein, den Warenbestand beim Handelshaus online anzufragen und Bestellungen zu veranlassen. Der IT-Ausschuss des ZVSHK gibt Kontra: Kritik wird laut, denn statt gemeinsam mit dem Handwerk einen Standard für die SHK-Branche zu entwickeln, schaffen Handelshäuser und Softwareentwickler Fakten, die allem Anschein nach lediglich eigene Interessen verfolgen.
Auf den ersten Blick scheint die Schnittstelle sehr hilfreich für die Arbeit des Handwerkers zu sein. Großhandelshäuser und Softwareentwickler haben dafür gesorgt, dass sich Vorteile bei der elektronischen Auftragsbearbeitung ergeben. Der Handwerker hat z.B. die Möglichkeit, aus seiner Software einen gesammelten Artikel-Warenkorb zur Angebotsanfrage auf direktem Weg an den Webshop eines Großhändlers elektronisch zu übertragen.
Ist der Produkt-Warenkorb im Webshop des Großhandels angekommen, können dort Informationen zur Produktverfügbarkeit sowie zu Preisen und Details zum jeweiligen Artikel zur Verfügung gestellt werden. Die Fülle an Informationen ist natürlich von der Leistungsfähigkeit des jeweiligen GH-Webshops abhängig. Auch die weiteren Schritte von der Bestellung über den Lieferstatus bis hin zur Warenübergabe können auf komfortable Art per EDV begleitet werden.
Schmalspur als Alternative zur offenen Branchenlösung?
Zweifel kommen auf, ob sich dieser komfortable Schritt in den modernen Warenverkehr für den Handwerker positiv auswirkt. Der IT-Ausschuss des ZVSHK hat die neu offerierten elektronischen Möglichkeiten transparent gemacht.
Stellt nämlich der Handwerker einen Warenkorb zusammen und fragt Details beim Webshop des Großhändlers an, dann kann dies nur auf Basis des Großhändler-Sortiments und der jeweiligen Großhandels-Artikelnummer erfolgen. Erschwert, wenn nicht gar verhindert wird, dass der Fachbetrieb auf der Suche nach den besten Preis-Konditionen auf schnellem Weg Vergleichsmöglichkeiten bei anderen Handelshäusern durchführen kann. Aus der Perspektive des Handwerksunternehmers ist dies nachteilig.
Nur ein gestrafftes Sortiment
Eine Anfrage per EAN-Nummer und Werksnummer, die nicht aus dem Sortiment des Großhändlers stammt, wird von der neuen Schnittstelle systematisch ausgeschlossen. Somit können nur Artikel angefragt und bestellt werden, die im Sortiment bzw. Katalog des Großhändlers gelistet sind. Auf das Vollsortiment des Herstellers hat der Handwerker keinen Zugriff.
Verfügt der Handwerker nicht über Datanorm-Stammdaten und Preise auf seinem System, kann er sich nicht jederzeit Zugang über die Preise des Großhändlers einen Gesamtüberblick verschaffen. Stattdessen ist er darauf angewiesen, dass der Großhändler ihm zu einem definierten Warenkorb einzelne Preise übermittelt. Erst wenn diese Hürde genommen ist, lässt sich beispielsweise erkennen, ob sich im Vergleich zu früheren Anfragen eine Preisänderung ergeben hat.
Infos der Hersteller vom Handwerk nicht erreichbar
Vielfach haben Hersteller zum jeweiligen Produkt detaillierte Informationen in Wort und Bild zusammengestellt. Kann der Handwerker uneingeschränkt über dieses System an Fotos, Beschreibungen oder Zeichnungen des Herstellers gelangen? Nein. Der Handwerker muss sich auf das beschränken, was der Großhandel ihm an Infos übermittelt.
Der IT-Ausschuss kommt in seiner Analyse zu dem Ergebnis, dass es sich hier um ein geschlossenes System zwischen Handwerkersoftware und Webshop handelt. Das Ziel: Die Bindung des Handwerksbetriebes an den Webshop des Großhändlers. Für einzelne Handelshäuser mag diese Perspektive eine zufriedenstellende Lösung sein. Aus der Sicht des Handwerks sind diese Einschränkungen jedoch nicht akzeptabel. Denn entsprechende Vorschläge und Anregungen des IT-Ausschusses wurden weder von den beteiligten Großhändlern noch von den Softwarehäusern berücksichtigt.
Großhandelshäuser, die auf diese neuen Schnittstellen setzen, scheinen keine Investitionen zu scheuen. Denn um die Akzeptanz bei den Fachbetrieben zu erhöhen, wird die Einrichtung der Schnittstellen durch die Softwarehäuser zum großen Teil kostenlos realisiert.
IT-Ausschuss
Interessen des Handwerks bleiben auf der Strecke
Alle am Bau beteiligten Gewerke sollen problemlos miteinander kommunizieren können. Dieses oberste Ziel verfolgt der IT-Ausschuss des ZVSHK seit Jahren. Turnusmäßig wird durch die SHK-Berufsorganisation ein Team gewählt, dem SHK-Handwerksunternehmer mit langjähriger EDV-Erfahrung sowie Spezialisten aus den Bereichen Betriebswirtschaft und Datenkommunikation angehören. Es gilt an einem zeitgemäßen Standard für die Datenkommunikation zu arbeiten und vorhandene oder gar neu entstehende Insellösungen abzubauen.
Die Arbeit des Ausschusses konzentriert sich in diesem Jahr auf folgende Punkte:
Etablierung der EAN auf dem gesamten Weg des Warenverkehrs. So lassen sich Artikel eindeutig identifizieren und die Auftragsbearbeitung im dreistufigen Vertriebsweg kann schneller realisiert werden.
Verbesserung der Datenqualität für jedes einzelne Produkt. Der Fachbetrieb stellt für Beratung und Planung gesteigerte Anforderungen an Produktinformationen inklusive Preisempfehlungen. Sie werden bereits vielfach von Herstellern elektronisch aufbereitet und angeboten. Doch diese Zusatzinformationen können durch das veraltete Format Datanorm nicht mehr übermittelt werden, vielmehr bietet sich dafür inzwischen BMEcat als neuer Standard für die Bau-Handwerke an. Kontinuierlich soll dieser Standard für die SHK-Bereiche weiter ausgebaut werden.
Fragen zu den neuen Schnittstellen von Großhändlern sowie zur Arbeit des IT-Ausschusses beantwortet ZVSHK-Referent Matthias Thiel, Telefon (03 31) 20 08 30-0, m.thiel@shk-potsdam.de