SBZ: Herr Neuzerling, wann muss persönliche Schutzausrüstung getragen werden?
Neuzerling: Persönliche Schutzausrüstung (PSA) – dazu gehört auch die normgerechte Schutzkleidung – muss immer dann getragen werden, wenn dies die Gefährdungsbeurteilung für einen bestimmte Arbeitsplatz vorsieht, zum Beispiel bei Schweißarbeiten. Ein Unternehmer, der sich darüber hinwegsetzt, macht sich im Extremfall strafbar. Zudem können sich Krankheitstage und Ausfallzeiten häufen, wenn die Ausstattung nicht stimmt.
SBZ: Was ist konkret Aufgabe des Betriebsinhabers?
Neuzerling: Er trägt die Verantwortung für den Arbeitsschutz. Er muss darauf achten, dass in seinem Betrieb alle geltenden Bestimmungen eingehalten werden und alle Mitarbeiter ihre Tätigkeiten gefahrlos ausüben können. Also hat er auch für die Ausstattung mit normgerechter Schutzkleidung zu sorgen. Und er muss – anders als für Arbeitskleidung ohne Schutzfunktion – immer die Kosten dafür übernehmen. Um dies zu erreichen, sollte er durch eine Gefährdungsanalyse das Risikopotenzial jedes einzelnen Arbeitsplatzes ermitteln.
SBZ: Wo findet er Unterstützung?
Neuzerling: Zunächst natürlich bei den Berufsgenossenschaften. Sie betreuen und beraten ihre Mitglieder, stellen Informations- und Präventionsmaterial zu Verfügung. Und sie bilden auch die Sicherheitsbeauftragten der Unternehmen aus. Dieser interne Ansprechpartner macht Sinn bei Betrieben ab etwa 20 Mitarbeitern. Denn er unterstützt den Inhaber dabei, Arbeitsunfälle und Gefahren für die Gesundheit zu vermeiden, dient als Ansprechpartner bei Rückfragen der Mitarbeiter. Das ist meiner Meinung nach absolut sinnvoll. Zusätzlich kann sich der Inhaber bei Bedarf – und gegen Bezahlung – auch Rat von einem Experten mit sicherheitstechnischem Fachwissen, beispielsweise einer externen Sicherheitsfachkraft, holen.
SBZ: Was folgt nach der Gefährdungsbeurteilung?
Neuzerling: Dann kann die auf den jeweiligen Arbeitsplatz abgestimmte, normgerechte Schutzkleidung ausgewählt werden. Dabei sind sowohl Kauf oder Leasing möglich. Auf Basis dieser Gefährdungsanalysen suchen wir als textiler Mietdienstleister mit unseren Kunden die passenden Kollektionen aus. Von Vorteil ist hier fast immer eine gemeinsame Arbeitsplatzbegehung vor Ort.
SBZ: Was sollte der Inhaber hier auf jeden Fall beachten?
Neuzerling: Dazu gehört etwa, sich über neuen Entwicklungen im Bereich der Schutzkleidung zu informieren. Denn gerade diese neuen Textilien sind leichter, technisch auf dem neuesten Stand und bieten modernere und damit oft bessere Schutzfunktionen. Und beim Thema Optik lässt sich die moderne PSA häufig in das CI eines Unternehmens integrieren. Aber Achtung: Nicht alle Farb- und Designwünsche lassen sich bei PSA ebenso realisieren wie bei Berufskleidung ohne Schutzfunktion.
SBZ: Geht also Sicherheit vor Optik?
Neuzerling: Keine Frage! Hier steht der Schutz des Menschen, der die Kleidung trägt, immer im Mittelpunkt. Das sollte einem Unternehmer, der hier in der Verantwortung ist, bewusst sein. Darum sollte er die Schutzkleidung vor einer endgültigen Entscheidung in Probephasen von Mitarbeitern ausprobieren lassen – hier ist ein Mitspracherecht empfehlenswert. Schließlich müssen sich die Beschäftigten in ihrer Kleidung wohlfühlen. Nur was getragen wird, kann auch schützen.
SBZ: Darf ein Arbeitnehmer abgemahnt werden, wenn er die Kleidung nicht trägt?
