Arbeitszeiten flexibler gestalten, Beruf und Privatleben besser vereinbaren, unproduktive Anfahrtszeiten vermeiden, Arbeitsplatzkosten und CO2-Emissionen einsparen. Wer will das nicht? Die Telearbeit macht´s möglich. Doch was ist und was kann Homeoffic eigentlich? Welche Vor-/Nachteile bringt es für Unternehmen und Beschäftigte, wo liegen die Grenzen? Welche technischen Voraussetzungen müssen geschaffen und welche rechtlichen Rahmenbedingungen beachtet werden? All das sind Fragen, die man vorher klären sollte, denn ein gut funktionierendes Homeoffice braucht eine gute Vorbereitung.
Was kann im Homeoffice erledigt werden?
Unter dem Begriff Telearbeit (englisch: Teleworking, neudeutsch: Homeoffice) versteht man alle Büroaufgaben, die mithilfe von IT- und Kommunikationstechniken außerhalb des Arbeitgeber-Standorts am Tele- oder Homeoffice-Arbeitsplatz in den Privaträumen des Beschäftigten erledigt werden können. Geeignet sind grundsätzlich alle Tätigkeiten, die keine persönliche Anwesenheit am Firmen-Standort oder manuelle Arbeit voraussetzen. Das können Tätigkeiten zur Erledigung interner oder externer Betriebsabläufe sein: die Korrespondenz, Buchhaltung, Zeiterfassung, Angebotserstellung, Kalkulation, das Controlling, Rechnungs- und Mahnwesen die Geräte-, Lager- und Materialverwaltung, die Mitarbeiter-, Ressourcen- und Baustellenplanung, die Organisation von Instandhaltungs- und Wartungsarbeiten oder die Kommunikation mit Kunden und Lieferanten.
Viele Tätigkeiten, wie etwa die Angebots- oder Rechnungserstellung setzen allerdings – etwa für Aufmaße – meist auch Vor-Ort-Termine voraus. Andere Arbeiten lassen sich überhaupt nicht „virtualisieren“, wie etwa die Montage und Installation auf der Baustelle oder die Reparatur und Wartung beim Kunden – deren Vorbereitung aber schon. Grundsätzlich gilt: je weiter fortgeschritten die Digitalisierung im eigenen Unternehmen schon ist, desto leichter fällt der Umzug von Teilen des Unternehmens ins Homeoffice. Erfolgt die Zeiterfassung beispielsweise grundsätzlich digital per mobiler App oder die Kundenkommunikation zusätzlich zum Telefon sowieso schon per Instant-Messaging oder Video-Chat, entstehen weniger Medienbrüche und weniger Notwendigkeiten für direkte Kundenkontakte oder Vor-Ort-Termine.
Wer sich schon von papierbasierten Prozessen verabschiedet hat, kann medienbruchfrei, produktiv und standortunabhängig arbeiten. Mithilfe aktueller Technologien, wie zum Beispiel der Cloud, Messenger-Diensten, Video-Conferencing-Tools oder digitalen Signaturen lassen sich Software, Daten und Dienste standortunabhängig nutzen, Informationen und Daten unkompliziert im Team austauschen sowie Dokumente rechtssicher digital verarbeiten und versenden.
Es ist zu erwarten, dass die aktuellen pandemiebedingten sozialen Einschränkungen die Digitalisierung auch in der Baubranche befördern und beispielsweise zu einem höheren Anteil an (alternierenden) Telearbeitsplätzen führen werden. Alternierend bedeutet, dass wechselweise – je nach Bedarf – mal in der Firma, mal im Homeoffice gearbeitet wird. Einer aktuellen Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom von März 2020 zufolge arbeitet pandemiebedingt jetzt schon jeder zweite Berufstätige ganz oder teilweise im Homeoffice (siehe Infokasten). Allerdings zeigt sich auch, dass nicht überall die entsprechenden technischen Voraussetzungen vorhanden sind: Mal mangelt es am nötigen Hardware-Equipment, mal fehlen Software-Lizenzen, mal leistungsfähige Internetverbindungen.
Welche technische Ausrüstung braucht man?
Grundsätzlich stehen drei Möglichkeiten zur Verfügung, um Bürotätigkeiten im Homeoffice erledigen und dafür entsprechende Programme und Daten nutzen zu können: per Fernzugriff auf den persönlichen Büroarbeitsplatz-Rechner, per VPN-Verbindung mit dem Firmenserver oder die Nutzung von Cloud-Diensten.
