Die Empörung über die Viessmann-Aktion ist groß. Eine Blitzumfrage der Landesfachverbände bei den Mitgliedern ergab ein eindeutiges Votum. Deshalb verurteilten ZVSHK und Landesverbände die vom Unternehmen Viessmann gemeinsam mit der Bild-Zeitung Anfang Oktober gestartete Endkunden-Aktion „Heizungswechsel zum Hammerpreis“. Auf der Mitgliederversammlung am 20. Oktober in Bonn verabschiedeten die Landesfachverbände einstimmig eine Resolution, die an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig lässt (Kasten). Denn aus Sicht des organisierten SHK-Handwerks hat Viessmann mit diesem Schritt die Marktpartnerschaft mit dem installierenden Gewerbe einseitig aufgekündigt.
„Viessmann hat Marktpartnerschaft aufgekündigt“
ZVSHK-Präsident Manfred Stather wertete die Werbekampagne als eine gezielte Missachtung der Standesorganisation und der handwerklichen Interessen. Es bedeute einen Paradigmenwechsel in den Geschäftsbeziehungen der Betriebe. Bislang ist der Fachunternehmer Point of Sale und erarbeitet seinen Kunden ein individuelles Wärmekonzept. Zudem werde in der Marketingaktion die Kalkulationsfreiheit des Handwerks mit Füßen getreten und der Handwerksunternehmer letztlich zum Schrauber degradiert. Das SHK-Handwerk sieht die Vorgehensweise des Heiztechnikherstellers Viessmann als Kampfansage und fordert eine umgehende Rückkehr zur Marktpartnerschaft. Auch wendet sich die Berufsorganisation gegen die missbräuchliche Verwendung des Eckrings.
Bundesweite Werbekampagne für Jugendliche
Ein weiteres bedeutsames Thema in Bonn: Das SHK-Handwerk hat jetzt eine Nachwuchswerbung mit bundeseinheitlichem Auftritt. Sie lehnt sich an die erfolgreiche Image-Kampagne des Handwerks an und ist ein wichtiger Baustein, um dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen. Viele Branchen konzentrieren sich mittlerweile auf qualifizierte Jugendliche, um ihnen eine Karriere in ihren Reihen schmackhaft zu machen. Die SHK-Branche kann jetzt mithalten und dem Nachwuchs in klaren Botschaften vermitteln, welche Chancen die vier Eckringberufe eröffnen. Vielen Schülern und Jugendlichen sei nicht bekannt, betonte ZVSHK-Hauptgeschäftsführer Elmar Esser, wie vielseitig die Tätigkeiten im SHK-Handwerk sind. Es müssten deutlich mehr Hebel in Bewegung gesetzt werden, um Schülern die Perspektiven vorzustellen – dies sei Aufgabe für die gesamte Branche.
Die Ansprache erreicht die Jugendlichen vor allem dort, wo Schüler kommunizieren: online. Unter http://www.VollesRohrZukunft.de lassen sich – für die Zielgruppe peppig aufgemacht – die wichtigsten Infos zum Anlagenmechaniker, Klempner, Ofen- und Luftheizungsbauer sowie zum Behälter- und Apparatebauer per Mausklick einholen und als Flyer herunterladen. Mit dabei ist der flotte Spruch „Wir drehen Anlagen auf, machen Körper heiß und haben Energie ohne Ende. Also tanz an.“ Und wohin?
