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Mängelhaftung neu geregelt

Es ist kaum zu glauben, dass das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) seit dem Jahr 1900 ohne den „Bauvertrag“ ausgekommen ist. Bislang gibt es im BGB kein kodifiziertes Baurecht. Sobald es um Bauleistungen ging, wurden diese Rechtsbeziehungen grundsätzlich immer nach dem im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelten Werkvertragsrecht beurteilt. Hierzu gibt es 25 Paragrafen, die zum Teil ein hohes Alter haben und bei denen neben dem ausgeprägten Beharrungsvermögen nun auch eine gewisse Regelungsträgheit beobachtet wurde.

Gesetzesnovelle behebt aktuelle Defizite

Seit 1926 hat man sich dann für den Baubereich mit der Einführung der VOB/B geholfen und eine gewisse Dynamik bei der Gestaltung und Abwicklung von Bauverträgen durch regelmäßige Änderungen und Erweiterungen der VOB/B verfolgt. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen, wie die VOB nun heißt, enthält bekanntlich vorformulierte Klauseln. Der Rechtsnatur nach sind das AGB. Die VOB/B ist dazu bestimmt, die Regelungen des BGB zum Werkvertrag zu ergänzen und teilweise zu modifizieren.

Damit wurde bislang das Fehlen von spezifischen Regelungen für das Bauvertragsrecht im deutschen Zivilrecht kompensiert. Allerdings wies die VOB/B auch ein wesentliches Manko auf: Sie war zuletzt nur im gewerblichen Baurechtsverkehr einsetzbar und wurde als „verbraucherfeindlich“ eingestuft. Das gesetzliche Defizit zum Baurecht und der Schutz der Verbraucher stehen nun im Fokus der Gesetzesnovelle.

Werkvertragsrecht häufig nicht detailliert genug

Der Gesetzentwurf hat am 9. März den Bundestag passiert und wurde am 31. März vom Bundesrat gebilligt. In dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 18/8486 – ist nachzulesen, das Baurecht sei zu einer komplexen Spezialmaterie geworden, zu der eine umfangreiche Rechtsprechung ergangen ist. Die kaum noch zu überblickende Rechtsprechung in diesem Feld ist aber nur ein Problem. Hinzu kommen über 2000 Normen und Vorschriften, unterschiedliche baurechtliche Vertragsgegenstände und diverse Rechtsquellen. Das geltende Werkvertragsrecht, so die Gesetzesbegründung, sei sehr allgemein gehalten und häufig nicht detailliert genug. Wesentliche Fragen des Bauvertragsrechts sind nicht gesetzlich geregelt, sondern der Vereinbarung der Parteien und der Rechtsprechung überlassen.

Das Fehlen klarer gesetzlicher Vorgaben, das eine interessengerechte und ökonomisch sinnvolle Gestaltung und Abwicklung von Bauverträgen erschwere, hat über 100 Jahre gedauert. Nun soll sich das ändern. Das Inkrafttreten steht zum 1. Januar 2018 an. Gemessen an dem Anspruch, der in der Gesetzesbegründung formuliert ist, und dem, was als Neuregelung nun vorliegt, erscheint der „große Wurf“ allerdings wenig gelungen. Da ist die komplizierte Rechtssprache der neuen Paragrafen eher das geringste Problem. Die Struktur des neuen Baurechts ist für den Baupraktiker von sich heraus wohl nicht erschließbar, sondern aufwendig erklärungsbedürftig. Mit dem Gesetz wird nun ein spezifisches Baurecht in das Werkvertragsrecht des BGB integriert. Dazu gibt es eine Reihe von Paragrafen, die zum Bauvertrag eingefügt werden (§§ 650a-650h BGB-E).

Rückgriffmöglichkeit für Bauunternehmer geschaffen

Eine gravierende Änderung in den Praxisabläufen wird sich aus den Neuregelungen zur kaufrechtlichen Mängelhaftung ergeben. Nunmehr wir der Bauunternehmer, der zur Erfüllung seiner Werkleistungen Baumaterialien eingekauft hat, eine Rückgriffmöglichkeit gegen seinen Lieferanten hinsichtlich der Aufwendungen für den Ausbau der mangelhaften und den Einbau mangelfreier Materialien haben (§ 439 Abs. 3 BGB-E). Obgleich die SHK-Verbandsorganisation mit dem System der Haftungsübernahmevereinbarungen (HÜV) hier bereits seit 1977 eine einzigartige Lösung zugunsten ihrer Mitglieder mit vielen Markenherstellern geschaffen hatte, blieben auch SHK-Firmen auf diesen Aus- und Wiedereinbaukosten häufig sitzen, wenn eben keine HÜV bestand und der Lieferant mangels Verschuldens nur auf Nacherfüllung (also lediglich mangelfreie Materiallieferung) gehaftet hat.

Leider wurde verpasst, im Gesetz auch für den Geschäftsverkehr unmissverständlich zu regeln, dass die Rückgriffsmöglichkeit auf Lieferanten hinsichtlich der Aus- und Einbaukosten nicht durch deren AGB ausgeschlossen werden kann. So ohne Weiteres ergibt sich das nämlich aus der neuen Gesetzeslage nicht. Hierzu wird es weiterer Rechtsprechung bedürfen, um das neue gesetzliche Leitbild zu den Aus- und Einbaukosten auch im Geschäftsverkehr durchzusetzen. Deshalb werden auch nach der Neuregelung im BGB zur kaufrechtlichen Mängelhaftung die HÜV eine über die Neuregelung hinausgehende und damit attraktive Verbandsdienstleistung zur Lösung von Gewährleistungsproblemen bleiben. Zweifellos ist die Veränderung der Durchgriffsmöglichkeiten auf den Lieferanten bei Mangelbeseitigungsnebenkosten ein Vorteil für viele Bauunternehmer.

