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Der neue SBZ-Styleguide

Der Einrichtungsmarkt ist von den individualistischen Ansprüchen unserer Gesellschaft geprägt. Auch das Bad macht hier keine Ausnahme, Investitionsaufwand hin oder her. Die Zeiten von 08/15-Bädern und Standardprodukten ist vorbei. Heute bietet der Sanitärmarkt eine Fülle von Kollektionen unterschiedlichster Machart und Optik: Das klassische wandhängende Waschbecken wird von alternativen Typen wie Einbaubecken, Aufsatzschale, Säulenwaschtisch, Flächenwaschtisch und anderem mehr begleitet – und das oft noch in einer einzigen Kollektion.

So haben wir in der SBZ 5/2015 alle in Deutschland über den dreistufigen Vertriebsweg zu ordernden Badkeramikserien inklusive Farben, Formen und Preisen (siehe auch www.sbz-online.de) vorgestellt. Die Kollektionen unterscheiden sich durch Designkonzept, Material, Dekor, Stilelemente, Oberflächen und Kombinationsmöglichkeiten mit Armaturen und Möbeln. Es gibt Produkte im Retro-Look, im Landhausstil, mit mediterranem Design sowie passende Programme für die Gründerzeit- und die Bauhaus-Villa oder das Fabrikloft. Es gibt sie in Keramik, Glas, Mineralguss, Stein und Metall (ja sogar in Holz), es gibt Bäder, die als modisches Ensemble angeboten werden, Bäder mit Stilmöbeln, spacige, minimalistische oder extravagant opulente Bäder, Sanitärprodukte in eckigen, runden, organischen, kubischen oder geschwungenen Formen, mit und ohne eingebrannte Ornamente, matt und hochglänzend. Da kann man schon mal den Überblick verlieren.

Nach Gemeinsamkeiten sortiert

Aber haben diese vielen unterschiedlichen Stilausprägungen nicht vielleicht doch irgendetwas gemeinsam? Etwas, das Anhaltspunkte liefern könnte für eine Kategorisierung, die Planern und Installateuren ein Hilfsmittel an die Hand geben würde, Ausstellungen zu gestalten und ein Gefühl für die jeweils gewünschte Stilebene zu entwickeln? Die es auch den Kunden erleichtern würde, herauszufinden, was das Richtige für sie ist?

Wir haben für die SBZ-Leser eine Kategorisierung der gängigsten Keramik-Kollektionen entwickelt, die wenig verzweigt ist und auf Klischees wie „maritim“ oder „urban“ verzichtet, dafür aber die zugrundeliegenden Motive und Designkonzepte definiert – etwa eine nostalgisch motivierte Geschmacksausrichtung, eine grundsätzliche Lust an expressiv-modischem Lifestyle oder aber an neuen Formen, die abstrakten Gestaltungsprinzipien folgen. Im Ergebnis haben wir fünf große Schubladen aufgetan, in denen sich Kunden wiederfinden können. Innerhalb dieser fünf Stilebenen „Classic“, „Modern“, „Lifestyle“, „Harmony“ und „Nature“ ist eine breite Spannweite von Kollektionen zu finden, deren charakterstärkste Vertreter unterschiedliche Pole repräsentieren. So lässt sich jeder Stil puristisch oder extravagant, zurückhaltend oder profiliert, handwerklich-schlicht oder schwelgerisch-opulent interpretieren, je nach Temperament des Nutzers. Und tatsächlich lässt die Vielfalt der Kollektionen eine solche graduelle Differenzierung innerhalb der Kategorien auch zu.

