Wie unsere Kunden im Alter wohnen, wollen bestimmen sie größtenteils selbst. Die meisten älteren Menschen möchten ihre Lebensgewohnheiten aufrechterhalten und in ihrer vertrauten Umgebung bleiben. Dies erfordert, dass wir das Lebensumfeld langfristig gedacht so einrichten, dass die Menschen sich möglichst dauerhaft und ohne fremde Hilfe zurechtfinden. Gerade das Bad ist in den letzten Jahren ein wichtiger Lebensraum geworden, der in erster Linie unter Lifestyleaspekten ausgestattet wird. Die zunehmende und ernstzunehmende Konsumentengruppe der so genannten „Best Ager“ stellt hohe Ansprüche an das eigene Lebensumfeld und die Einrichtung der eigenen Wohnung/des Hauses. Die möglichst aktive Teilnahme am Leben gilt es durch die Aspekte Komfort und Ästhetik gerade auch im Bad zu unterstützen und zu fördern. Hierbei sind Produkte gefragt, die nicht stigmatisieren, sondern ein angenehmes Ambiente mit Wohlfühlcharakter schaffen. Der Sanitärbranche eröffnen sich neue Möglichkeiten, wenn Beratungs- und Planungskompetenz sowie das Einrichtungsangebot stimmig erscheinen. Komplettlösungen in der Badgestaltung greifen den gleichzeitigen Anspruch an Komfort und Ästhetik auf und schaffen ein Wunschbad für alle Lebensabschnitte – idealerweise mit Nachrüstgarantie für barrierefreie Produkte oder aber bei Umbau direkt abgestimmt auf barrierefreie Belange.
Planungsgrundlage DIN Normen
Derzeit gelten die DIN 18024 Teil 2 (1996 – öffentliche Gebäude) und 18025 Teil 1/2 (1992–Wohnungen) für barrierefreies Bauen. Zukünftig werden die DIN 18024 Teil 2 und DIN 18025 Teil 1/2 in der neuen DIN 18040 zusammengefasst. Damit soll die Akzeptanz erhöht und die Planungs- und Baupraxis vereinfacht werden. An der Normungsarbeit beteiligen sich unter anderem Architekten, Kommunen, Verkehrsbetriebe und Behindertenverbände.
Die DIN 18025 Teil 1 „Barrierefreie Wohnungen – Wohnungen für Rollstuhlbenutzer“ gilt für die Planung, Ausführung und Einrichtung von rollstuhlgerechten, neuen Miet- und Genossenschaftswohnungen und entsprechender Wohnanlagen. Rollstuhlbenutzer müssen alle zur Wohnung gehörenden Räume und alle den Bewohnern der Wohnanlage gemeinsam zur Verfügung stehenden Räume befahren können. Die DIN 18025 Teil 2 „Barrierefreie Wohnungen – Planungsgrundlagen“ gilt für die Planung, Ausführung und Einrichtung von barrierefreien, neuen Miet- und Genossenschaftswohnungen und entsprechender Wohnanlagen. Die Wohnungen müssen für alle Menschen nutzbar sein. Dies gilt insbesondere für Blinde und Sehbehinderte, Gehörlose und Hörgeschädigte, Gehbehinderte, Menschen mit sonstigen Behinderungen, ältere Menschen, Kinder, klein- und großwüchsige Menschen. Für den privaten Wohnungsbau haben die Normen nur einen empfehlenden Charakter. Es kann nicht darum gehen, sämtliche Forderungen zu erfüllen. Was sinnvoll und nötig ist, kann umgesetzt werden und ist ökonomisch jederzeit vertretbar.
Planungsparameter für ein barrierefreies Bad
Die Erfahrung zeigt, dass insbesondere Sanitärräume leider häufig zu klein bemessen und ungünstig ausgestattet werden. Das hat zur Folge, dass sie von vielen älteren Menschen gar nicht oder nur sehr schwer zu benutzen sind. Die Tauglichkeit von Sanitärräumen wird wesentlich durch ihre Größe und Anordnung der zur Verfügung stehenden Bewegungsräume bestimmt. Die notwendigen Bewegungsflächen für barrierefreies Bauen erhöhen bei guter Grundrissplanung nur geringfügig den Flächenbedarf. Dies wird erreicht durch eine multifunktionale Überlagerung von Verkehrs- und Nutzflächen, indem unnötige Flure vermieden und Aufenthaltsräume zur Erschließung der übrigen Wohnung genutzt werden.
Für ein barrierefreies Bad werden weitere Anforderungen, über die Vorgaben der DIN 18022 hinausgehend, an Bewegungsflächen und Sanitärausstattungsgegenstände gestellt. Die geforderten Bewegungsflächen von 1,20 x 1,20 m (DIN 18025-2) und 1,50 x 1,50 m (DIN 18025-1) vor dem WC, dem Waschtisch und im Duschbereich dürfen nicht durch Möbel etc. verstellt werden. Die Bewegungsflächen können sich aber überlagern, um wirtschaftliche Raumgrößen zu erhalten – ein entscheidender Faktor bei der Renovierung. Bei der Planung von barrierefreien Sanitärräumen mit den dazugehörigen Ausstattungsprodukten soll eine möglichst selbständige Nutzung des Bades erzielt werden.
