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Wichtigste Neuerung: der Energieausweis im Bestand

EnEV 2007 — und jetzt?

Inhalt

Dass die EnEV einem permanenten Änderungsprozess unterliegt, ist der aktuellen politischen Situation geschuldet. Anfangs wurde noch diskutiert, mit der Novelle nicht nur den Energieausweis einzuführen, sondern gleichzeitig auch noch die energetischen Standards zu verschärfen. Doch relativ früh kristallisierte sich heraus, dass die Verschärfung später erfolgen sollte, um eine zügige Umsetzung des Energieausweises zu ermöglichen. Jetzt, nach Inkrafttreten der neuen EnEV, rückt die beabsichtigte Verschärfung gemäß einem aktuellen Eckpunktepapier der Bundesregierung zur Umsetzung der von Brüssel vorgegebenen EPBD (Energy Performance of Buildings Directive) wieder in den Fokus. Das Jahr 2008/2009 wird dazu als Startphase genannt und für 2012 werden bereits noch weiter reichende Restriktionen gegen den Energieverbrauch angestrebt. Jede Verschärfung wird voraussichtlich 30% bezogen auf die dann aktuellen Vorschriften betragen. Damit wird sich der energetische Standard im Heizungsbereich im Vergleich zu heute um 50 % verschärfen.

Da in relativ kurzer Zeit nach Inkrafttreten der Folge-Verordnungen zu erwarten ist, dass in der Realität die Anforderungen wiederum übertroffen werden – so war es zumindest bisher – sollte damit gerechnet werden, dass ab 2012 massenhaft Gebäude auf dem Niveau zwischen Passivhaus und 4-Liter-Haus entstehen werden. Das gilt für den Neubau und etwas abgeschwächt auch für die Sanierung. Für diesen energetischen Standard fehlen derzeit aber noch befriedigende technische Lösungen.

Wo ist die Heizung für die Zukunft?

Etwas überspitzt formuliert: Ab 2012 wird es in großen Stückzahlen Gebäude geben, die sich nach dem aktuellen Stand der Technik eigentlich nicht klassisch beheizen lassen. Beispielhaft seien hier der Bereich „Integration der Lüftung“ und das Problem der fehlenden Leistungsreserven (zum Beispiel nach Auskühlung des Gebäudes) genannt. Durch die umweltpolitisch sicher wünschenswerte Entscheidung werden also an die Technik und das SHK-Handwerk hohe Anforderungen in Sachen Weiterbildung und Entwicklungsarbeit gestellt. Da hilft es auch nichts, dass das ursprünglich für den Neubau ab 2020 verbindlich geforderte Passivhaus nicht mehr namentlich erwähnt wird – vor dem Hintergrund der angekündig­ten Verschärfungen wird es ohnehin kommen. Der zeitliche Aufschub für Qualifizierungsmaßnahmen wird gering sein.

Klimatisierung bleibt nicht außen vor

Der Energieausweis für Neubauten war bisher schon Pflicht. Für den Bestand wird er mit ­dieser EnEV-Novelle zum 1. Juli 2008 eingeführt. Unterschieden wird zwischen Wohn- und Nichtwohngebäuden. Der Unterschied liegt in der Bilanzierung.

Für den Wohnbereich werden Verbrauchs- und Bedarfsausweise erlaubt. Die Bedarfsausweise werden unter anderem nach DIN V 4701-10 erstellt. Entgegen ersten Entwürfen wird jetzt die Klimatisierung auch im Wohnbereich berücksichtigt. Dies erfolgt zwar nach einem einfachen Pauschalverfahren, lässt aber erkennen, mit welchem Argwohn die Entwicklung der Klimatisierung und Kühlung seitens des Verordnungsgebers beobachtet wird. Vorerst gibt es in den meisten Fällen de facto keine Verschärfung – die Anforderungen werden in dem Maße gelockert, wie die Klimatisierung zusätzlich berücksichtigt wird. Im Gegenteil: Unter gewissen Voraussetzungen darf das Gebäude für die Beheizung sogar mehr als vorher verbrauchen. Es bleibt abzuwarten, wie sich hier die EnEV entwickeln wird. Dank intensiver Lobbyarbeit der Handwerksverbände, unter ihnen maßgeblich der ZVSHK, darf der Bedarfsausweis für Wohngebäude im Bestand unter anderem auch von Meistern der SHK-Gewerke bei entsprechender Zusatzausbildung ausgestellt werden.

Für Nichtwohngebäude ist Bilanzierung anders

Im Nichtwohngebäude wird zusätzlich zu Heizung, Warmwasser, Lüftung und Klimatisierung auch der elektrische Verbrauch berücksichtigt. Die Bilanzierung erfolgt aufwendig über die DIN 18599. Ein Bedarfsausweis ist möglich. Trotz intensiver Proteste der Verbände ist dieser Bereich ­jedoch Ingenieuren und Architekten vorbehalten. Zur Zeit gibt es Bestrebungen, die DIN 18599 praxistauglicher und etwas weniger „akademisch“ zu gestalten. Interessanterweise wird dies von Seiten der Architekten gewünscht, die ja ausdrücklich für dieses Tätigkeitsfeld zugelassen wurden. Das unterstreicht die Argumentation vieler Praktiker, denen die gesamte Norm zu überdimensioniert erscheint. Es bleibt abzuwarten, ob im Zuge dieses Verfahrens der Handwerker für das Nichtwohngebäude zugelassen wird.