Einige Kollektionen ohne einheitliche Formensprache

Auffällig ist, dass es einige Kollektionen gibt, die sich stilistisch nicht gerne festlegen lassen. Und zwar nicht, weil sie in keine der Kategorien passen, sondern weil sie keine stringente Designsprache durchhalten. Bei dem Fehlen einer einheitlichen Formensprache ist eine Zuordnung natürlich schwierig. Zudem scheinen im medialen Diskurs manche der beschriebenen Kategorien überrepräsentiert zu sein, während ein Gros der Kollektionen zwar viel verkauft, aber wenig promotet wird. So finden sich in unseren Beispielen sicherlich zu wenige Kollektionen, die innerhalb des Classic Style den betont schlichten wie auch den opulenten Pol besetzen, und auch die nach wie vor äußerst beliebten Landhausstilbäder, wie sie von True Oak (Villeroy & Boch) und vielen anderen Kollektionen bedient werden, scheinen unterrepräsentiert. In unserem Styleguide markieren sie einen der Pole von Natural Style (wir haben dafür den Namen „Natural Culture“ eingeführt), doch in der Fachpresse tauchen sie seltener auf, als es ihrem Anteil entspräche.

Noch eines sei vorweg gesagt: Natürlich ist keine der hier definierten Stilebenen als absolut zu verstehen. Es gibt Überschneidungen und es gibt Kollektionen, die verschiedene Stilelemente vermischen. Auch kann sich durch die Wahl der Oberfläche der Charakter einer Kollektion leicht verschieben, vor allem, wenn sie sowieso zwischen zwei Stilebenen schwingt. In solchen Grenzfällen orientiert sich der SBZ-Styleguide zumeist an der Form des Waschtischs, denn sie ist häufig der Ausgangspunkt bei der Entwicklung einer neuen Kollektion. WC und Bidet sind dann die weiteren Orientierungspunkte zur Einordnung in eine Stilkategorie. Auch Möbeloberflächen und das Umfeld, in welchem die Produkte fotografiert worden sind, geben Aufschluss darüber, in was für einer Stilwelt die Kollektion sich bewegt. Bleiben Zweifel, hilft dann noch ein Blick in die Vermarktungsunterlagen des Sanitärspezialisten – hier lässt sich im Idealfall dann die jeweilige Positionierung nachvollziehen.

Manchmal stecken hinter der Wahl unterschiedlicher Stile auch ähnliche Motive. Dann werden unterschiedliche Stile gerne mal durcheinandergeworfen, etwa so, wie es häufig beim Classic Style und dem Landhausstil geschieht, den wir seinem Grundmotiv (Sehnsucht nach einem naturnahen Lebensstil) entsprechend dem Natural Style zugeordnet haben: Beide sind nostalgisch motiviert, verwenden aber beim Zitieren historischer Formelemente unterschiedliche Stilebenen – wo das eine eher urban geprägt ist, steht das andere eher im ländlichen Kontext; Classic Style soll in erster Linie repräsentativ, Landhausstil klassischerweise romantisch wirken; während der Erstere den Luxus beschwört, folgt der Letztere einem Ideal der Einfachheit und wählt kunsthandwerkliche Details und Motive aus der Volkskunst als Schmuckform. Gleichwohl wird niemand Anstoß daran nehmen, wenn ein Bauherr eine Kollektion des Classic Style für ein im Landhausstil gestaltetes Badezimmer verwendet. Denn letztendlich ist nur eines entscheidend: das Empfinden jedes Einzelnen.

Harmony Style

Everybody’s Darling Ein modernes und schönes, zeitgemäßes Bad ohne Extravaganzen, aber mit viel Stauraum und Komfort.

