Mit der EU-Verbraucherrechterichtlinie 2011/83, die in Deutschland seit 13. Juni 2014 in nationales Recht umgesetzt und in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) eingefügt wurde, ergeben sich gravierende Änderungen auch für Vertragsabschlüsse im SHK-Handwerk. Besonders einschneidend wirkt sich dies bei den vorvertraglichen Informationspflichten und – in bestimmten Einzelfällen – auch bei gesetzlichen Widerrufsrechten und -belehrungen aus.
Ab 13. Juni 2014 haben Unternehmer die Verbraucher vor Vertragsabschlüssen – abhängig von der jeweiligen Vertragsart in unterschiedlichem Umfang (§ 312a II BGB, Art. 246 EGBGB sowie § 312d I BGB, Art. 246a EGBGB) – zu informieren und in bestimmten Fällen auch über ein Widerrufsrecht zu belehren.
Bei den Informationspflichten knüpft der Gesetzgeber an die Vorgaben der Dienstleistungsinformationsrichtlinie an, die bisher seit 1. Mai 2010 ohnehin auch für Handwerksbetriebe in Deutschland bereits galten. Sie werden durch die gesetzliche Neufassung zum 13. Juni 2014 systematisiert und den zivilrechtlichen Vertragsgrundlagen zugeordnet.
Vertrag ist nicht gleich Vertrag
Entscheidend für das Verständnis der gesetzlichen Neuregelungen dürfte zunächst sein, in welchen Fällen in Zukunft für Handwerksbetriebe neue Widerrufsrechte bestehen, die bislang in dieser Form nicht bestanden haben. Der Schwerpunkt der Darstellungen in diesem Beitrag konzentriert sich daher auf die Erläuterung dieser Widerrufsrechte mit Beispielsfällen aus der SHK-Betriebspraxis.
Nicht Gegenstand dieses Beitrages sind die gesetzlichen Neuregelungen bezüglich des elektronischen Geschäftsverkehrs zum Waren- und Dienstleistungsabsatz (§§ 312 i und 312j BGB), weil SHK-Betriebe meistens keine Online-Plattform zum Warenvertrieb und/oder Abschluss von Bauverträgen (Waren und Montage) durch E-Mail ohne persönlichen Kundenkontakt unterhalten. Diese Vertriebsform sollte seit dem 13. Juni 2014 auch vermieden werden, weil ansonsten unbeabsichtigt der Anwendungsbereich des Fernabsatzgeschäftes ausgeweitet wird und der Betrieb dann unbeabsichtigt in eine „Fernabsatzfalle“ tappt.
Die folgenden Ausführungen gelten nur für Vertragsabschlüsse mit Verbrauchern bzw. Privatkunden, also denjenigen Kunden, die ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließen, der weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbstständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (§ 13 BGB). Sie gelten also nicht für Verträge mit Gewerbekunden (Bauträger, Industriebetriebe, andere Handwerksbetriebe usw…) und der Öffentlichen Hand (Bund, Länder, Landkreise, Städte, Gemeinden usw.).
Bauleistungen bei Neubauten ohne Widerrufsrecht
Oftmals bauen private Bauherren mit einem Architekten selbst ein Haus oder Reihenhaus zur Eigennutzung. Sie beauftragten – zur schlüsselfertigen Neubauerrichtung – zwei Dutzend Handwerker mit den einzelnen Bauleistungen. Insoweit handelt es sich also um Verbraucherbauverträge.
In diesem Fall besteht kein Widerrufsrecht, wenn SHK-Betriebe Bauverträge für Neubaumaßnahmen in den Bereichen Sanitär, Heizung, Klempnerei oder dem Ofen- und Luftheizungsbau vornehmen (§ 312 II Satz 1 Ziffer 3 BGB). Dabei ist es egal, ob die Vertragsverhandlungen oder der Vertragsschluss in den Wohnräumen des Kunden, auswärts oder in den Geschäftsräumen bzw. Büros des SHK-Betriebes stattfanden.
Gleiches gilt für Kernsanierungen bestehender Gebäude (§ 312 II Satz 1 Ziffer 3 BGB), bei denen sich aber die Handwerksleistung nicht nur auf einzelne Gewerke beschränken darf, sondern quasi im Zusammenwirken mehrerer Handwerkerleistung ein „neues“ Gebäude entsteht (alle Elemente bis auf die Außenmauern werden entfernt). Somit fallen Komplettbadsanierung, Heizungssanierung, Kesseltausch oder Nachrüstung einer Solaranlage nicht unter die Ausnahmevorschrift.