Wohngebäude: Bedarf oder Verbrauch

Der gerechnete Bedarfsausweis ist grundsätzlich immer möglich. Bei Gebäuden über fünf Wohneinheiten ist alternativ auch der Verbrauchsausweis zugelassen. Als Ausnahme ist es bis zum 1. Oktober 2008 statthaft, den Verbrauchsausweis auch bei den kleineren Gebäuden zu verwenden. Die Gültigkeit beträgt jeweils zehn Jahre, wenn an dem Gebäude keine gravierenden Änderungen vorgenommen wurden. Dem Ausweis beizufügen sind Sanierungsvorschläge. Dies kann bei Bedarfsausweisen in der Praxis nur anhand von allgemeinen Checklisten erfolgen.

Hier liegt eindeutig der Vorteil beim verbrauchsbasierten Ausweis, der durch das Fachhandwerk ausgestellt wird. Durch die Datenaufnahme vor Ort lassen sich verschiedene Varianten der Sanierung simulieren. Und dem Nutzer kann danach relativ konkret gesagt werden, wie sich die Eigenschaften seines Gebäudes (und damit zu einem gewissen Grad auch der Verbrauch an Heizenergie) verbessern werden. Dieser Vorteil des verbrauchsbasierten Ausweises gilt es natürlich auch beim Kunden zu kommunizieren.

Verschiedene Gebäude – verschiedene Fristen

Die Ausweise werden verpflichtend bei Verkauf oder Vermietung. Als Stichtag gilt je nach Gebäudetyp der 1.7.2008, der 1.1.2009 oder der 1.7.2009. Da die Ausweise nur auf Verlangen vorgelegt werden müssen, werden vermutlich einige Vermieter bzw. Verkäufer die Reaktionen der Mieter/Käufer abwarten. ­Dies wird zu einer gewissen Entzerrung in der Auftragslage bei den Ausstellern führen. Dennoch ist mit einem guten Auftragseingang zu rechnen.

Die Kosten für die Ausstellung der Ausweise sind im Übrigen nicht vorgeschrieben, auch wenn einige Politiker mit ihren Preisvorstellungen für Verunsicherungen gesorgt haben. Durch den großen Bedarf ist jedoch damit zu rechnen, dass viele „Glücksritter“ angelockt werden (Energieausweise im Internet für 10 Euro, Verkauf über Drückerkolonnen oder Discounter etc.).

Der Fachmann wird sich daher, wie in jedem anderen neuen Geschäftsfeld auch, gegenüber dem Kunden positionieren müssen. Wer seine Fachkenntnisse und seine Beratungskompetenz nicht deutlich macht, wird es mög­licherweise schwer haben, sich gegen Billigquellen oder unse­riöse Bieter durchzusetzen.

Engagement zahlt sich aus

Wer eine Ausbildung zum Energieberater des Handwerks abgeschlossen hat oder vor dem 25. April 2007 angefangen (und inzwischen erfolgreich beendet hat), ist weiterhin berechtigt Ener­gieausweise zu erstellen. Die im Rahmen von öffentlichen Feldtests angefertigten Ausweise behalten auch ihre Gültigkeit bis zu zehn Jahren. Damit werden sie den Ausweisen gleichgestellt, die ab jetzt entstehen.

Kessel: Abschätzen oder penibel rechnen?

Es fehlt nach wie vor eine praxisnahe Regelung, wie im Fall eines Kesselaustausches die notwendige Leistung zu ermitteln ist. Die Normung sieht vor, dass grundsätzlich nach DIN EN 12831 der Leistungsbedarf des Gebäudes zu errechnen ist. Allerdings ist dieser Aufwand unverhältnismäßig hoch, wenn man dagegen die eigentliche Arbeitsleistung für den Kesselaustausch betrachtet. Markt­gegebenheiten bleiben dabei weitgehend unberücksichtigt. Insbesondere im Einfamilienhausbereich ist die Leistungsabstufung bei Öl- und Gaskesseln im verfügbaren Gerätesortiment so gestaltet, dass eine Berechnung gegenüber einer Abschätzung keinen Erkenntnisgewinn liefert – das Ergebnis ist dieselbe Größe. Deshalb erarbeitet der ZVSHK derzeit zusammen mit dem DIN an einer Lösung, doch bis dahin wird dieser Bereich rechtlich problematisch bleiben.