Die Basis von Harmony ist das traditionelle Formenrepertoire des Sanitärdesigns der letzten 50 Jahre: modern, zweckmäßig, effizient in der Herstellung wie in der Nutzung. Auch der finanzielle Faktor spielt in dieser Kategorie eine größere Rolle: Viel Design für wenig Geld ist das beliebteste Kaufargument. Hier sind keine Experimente gefragt, die Formen sind bekannt und bewährt und vermitteln schon dadurch Sicherheit und Verlässlichkeit. Harmony-Kollektionen vermitteln das gute Gefühl, auf der Höhe der Zeit zu sein, ohne sich stilistisch allzu weit aus dem Fenster lehnen zu müssen. Aufsatzschalen als Waschplatz gelten als unergonomische Extravaganz und sind in dieser Stilkategorie eher selten zu finden. Wo der Waschtisch nicht als wandhängendes Solitärelement gewählt wird, das von allen Seiten gut zugänglich ist, wird er in Unterschränke integriert, die aber selten breiter sind als der keramische Waschplatz – ausufernde Ensembles laden nur zur Ablage von Krimskrams ein und sind schwer sauber zu halten. Dann doch lieber den Platz für Hochschränke mit viel Stauraum für die ganze Familie nutzen oder für ergänzende kleine Schränkchen, alles möglichst in pflegeleichter wandhängender Montage. Armaturen spiegeln den technischen Standard der Zeit wider: Einhebelmischer in allen gängigen Formen, aber fast immer mit der Oberfläche Chrom bilden den State of the Art.

Harmony will es möglichst vielen Nutzern recht machen. Wegen des breiten Konsenses, den die Produkte und Kollektionen dieser Stilkategorie finden, werden sie auch gerne im Objektgeschäft verwendet. Die Ästhetik von Harmony ergibt sich aus der vorsichtig dosierten Übernahme weniger Elemente der profilierteren Kategorien wie etwa des geradlinigen Waschtischs aus Modern, der Farbgebung von Lifestyle oder des ein oder anderen dekorativen Elements aus Nature. Diese Elemente werden mit der Designtradition normgerechter Sanitärkollektionen in Einklang gebracht. Darüber hinausgehende dezente Gestaltungselemente in Form einer besonderen Kantenform, die sich als Erkennungsmerkmal durch eine ganze Kollektion zieht, oder besonders betonte Griffe bzw. Griffleisten sind Möglichkeiten der Individualisierung innerhalb einer Stilwelt, die stets den größten gemeinsamen Nenner sucht. Dabei reicht die Bandbreite von eher robust-puristischen bis zu betont ergonomischen Formen und breiten Bedienelementen, die besonders viel Komfort bieten und dies auch in der meist gedeckten Oberflächenwahl ausstrahlen. Dazwischen finden sich auch Kollektionen, die sowohl dem Pragmatismus familiärer Nutzung entgegenkommen – und damit ganz unterschiedliche Ansprüche und Geschmäcker zu vereinen haben – als auch dem Individualisten Gestaltungsspielräume bieten, die sich am Lifestyle orientieren. Hierzu zählen nicht nur tendenziell modische Oberflächen, sondern auch Sanitärobjekte, deren Formensprache zarte Lifestyle-Charakterzüge annimmt – mal weich gerundet, mal glatt gebügelt mit planer Optik. Vor allem aber bieten die Harmony-Kollektionen oft im ergänzenden Badmöbelbereich Optionen zur Individualisierung an. Die professionellsten darunter warten mit modularen Programmen und austauschbaren Fronten, Rückwänden oder Blenden auf. Doch auch hier gilt: Stauraum geht vor.

Classic Style

Bad mit Tradition Möbelige Produkttypen, historisierende Formen und dekorative Details machen dieses Bad zu einer Zeitmaschine in eine luxuriöse Welt, in der noch alles in Ordnung war.

Die Ästhetik von Classic basiert auf dem Wiederaufgreifen alter Formensprachen. Im Unterschied zum Landhausstil werden diese Formen jedoch mit einem repräsentativen Anspruch verknüpft, der sich auf zeitgenössische Vorstellungen historischer Lebensstile irgendwo zwischen Bürgertum und Aristokratie zurückführen lässt. Die Form ist hier ein Zitat, das den Badbesitzer kulturell in eine Reihe stellt mit dem Stilwillen vergangener Epochen. Seine Wirkung ist daher die einer „gelernten“ Eleganz.