Neuzerling: Wenn die PSA festgelegt ist und der Arbeitsnehmer mehrfach gegen die Anweisung, diese Kleidung zu tragen, verstößt, kann auch eine Abmahnung erfolgen. Zumal, wenn in der Arbeitsplatzbeschreibung schriftlich fixiert ist, dass PSA getragen werden muss. Es sollten seitens des Unternehmers vorab klärende Gespräche über die Notwendigkeit der Schutzkleidung und entsprechende Schulungen erfolgen. Großes Thema ist hier auch Lagerung, fachgerechte Aufbereitung und Wartung von PSA.
SBZ: Mit der Bereitstellung alleine ist es also nicht getan – was folgt danach?
Neuzerling: Entscheidet sich der Unternehmer für den Kauf der PSA, muss er natürlich auch die erforderliche Anzahl an Nachschub und Ersatz für die Mitarbeiter bereitstellen. Zudem hat er für die fachgerechte Pflege und Reinigung zu sorgen – er muss laut Gesetzgeber ja die normgerechten Eigenschaften der eingesetzten Schutzkleidung auch nach der Wäsche gewährleisten. Zudem muss er die Wartung und Reparatur sicherstellen und sie dokumentieren, sprich in festgelegten Prüfintervallen unverzüglich eventuelle Mängel an der Kleidung aufzeigen und sie fachgerecht reparieren lassen oder gegen neue austauschen. Darüber hinaus sollte die PSA an einem trockenen, sicheren Ort gelagert werden. Im Leasing sind diese Leistungen inklusive.
SBZ: Klingt umfangreich – was ist denn bei der Pflege zu beachten?
Neuzerling: Einiges. Zu beachten sind natürlich unbedingt die Pflegehinweise der Hersteller, da ansonsten die schützenden Elemente beschädigt oder sogar zerstört werden können. Beispiel: Chemikalienschutz, der keine ausreichende Nachimprägnierung erhält, verliert seine komplette Schutzwirkung. Oder Schweißerschutzkleidung, die nicht gründlich genug gespült wurde, kann bei Kontakt mit einer Flamme anfangen zu brennen. Gerade die Sicherstellung der dauerhaften Schutzfunktion ist hier für jedes Unternehmen eine Herausforderung. Deshalb ist wichtig: Der komplette Aufbereitungsprozess muss von der Sortierung über die Zusammensetzung der Waschmittellauge bis zur sachgemäßen Reparatur auf die besonderen Anforderungen der jeweiligen PSA abgestimmt sein. Hier ist eine Zusammenarbeit mit professionellen Textildienstleistern sinnvoll, die solch spezifische Wasch- und Bearbeitungsprozesse täglich anwenden.
SBZ: Thema Reparatur – wie muss das geregelt sein?
Neuzerling: Hier müssen die Unternehmer sicherstellen, dass Reparaturen mit Originalmaterial durchgeführt werden. Aus gutem Grund. Denn nicht nur unsachgemäße Wäsche, sondern auch Schäden an der Kleidung oder eben Reparaturstellen, verändern die ursprünglichen Eigenschaften.
SBZ: Und was ist mit Logos und Emblemen auf der PSA?
Neuzerling: Da es sich bei Schutzkleidung um zertifizierte Artikel handelt, darf die Veredelung – also das Aufbringen von Firmenlogos oder Emblemen – niemals zum Verlust der Baumusterprüfung und zur Einschränkung der Schutzwirkung führen. Auch hier darf keine Schweißperle durchglimmen oder Säure auf die Haut durchdringen … Die Veredelung muss sich deshalb in Material, Format und Verarbeitung exakt den Anforderungen der PSA anpassen. Schon aus haftungsrechtlichen Gründen empfiehlt es sich auch hier, die Veredelung immer von einem Fachunternehmen mit entsprechender Erfahrung durchführen zu lassen.
SBZ: Herr Neuzerling, vielen Dank für die interessanten Erläuterungen.
Info
Gefährdungsbeurteilung
In der Gefährdungsanalyse kommt es darauf an, Gefährdungen zu erkennen. Die anschließende Gefährdungsbeurteilung schafft die Grundlage Maßnahmen zu planen, mit denen der Arbeitsschutz verhindert, dass eine Gefährdung zur akuten Gefahr wird. Wer die Gefährdungsbeurteilung durchführt, hängt vom gewählten Betreuungsmodell ab. In Handwerksbetrieben ist der Inhaber dafür verantwortlich, wenn Gefährdungen festgestellt worden sind. Die Ergebnisse sind zu dokumentieren und fortlaufend zu aktualisieren. Daraus leiten sich die Maßnahmen ab, die im Interesse des Arbeitsschutzes in einem Unternehmen durchgeführt werden.