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Water Safety Plan

Aktion statt Reaktion

Inhalt

Für Prof. Werner Mathys, Hygiene-Ex­perte der Uni Münster, ist der Kontrast überdeutlich. Um hygienisch einwandfreies kaltes und warmes Trinkwasser zur Verfügung zu haben, gehen US-amerikanische Behörden präventiv vor. Anhand eines Water Safety Plans ist vorgegeben, wie Anlagen zu installieren und zu betreiben sind, damit keine ­Legionellengefahr droht. „In Deutschland muss erst mal was passieren, bevor Behörden aktiv einschreiten“, macht Prof. Mathys den Unterschied klar. Was mit „passieren“ gemeint ist? In Deutschland sind es pro Jahr mindestens 3000 bis 6000 Patienten, bei ­denen die Legionellenkrankheit zum Tod führt. Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 15000 bis 30000 Erkrankungen durch Legionellen verursacht werden – bei einer ­erheblichen Dunkelziffer.

Denn insgesamt 500000 Mal pro Jahr lautet die allgemein ­formulierte Diagnose Lungenentzündung. Weil in diesen vielen Fällen die medizinische Hilfe erfolgreich ist, spart man sich weitere Bemühungen, um die Ursache aufzudecken.

Zumindest passiert etwas, wenn bei einem Krankenhauspatient eine Legionelleninfektion festgestellt wird. Tim Westphal vom Gesundheitsamt Frankfurt/Main schilderte den gut 300 Teilnehmern des 14. Sanitärtechnischen Symposiums, dass in solchen Fällen die Gesundheitsbehörde stets informiert werde und man von Fall zu Fall über die Maßnahmenkette entscheide. Müsste aber insgesamt deutlich mehr gegen die Legionellengefahr getan werden?

Das Ja kommt von Prof. Mathys überdeutlich und er benennt Brennpunkte, die der Praktiker in den Fokus nehmen sollte. Seine Appelle:

  • Entferne Totstränge radikal – und zwar ausnahmslos alle,
  • erstelle dazu ein Konzept und baue die Maßnahmen in einen Renovierungsplan ein,
  • vermeide Installationen als Back-up oder zur Überbrückung für einen Bedarfsfall,
  • betreibe Pumpen möglichst kontinuierlich,
  • speichere Wasser maximal 24 Stunden,
  • prüfe jedes Bauteil auf seine zwingende Notwendigkeit (was nicht da ist, kann nicht zu Problemen führen),
  • konzipiere das Trinkwassersystem so, dass ein regelmäßiger Wasseraustausch auch bei Nichtnutzung gewährleistet ist (Automation),
  • dimensioniere so klein wie möglich. ­Verwende hierzu moderne Rechen­verfahren für schlanke Systeme.

1 % der Liegenschaften sind verseucht

Tim Westphal hat auf dem Frankfurter Stadtgebiet ermittelt, dass es etwa 30000 Liegenschaften mit jeweils mindestens acht Bewohnern gibt. Weil hier aller Voraussicht nach Trinkwasser an Dritte abgegeben wird, bestand nach Vorgaben der alten Trinkwasserverordnung (TrinkwV) eine Meldepflicht. „Tatsächlich hätten bis zum damaligen Stichtag in Frankfurt diese 30000 Liegenschaften gemeldet werden müssen, es sind jedoch nur 4383 Meldungen eingegangen, und davon auch nur 461 online“, ließ Westphal Zahlen sprechen. Auch machte er deutlich, dass die ­TrinkwV mit erhöhtem Aufwand in Verwaltung und Gefahrenabwehr für eine starke Auslastung in den Gesundheitsämtern gesorgt habe.

Neben etlichen interessanten Ergebnissen seiner Untersuchungen alarmiert vor allem eine Zahl: „Bei etwa 1 % der Liegenschaften gibt es stark kontaminierte Bereiche, die Werte von 10000 Kolonien bildenden Einheiten (KBE) pro 100ml Wasser aufweisen“. Um die Relation klar zu machen: Wenn der technische Maßnahmewert einer Wasseranalyse mehr als 100KBE pro 100 ml aufweist, muss dies dem Gesundheitsamt gemeldet werden. Entsprechend deutlich fällt dann die Gefährdungsanalyse aus und entsprechend drastisch der Maßnahmenkatalog.

