Nach dem ersten Badkonzept Il Bagno Alessi One haben die Italiener mit Dot ein weiteres Komplettbad im Alessi-Stil inszeniert. Die bekannte italienische Designfabrik von Alberto Alessi in Omegna wurde von dessen Großvater, Giovanni Alessi, 1921 gegründet. Das um fangreiche Produktionsprogramm reicht von verspielten Stylingprodukten bis hin zu Re-Editionen von Designklassikern des Bauhauses. Allein 2000 Küchenartikel sind lieferbar; 2002 wurde gemeinsam mit Laufen und Oras ein Badprogramm eingeführt. Das Unternehmen beschäftigt über 500 Mitarbeiter und der Jahresumsatz beträgt weit über 100 Millionen Euro. Bekannte Designobjekte aus der Alessi-Produktion sind beispielsweise auch die Wasserkessel von Michael Graves und Richard Sapper sowie die in ihrer Funktionalität umstrittene Zitronenpresse Juicy Salif von Philippe Starck. SBZ-Redakteur und Designspezialist Frank A. Reinhardt traf den umtriebigen Firmenchef Alberto Alessi bei einer Tasse Kaffee anlässlich einer Ausstellungseröffnung in Münster.
SBZ: Die Marke Alessi ist auch in Deutschland sehr bekannt. Fragt man nach einem bekannten Designer, nennen viele Alessi. Viele wissen nicht, dass Sie lediglich das Designmanagement selbst betreiben und in diesem Rahmen verschiedene Designer einbinden. Können Sie mit dieser Fehleinschätzung leben?
Alessi: Wir haben eine Meinungsumfrage in Frankreich gemacht, bei der herauskam, dass Alessi mit einem berühmten Rennfahrer assoziiert wird. Das beunruhigt mich aber nicht.
SBZ: Einen neuen Markt und den Weg ins Badezimmer hat Ihnen ihre Kooperation mit dem Chemiehersteller Henkel eröffnet. In einem Markt, in dem die Margen im Promille-Bereich liegen, konnte der WC-Duftstein „Alessi-Surfer“ durch Ihr Design bzw. Ihren Namen höhere Erlöse erzielen.
Alessi: Wir setzen Design nicht ein, um mehr Geld zu verdienen. Design ist in unserer Identität als italienisches Markenunternehmen schon lange verankert. Wir versuchen einfach, das beste zeitgenössische Design herauszubringen. Dass Design manchmal etwas mehr kostet, ist für uns eher zweitrangig. Ein deutsches Marktforschungsunternehmen hat herausgefunden, dass unser Markenimage in Deutschland durch die Kooperation mit Henkel etwas gelitten, Henkel im Gegenzug etwas gewonnen hat. Viele Konsumenten können keine Verbindung zwischen gutem Design und der Funktion des Spülsteins herstellen.
SBZ: Haben Sie lange überlegt, ob Sie Ihren Namen in einen WC-Duftstein einbringen sollen?
Alessi: Vielleicht fünf Minuten, denn ich liebe die Herausforderung. Ich mag es, auf schwierigem Gebiet zu arbeiten.
SBZ: Und mit Unterstützung von Oras und Laufen haben Sie nun das Badezimmer neu entdeckt?
Alessi: Ja! Das Bad ist sehr exklusiv, weil Preis und Qualität auf einem sehr hohen Niveau sind. Vielleicht ist unsere zweite Kollektion sogar ein wenig zu anspruchsvoll in Sachen Geschmack.
SBZ: War die erste Kollektion ein so großer Verkaufserfolg, oder gab es einen anderen Grund, eine zweite Bad-Kollektion zu entwickeln?
Alessi: Es war eine strategische Entscheidung, weil die erste Kollektion immer erfolgreicher wurde, und wir mit unseren Partnern weiter zusammenarbeiten wollten. In der Sanitärbranche muss man alle fünf bis sechs Jahre etwas Neues bringen und freie Märkte und Produktbereiche besetzen.
»Wir versuchen einfach, das beste zeitgenössische Design herauszubringen«
SBZ: Der Innovationsdruck ist doch eher noch höher. Früher reichte es, alle zwei Jahre zur Messe ISH eine Neuheit zu präsentieren; inzwischen wird von einem Hersteller jedes Jahr etwas Neues erwartet.
Alessi: Wir brauchen mindestens fünf Jahre für eine Kollektion. Schneller können und wollen wir keine Neuheit in diesem Bereich auf den Markt bringen.