Hierunter fallen auch nicht Arbeiten aus SHK-Gewerken, die neben der Neuerrichtung des Gebäudes erbracht werden (zum Beispiel „nur“ Anbringung von Dachrinnen oder Mauerverkleidungen an einem Neubau durch einen SHK-Betrieb). Diese Arbeiten haben keine wesentliche Bedeutung für die Neuerrichtung des Gebäudes und fallen daher nicht unter die Ausnahmevorschrift des § 312 II Satz 1 Ziffer 3 BGB.
Unter die Ausnahmevorschriften für das Widerrufsrecht fallen auch außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, die beiderseits sofort erfüllt werden und bei denen das Entgelt von 40 Euro nicht überschritten wird (§ 312 II Nr. 12 BGB). Wegen der geringen wirtschaftlichen Bedeutung der Auftragswerte werden diese Fälle im SHKBetrieb in der Regel jedoch nicht oft vorkommen.
Bauleistungen in bestehenden Gebäuden ohne Widerrufsrecht
Für die Frage, welche Widerrufsrechte der Verbraucher hat, kommt es darauf an, wer die Vertragsverhandlungen einleitet, wie und wo die Vertragsverhandlungen geführt werden und wie und wo der Vertragsschluss vorgenommen wird.
Wichtige Anwendungsfälle dieser Fallgruppen stellen Sanierungen dar, bei denen der SHK-Betriebsinhaber oder ein angestellter SHK-Meister bzw. Techniker zu den Kunden – auf deren Bitten – in ihre bestehenden Gebäude und Wohnungen fahren, um Maße oder die Art der auszuführenden Arbeiten aufzunehmen und Vorschläge für Sanierungsmaßnahmen an bestehenden Gebäuden zu machen. Die Vertragsverhandlungen finden dann meistens wechselseitig – auch später nicht mehr näher rekonstruierbar – in den Wohnräumen der Kunden, in den Büroräumen des SHK-Betriebes oder auch in Ausstellungsräumen der Großhändler statt.
In der Sache handelt es sich beispielsweise um Heizungs- und Sanitärsanierungen verschiedenster Art, Austausch bzw. Erneuerung von Heizverteilungssystemen, Nachrüstung von Solaranlagen zur Heizungsunterstützung und/oder Brauchwassererwärmung. In der Regel werden die SHK-Betriebe – nach abschließender Bemusterung durch die Kunden und individueller Einpassung der Gegenstände in die vorhandenen Raummaße bzw. nach den individuellen Vorgaben der vorhandenen Altanlage – hierfür ein umfassendes schriftliches Vertragsangebot erstellen.
Die folgenden zwei Beispiele sollen verdeutlichen, wann ein Vertrag ohne Widerrufsrecht zustande kommt. Aus Vereinfachungsgründen in der Darstellung wird hierbei unterstellt, dass SHK-Betriebe keine Online-Plattform zum Warenvertrieb und / oder Abschluss von Bauverträgen (Waren und Montage) durch Austausch von E-Mails ohne persönlichen Kontakt (Telefon, Vor-Ort-Termine, gegenseitige Besuche im Büro des Handwerkers bzw. in der Wohnung des Privatkunden usw...) unterhalten (drohende „Fernabsatzfalle“).
Kein Widerrufsrecht bei allen gestuften Vertragsabschlüssen
Beispiel 1: Der Kunde ruft von sich aus an. Die erste Kontaktaufnahme erfolgt also durch den Verbraucher selbst (Ausschluss des § 312b I Nr. 3 BGB). Der SHK-Unternehmer kommt danach in das Haus oder die Wohnung des Verbrauchers, macht eine Bestandsaufnahme und unterbreitet bauliche Vorschläge zur Sanierung, wie er die Wünsche des Verbrauchers verwirklichen kann.
Der SHK-Unternehmer erstellt daraufhin sein detailliertes Angebot zu Bauleistungen: entweder sofort beim Verbraucher, das dann aber vom Verbraucher erst später angenommen werden darf (Verbraucher muss gesetzlich einen angemessenen Überlegungszeitraum zum Vertragsabschluss haben) oder im Nachgang in seinem Betrieb und leitet es dem Verbraucher zu. Später erteilt der Verbraucher den Auftrag per Brief, Fax, E-Mail oder persönlich.