Mit einer Remote Desktop- oder Fernbedienungs-Software, wie beispielsweise TeamViewer, kann man vom Homeoffice-Rechner aus quasi per „Fernsteuerung“ den Rechner im Büro bedienen. Dabei wird jede Tastatur- und Mauseingabe vom Homeoffice an den Rechner im Büro übertragen, der jeweils die aktuelle Bildschirmanzeige zurücksendet. Das hat Vor- und Nachteile: es wird nur die Fernzugriffs-Software zusätzlich benötigt, das Laden und Speichern von Daten ist so schnell wie im Büro und es ist keine besondere Hardware nötig – oft reicht der vorhandene Heimrechner. Allerdings kann es, je nach Internet-Verbindung, durch einen langsameren Bildschirmaufbau zu Verzögerung beim Arbeiten kommen.
Einen direkten Zugriff auf Bürodaten ermöglichen VPN-Arbeitsplätze. VPN steht für Virtual Private Network und verbindet mehrere Rechner an unterschiedlichen Standorten verschlüsselt und sicher über das Internet. Dabei stehen dem Homeoffice-Rechner alle Daten und Dienste genauso zur Verfügung, als ob dieser direkt am Büro-Netzwerk angeschlossen wäre. Allerdings muss auf dem Homeoffice-Rechner die jeweilige Software installiert sein, mit der man arbeiten will. Diese besorgt sich per VPN-Verbindung den Lizenzschlüssel und die Daten vom Server im Büro.
Sowohl den Fernzugriff als auch VPN-Verbindungen sollten IT-Verantwortliche die Technik einrichten und verwalten. Werden im Unternehmen browserbasierte Cloud-Lösungen eingesetzt, können die Mitarbeiter, auch ganz ohne Expertenhilfe, per Internet sowohl plattform- und standortunabhängig auf Programme als auch auf alle Büro- und Auftragsdaten zugreifen, die auf externen Cloud-Servern abgelegt sind. Dann ist das Arbeiten mit der Software ebenso schnell wie im Büro – vorausgesetzt, die Qualität der Internet-Verbindung ist dieselbe.
Was sollte man rechtlich beachten?
Während die beruflich bedingte, gelegentliche „mobile Arbeit“, zum Beispiel mit dem Laptop unterwegs im Zug, keine rechtlichen Vorgaben hat, müssen bei der Einrichtung von Telearbeitsplätzen auch rechtliche Rahmenbedingungen beachtet werden, denn sie unterliegen der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Deshalb sollten einige Dinge beachtet und beispielsweise bestehende Arbeitsverträge in einigen Punkten angepasst und ergänzt werden. Das betrifft unter anderem die Einrichtung eines Bildschirmarbeitsplatzes, die Arbeitszeit, die Arbeitsbedingungen, eine eventuelle Kostenbeteiligung des Arbeitgebers an der geschäftlichen Wohnraumnutzung, anfallende Betriebskosten etc.; Haftungsrechtliche oder durch technische Defekte bedingte Risiken wie etwa Netzstörungen, sowie der Versicherungsschutz, der Datenschutz und die Datensicherheit sind ebenso zu beachten.
Gemäß ArbStättV ist der Arbeitgeber für die Ausstattung des Telearbeitsplatzes zuständig, wenn er mit Beschäftigten eine wöchentliche Arbeitszeit am Telearbeitsplatz und die Dauer der Einrichtung des Telearbeitsplatzes vereinbart hat. Dies umfasst nicht nur die Hardware, Software und Kommunikationstechnik, sondern auch die Ausstattung mit Schreibtisch, Bürostuhl und sonstigem Mobiliar. Verfügt der Telearbeiter zuhause bereits über die notwendige Ausstattung, sollte mit dem Arbeitgeber vereinbart werden, ob eine Beteiligung an den Betriebskosten möglich ist. Allerdings ist es aus Gründen der Datensicherheit und des Datenschutzes sowie notwendiger Hard- und Softwareeinstellungen sinnvoller, wenn das Unternehmen für die notwendige Homeoffice-Hardware sorgt.
Beachten sollte man auch die ergonomische Arbeitsplatzgestaltung. Für Telearbeitsplätze gelten gemäß ArbStättV die gleichen Anforderungen, wie für Bildschirmarbeitsplätze in Büros (siehe auch Infokasten: DGUV Information „Bildschirm- und Büroarbeitsplätze – Leitfaden für die Gestaltung“). Der Arbeitsraum muss belüftbar und beheizbar sein, ausreichend Tageslicht erhalten und mindestens 8 bis 10 m² groß sein. Laptops, Notebooks oder Tablets sind übrigens als Homeoffice-Arbeitsplatz nur bedingt geeignet. Da sie in der Regel eine mit dem Bildschirm fest verbundene Tastatur, respektive nur eine virtuelle Tastatur haben, kann man keinen korrekten Abstand zum Bildschirm und zur Tastatur herstellen. Nach der ArbStättV dürfen Mobilgeräte ohne Trennung von Bildschirm und Tastatur am Telearbeitsplatz entweder nur kurzzeitig eingesetzt werden oder sie müssen mit einer externen Tastatur, Maus und mit einer höhenverstellbaren Docking-Station oder einem zusätzlichen LCD-Monitor aufgerüstet werden.