SBZ: Warum haben Sie bei Alessi Dot mit dem niederländischen Architekten Wiel Arets zusammengearbeitet?
Alessi: 2003 trafen wir uns mit vielen Architekten, um herauszufinden, ob die Chemie zwischen uns stimmt und ob ein Talent für Industriedesign dabei ist. Wiel Arets war einer von drei Menschen, die mich besonders interessiert hatten. Anfang 2004 starteten wir dann mit der Entwicklung der Kollektion Dot.
SBZ: Die Waschtische und insbesondere die Armatur polarisieren sehr. Einige finden sie gar hässlich.
Alessi: Wir haben das oft diskutiert, weil ich anfangs einen ähnlichen Eindruck hatte. Um den Eindruck einer Fontäne zu erzielen war es der Wunsch von Wiel Arets, für die Armatur ein besonders großes Rohr zu verwenden. Ich habe die Verantwortung für die Entwicklung aus Sicht des Designmanagements, Wiel Arets ist für das Design zuständig. Ich denke, ich sollte die Kreativen nicht zu sehr beeinflussen.
SBZ: Haben Sie die zweite Kollektion schon in Ihrem Badezimmer zu Hause?
Alessi: Noch nicht, weil ich gerade begon-nen habe, zu bauen. Ich werde das Haus zusammen mit einem Feng-Shui-Berater umbauen.
SBZ: Wird es eine dritte Alessi-Bad-Serie geben?
Alessi: Wir machen definitiv eine dritte Badezimmer-Kollektion, die in vier oder fünf Jahren erscheinen wird. Über die Ausrichtung habe ich noch nicht entschieden.
»Ob ich mit einem unbekannten Designer oder mit Philippe Starck zusammenarbeite – am Ende des Tages zählt nur das Produkt«
SBZ: Viele Inhaber von Design-Marken sind Befürworter der These, dass Design heute etwas ganz Normales ist. Sie suchen nach zusätzlichen Inhalten, die nach dem Design unsere Produktwelt prägen werden.
Alessi: Es wird sicherlich eine Evolution im Design geben. Dies ist aber eine langjährige Entwicklung, die nicht heute oder morgen anhalten wird.
SBZ: Es scheint aber doch, dass das Thema Design an einem weiteren Höhepunkt angekommen ist. Denken Sie nur an den Boom von Design-Auktionen.
Alessi: Die 80-er und 90-er Jahre waren eine erfolgreichere Zeit. Wir haben heute einen kritischen Punkt erreicht, weil Design auch vielfach missbraucht und inflationär eingesetzt wird. Und es gibt zurzeit so viel schlechtes Design. Es ist heute schwer, Design zu machen, weil das Verständnis dafür heute so unpräzise ist. Ich sehe darin auch für Hersteller eine große Herausforderung.
SBZ: Was halten Sie von dem momentanen Star-Kult?
Alessi: Meine Kunden interessieren sich nicht so sehr für diesen Starkult. Ob ich mit einem unbekannten Designer zusammenarbeite oder mit Philippe Starck – am Ende des Tages ist das nicht mehr wichtig, nur das Produkt zählt. Wenn das Produkt von Starck entworfen wurde, schreiben jedoch viele Journalisten darüber, und man spricht mehr über dieses Produkt. Aber im mittleren Lebenszyklus ist kein Unterschied mehr auszumachen. Natürlich spielt die Designqualität auch noch eine Rolle. Philippe Starck hat sicherlich größere Chancen, ein interessantes Projekt zu realisieren. Weil er viel Erfahrung hat und ein großes Talent ist. Man wird schließlich nicht als Design-Star geboren. Design-Star wird man, weil man Talent hat und etwas Glück gehabt hat.
SBZ: Woher resultieren die vielen außergewöhnlichen Ideen und Produkte Ihres Hauses?
Alessi: Wir erhalten jedes Jahr Post von rund 350 Designern. Wir organisieren fünf bis sechs Workshops im Jahr und laden dazu ein. Wir sammeln somit viele Informationen und kennen so viele Projekte. Aus diesen Workshops gehen jedes Jahr fünf bis sieben junge Designer hervor, mit denen wir neue Produkte erarbeiten. Somit wird unser Ideenspektrum immer größer.
SBZ: Vielen Dank fürs Gespräch, wir sind bereits jetzt auf Il Bagno Alessi Tre gespannt.