Gefährdungsanalyse im Team erstellen

„Bei der Gefährdungsanalyse ist eine Teambildung nötig“, forderte Prof. Mathys. „Planer und Handwerker können nur die technische Seite überblicken, haben aber nicht die speziellen Kenntnisse der Hygieniker.“ Arbeite man hier gut zusammen, könne man mit Augenmaß die richtigen Entscheidungen treffen, meinte Prof. Mathys. So solle man bei einem überhöhten Maßnahmewert, der am Freitagnachmittag nach Schließung des Gesundheitsamtes erkannt wird, nicht bis Montag warten. Vielmehr sollten die Mieter durch eine Warnung die Möglichkeit bekommen, sich präventiv zu verhalten.

Aus seiner Praxis als Hygieniker hat Prof. Mathys zehn Gebote aufgestellt, die zur Vermeidung von Legionellen-Wachstum von Bedeutung seien und die der SHK-Fachbetrieb zum Bestandteil seiner Beratungskompetenz machen solle. Das Chart „Die zehn Gebote in der Schlacht gegen Legionelle“ zählt sie auf.

Rechtsprechung will ­einwandfreies Trinkwasser

„Der Sanitärinstallateur schuldet dem Bauherrn eine Trinkwasserinstallation, die das Wasser nicht derart nachteilig verändert, dass es nicht mehr den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht.“ Juristin Dr. Sandra Herrig zitierte aus dem Urteil des Oberlandesgerichtes Dresden vom 17.7.2002 (AZ: 11 U 878/01). Diese seit mehr als zehn Jahren geltende Rechtsprechung habe nicht an Aktualität verloren – im Gegenteil: Die neue TrinkwV präzisiere sogar die Verantwortung für Betreiber sowie Sanitärbetriebe. Das Ergebnis müsse ein hygienisch einwandfreies Trinkwasser sein. Als Voraussetzung dafür gelte, dass das Trinkwassersystem unter anderem nach den anerkannten Regeln der Technik errichtet, erweitert, geändert und betrieben werde. Mit weiteren Urteilen unterstrich Dr. Herrig die Notwendigkeit, dass man Trinkwassersysteme nicht sich selbst überlassen dürfe. Betreiber und SHK-Fachbetriebe müssten ein gemeinsames Interesse daran haben und aktiv werden, damit nur einwandfreies Trinkwasser aus der Armatur fließe.

Möglichst wenig Warmwasser speichern

In der Trinkwassererwärmung gibt es eine technische Weiterentwicklung: Statt eines Großspeichers mit entsprechenden Hygienerisiken kann eine zentrale Trinkwassererwärmung auch nach dem Durchflussprinzip arbeiten. Am Beispiel des Thermosystems KTS (Fa. Kemper) demonstrierte Prof. Bernd Rickmann, wie sich ein energieoptimiertes System nach DIN 1988-200 (9) „Verteilung von Trinkwasser warm“ bestmöglich dimensionieren lässt.

INFO

Erläuterungen zur TrinkwV

In der novellierten Trinkwasserverordnung sind Verantwortlichkeiten strikt geregelt: Dabei können Betreiber unter Umständen verpflichtet werden, eine Gefährdungsanalyse für ihre Trinkwasserinstallation erstellen zu lassen.

Zum besseren Verstehen der Verordnungstexte dient der für die Planung, Ausführung und Betrieb ausgerichtete Kommentar, den der ZVSHK herausgegeben hat. Als Anhang ist der Aufbau einer Gefährdungsanalyse beigefügt. Jeder Mitgliedsbetrieb hat über seinen Landesverband ein kostenloses Exemplar erhalten. Darüber hinaus steht der Kommentar für Mitgliedsbetriebe im Online-Shop unter https://www.zvshk.de/ kostenlos zum Download bereit.