Bäder im Classic Style stehen aber nicht etwa nur in alten Villen oder eleganten Apartmenthäusern; sie sind überall dort zu finden, wo die Symbolkraft traditioneller Formen beschworen wird – auch und gerade in modernen Häusern. Denn sie verleihen dem Neuen Seele und Kultur, sind repräsentativ und üben häufig eine beruhigende Wirkung aus. Sie sind Bestätigung und Aufforderung zugleich, sie halten an zu Ordnung und Stilbewusstsein. Classic Style knüpft an alte Werte an und ist daher nicht selten Ausdruck des Widerstands – in Ablehnung der Seelenlosigkeit einer als unterkühlt empfundenen Moderne und der Eile, mit der alte Strukturen demontiert werden. Ein Zeichen gegen die Zeit an sich.

Einbauzeilen sind ein modernes Phänomen, das ursprünglich (in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts) aus der Notwendigkeit für Raumeffizienz und aus Leidenschaft für ergonomische Funktionalität entwickelt wurde. Da beides in einer repräsentativen Stilwelt keinen Sinn macht, findet man – unabhängig von der tatsächlichen Raumgröße – im Classic Style eher solitäre Sanitärobjekte: frei stehende Badewannen oder Badewannen mit hochwertiger Verkleidung (etwa Marmor oder hochwertige Fliesen), Säulenwaschtische oder in steinerne Abdeckplatten eingelassene Keramikbecken, mehr wandhängende Waschtische (gerne mit Konsole) als Waschtischeinheiten mit Unterschrank, mehr solitäre Spiegel als Spiegelschränke. Allem ist ein Formwillen anzusehen: Übergänge und Abstufungen werden mit Kehle und Wulst gestaltet (gerade auch beim Wandanschluss), aus den Details spricht Raffinesse, ein romantisches Oval sitzt im rahmenden Rechteck, Ecken werden abgetreppt, und auch das Achteck spielt immer wieder eine Hauptrolle bei den Kollektionen dieses Stils. Rohrgestänge in Edelstahl oder Messing als Basis für Waschtisch und Gestaltungselement bei Armaturen, Duschstangen und Handtuchhaltern verweisen auf die Anfänge moderner Installationssysteme. Verwendet werden überwiegend traditionelle, naturnahe Materialien wie Keramik, Marmor, Holz und Fliesen (häufig mosaikartig verarbeitet), klassische Badfarben (Weiß, Braun, Schwarz, Gold/Messing), Farb-Kombinationen (Weiß mit Blau, Weiß mit Schwarz, Weiß mit tendenziell dunklen Holztönen) sowie bevorzugt robust wirkende Metalllegierungen. Alles wirkt massiv. Bei Form und Material wird damit die badeigene Ästhetik der letzten 200 Jahre zitiert. Dabei hat jedoch die Formensprache der Keramik wie auch der Armatur die Verfeinerung der letzten Jahre aufgenommen und zeigt sich schlanker und moderner, verwendet neben Kreuzgriff und Schwanenhals-Kran auch mal alternative Formen – so gut wie nie jedoch Einhebelmischer, filigrane Sticks oder gar sensorgesteuerte Armaturen. Überhaupt ist alles, was nach Hightech aussieht, tabu. Was nicht heißt, dass sie nicht doch da ist – wenn auch im Hintergrund.

Der Kern des Classic Style ist die Sehnsucht nach Luxus. Entsprechend opulent kann er interpretiert werden: Rokoko-Formen und Swarovski-Kronleuchter glänzen dann mit goldenen Griffen um die Wette. Das Gros der Classic-Kollektionen bewegt sich jedoch im disziplinierten Gewässer gepflegter Wohnkultur, die zwar historische Formen, aber keine Schnörkel favorisiert. Da Classic Style ein durch und durch eklektischer Stil ist, hat er eine besonders breite Palette und kann sich zur schlichten Seite hin durchaus bis in puristische Bereiche wie etwa den von handwerklichen Qualitäten geprägten Möbelstil der Amish bewegen. Am Ende erschaffen die profilstarken Kollektionen dieser Kategorie aber immer eines: eine andere Welt.