Verbraucher sollen besser geschützt werden

Es bleibt zu hoffen, dass die nun per Gesetz geschaffene Grundlage nicht dazu führt, dass es Lieferanten und Hersteller nicht darauf ankommen lassen, Beschränkungsklauseln auszutesten, und sich von bisher allzu oft großzügig gehandhabten Kulanzregelungen im Zusammenhang mit Gewährleistungsfragen verabschieden. Dann dürfte die Freude über die veränderte kaufrechtliche Mängelhaftung beim Handwerk von kurzer Dauer sein. Denn: Nicht die Mangelbeseitigungsnebenkosten sind das kardinale Problem, sondern die Missverständnisse zum Begriff „Mängelhaftung/Gewährleistung“, zum Inhalt der Anspruchsgrundlagen und die Beweislastverteilung.

Noch etwas kommt hinzu: Die Vorteile bei der kaufrechtlichen Mängelhaftung bezahlt das Handwerk relativ teuer mit den Verpflichtungen aus den anderen Regelungen der BGB-Novelle und dem weiter verstärkten Verbraucherschutz. Der Gesetzgeber ist der Auffassung, dass bauliche oder vertragliche Fehlleistungen insbesondere Verbraucher hart treffen können. Deshalb sollen diese nun besser geschützt werden. „Ein Verbraucher wendet für die Errichtung oder den Umbau eines Hauses häufig einen wesentlichen Teil seiner wirtschaftlichen Ressourcen auf. Unerwartete Mehrkosten durch eine nicht rechtzeitige Fertigstellung des Baus oder die Insolvenz des beauftragten Bauunternehmers können daher gravierende Auswirkungen haben“, so die Gesetzesbegründung.

In Zukunft wird es neben dem Bauvertrag einen Verbraucherbauvertrag geben, aus dem sich für die Auftragnehmer in diesen Vertragsverhältnissen weitreichende und neue Verpflichtungen ergeben (§§ 650i-650n BGB-E). Für SHK-Unternehmer wird es nach derzeitiger Lesart keine Belastungen aus Verbraucherbauverträgen geben, da diese auf den Bau eines neuen Gebäudes oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude gerichtet sind. Die Differenzierungen hierzu werden in Kürze in den nächsten Ausgaben der SBZ dargestellt. Die Gesetzesnovelle enthält schließlich auch spezielle Regelungen für Architekten- und Ingenieurverträge (§§ 650p-650t BGB-E).

Nichts ist umsonst, insbesondere die BGB-Reform nicht. Der Umstellungsaufwand für Unternehmen wird vom Gesetzgeber selbst auf rund 2,87 Millionen Euro zuzüglich eines laufenden jährlichen Mehraufwandes für die betroffenen Unternehmen von rund 3,7 Millionen Euro geschätzt. Allein die Kosten für die geänderten Informationspflichten der Unternehmen werden mit rund 5,7 Millionen Euro veranschlagt. Zu den Kosten, die im Zusammenhang mit der nunmehr geplanten Durchleitung von Mangelbeseitigungsnebenansprüchen entstehen, kann sich niemand festlegen. Fest steht allerdings, dass die Wirtschaft die auf sie zukommenden Kosten durch die Steigerung der Verkaufspreise kompensieren wird. An dieser Stelle endet dann der Verbraucherschutz.

Erstes Fazit

Die BGB-Reform ist der Auftakt zur Kodifizierung eines gesetzlichen Bauvertragsrechts in Deutschland. Der Regelungsinhalt bezieht sich nicht auf das gesamte Baurecht, sondern nur auf einige wichtige Vorschriften. Deshalb werden auch im Bereich der gewerblichen Rechtsbeziehungen die Regelungen der VOB/B ihre Bedeutung nicht verlieren. Die gesetzlichen Neuregelungen enthalten für SHK-Unternehmen sowohl positive wie auch negative Änderungen, die in den folgenden Fortsetzungen dargestellt werden. Dabei soll der Bogen von der neuen Systematik des Werkvertrages im BGB direkt zu den praktischen Auswirkungen gezogen werden.

Info

Änderungen im Detail

Für die SBZ beleuchtet unser Rechtsexperte Dr. Hans-Michael Dimanski in einer dreiteiligen Serie die Auswirkungen der Reform des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf die Vertragsgestaltung im Handwerk. Teil 1 lesen Sie gerade, Teil 2 erscheint in der SBZ 14/15-2017 am 4. August. Die Änderungen betreffen folgende Punkte:

  • Einführung des Bauvertrages
  • Schaffung eines Anordnungsrechts des Bestellers
  • Regelungen zur Preisanpassung bei Mehr- oder Minderleistungen
  • Änderungen und Ergänzungen zur Abnahmeregelung
  • Normierung der Kündigung aus wichtigem Grund
  • Einführung spezieller Regelungen zum Verbraucherbauvertrag
  • Einführung einer Baubeschreibungspflicht des Unternehmers in Verbraucherverträgen
  • Verbindliche Vereinbarung zur Bauzeit
  • Widerrufsrechte des Verbrauchers
  • Einführung einer Obergrenze für Abschlagszahlungen
  • Änderungen des Mangelhaftungsrechts
  • Einführungen des Architekten- und Ingenieurvertrags
  • Normierung des Bauträgerrechts.

Autor

Bild: RA Dimanski

Rechtsanwalt Dr. jur. Hans-Michael Dimanski ist Partner der RA-Kanzlei Dr. Dimanski, Kalkbrenner & Schermaul in 39104 Magdeburg. Telefon (03 91) 53 55 96-16, Telefax (03 91) 53 55 96-13, www.ra-dp.de