In diesen Fällen besteht kein Widerrufsrecht des Verbrauchers.
Kein Widerrufsrecht bei allen Verträgen in Geschäftsräumen
Beispiel 2: Der Verbraucher kommt aus eigener Initiative in den Geschäftsraum des SHK-Betriebes und fordert den SHK-Betrieb auf, ein Angebot zu machen. Die „erste“ Kontaktaufnahme erfolgt also auch hierbei durch den Verbraucher (Ausschluss des § 312b I Nr. 3 BGB). Der SHK-Unternehmer erstellt sofort sein detailliertes Angebot zu den Bauleistungen und der Bauvertrag wird unmittelbar in den Geschäftsräumen des SHK-Betriebes geschlossen oder es erfolgt die spätere detaillierte Angebotserstellung durch den SHKBetrieb in seinen Büroräumen und die anschließende Weiterleitung an den Verbraucher. Daraufhin erteilt der Verbraucher den Auftrag per Brief, Fax, E-Mail oder persönlich.
Auch in diesen Fällen besteht kein Widerrufsrecht des Verbrauchers, weil er aus eigener Initiative und unbeeinflusst in den Geschäftsraum des SHK-Betriebes kommt und den SHK-Betrieb auffordert, ein Angebot zu machen. Bei dem sofort erstellten Angebot muss der Unternehmer im Rahmen der vorvertraglichen Informationspflichten aber sicherstellen, dass der Verbraucher die Informationen, zum Beispiel die wesentlichen Eigenschaften der Waren und Dienstleistungen des Werkvertrages, zur Kenntnis nehmen kann (Palandt, Art. 246 EGBGB, Rn 2 a. E.).
Außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge (AGV)
Der nunmehr seit 13. Juni 2014 neu in die Gesetzessystematik eingefügte Teil der Widerrufsrechte für außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Verträgen (AGV-Verträge) – Vorsicht: gesetzlicher Anwendungsbereich im Gegensatz zum früheren Haustür-, Fernabsatz- und Verbraucherkreditgeschäft neu formuliert! – erfasst nach § 312b I BGB unter anderem in den SHK-Gewerken folgende Fälle:
- Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist,
- Verträge, für die ein Verbraucher unter den zuvor genannten Umständen ein Angebot abgegeben hat,
- Verträge, die in den Geschäftsräumen des Unternehmers oder durch Fernkommunikationsmittel geschlossen werden, bei denen der Verbraucher jedoch unmittelbar zuvor außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers persönlich und individuell angesprochen wurde...
Beispiele für AGV-Verträge ohne Widerrufsrecht
Die Kontaktaufnahme bzw. der personalisierte „Erstkontakt“ erfolgt durch den SHKBetrieb, unabhängig davon, ob telefonisch, per Fax, E-Mail oder Brief ungefragt und unangekündigt gegenüber einem konkreten Verbraucher/Privatkunden.
In den zuvor beschriebenen Sanierungsfällen kann dies insbesondere dadurch geschehen, dass sich der SHK-Betrieb – nachdem er Neuanlagen installiert hat – nach gewissen Zeitabläufen ungefragt und unangekündigt beim Verbraucher meldet, um einen Kessel- oder Steuerungstausch an einer Heizungsanlage oder bei Sanitäranlagen Hygienemaßnahmen anzuregen, um einem abnutzungsbedingten Ausfall bzw. Mangel der Anlagen vorzubeugen.
Der SHK-Betrieb erstellt danach – bei objektiv erkennbar und unbeeinflusst bekundetem Interesse des Kunden – sein detailliertes Angebot zu Einzelleistungen aus seinem Betrieb und leitet es dem Verbraucher im Nachgang zu. Der Verbraucher erteilt den Auftrag später per Brief, Fax, E-Mail oder persönlich.
Auch in den Fällen, in denen eine personalisierte Ansprache durch den SHK-Betrieb durch beidseitige persönliche Anwesenheit außerhalb von Geschäftsräumen nicht vorliegt (§ 312b I Ziffer 3 BGB: „persönlich und individuell“), zum Beispiel durch generalisierende und unpersönliche Werbemaßnahmen, auf die sich der Verbraucher dann auf eigene Initiative telefonisch, per E-Mail oder Fax oder persönlich in den Geschäftsräumen des SHK-Betriebs meldet und dort dann auch einen Bauvertrag abschließt, stellen kein AGV-Geschäft dar. In diesen Fällen besteht daher auch kein Widerrufsrecht des Verbrauchers.