Um Nägel mit Köpfen zu machen, können Jugendliche per Mausklick Betriebe in der Nähe finden (Grundlage ist die Datenbank von WasserWaermeLuft) sowie Bewerbungen online in vier Schritten erstellen. Möglichst viele soll die Webseite auch dadurch erreichen, dass sie beispielsweise über Facebook weiterempfohlen werden kann. Präsident Manfred Stather machte deutlich, welcher nächste Schritt ansteht: „Mit den für Jugendliche ansprechenden Seiten wollen wir unsere Marktpartner bewegen mitzuhelfen, um die Kampagne auf solide finanzielle Beine zu stellen.“
Lob für Stefan Ebner
Die Nachwuchswerbung fand auch bei Stefan Ebner spontan Zuspruch. Erst vor wenigen Jahren hatte er sich für die Ausbildung zum Anlagenmechaniker entschieden – und danach eine Blitzkarriere hingelegt. Der 22-Jährige gehört nun zu den fünf besten Sanitärinstallateuren der Welt. Wenige Tage nach seinem hervorragenden Abschneiden bei den Berufsweltmeisterschaften WorldSkills 2011 in Londen war er zusammen mit seinem Trainer Ulrich Wedel der Einladung nach Bonn gefolgt. Der Beifall für sein Können und seine Nervenstärke war ihm sicher, denn der Wettbewerb gegen mehr als 20 Konkurrenten der Weltspitze ist hart. Es siegte Großbritannien vor Österreich und der Schweiz sowie Japan. Vorbereitet hatten sich nahezu alle Bestplatzierten, die sich übrigens in den Punkterängen nur minimal unterschieden, erstmals im selben Schweizer Trainingslager. Für die Berufsorganisation ist es die Bestätigung, mit diesem erfolgreichen Konzept weiterzumachen. In zwei Jahren trifft sich die Weltelite erneut: Leipzig als Austragungsort sorgt für zusätzlichen Ansporn, handwerkliche Spitzenleistung zu präsentieren.
SHK-Effizienzcheck für Mitgliedsbetriebe
Der ZVSHK hat den SHK-Effizienzcheck erstmals auf der ISH vorgestellt und in seinen Möglichkeiten inzwischen ausgebaut. Die Software ist als Entscheidungshilfe für das Erstgespräch mit dem Kunden gedacht. In vielen Fällen kommt der Kunde heute mit Vorab-Informationen zum Fachunternehmer. Die Fülle an Botschaften im Internet oder durch andere Quellen führen allerdings meist zur Verunsicherung. Deshalb ist es für den Fachbetrieb wichtig, in seiner Beratung klare Botschaften bereit zu haben. Mit dem SHK-Effizienzcheck macht der Fachbetrieb seinem Kunden plausibel, welche Schritte bei der Heizungsmodernisierung von Bedeutung sind. Das Programm ist daher ein wichtiges Instrument für die aktive Kundenansprache. Ab Ende November kann man auf die Software über https://www.wasserwaermeluft.de/ zugreifen. Auch lässt sich die Homepage des Mitgliedsbetriebes mit dem Effizienzcheck verlinken.
Die Funktion: Daten für ein typisches Gebäude, sein Öl- bzw. Gas-Verbrauch sowie Energiepreise sind hinterlegt, lassen sich aber auch individuell eingeben. Per Mausklick lässt sich deutlich machen, welche marktreifen Heizungssysteme für das Gebäude welche Einsparungen bringen können. Es gibt einen farbigen Balken, der dem Kunden aus dem Energiesparausweis vertraut ist und ohne Modernisierungsmaßnahme bei Null steht. Unterhalb des Gebäudes sind vier Säulen angeordnet: für die Investitionssumme, für die Kostenersparnis sowie für Energiekosten während der gesamten Laufzeit und für die CO2-Einsparung.
Während der Beratung hat der Mitgliedsbetrieb die Möglichkeit, neun verschiedene Optimierungen anzuklicken, die letztlich 55 Kombinationen für dieses Gebäude errechnen. Der SHK-Effizienzcheck unterstützt den Mitgliedsbetrieb in der Kundenberatung: Am Monitor lässt sich anschaulich machen, welche Investition wie viel Energiekosten reduziert und welches Potenzial an Treibhausgas vermeidbar ist.
Weitere Punkte
- Neu im ZVSHK-Vorstand ist Norbert Borgmann. Auf Antrag seines Fachverbandes NRW wurde er von der Mitgliederversammlung gewählt, weil Dieter Lackmann mit Erreichen der Altersgrenze dieses Ehrenamt aufgegeben hatte. Borgmann ist stellvertretender Landesinnungsmeister des Fachverbandes NRW.