An welche Sicherheitsregeln sollte man sich halten?
Um sich vor digitalen Viren zu schützen, rät der IT-Branchenverband Bitkom auch im privaten Umfeld zur Vorsicht. So sollten Homeoffice-Arbeiter zusammen mit dem Arbeitgeber auch die Sicherheit der Hard- und Software und der Datenverbindung im Blick behalten. Im Idealfall sollte die Hardware vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden, die er entsprechend vorbereitet hat. Auf dieser sollten nur aktuelle Programme und Antivirenprogramme installiert sein, die regelmäßig aktualisiert werden. Damit lassen sich über Webseiten oder E-Mails eingeschleuste Schadprogramme rechtzeitig erkennen und blocken.
Wird keine Cloud-basierte Anwendungssoftware genutzt, sollte man nur über eine vom Arbeitgeber einzurichtende VPN-Verbindung auf Bürodaten zugreifen. Darüber wird der Datenverkehr verschlüsselt, so dass kein Dritter Einblick nehmen kann. Sowohl für das Entsperren des Rechners als auch für Online-Dienste sollte man komplexe Passwörter benutzen, möglichst auch eine Zwei-Faktor-Authentifizierung. Dabei wird neben dem Passwort zum Beispiel noch ein Code eingegeben, der nur auf dem eigenen Smartphone von einer App generiert oder per SMS zugeschickt wird. Vorsicht sollte man auch bei dubiosen oder auffälligen E-Mails von unbekannten Absendern walten lassen. Arbeitgeber sollten Ihren Mitarbeitern zusätzlich Homeoffice-Leitlinien mit Tipps und Hinweisen für ein sicheres und datenschutzkonformes Arbeiten bereitstellen.
Fazit: Telearbeit wird zur Normalität
Das Thema Homeoffice bleibt auch nach der Corona-Krise aktuell. Zum einen, weil Epidemien immer wieder auftreten können. Zum anderen, weil in der Gesellschaft aktuell eine Werteverschiebung stattfindet. So haben die Vertreter der jungen „Generation X, Y und Z“ nicht mehr primär Geld und Karriere im Fokus, sondern eine bessere Balance zwischen Beruf, Familie und Freizeit. Unternehmen, die auf diese Trends eingehen und beispielsweise für Büro- und Planungstätigkeiten auch (alternierende) Homeoffice-Arbeitsmodelle anbieten können, haben im zunehmend härteren Wettbewerb um Fachkräfte die besseren Karten. Allerdings sind nur wenige Unternehmen auf die Telearbeit vorbereitet, sowohl die Technik als auch die Unternehmenskultur betreffend.
Telearbeiter brauchen das Vertrauen des Arbeitgebers – aber auch die Fähigkeit zur Selbstdisziplin und Selbstorganisation. Dass die Produktivität im Homeoffice sogar höher als in der Firma sein kann, dass räumen inzwischen auch Skeptiker ein. Voraussetzung ist allerdings, dass ein geeigneter Büroraum in der Wohnung, eine ausreichende Infrastruktur und vor allem ein schneller Internetanschluss zur Verfügung stehen. Durchsetzen wird sich Telearbeit als attraktive Ergänzung zu anderen Arbeitsmodellen aber nur, wenn Hochgeschwindigkeits-Netze, wie die 5G-Mobilfunktechnik, flächendeckend verfügbar sind. Damit laufen auch anspruchsvollere Anwendungen wie Video-Konferenzen, Streaming-Dienste, CAD- oder Visualisierungsprogramme reibungslos.
Auch die Politik ist gefordert. So sollte etwa das Arbeitsrecht modernisiert werden und beispielsweise die nach Arbeitszeitgesetz (ArbZG) geltende elfstündige ununterbrochene Mindestruhezeit, gestrichen werden. Denn wer spätabends noch seine Dienstmails checkt und am frühen Morgen wieder telearbeitet, verstößt derzeit gegen Gesetze.