Nature Style

Organisch und natürlich Wasser-Inszenierung und das Design der Sanitärprodukte sind inspiriert von den Formen der Natur – und von den Bildern, die wir uns von ihr machen.

Auf dieser Stilebene wurde eine neue Formensprache entwickelt, die sich nicht so sehr an architektonischen oder designhistorischen Kriterien orientiert wie an jenen Elementen, die wir als natürlich empfinden. Das Design ist Ausdruck eines wachsenden Wunsches nach einem Lebensstil, der sich mit den Naturgesetzen in Einklang befindet. Die Umwelt wird dabei als Wesenheit begriffen, die sich nicht gut mit unserer industriellen Kultur verträgt. Die postindustrielle, digitale Gesellschaft hingegen birgt mit ihrem technologischen Fortschritt und der Fähigkeit, natürliche Strukturen nachzubauen, ein Versprechen auf Annäherung. Aus dieser formalen Utopie erklärt sich die breite Spanne des Nature Style von filigranen organischen Strukturen über fast klobig wirkende Volumen bis hin zu einem nostalgischen Landhausstil, in dem wir die verloren geglaubte harmonische Einheit mit der Umwelt und dem Rhythmus der Jahreszeiten zu erkennen glauben. Deshalb umfasst Nature Style sowohl futuristisch wirkende Kollektionen als auch solche mit rückwärtsgewandten Formen.

Nature lebt von neu entwickelten organischen, puren Formen einerseits („Modern Nature“) und kulturell gewachsenen Formen andererseits („Natural Culture“). Der Bogen spannt sich von fast minimalistischen Designs in feinster Linienführung bis zu wuchtigen Volumen und rustikalen Möbeln mit historisierenden Elementen. Bei der Gestaltung eines Bads im Landhausstil ergeben sich häufig Überschneidungen mit dem Classic Style, dessen repräsentative Formensprache allerdings in dem von Schlichtheit und Einfachheit charakterisierten Stilbild ländlichen Lebensstils weniger authentisch ist.

Runde, weiche Becken mit abgerundeten Kanten und amorphen Silhouetten wirken wie weichgezeichnete Urformen der Schale, in der sich Regen- oder Quellwasser sammelt. Harte Kanten und rechte Winkel sind äußerst selten, und wenn sie doch Verwendung finden, werden sie kontraststark mit runden Formen kombiniert oder per Morphing mit ihnen vereint. Wie aus Stein ausgewaschen, wie aus reinem Material mit gefühlvoller Hand geformt – zumeist aus weißer Keramik oder naturfarbenem Mineralguss irgendwo zwischen Sand und Graphit-Schwarz – thronen die Schalenbecken auf Konsoltischen oder -schränken. Hier wird auch die Waschschale zitiert, die in den Epochen vor der Installation fließenden Wassers im Haus auf die Wäschekommode gestellt wurde. Im Landhausstil ebenfalls beliebt sind in massive Stein- oder Holzplatten eingelassene Waschbecken. An Bambusrohre, gewachsene Strukturen, Steinvorsprünge, filigrane Rinnen, alte Brunnen-Ausgüsse oder Pumpschwengel erinnernde Armaturen und Schwallarmaturen lassen das Wasser wie natürlich in das Becken gleiten. Bei der eher modernen Stilvariante werden dabei meist blankes Edelstahl, Chrom oder auch matt-weiße Legierungen verwendet. Je traditioneller die Stilinterpretation ausfällt, desto mehr (z. T. bäuerliche) Zierelemente und desto weniger Einhebelmischer werden verbaut, desto rustikaler und unverwüstlicher wirken Keramik und Armatur, die häufig eine gebürstete Oberfläche zeigt. Manche Waschbecken erinnern schon fast an Waschtröge. Beim Waschtisch wird auch gerne eine Rückwand gesetzt. Waschtischunterschränke und sonstige Badmöbel signalisieren Massivität; häufig zieren Frontrahmen oder Kassetten die Türen. Und egal, ob modern-futuristisch und organisch oder traditionell im Country-Look: Das Ideal eines Badezimmers im Nature Style ist eine frei stehende Badewanne. Denn hier wird nichts ergonomisch optimiert eingebaut, sondern jedes Objekt als Natur- oder Kulturzitat in Szene gesetzt.

