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Mit unberechtigten Kundenreklamationen umgehen

Erste Regel: Ruhe bewahren

Der Kunde fühlt sich in seinem Selbstwertgefühl verletzt, wenn man seine Reklamation ablehnt. Eine Ablehnung von Kundenansprüchen muss deshalb gut begründet und für den Kunden nachvollziehbar sein. Der Erklärungshintergrund der Ablehnung macht die Situation für den Reklamierenden transparent. Kann er die Gründe für die Absage nachvollziehen, versteht er sie leichter. Ist die Ablehnung ausreichend begründet, wird es für ihn schwierig, weiterhin seine Forderung aufrechtzuerhalten. Nachvollziehbare Begründungen und die Information über Gepflogenheiten sind wirkungsvoller, als an das Verständnis des Kunden zu appellieren („Sie müssen doch auch uns verstehen“), was nur kurzfristig wirkt. Um den Kunden nicht zu verlieren, sucht man nach einer Kompromisslösung.

Im Reklamationsgespräch ist vor allem die Sie-Form zu vermeiden, sie wirkt schnell als Schuldzuweisung und provoziert: „Sie haben den Auftrag im Nachhinein geändert.“ Ohne Schuldzuweisung geht es besser: „Wir mussten Ihre Änderungswünsche, die wir erst später erhalten haben, berücksichtigen.“ Schon das Wort „unberechtigt“ oder „nicht berechtigt“ kann den Kunden provozieren. Besser ist die Formulierung „Wir können hierfür die Verantwortung nicht übernehmen, weil …“ Mit einer wertneutralen Darstellung des Sachverhaltes wird keine Schuld zugewiesen.

Telefonisch oder schriftlich?

Schriftlich abzulehnen ist der einfachste Weg, aber nicht immer zielführend. Die telefonische Absage kostet Zeit und Nerven, aber der Dialog als erster Schritt wirkt stärker als eine Mail. Die Absage erfolgt dann schriftlich. Telefonische Absagen sind oft unangenehm, weil man sich einer Diskussion aussetzt. Das Telefonat kann man kaum vermeiden, weil der Kunde meist gleich anruft, wenn er eine schriftliche Absage erhalten hat.

Textbausteine für Absagen

1. „Es ist für Sie sehr unangenehm, einen negativen Bescheid zu erhalten. Aber wir können Ihre Reklamation aus folgenden Gründen leider nicht anerkennen: ...“

2. „Wir verstehen, dass Sie jetzt enttäuscht sind, wenn wir Ihnen mitteilen, dass wir Ihre Forderungen nicht anerkennen können. Folgende Gründe haben zu dieser Entscheidung geführt ...“

3. „So gern wir auch jede Reklamation im Rahmen der Kulanz regeln würden, letztlich ist uns dies aus Kostengründen nicht möglich. Bitte haben Sie Verständnis, wenn wir für unsere Kunden kostenlose Reparaturarbeiten nur während der Gewährleistungsfrist zusichern können.“

4. „Wir haben uns intern nochmals ausführlich mit Ihrer Reklamation befasst. Haben Sie bitte Verständnis, wenn wir Ihnen nicht weiter entgegenkommen können. Wir möchten von unseren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) im Interesse der Gleichbehandlung aller Kunden nicht abweichen.“

Es gibt Betriebe, die Reklamationen grundsätzlich als berechtigt anerkennen, um Kundenorientierung zu beweisen. Das kann nicht der richtige Weg sein, weil die Forderungen der Kunden dann zunehmen und auch der Eindruck entsteht, dass im Betrieb permanent Probleme auftreten.

Es sollten alle Vorkehrungen getroffen werden, um Kundenreklamationen zu vermeiden. Wird z. B. der Kostenvoranschlag überschritten, weil zusätzliche Arbeiten erforderlich sind, muss der Kunde sofort informiert werden, sonst kommt es zur Rechnungsreklamation. Nachträgliche Erklärungen, weshalb der Rechnungsbetrag höher ausfällt, überzeugen wenig, und es entsteht Missstimmung beim Kunden, wenn er den höheren Betrag unter Druck anerkennen muss. Kulanz zeigt man, wenn man Kundenforderungen wenigstens teilweise erfüllt. Eine Kompromisslösung ist für beide Seiten besser als die Ablehnung.

Druck aushalten

Kunden, die ihre Reklamation durchsetzen wollen, sind meist gut vorbereitet. Sie vergleichen die großzügige Regelung der Reklamation mit ähnlichen Fällen in anderen Firmen und erklären, dass ihre Forderung dem Üblichen entspricht.

Entscheidend ist die Rechtslage: Was ist rechtsverbindlich vereinbart? Wo steht man als Lieferant in der Pflicht? Juristische Auseinandersetzungen gilt es zu vermeiden, es gibt aber Fälle, in denen kein Weg daran vorbeiführt. Andererseits muss man auch den Druck des Kunden aushalten können. Wer nichts ablehnen kann, wird ausgenutzt. Absagen erledigt man gleich nach der Prüfung des Sachverhalts und schiebt sie nicht auf die lange Bank.

Das Wichtigste ist, Ruhe und Gelassenheit im Kundenkontakt zu bewahren. Regt man sich über die Kundenforderungen auf, reagiert man meist falsch. Die Früherkennung von Ärger ist entscheidend, um mit ihm richtig umzugehen. Die Kompetenz, auf die eigenen Gefühle Einfluss zu nehmen, muss man sich immer wieder bewusst machen. Ärger ist nicht grundsätzlich etwas Schlechtes, sondern ein Hinweis, dass etwas nicht in Ordnung ist. Das kann man auch positiv aufnehmen und überlegen, welche Maßnahmen man vorbeugend treffen kann, um zukünftige Reklamationen auszuschließen. Mit dem eigenen Ärger umzugehen ist genauso wichtig wie der Umgang mit Kunden. Wenn der Kunde seinen Ärger offen mitteilt, kann man auch den eigenen Ärger erwähnen. Dabei sollte sich der Ärger nur auf die Sache beziehen, nie auf die Person. Man sollte sich nicht der Dynamik des Ärgers ausliefern.

TIPP

Gut vorbereiten

Wichtig im Umgang mit unberechtigten Reklamationen ist:

R Ruhe bewahren, sich über den Anspruch des Kunden nicht ärgern

E Erklärungshintergrund für die Ab­sage geben

K Kulanzregelung als Lösung vorschlagen

L Lösungen für die Zukunft vorschlagen, um Wiederholung zu vermeiden

A Anteilnahme an der Enttäuschung des Reklamierenden äußern

M Mut zu einer Ablehnung haben, ­keinen Rückzug am nächsten Tag machen

A AGB und die allgemeinen Branchengepflogenheiten erwähnen

T Tatsachen und Meinungen unterscheiden

I Innere Einstellung trotz Ärger ­positiv programmieren

O Objektivität bei der Beurteilung des Falls

N Negative Gedanken vertreiben, ­damit der nächste Kontakt nicht belastet wird

Autor

Rolf Leicher 
ist ­Dipl.-Betriebswirt, Fachautor und ­Referent. Er lebt in Heidelberg.; Telefon (0 62 21) 80 48 82,

Bild: Rolf Leicher

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