Beispiele für AGV-Verträge mit Widerrufsrecht
Der Vertrag wird direkt (in einem Termin) im Haus des Verbrauchers oder in den Räumen des Großhändlers bei gleichzeitiger persönlicher Anwesenheit von Verbraucher und Unternehmer abgeschlossen, also nach Angebot des SHK-Betriebes erfolgt sofort die Annahme des Verbrauchers (ohne Überlegungsfrist).
Dies gilt auch dann, wenn der Verbraucher (außerhalb des Geschäftsraums des SHK-Betriebes) von sich aus ein bindendes Angebot macht, der anwesende SHK-Betrieb dies entgegennimmt und erst später, nach Rückkehr, in seinem Geschäft das Angebot annimmt. Es besteht nämlich beim Verbraucher die Druck- oder Überrumpelungsgefahr, weil er bei Abgabe seines vorausgegangenen bindenden Angebotes keine unbeeinflusste Bedenkzeit hatte. In diesen beschriebenen Fällen wird daher – naheliegender Weise – ein Widerrufsrecht des Verbrauchers bestehen.
Inhalt und Folgen des Widerrufs bei AGV-Geschäften
Da der Verbraucher in den vorstehenden Fällen der AGV-Geschäfte ein Widerrufsrecht hat, muss der SHK-Betrieb den Verbraucher über dieses Recht schriftlich (am Besten in Papierform) belehren (§ 312d BGB, Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB, §§ 355, 356 BGB).
Erfolgt eine richtige und vollständige Belehrung, so kann der Verbraucher seinen Widerruf ohne Begründung innerhalb einer Frist von 14 Tagen erklären. Erfolgt keine oder nur eine unrichtige bzw. nicht vollständige Belehrung, so beträgt die Widerrufsfrist 12 Monate und 14 Tage nach Vertragsschluss. In diesem Fall sollte der SHK-Betrieb gegebenenfalls eine korrekte Widerrufsbelehrung nachholen, um die 14-Tage-Frist beginnen zu lassen.
Um nicht in eine Widerrufsfalle zu geraten, kann und sollte der SHK-Betrieb während der Laufzeit der Widerrufsfrist von 14 Tagen seine Leistung zurückhalten. Erforderlich ist hierzu aber eine vertragliche Vereinbarung. Im aktualisierten Muster-Verbrauchervertrag ist eine entsprechende Klausel aufgenommen (§§ 308 Nr. 1, 355 BGB).
Soll auf Bitten des Verbrauchers der SHK-Betrieb sofort mit den Arbeiten beginnen, also – auch nach ordnungsgemäßer Belehrung – ohne den Ablauf der Widerrufsfrist von 14 Tagen abzuwarten, dann erlischt das Widerrufsrecht des Verbrauchers nicht von selbst. Bis zur vollständigen Fertigstellung der Arbeiten (das heißt: Abnahmereife der Bauleistung) erlischt das 14-tägige Widerrufsrecht selbst bei ordnungsgemäßer Belehrung und bei Zustimmung des Kunden zum vorzeitigen Beginn der Arbeiten nicht!
Widerruft der Kunde fristgemäß, nach ordnungsgemäßer und vollständiger Belehrung, vor Abschluss der Arbeiten, so erhält der Unternehmer für seine bis dahin erbrachten Leistungen nur einen Wertersatz gemäß §357 VII BGB. Der Wertersatz richtet sich nach dem vertraglichen Entgelt (Palandt, §357 Rdnr. 16).
Kurz gesagt: Sofern der Verbraucher schon vor Fristablauf von 14 Tagen auf einer Auftragsausführung besteht, verliert der Verbraucher, der über sein Widerrufsrecht belehrt wird, dieses Recht nur unter zwei gleichermaßen vorliegenden zusätzlichen Voraussetzungen:
- wenn der Unternehmer den Verbraucher unter den Voraussetzungen des § 356 IV BGB darüber aufklärt, dass er sein Widerrufsrecht nach vollständiger Auftragserbringung bzw. -ausführung verlieren wird,
- sofern der Unternehmer noch zusätzlich die ausdrückliche (schriftliche) Zustimmung des Verbrauchers zur vorzeitigen Ausführung vor Beginn seiner Arbeiten eingeholt hat.