Lifestyle

Trendig und modisch Elegante Interpretation modischer Einrichtungstrends, die unterschiedliche Formen zu etwas Neuem fusionieren lässt.

Lifestyle ist schon per se definiert als Ausdruck zeitgenössischen Stilempfindens. Als solcher ist er zeitgebunden und damit stärkeren Veränderungen unterworfen. Gibt es einen starken Trend zu puristischem Interior Design, wird sich diese Kategorie puristischer zeigen, ist ein verspielterer Umgang mit Design en vogue, wird sich dies auch bei den Lifestyle-Kollektionen niederschlagen. Dennoch wird er sich stets in gleicher Weise von den anderen Stilen unterscheiden: Er sucht aktuelle Tendenzen mit der angestammten Badästhetik zu vereinen und dabei eine perfekte Eleganz zu erzielen. Er geht formal und farblich mit der Mode und ist dabei individueller und oft auch experimenteller als andere Einrichtungsstile im Bad. Gleichwohl sucht der Designer gerade solcher Kollektionen ganz bewusst nach Zeitlosigkeit im lifestyligen Bad – denn diese Branche verzeiht keine Eintagsfliegen. Das Mittel dazu ist Eleganz. Selbst poppig farbige Kollektionen strahlen etwas davon aus, wenn sie gelungen sind, und bewahren dadurch nicht nur Spritzigkeit, sondern auch Charme.

Formal vereinen Lifestyle-Kollektionen derzeit sowohl klassische und moderne Elemente als auch die Ästhetik von Nature Style. Dabei erscheinen die Elemente nicht additiv, sondern wie verschmolzen, nicht modular, sondern wie aus einem Guss. Die Aufsatzschale wirkt nicht aufgesetzt wie ein zusätzliches Element, sondern scheint manchmal förmlich aus der Waschtischplatte herauszuwachsen, und die gesofteten Konturen von Natural Style werden bei Lifestyle auf Möbel und Spiegel übertragen; dabei wirkt Lifestyle leichtlebiger und mutiger, glänzt mit extravaganten Oberflächen. Geschwungene Formen zitieren Modern Nature und Natural Culture, machen daraus aber etwas Neues, das betont modern und minimalistisch erscheint. Bei Lifestyle werden auch die zeitlos-geradlinigen und geometrischen Formen des Modern Style durch lebendige Oberflächen und freche Farbakzente ins Hier und Jetzt gezwungen. Extras wie eine breite Reling als Griff oder Handtuchhalter, farbige Oberflächen von Möbelfronten und -Rückwänden, kupferfarbige Bänder und Griffe, Accessoires oder auch besondere Armaturen sind unauffällige Brücken in den modischen Zeitgeist. Die gekonnte Kombination klassisch-moderner Formen mit trendigen Oberflächen und Accessoires ergibt Bäder mit modernem Chic, der seinen Glanz lange behält.

Die Oberfläche spielt bei Lifestyle eine ganz entscheidende Rolle. Hier findet jeder die ihm entsprechende Farbe und Optik, egal ob hochglänzendes Schwarz, edel gemasertes dunkles Holz oder ätherisches Weiß. Da der Trend zu matten Oberflächen geht, dürfte die Palette der Lifestyle-Kollektionen sich auch in diese Richtung deutlich erweitern. Im Übrigen reicht die Bandbreite dieser Stilebene von schlichten, formal sehr zurückhaltenden Kollektionen, die auch stilunsicheren Badnutzern Wege in einen anspruchsvollen Mainstream bieten, bis hin zu extravaganter Form- und Farbgebung, die sich irgendwo zwischen Minimalismus und Opulenz austobt. Dabei bleibt sie aber immer elegant. Denn Lifestyle ist im urbanen Kontext zuhause, ist vornehm und trendy.

