Hohe Außenstände und offene Rechnungen – mit der Zahlungsmoral ist es in Deutschland oft nicht weit her. Ein Problem, unter dem besonders das Handwerk zu leiden hat: Immer wieder geraten selbst Betriebe mit vollen Auftragsbüchern an den Rand des Ruins, weil ihre Kunden die Zahlung verweigern. Zu den wichtigsten Mitteln, sich gegen Forderungsausfälle abzusichern, zählen Abschlagszahlungen.
Risiken bewusst steuern
Ein Betrieb, der einen Großauftrag an Land zieht, hat eigentlich allen Grund zur Freude. Allerdings steigt mit dem Umfang eines Projekts auch die Gefahr einer Insolvenz, da der Handwerker zunächst in Vorleistung gehen muss. Man stelle sich vor: Ein Betrieb soll die Bäder eines mehrstöckigen Mehrfamilienhauses neu installieren. Allein die Kosten für das Material dürften in die Zehntausende gehen, ganz zu schweigen vom Arbeitsaufwand. „Viele Handwerker sind sich gar nicht bewusst, dass sie die Risiken selbst steuern können“, sagt Anne Kronzucker, Juristin der D.A.S. Rechtsschutzversicherung. „Dabei gibt es Möglichkeiten, einem Zahlungsausfall vorzubeugen.“ Als Vorsichtsmaßnahme gegen einen Zahlungsausfall haben sich vor allem Abschlagszahlungen bewährt. Dabei sollten Handwerker zu ihrer eigenen Sicherheit frühzeitig auf einer ersten Rate bestehen.
Das Recht des Handwerkers
Der Gesetzgeber hat die Stellung von Handwerkern zuletzt gestärkt: Seit 2009 gilt das neue Forderungssicherungsgesetz (FoSiG), das vorsieht, dass ein Betrieb jederzeit Abschläge in Rechnung stellen kann. Voraussetzung ist, dass der Kunde durch die angefangene Arbeit einen Wertzuwachs erlangt hat. Ein Beispiel: Ein Betrieb hat beim Bau eines vierstöckigen Hauses die Sanitärinstallation im Erdgeschoss fertiggestellt. Dafür kann er nach § 632a BGB einen Abschlag fordern. „Nach altem Recht waren Abschläge erst nach der Vollendung eines in sich geschlossenen Teils des Werks möglich“, ergänzt die D.A.S.-Juristin. „Dabei hatten Handwerker oft das Nachsehen.“ Dank der neuen Regelungen können sie auch für gelieferte oder angefertigte Bauteile Abschläge verlangen. Gesonderte Vereinbarungen sind meist nicht nötig, weil der Anspruch aus den Gesetzen hervorgeht. Um Ärger zu vermeiden, empfiehlt es sich aber, die Abschläge vertraglich festzuhalten.
Geringfügige Mängel
Damit bieten die Gesetze den Handwerkern inzwischen einen guten Schutz gegenüber den Auftraggebern. Allerdings rät die Expertin, dieses Instrument maßvoll einzusetzen: „Auftraggeber reagieren oft misstrauisch, wenn sie zu frühzeitig zu viele Rechnungen erhalten.“ Als Faustregel gilt: Handwerker sollten die erste Zahlung vorab für das Material veranschlagen. Die nächste Rechnung erfolgt nach Abschluss der Vorarbeiten. Den Rest der Summe zahlt der Kunde, wenn der Auftrag beendet ist. Zu Unstimmigkeiten kommt es in der Praxis allerdings oft, wenn der Auftraggeber Mängel an der Leistung feststellt. „Der Kunde hat laut § 641 Abs. 3 BGB das Recht, das Doppelte der Kosten einzubehalten, die für die Beseitigung der Mängel anfallen – egal wie gravierend sie sind“, erklärt Kronzucker. Sie dürfen die Zahlungen bei geringfügigen Mängeln jedoch nicht mehr grundsätzlich verweigern. Auch diese Neuregelung hat zu einer Stärkung der Handwerksbetriebe geführt.
Wertzuwachs dokumentieren
Allerdings hat der Handwerker nicht das Recht, Abschlagszahlungen in beliebiger Höhe zu fordern. Generell müssen die einzelnen Raten dem Wertzuwachs entsprechen. „Wichtig ist, dass der Unternehmer dem Kunden bei der Abrechnung eine übersichtliche und prüfbare Aufstellung seiner Leistungen vorlegt“, so Kronzucker. Der Handwerker hat also die Pflicht, den Fortschritt des Projekts exakt zu dokumentieren. Als Belege eignen sich zum Beispiel Stundenzettel, Aufmaße oder andere Unterlagen. Bei Werkverträgen mit Verbrauchern gilt zudem eine Sonderregel: Der Handwerker muss hier mit der ersten Abschlagszahlung für die rechtzeitige Fertigstellung des Werkes eine Sicherheit in Höhe von 5 % der Auftragssumme stellen. Die Forderung wird fällig, sobald der Handwerker seine Leistungen nachgewiesen hat, also in der Regel mit Eingang der Rechnung. Ratsam ist daher, diese per Einschreiben mit Rückschein zu versenden. Weitere Informationen bietet das Rechtsportal auf