WC frühzeitig für Griffe vorrüsten
Stütz- und Haltegriffe erleichtern das Überwechseln vom Rollstuhl auf das WC bzw. gewährleisten ein sicheres Aufstehen, Festhalten und Hinsetzen für mobilitätseingeschränkte Menschen. Querschnitte, die der Hand angepasst sind, verbessern die Koordination und Kraftübertragung. Optimal sind Profilquerschnitte von 3 bis 4,5 cm für Handläufe sowie Stütz- und Haltegriffe. Montagehöhen und Abstandsmaße sind in der DIN angegeben. Die Höhe des WCs sollte einschließlich Sitz 48 cm betragen – dies entspricht der durchschnittlichen Sitzhöhe eines Rollstuhls. Im privaten Bereich sollten diese Maße individuell auf den Benutzer abgestimmt sein. Die Stützklappgriffe – Achsabstand 35 cm Mitte WC/Mitte Griff – werden in 85 cm Höhe montiert. Erwachsene und Kinder, aber auch Rollstuhlfahrer können die Greifhöhe von 85 cm gut erreichen. Ebenso wie die Stützklappgriffe werden auch weitere Ausstattungsgegenstände in einer Höhe von 85 cm montiert: z.B. Handläufe, Lichtschalter, Türdrücker, waagerechte Haltegriffe, Armaturen. Bereits in der Planungsphase ist eine entsprechende Vorrichtung der Wände für die Befestigung von Stütz- und Haltegriffen vorzusehen – insbesondere im Dusch- und WC-Bereich. Verschiedene Hersteller bieten hier Möglichkeiten für die Vorrüstung solcher Systeme an.
Die Kräfte, die auf den Wandaufbau und die Fliese wirken, sind nicht zu unterschätzen. Bei punktueller Befestigung greifen die Kräfte an zwei Stellen, die nahe beieinander liegen. Daraus ergeben sich dreifach höhere Auszugskräfte und es besteht die Gefahr von Rissen. Bei einer flächigen Befestigung – Rosette oder Grundplatte – wird die Kraftaufnahme wesentlich besser verteilt. Die Auszugskraft ist hier deutlich geringer. Haltbarkeit und Belastungsfähigkeit werden durch eine flächige Befestigung erheblich verbessert.
Waschtische mit Einhebel-Mischbatterien ausstatten
Waschtische müssen auch im Sitzen von einem Hocker oder Rollstuhl aus benutzt werden können. Durch Unterputzsiphone bzw. Flachaufputzsiphone wird die Unterfahrbarkeit gewährleistet und Verletzungsgefahr ausgeschlossen. Waschtische mit einer Innenwölbung der Vorderkante sind ergonomisch günstiger, da sie gut angefahren werden können und ein Vorbeugen des Oberkörpers ermöglichen. Waschtische sollen mindestens 55 cm tief sein, damit man bei verminderter Beweglichkeit des Oberkörpers so weit wie möglich an die Vorderkante des Waschtisches heranfahren kann. Der dazugehörige Spiegel – Kippspiegel oder durchgehender Spiegel – sollte sich sowohl für sitzende als auch für stehende Personen in einer geeigneten Höhe befinden. Für die vielen Utensilien im Bereich des Waschtisches sind entsprechende Ablageflächen und Aufbewahrungsmöglichkeiten im Greifbereich vorzusehen. Armaturen sollten als Einhebel-Mischbatterien mit Temperaturbegrenzer vorgesehen werden, um Verbrühungen durch heißes Wasser zu vermeiden.
Bodenebene Duschen in XXL
Die bodenbündigen Duschsysteme werden auch im Privatbad immer häufiger eingesetzt. Sie sorgen nicht nur in jungen Jahren, sondern auch im Alter für mehr Sicherheit und Komfort. Der Duschbereich muss mit dem Rollstuhl befahrbar bzw. stufenlos begehbar sein. Die Körperpflege beim Duschen erfordert komplexe Bewegungs- und Handlungsabläufe, wobei Duschhandläufe das sichere Festhalten im Nassbereich unterstützen. Die Montagehöhe des Duschsitzes richtet sich nach den ergonomischen Bedürfnissen des Nutzers. Der Fußkontakt zum Boden, der für sicheres Sitzen besonders wichtig ist, sollte jederzeit gewährleistet sein. Ein leicht verstellbarerer Brausehalter ermöglicht das Duschen im Sitzen und Stehen. Bodenbeläge im Bad müssen rutschsicher sein, z.B. Fliesen mit entsprechender Rutschhemmklasse bzw. kleinformatige Fliesen mit einem hohen Fugenanteil, um die Sturzgefahr zu senken.
Barrierefrei ist heute schon fast selbstverständlich
Barrierefreies Bauen stellt ein zukunftsgerichtetes Qualitätsmerkmal im Wohnungsbau dar, welches der demografischen Entwicklung Rechnung trägt und den zukünftigen Anforderungen des Marktes gerecht wird. Barrierefreie Gestaltung und der Einsatz von universellem Design bietet auch im privaten Bereich „Investitionssicherheit“, zu deren wichtigsten Kriterien langfristige Akzeptanz und universelle Nutzbarkeit gehören. Zukunftsorientierung heißt heute „Barrierefreiheit“ oder „Universelles Design“. Es gilt die Idee des barrierefreien Bauens kreativ so umzusetzen – mit dem Verständnis der Normen im Hintergrund – dass ästhetische und intelligente Lösungen entstehen, bei denen sich die Bewohner wohl fühlen und die die Menschen nicht ausgrenzen.
Weitere Informationen
Unsere Autorin Katja Schultze (Dipl. Ing. Innenarchitektur) plant im Hewi Service Center Barrierefrei, 34454 Bad Arolsen, E-Mail: kschultze@hewi.de, Internet: http://www.hewi.de