Widerruft der Verbraucher den Vertrag (bei falscher Belehrung in der Frist von 12 Monaten und 14 Tagen, auch wenn die Werkleistung vollständig erbracht ist), so wandelt sich das Vertragsverhältnis in ein Rückabwicklungsschuldverhältnis (§ 355 BGB) um. Die empfangenen Leistungen sind zurückzugewähren (§ 357 I BGB).
Sofern der SHK-Betrieb ein Widerrufsrecht des Verbrauchers – qualifiziert vorwerfbar – schuldhaft übersehen und daher unvollständig oder gar nicht über das Widerrufsrecht belehrt hat, können im Rückabwicklungsverhältnis gegebenenfalls – bei verbraucherfreundlicher Auslegung des Gesetzes, die durch die Gerichte leider nicht von vornherein auszuschließen ist – Schadensersatzansprüche auf „Ausbau“ (§ 280 BGB) des bis zur Widerrufsausübung eingebauten Materials durch den SHK-Betrieb in Betracht kommen. Dies bedeutet: Entschädigungsloser Eigenausbau oder Übernahme der Ersatzvornahmeausbaukosten durch einen Drittbetrieb sowie entschädigungslose Materialrücknahme.
Reparaturen nur in dringenden Fällen ohne Widerrufsrecht
Der Kunde meldet sich telefonisch beim SHK-Unternehmer, teilt eine Störung an seiner haustechnischen Anlage mit, weist auf die Dringlichkeit der Reparaturarbeiten hin und benötigt die sofortige Tätigkeit eines SHK-Monteurs. Auch sind die Fälle zu bedenken, in denen der zum Notdienst eingeteilte Monteur am Wochenende den telefonischen Hilferuf des Verbrauchers auf dem Handy erhält und sich umgehend zum Einsatzort, also zum Verbraucher, begibt.
Oft sind derartige Reparaturen und Instandsetzungen nämlich gar nicht objektiv – im Sinne des Gesetzes – dringend, sondern ausschließlich aus Sicht des jeweils betroffenen Verbrauchers. Im Gegensatz zu einem größeren Wasserschaden stellt zum Beispiel ein tropfender Wasserhahn oder ein Kratzer im Waschbecken – auch wenn der Kunde hierüber sehr beunruhigt sein mag – sicherlich keine dringliche Reparatur im Sinne des Gesetzes dar.
Auch subjektive Erwägungen des Kunden – nach dem Motto: ich habe gerade Zeit und es käme mir sehr gelegen, wenn jemand die Reparatur sofort ausführen würde – können objektiv anhand des Gesetzeswortlautes nicht rechtssicher eine Dringlichkeit der Reparatur begründen. Wissen muss man zur gesetzlichen Neuregelung ab 13.06.2014, dass allein das Vorliegen der Dringlichkeit der Reparatur das gesetzliche Widerrufsrecht bei einem AGV-Geschäft entfallen lässt. Deshalb empfiehlt sich künftig für die Durchführung von Reparaturen und Instandsetzungen folgende differenzierte Vorgehensweise:
Sofern es sich bei den Reparaturen nur um eine subjektive Dringlichkeit handelt und es die „Dringlichkeit“ zulässt, sollte vor Auftragsausführung ein detailliertes Angebot erstellt und dem Verbraucher vorab zugeleitet werden, dass der Kunde danach per Brief, E-Mail, Fax oder persönlich annimmt, wonach – wie unter den Beispielsfällen ausführlich beschrieben – der Bauvertrag ohne Widerrufsrecht geschlossen werden kann.
Wenn wegen der Dringlichkeit kein detailliertes Angebot erstellt werden kann, das dem Verbraucher vorab zugeleitet werden kann, gilt Folgendes:
Käme man zu der rechtlichen Wertung, dass mit dem Anruf des Verbrauchers (Angebot) und der Zusage des Unternehmers, unverzüglich einen Monteur zur Reparatur schicken zu wollen (Annahme), bereits ein Vertrag geschlossen sei, so läge – sofern auch in diesem Falle kein Online-Shop durch den SHK-Betrieb unterhalten wird – kein Fernabsatzvertrag vor, es bestünde auch kein Widerrufsrecht. Allerdings wird dieser unmittelbare Vertragsschluss am Telefon von qualifizierten Meinungen in Rechtsprechung und Literatur abgelehnt, weil der SHK-Betrieb aufgrund der unbestimmten Beschreibung des Verbrauchers seine konkreten Leistungspflichten noch nicht kennt und auch ein organisierter Betriebsablauf ein einheitliches Handeln des SHK-Betriebes erfordert.