- Im Landeswärmegesetz Baden-Württemberg ist vorgegeben, dass bei Modernisierungen im Bestand ein Teil der benötigten Wärmeenergie aus regenerativen Quellen stammen muss. Dies lässt sich allein dadurch realisieren, dass Erdgas oder Heizöl mit hohem biogenen Anteil verbraucht wird. Die SHK-Organisation verfolgt dagegen das Ziel, veraltete Technik zu erneuern oder effizienter zu machen und für diese Maßnahme regenerative Quellen zu erschließen. Für die Modernisierung im Bestand arbeitet man derzeit in weiteren Bundesländern an eigenen Landeswärmegesetzen, statt wie beim Neubau bundesweit zu einheitlichen Regelungen zu kommen. Die Ziele der SHK-Organisation sollen die Landesfachverbände in nächster Zeit in die politischen Gespräche einbringen, denn für Anfang 2013 könnten Neuregelungen bereits wirksam werden.
- Für den geplanten Studiengang „Fachingenieur für Gebäudehülle“ an der FH Rosenheim ist ein Großteil der nötigen Finanzierung zusammengekommen. Der Start ab 2012/2013 ist somit konkreter geworden. Vor allem der Fachbereich Klempnertechnik sieht in dieser Qualifikation eine Bereicherung für das Gewerk.
- Zum Berufswettbewerb EuroSkills 2012 in Spa (Belgien) kann die SHK-Organisation neben einem Anlagenmechaniker erstmals auch einen Klempner entsenden.
Resolution
Faire Marktpartnerschaft
Der ZVSHK mit seinen 17 Landesverbänden verurteilt die vom Unternehmen Viessmann gemeinsam mit der Bildzeitung gestartete Endkunden-Aktion „Heizungswechsel zum Hammerpreis“.
Aus Sicht des organisierten SHK-Handwerks hat Viessmann mit diesem Schritt die seit Jahrzehnten bewährte Marktpartnerschaft mit dem installierenden Gewerbe einseitig aufgekündigt. Wir werten dies als eine gezielte Missachtung der Standesorganisation von über 50000 Handwerksunternehmen.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2011 hat der ZVSHK Dr. Martin Viessmann, den Präsidenten und CEO des Allendorfer Familienunternehmens, um eine Stellungnahme zu diesem eklatanten Verstoß gegen marktpartnerschaftliche Grundsätze gebeten.
Die im Vorfeld der ZVSHK-Mitgliederversammlung in Bonn eingegangene Erklärung enthält leider keinerlei Ausführungen, wie das Unternehmen Viessmann sich die zukünftige Zusammenarbeit zwischen Heizungsindustrie und Handwerk im Markt vorstellt. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass mit dieser Pilotaktion eines führenden deutschen Heizungsunternehmens Fakten geschaffen werden sollen, in der Hoffnung, dem Unternehmen neue Vertriebswege zu öffnen.
Das SHK-Handwerk als wichtigster Marktpartner der Heizungsindustrie wertet diese Vorgehensweise des Unternehmens Viessmann als Kampfansage. Die unter dem Vorwand der „öffentlichen Sensibilisierung für die Heizungsmodernisierung“ gestartete Aktion stellt gezielt die Kalkulationshoheit der SHK-Betriebe in Frage, was dem unverhohlenen Versuch einer Degradierung der SHK-Unternehmen zu Lohnschraubern gleichkommt; und das alles unter der missbräuchlichen Verwendung unseres Markenzeichens, des Eckrings.
Die Verbitterung der überwiegenden Mehrzahl der Mitgliedsbetriebe über die Viessmann-Bild-Aktion ist groß; sie ist aus unserer Sicht kaum wieder wettzumachen. Jahrelang gut funktionierende Kundenbindungen zwischen dem Unternehmen Viessmann und den SHK-Fachbetrieben sind grundlegend beschädigt. Die Aktion hat darüber hinaus eine Verunsicherung in den Markt gebracht, welche den von allen Seiten beklagten Modernisierungsstau in den deutschen Heizungskellern weiter verstärken wird.
Die Mitgliederversammlung des ZVSHK fordert das Unternehmen Viessmann mit dieser Resolution auf, das jahrzehntelang unbelastete und bewährte Verhältnis zwischen Industrie und Handwerk im SHK-Markt nicht länger zu unterminieren. Der ZVSHK ist bereit für klärende Gespräche mit der verbindlichen Zielsetzung der Wiederherstellung einer fairen Marktpartnerschaft.