Inspektionspflicht für Klimaanlagen

Neu in die EnEV aufgenommen wurde eine Inspektionspflicht für Klimaanlagen mit einer Nennleistung von mehr als 12 kW Kältebedarf. Diese Inspektion hat im Grundsatz alle zehn Jahre zu erfolgen und ist nicht mit einer Wartung zu verwechseln. Ähnlich wie beim Energieausweis müssen als Ergebnis dem Nutzer Ratschläge für kostengünstige Verbesserungsmaßnahmen gegeben werden. Die Aufnahme in die EnEV erfolgte letztlich durch eine Verpflichtung aus der EPBD. Europa sorgt sich also nicht nur um bestimmte Entwicklungen innerhalb eines Rahmens, Europa schreibt inzwischen konkret vor. Das lässt sich mittlerweile bei fast allen Normen, Verordnungen und Gesetzen feststellen.

Die umweltpolitisch sinnvolle Regelung für die Inspektion von Klimaanlagen wird allerdings von der Bedingung überschattet, dass der Fachbetrieb, der diese Geräte plant, einbaut und wartet, nur dann für diesen Job zugelassen wird, wenn er einen diplomierten Mitarbeiter mit der Aufgabe betraut. Hier erwies sich die Bundesregierung als beratungsresistent.

Heizungs-Check beruht auf Freiwilligkeit

Im Bereich Heizung gibt es noch keine vergleichbare Verpflichtung: Die Bundesregierung setzt auf freiwillige Checks der Heizungsanlagen. Aus diesem Grund werden seitens des ZVSHK umfangreiche Vorbereitungen getroffen, dieses Geschäftsfeld für das Handwerk zu sichern. Offizieller Beginn ist Mitte Oktober 2007 durch einen Feldversuch zusammen mit dem Fachverband SHK Hessen. 1000 geplante Heizungs-Checks stehen dann im Fokus. Auch hier gilt: Dies ist keine Wartung. Ziel ist eine energetische Beurteilung von Anlagen. Der Nutzer soll auf kostengünstige Maßnahmen wie den hydraulischen Abgleich aufmerksam gemacht werden. Bei älteren Anlagen soll ein Impuls gegeben werden, die Heizungsanlage komplett zu modernisieren (siehe eigenständiger Bericht in dieser Ausgabe).

Ordnungswidrigkeiten – Segen und Fluch zugleich

Wie auch in der voran gegangenen Fassung werden in der neuen EnEV Ordnungswidrigkeiten definiert. Damit sind Verstöße gegen die EnEV strafbewehrt und werden mit Geldbuße geahndet. Im „Eckpunktepapier für ein integriertes Energie- und Klimaprogramm“ kommt der Wille zum Ausdruck, den staatlichen Vollzug und die Kontrolle zu intensivieren.

Bei den Ordnungswidrigkeiten ist insbesondere anzumerken, dass sie nicht nur bezüglich der Eigentümer, sondern auch bezüglich des Handwerkers definiert sind (Auszug):

  • keine Inspektion einer Klimaanlage ...
  • keine Wärmedämmung von Rohrleitungen und Armaturen ...
  • keine geeignete Kesselregelung (einschließlich Thermostatventile) ...
  • kein Zugänglichmachen eines Energieausweises (zum Beispiel beim Mieter) ...
  • keine Ausführung einer Inspektion/kein Ausstellen eines Energieausweises ...

... ohne die notwendige Befähigung (nach Definition EnEV).

Das ist Segen und Fluch zugleich. So hat man beispielsweise gegenüber dem Betreiber haustechnischer Anlagen zumindest einige Argument aus fachlicher Sicht parat, wenn man ihm bestimmte Maßnahmen plausibel machen möchte. Sollte man aber zum Beispiel darüber hinwegsehen oder es für vernachlässigbar halten, dass bei einem Austausch der Rohrleitungen auch die nötige Dämmung installiert wird, so ist der Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit gegeben – man sollte also standhaft bleiben.

Prüfung alternativer ­Versorgungssysteme

Bei zu errichtenden Gebäuden über 1000 m² Nutzfläche wird es Pflicht werden, alternative Versorgungssysteme wie BHKW, Biomassekessel und anderes zu „prüfen“. Das wird auch für die restlichen Gebäude Folgen haben, weil es eine sinnvolle Option ist. Hier kann der Fachhandwerker seine Beratungskompetenz ausspielen. Selbst im Einfamilienhaus ist eine Beratung sinnvoll. Je mehr diese Pflichtberatung bei größeren Gebäuden zum Standard wird, umso wahrscheinlicher ist es, dass dies über die Architekten auch bei sanierten oder neu zu bauenden Gebäuden im kleinen Bereich nachgefragt wird.

Die Novellierung der EnEV hinterlässt Spuren. Das Geschäftsfeld Energieausweis hat sich für das Handwerk komplett neu erschlossen. Im Bereich Inspektion und Beratung wurden erste Weichen gestellt. Der Vollzug wird gestrafft. Die Zukunft lässt schon in Kürze weitere Verschärfungen erwarten. Für das Fachhandwerk ergeben sich daraus zwei Schlussfolgerungen: Es entwickeln sich neue potenzielle Einnahmequellen sowie eine stark gestiegene Notwendigkeit der Weiterbildung. Wer diese Trends als Chance erkennt, hat seine persönlichen Weichen in Richtung Zukunft gestellt.Matthias Wagnitz