Auch wäre es faktisch unmöglich, mündlich am Telefon die neuen geltenden Informationspflichten gegenüber dem Verbraucher, die vor Vertragsabschluss gegeben werden müssen, zu erfüllen (es müssten dann mehrseitige Vertragsdokumente vorgelesen werden und deren nachträgliche Beweisbarkeit des Vorlesevorgangs wäre nicht gegeben!).
Alternativ wäre es zu den üblichen Bürozeiten zwar theoretisch denkbar, dass das Büropersonal durch Fax- oder E-Mail-Übersendung das Auftragsformular mit Preisverzeichnis und den weiteren gesetzlich geforderten Informationen, einschließlich AGB, und mit Bestätigung des Termins dem Verbraucher zuleitet und für den Vertragsschluss auf die Rücksendung des unterzeichneten Auftrags wartet. Aber auch hier läge – sofern auch in diesem Falle kein Online-Shop durch den SHK-Betrieb unterhalten wird – kein Fernabsatzvertrag vor; der Verbraucher hätte auch hier kein Widerrufsrecht.
Diese Vorgehensweise wäre jedoch mit einem unverhältnismäßigen bürokratischem Aufwand verbunden, sodass in den dringenden Reparatur- bzw. Instandsetzungsfällen erst mit Eintreffen des Monteurs der „Vertrag für dringende Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten“ vor Ort beim Verbraucher abgeschlossen wird.
Schlussfolgerung: Der Reparaturvertrag wird „bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit“ von Verbraucher und dem Monteur als Vertreter des SHK-Betriebs im Haus des Verbrauchers abgeschlossen. Damit liegt ein AGV-Geschäft gemäß § 312b I Ziffer 1 BGB vor. Der Verbraucher hat dann aber nur bei dringenden Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten, zu denen er den SHK-Betrieb ausdrücklich aufgefordert hat, ihn aufzusuchen, kein Widerrufsrecht (§ 312g II. 2, S. 1, Nr. 11 BGB). Außerdem sind die vorvertraglichen Informationspflichten für AGV-Geschäfte einzuhalten (Art. 246a EGBGB).
Musterverbraucherbauverträge mit AGB für Innungsmitglieder
Die seit 13. Juni 2014 zu beachtenden Informationspflichten sowie die gegebenenfalls benötigten Widerrufsbezüge sind in drei alternative Verbraucherbauverträge, die auf den Homepages der Fachverbände für Innungsmitglieder kostenfrei zu beziehen sind, samt Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) eingearbeitet.
Das Abgrenzungsmerkmal zur Verwendung ist hierbei, ob ein Widerrufsrecht besteht oder nicht. In der Regel gibt es das Widerrufsrecht nur bei den außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossenen Bauverträgen (AGV-Geschäfte). Hierfür werden auch die benötigten „Widerrufsformulare“ (Belehrung und Zurückbehaltungsrecht bei sofortigem Arbeitsbeginn) zur Verfügung gestellt. Außerdem gelten die erweiterten Informationspflichten (§ 312d I BGB, Art. 246a EGBGB), die in den Verbraucherbauvertrag samt AGB komplett eingearbeitet sind.
Bei Bauverträgen, die nicht außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden und in der Regel durch die Aushändigung eines schriftlichen detaillierten Angebots vorbereitet und erst danach abgeschlossen werden, besteht kein Widerrufsrecht und es sind nur die neuen eingeschränkten Informationspflichten nach § 312a II BGB, Art. 246 EGBGB zu beachten (eingearbeitet in den Verbraucherbauvertrag samt AGB).
Vorläufiges Fazit, bevor die Gerichte das Wort haben...
Seit 13. Juni 2014 gelten für SHK-Handwerksbetriebe neue Pflichten bei Geschäften mit Verbrauchern. Um die Durchsetzbarkeit von Vergütungsansprüchen nicht zu gefährden und um Rechtsnachteile zu vermeiden, empfiehlt es sich, trotz der erneuten bürokratischen Lasten die betrieblichen Abläufe bei Vertragsabschlüssen mit Verbrauchern zu prüfen und die entsprechenden Geschäftspapiere auf die neuen Regeln in inhaltlicher Hinsicht umzustellen.