Modern Style

Zeitlos modern Das ist im Modern Style kein Widerspruch, sondern Ergebnis bewährter Regeln, die das Bad zu einem Ruhepol der Klarheit machen, in dem nichts aus der (geraden) Reihe tanzt.

Schon der Begriff „modern“ definiert sich aus der bewussten Überwindung tradierter Formensprache. Die klassische Moderne in der Folge von Le Corbusier, Bauhaus & Co. räumte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit repräsentativen Formen und Zierformen auf, indem sie Produkte nicht nur den ergonomischen Bedürfnissen, sondern auch den neuen Herstellungstechniken anpasste. Das Ziel war es, etwas völlig Neues zu erschaffen, das frei von altem Ballast und für jedermann erschwinglich war und dem damaligen Fortschrittsglauben Ausdruck verlieh. Dies führte letztlich zum Siegeszug des Kastenmöbels, das in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit dem internationalen Stil weltweite Verbreitung fand und uns heute in jedweder Stilebene begegnet.

Der heutige Modern Style agiert im Vergleich zu seinen Anfängen weniger frei und revolutionär, legt aber gleiche gestalterische Maßstäbe an: unverschnörkelt, geradlinig, schlicht schön – so lautet das ästhetische Credo. Es ist die ideale Ergänzung moderner Architektur und verleiht dem Badezimmer eine aufgeräumte, cleane Optik. Möbel und Waschbecken, Waschtisch und Schränke, Badewanne und Architektur bilden eine Einheit. Die ideale Badewanne ist eine, die gar nicht als Volumen erscheint, sondern im Boden oder in einer planen Verkleidung verschwindet. Doch wenn sie schon frei stehen soll, dann bitteschön als klarer geometrischer Körper. Die Armaturen wirken schlicht, dürfen aber auch mal durch eine elegante, mal schwanenhalsige, mal eckig herausragende Geste Akzente setzen – Hauptsache, sie beschränken sich auf das klassische, industrielle Ästhetik verbreitende Material Edelstahl (verchromt oder nicht). Alles wartet auf den Menschen und scheint nur dafür gemacht, benutzt zu werden, als hätte es keinerlei Selbstzweck.

Geradlinig ist oberstes Gebot

Dabei täuscht manchmal der Eindruck, der Modern Style folge in jedem Detail der Forderung nach kompromissloser Funktionalität, die im klassischen Prinzip des „Form follows function“ erhoben wurde. Denn gerade heißt nicht immer auch funktional. Gleichwohl stellt der Modern Style die Ästhetik der geraden oder zumindest geradlinigen Form an die oberste Stelle, um diese aufgeräumte Optik zu erzielen, die wir mit Modernität gleichzusetzen gelernt haben. Und noch etwas hat sich seit den Bauhaus-Gründertagen verändert: Modern ist zu einem Zeichen für Hochwertigkeit und hochwertige Materialien geworden. Dass der Modern Style nicht nur in kubisch-moderne Architektur passt, sondern auch wunderbar in Altbauten funktionieren kann, ist ein weiteres Indiz dafür, dass sich der Modern Style zu einer Stilkategorie entwickelt hat, die eigenen Gesetzen folgt und durchaus dekorative Eigenschaften besitzt. Das oberste Ideal des Modern Style ist nämlich die Zeitlosigkeit und damit setzt er sich über viele modische Tendenzen hinweg und empfiehlt sich durch seine Neutralität und sein elegantes Understatement eben auch für architektonisch weniger neutrale Umgebungen vom Fachwerkhaus über die Gründerzeitvilla bis zum organischen Bauen der Gegenwart.