INFO
Homeoffice und Recht
Homeoffice setzt ein beiderseitiges Einverständnis voraus. Aus reiner Vorsicht dürfen Arbeitgeber das Arbeiten in Privaträumen nicht einseitig anordnen. Das ist nur bei konkreter Ansteckungsgefahr möglich, etwa aufgrund von Infektionsfällen im Betrieb. Dann muss der Arbeitgeber aber sicherstellen, dass der Arbeitnehmer über das dafür notwendige technische Equipment verfügt und seine Wohnung auch tatsächlich zum Arbeiten nutzen kann. Ob Homeoffice vom Arbeitnehmer gefordert, bzw. vom Arbeitgeber angeordnet werden kann, ergibt sich auch aus dem Arbeitsvertrag. Fehlt eine entsprechende Vereinbarung, kann sie nachträglich und für eine vorübergehende Zeit getroffen werden. Einen Anspruch auf Homeoffice haben Arbeitnehmer nicht, denn der Arbeitgeber bestimmt nach Paragraph 106 Gewerbeordnung (GewO) den Arbeitsort. Nur wenn eine Behörde die Ansteckungsgefahr mit einer bestimmten Gefahrenstufe qualifiziert oder Arbeitnehmer nachweisen können, dass eine konkrete Ansteckungsgefahr an ihrem Arbeitsplatz besteht, haben sie Anspruch darauf.
TIPP
Homeoffice in der Praxis
Der Meisterbetrieb Alexandra Spaniol Gebäude- & Umwelttechnik aus Eppelborn plant und bemustert Bäder momentan online: Die ersten Planungsvarianten werden per Livestream über das Internet präsentiert, auch die Bemusterung und die Abstimmung von Ausstattungsdetails erfolgt online. Betriebsleiter Thorsten Spaniol erläutert den Ablauf: „Ich verfeinere zusammen mit dem Kunden im Livestream die vorhandenen Planungen „just in time“. Für die Online-Bemusterung bereite ich Kataloge und Internetseiten mit Fliesen, Möbeln, Farben und Formen vor. Parallel liefern wir dem Kunden eine Zusammenstellung von Fliesen als Muster. Die Bemusterung funktioniert zu etwa 70 Prozent online, die restlichen 30 Prozent müssen wir meist nur wegen der Fliesen nachbemustern. Auch wenn die Onlinepräsentationen kürzer sind als Präsentationen bei uns, so ist der Aufwand doch höher. Auch an die leitungsbedingt verzögerten Antwortzeiten von wenigen Sekunden muss man sich erst gewöhnen. Die größte Herausforderung ist aber der fehlende persönliche Kundenkontakt, ohne Feedback durch Gesichtsmimik und Gestik. Spaß macht es aber trotzdem, denn die Abschlussquote ist so hoch, wie früher. Von 15 Badpräsentationen waren 11 bereits erfolgreich“, freut sich Spaniol.
INFO
Homeoffice-Umfrage
Laut einer repräsentativen Bitkom-Umfrage vom März 2020 sind zwei Drittel (65 Prozent) der rund 1.000 befragten Bundesbürger der Ansicht, dass digitale Technologien die Ausbreitung des Coronavirus verlangsamen helfen, etwa durch Homeoffice. Von den berufstätigen Befragten arbeitet mittlerweile jeder Zweite (49 Prozent) ganz oder teilweise im Homeoffice. 18 Prozent durften zuvor nicht im Homeoffice arbeiten und machen das jetzt zeitweise (15 Prozent) oder ganz (3 Prozent). Weitere 31 Prozent konnten bereits vorher im Homeoffice arbeiten und tun das jetzt häufiger (17 Prozent) oder ganz (14 Prozent). 41 Prozent gaben an, ihre Tätigkeit sei nicht für Homeoffice geeignet. Für zwei Drittel der Unternehmen (65 Prozent) ist Homeoffice nicht möglich, weil niemand ungleich behandelt werden dürfe. Mehr als die Hälfte (58 Prozent) meint, dass ohne direkten Austausch mit Kollegen die Produktivität sinke. Für jedes dritte Unternehmen spricht gegen die flexible Heimarbeit, dass die Mitarbeiter nicht jederzeit ansprechbar seien (33 Prozent), knapp ein Drittel sagt, die Arbeitszeit sei nicht zu kontrollieren (29 Prozent). Für jedes vierte Unternehmen (27 Prozent) sprechen gesetzlichen Regelungen zum Arbeitsschutz gegen Homeoffice. Weitere Gründe sind Sorgen um die Datensicherheit (22 Prozent), um technische Ausstattungskosten (16 Prozent) und um eine sinkende Identifikation der Mitarbeiter mit dem Unternehmen (9 Prozent).