Handwerksbetriebe werden laufend mit Veränderungen konfrontiert: neue Produkte, Materialien, Werkzeuge oder Maschinen, neue gesetzliche Vorschriften oder überarbeitete Normen. Auch die Rahmenbedingungen unterliegen einem Wandel, man denke z. B. an Demografie und Zeitgeist. Große Trends, wie etwa die Digitalisierung, bringen neue Anforderungen.
Dies hat Auswirkungen auf die Strukturen und Prozesse im Betrieb: Aufgaben werden neu verteilt, eine neue Software wird eingeführt, Arbeitsabläufe werden geändert oder die Zulieferer gewechselt. Die Hierarchien werden tendenziell flacher und von den Mitarbeitern wird mehr Eigenverantwortung erwartet. Die Belegschaft muss durch permanente Weiterbildung auf den aktuellen Stand gebracht werden.
Was Veränderungen notwendig macht
Nach Kurt Lewin steht am Beginn der Veränderung die Einsicht in die Notwendigkeit, etwas zu verändern. Diese Entscheidung kann als Reaktion auf Kritik und Anregungen vonseiten der Mitarbeiter erfolgen oder von außen angestoßen worden sein. Äußere Faktoren sind beispielsweise Markttrends, neue Strategien der Wettbewerber, die den Betrieb unter Zugzwang setzen, oder veränderte Erwartungen der Kunden.
Das Motto „Never change a running system“ gilt hier nur begrenzt. Denn ein Betrieb, der noch heute gut funktioniert, kann schon morgen zu den abgehängten gehören, wenn er sich allgemeinen Entwicklungen wie z. B. der Digitalisierung verschließt.
Nicht warten, bis es nicht mehr anders geht!
In vielen Fällen ist es zukunftsweisender, eine Veränderung anzustoßen, bevor sich die Notwendigkeit abzeichnet und der Konkurrenzdruck so groß geworden ist, dass kein Spielraum mehr bleibt. Wer sich zu spät anpasst, verpasst die Entwicklung und muss dann unter enormem Zeitdruck das Doppelte investieren, um die Aufholjagd zu schaffen.
Auf die Einsicht folgt die Definition der Ziele, die mit der Veränderung erreicht werden sollen. Daraus leiten sich dann die konkreten Handlungsstrategien ab, die aus einzelnen Schritten zur Problemlösung bestehen. Mit der Implementierung dieser Schritte ist der eigentliche Änderungsprozess abgeschlossen. Allerdings schließt sich noch eine Phase der Stabilisierung an, bis die Anwendung der neuen Methoden, Abläufe oder Werkzeuge zur Routine geworden ist.
Widerstände überwinden
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, daher reagiert er auf Veränderungen gern mit Skepsis und Ablehnung. Dies kann sogar der Fall sein, wenn die Mitarbeiter sich Veränderungen gewünscht haben. Denn jede Veränderung erfordert während und nach der konkreten Umsetzung eine Anpassung und Umgewöhnung. Wie stark die Abwehr ausfällt, hängt zum einen von Umfang und Tragweite der Veränderung ab und zum anderen von der Persönlichkeit der einzelnen Mitarbeiter. Hier kann man zwischen drei Typen unterscheiden:
Oft neigen ältere Mitarbeiter zum Bewahren, insbesondere wenn sie kurz vor der Rente stehen. Ebenso wie der Unentschlossene scheuen sie den mit der Änderung verbundenen Aufwand. Aber auch Jüngere, die noch nicht viel Erfahrung mit Neuerungen haben, lassen sich dadurch eventuell verunsichern.
Mitarbeiter ins Boot holen
Eine Änderung bringt nur dann eine Verbesserung, wenn alle Beteiligten mit ins Boot geholt werden. Hier sind die Führungskräfte in der Pflicht. In der Praxis bedeutet dies:
- Wer ist davon betroffen und was kommt auf die Betroffenen im Einzelnen zu? Wie hoch ist der Aufwand für die Umstellung einzuschätzen?
- Wie werden die Beteiligten auf die Neuerung vorbereitet? Gibt es Schulungen, Einweisungen?
- Wie sieht der zeitliche Rahmen für den Änderungsprozess aus? Gibt es eine Übergangsphase und wann soll alles abgeschlossen sein?
- Wie wird geprüft, ob die Maßnahmen umgesetzt wurden, und wie kann man den Zusatznutzen/Erfolg erkennen oder messen?
Als Chef hilft es, sich in die Lage der Angestellten zu versetzen: Es ist wie beim Autofahren, wenn man sich in England auf den Linksverkehr umstellen muss. Das verursacht zunächst großen Stress.
Bedenkenträger sind auch Mitdenker
Davon abgesehen können Bedenken durchaus hilfreich sein: Sie schützen vor purem Aktionismus und erinnern an das, was bewahrt werden muss. Sie warnen vor Schnellschüssen oder regen an, die Entscheidung nochmals zu überdenken und zu prüfen, ob der Nutzen den Aufwand rechtfertigt. Grundsätzlich sollten Chefs den Einwänden und Verbesserungsvorschlägen von Mitarbeitern gegenüber aufgeschlossen sein und prüfen, ob sie begründet und umsetzbar sind.
Allerdings kann man nicht bei allen Veränderungen die Meinung der Mitarbeiter einholen, das wird auch nicht immer erwartet. Oft genügt es, die tonangebenden Mitarbeiter für die Veränderungen zu gewinnen, dann können diese den Rest des Teams leichter überzeugen.
Ein Bedarfs-Check lohnt sich auch im Kleinen
Nicht immer geht es beim Änderungsmanagement um die großen Umstrukturierungen im Betrieb. Zuweilen lohnt es sich, auch kleinere Hausnummern wie den Einkauf von Büromaterial auf den Prüfstand zu stellen. Denn auch wenn man mit dem bisherigen Anbieter zufrieden ist, gibt es doch womöglich eine preisgünstigere und genauso zuverlässige Alternative mit Extra-Serviceangeboten. Es lohnt sich also, von Zeit zu Zeit Angebote einzuholen und zu vergleichen – und sei es nur, um festzustellen, dass kein Änderungsbedarf besteht und alles im grünen Bereich ist.
Hintergrund
Die fünf Phasen des Veränderungsprozesses
1. Euphorie
Alle hoffen, dass jetzt alles besser wird, erwarten Arbeitserleichterungen und freuen sich auf die Veränderung.
2. Desillusionierung
Werden die Erwartungen nicht gleich voll erfüllt, sind die Betroffenen enttäuscht. Die Veränderung wird infrage gestellt.
3. Tal der Tränen
Enttäuschung und Kritik nehmen zu, Schuldige werden gesucht. Viele bereuen die Umstellung und wünschen sich den alten Zustand herbei.
4. Lernphase
Nachbesserungen werden überlegt. Man befasst sich erneut intensiv mit Zielen, Strategien und den Hürden im Prozess und erkennt neue Wege.
5. Abschlussphase
Der Veränderungsprozess gelingt und bringt tatsächlich die gewünschten Verbesserungen. Zufriedenheit und Motivation steigen.