Auch der Modern Style kennt unterschiedliche Pole. In seiner architektonischen Interpretation beschränkt er sich gerne auf geometrische Grundformen, die symbolträchtig als durchaus handfeste Volumen präsentiert werden. Da erscheint der Kreis eingebettet im Quader, Waschbecken sind auch schon mal zylinderförmig (und dann auch als solitäre Säule zu haben) oder eckig, mal mit, mal ohne abgerundete Kanten. In dieser „Pure Modern“-Variante bezieht sich die Formensprache noch explizit auf das Vorbild der klassischen Moderne. Die Formen sind kompromisslos, puristisch und wenig technikverliebt. Anders die Variante „Modern Minimal“, die eine schon fast lifestylige schlanke Linie fährt und die puristisch-handfeste Lowtech-Optik von Pure Modern ein Stück weit verlässt, um mit LED-Effekten, Sensorsteuerungen, filigraner und manchmal fast scharfkantig wirkender Keramik sowie extrem planer Frontführung (Stichwort: grifflose Oberfläche) eine Hightech-Atmosphäre zu kreieren. Die neuen Techniken bei der keramischen Produktion erlauben eine so schlanke Ausführung keramischer Formen und Flächen mit präziser Kantenführung, dass man fast schon von einer Renaissance der Keramik in moderner Formensprache sprechen kann. Diese schlanke Keramik, die so schwerelos wirkt und zu neuen linearen Lösungen einlädt, führt die Ästhetik von Modern Minimal bis an die Grenze zur Lifestyle-Kategorie. Hier, wo die Volumen zu verschwinden scheinen und Weiß in Weiß übergeht, verschwimmen auch die Grenzen zwischen den Stilebenen.

Weiß als die klassische Farbe des Sanitärdesigns dominiert diesen Stil und wird gerne durch Dunkelkontraste (wie dunkles Holz, Schwarz oder Graphit) betont. Die Oberflächen der Modern-Style-Kollektionen sind zurückhaltend, aber nicht unbedingt glanzlos. Beton, Naturstein oder Highgloss setzen auch schon mal aktuelle Akzente. Entscheidend ist eher die plane Front- und Auflagengestaltung. In der großen Masse jedoch pflegen die Oberflächen durch Unis in Matt oder Glanz, durch klassische Hölzer wie Eiche, Nussbaum oder auch stark gemaserte dunkle Holzdekore das Understatement eleganter Zeitlosigkeit.

Übersicht

Alle Kollektionen auf einen Blick

Die von der SBZ durchgeführte Markterhebung stellt die in Deutschland über den dreistufigen Vertriebsweg zu ordernden Badkeramikserien vor. Eine zum Ausklappen und Herausnehmen erstellte Preis- und Farbübersicht erleichtert den Überblick und ermöglicht die Einstufung der Serien auf einen Blick. Nutzen Sie die SBZ 5/2015 als Wegweiser für Ihre tägliche Praxis. Die Übersicht finden Sie auf

www.sbz-online.de

Extras

Designlexikon

In unserem Extras-Bereich auf www.sbz-online haben wir das Axor-Designlexikon im PDF-Format zum Download hinterlegt. Hier werden alle Begrifflichkeiten noch einmal leicht verständlich erklärt.

www.sbz-online.de/extras

SBZ Tipp

Die neue Badguide-App

Die in der SBZ 5/2015 vorgestellten 86 Badkeramik-Kollektionen bilden die Basis für den neuen SBZ-Badguide. Die Preis- und Farbübersicht erleichtert den Überblick und ermöglicht die Einstufung der Serien auf einen Blick. Dort sind die Serien nach dem SBZ-Styleguide sortierbar. Hinzu kommen Armaturen und Wannenempfehlungen führender Hersteller. Beim Badguide handelt es sich um eine iPad-App in Form einer mobilen Verkaufshilfe für die Präsentation beim Kunden. Nachdem sich das Projekt doch als komplexer als ursprünglich angenommen erwiesen hat, soll die App nun im Oktober 2015 erscheinen. Hier können Sie sich vormerken lassen:

www.sbz-badguide.de

SBZ StyleGuide

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