Risiken können vermieden werden, indem Vertragsabschlusskonstellationen vermieden werden, die zu einem gesetzlichen Widerrufsrecht des Verbrauchers führen. Wie erläutert, unterliegen Neubaumaßnahmen und Kernsanierungen im SHK-Handwerk keinem gesetzlichen Widerrufsrecht, unabhängig davon, wie und wo der Vertrag geschlossen wurde und wer die Vertragsverhandlungen eingeleitet hat. Auch bei objektiv dringenden Reparatur- und Instandsetzungsverträgen besteht kein gesetzliches Widerrufsrecht.
So haben auch Bauverträge grundsätzlich kein gesetzliches Widerrufsrecht, die im Büro oder den Geschäftsräumen des Handwerkers abgeschlossen werden. Hinzu kommt, dass auch Aufträge in „gestuften“ Vertragsabschlüssen, die auf einem an den Verbraucher ausgehändigten schriftlichen Angebot beruhen und an verschiedenen Orten (Büro und Geschäftsräume des Handwerkers, Wohnung des Verbrauchers oder Ausstellungsräume) „mehrgleisig“ ausgehandelt wurden, in der Regel keinem gesetzlichen Widerrufsrecht unterliegen.
Im Übrigen sollten Vertragsabschlüsse beim Verbraucher vor Ort oder in Geschäftsräumen Dritter (zum Beispiel Großhandel) vermieden werden, weil genau diese Vertragsabschlusskonstellationen in der Regel das gesetzliche Widerrufsrecht des Verbrauchers auslösen.
Sind insbesondere bei „gewöhnlichen“ (also objektiv nicht dringenden) Reparaturen und Instandsetzungen, bei den vorab kein schriftliches Angebot an den Verbraucher über die Art und den Umfang der erforderlichen Arbeiten erstellt werden kann (also keine „gestuften“ Vertragsabschlüsse), Auftragserteilungen beim Verbraucher vor Ort unumgänglich, sollten immer einige Exemplare der gesetzlich vorgeschrieben Widerrufsbelehrung und Musterwiderrufsformulare mitgeführt werden.
Diese Papiere sind zu übergeben und deren Empfang vom Verbraucher schriftlich zu bestätigen. Insoweit ist die gesetzlich vorgesehene Widerrufsbelehrung korrekt und vollständig erfolgt. Dies schränkt das Widerrufsrecht des Verbrauchers auf einen Zeitraum von 14 Tagen ab Vertragsschluss ein.
Info
Neue Informationspflichten
Der Handwerker muss den Verbraucher über das gesetzliche Widerrufsrecht – sofern es im konkreten Einzelfall besteht – korrekt belehren (§ 312g BGB) und die vorvertraglichen Informationspflichten erfüllen.
Nach wirksamer/vollständiger Belehrung kann der Verbraucher bis 14 Tage nach Vertragsabschluss Widerruf ausüben.
Bei unterbliebener/unvollständiger Belehrung kann der Verbraucher 12 Monate und 14 Tage Widerruf ausüben!
Tipp
Auf Nummer sicher gehen
Lassen Sie sich bei objektiv dringenden Reparatur- und Instandsetzungsarbeiten durch den Verbraucher mittels Unterschrift die Dringlichkeit und den Umfang der dringlichen Arbeiten vor Beginn der Arbeiten bestätigen. Hierbei sind auch die eingeschränkten vorvertraglichen Informationspflichten zu erfüllen.
Lassen sich bei „gewöhnlichen“ (also objektiv nicht dringenden) Reparaturen und Instandsetzungen Vertragsabschlüsse bei Vor-Ort-Terminen in der Wohnung des Verbrauchers nicht vermeiden, sollte eine Widerrufsbelehrung und Aushändigung des Musterwiderrufformulars erfolgen und die erweiterten vorvertraglichen Informationspflichten erfüllt werden. Will der Handwerker sofort mit der Arbeit beginnen, sollte er je ein Exemplar davon dem Verbraucher aushändigen und sich ein Exemplar der Widerrufsbelehrung für seine eigenen Unterlagen unterschreiben lassen. Somit ist das Widerrufsrecht des Verbrauchers auf 14 Tage ab Vertragsschluss eingeschränkt.
Autor
Assessor Matthias Bergmann ist Referent des Fachverbandes Sanitär Heizung Klima Baden-Württemberg in Stuttgart.